© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 315/18 Beobachtung des Bundespräsidenten durch den Verfassungsschutz Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 315/18 Seite 2 Beobachtung des Bundespräsidenten durch den Verfassungsschutz Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 315/18 Abschluss der Arbeit: 06.09.2018 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 315/18 Seite 3 1. Fragestellung und Einleitung Die vorliegende Ausarbeitung thematisiert die Voraussetzungen für eine Beobachtung des Bundespräsidenten durch den Verfassungsschutz. Sie stellt dar, unter welchen Maßgaben eine solche Beobachtung denkbar wäre und welche rechtlichen Restriktionen ihr entgegenstehen. Die Frage des rechtlichen Rahmens für eine Beobachtung des Bundespräsidenten durch den Verfassungsschutz wird soweit ersichtlich weder in der Rechtsprechung noch in der rechtswissenschaftlichen Literatur thematisiert. Die vorliegende Arbeit kann vor diesem Hintergrund nicht als abschließende Darstellung der Voraussetzungen für eine Beobachtung des Bundespräsidenten durch das Bundesamt für Verfassungsschutz verstanden werden. Im Folgenden sollen jedoch die allgemeinen Voraussetzungen für Beobachtungsmaßnahmen des Bundesamtes für Verfassungsschutz sowie die von der Rechtsprechung statuierten Voraussetzungen für die Beobachtung von Abgeordneten kurz dargestellt und die besonderen Problemkreise einer Beobachtung des Bundespräsidenten herausgearbeitet werden. 2. Allgemeine Beobachtungsvoraussetzungen Besondere Vorschriften für die Zulässigkeit von Beobachtungsmaßnahmen gegenüber dem Bundespräsidenten enthält das Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) nicht. Als Rechtsgrundlagen für entsprechende Beobachtungsmaßnahmen kommen daher allein die allgemeinen Befugnisnormen des Bundesverfassungsschutzgesetzes in Betracht.1 Die konkret einschlägigen Rechtsgrundlagen richten sich nach den beabsichtigten Beobachtungsmaßnahmen . Soll die Beobachtung allein durch Sammlung und Auswertung allgemein zugänglicher Quellen erfolgen, ist für das Bundesamt für Verfassungsschutz § 8 Abs. 1 BVerfSchG maßgeblich. Nach § 8 Abs. 1 BVerfSchG darf das Bundesamt die „zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen, soweit nicht besondere Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes oder besondere Regelungen in diesem Gesetz entgegenstehen“. Andere Befugnisnormen regeln die heimliche Informationsbeschaffung (§ 8 Abs. 2 BVerfSchG) oder den Einsatz von verdeckten Mitarbeitern (§ 9a BVerfSchG) und Vertrauensleuten (§ 9b BVerfSchG). Vorliegend steht nicht die Anwendung konkreter Beobachtungsmittel in Frage, sondern die grundsätzliche Zulässigkeit von Beobachtungsmaßnahmen. Insoweit reicht es aus, auf diejenigen Voraussetzungen einzugehen, die für die Anwendbarkeit der verschiedenen Befugnisnormen stets vorliegen müssen. Neben dem Gebot der Verhältnismäßigkeit sind dabei insbesondere die allgemeinen Beobachtungsvoraussetzungen aus den § 3 und § 4 BVerfSchG zu nennen, die sich aus den Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden und den dazugehörigen Legaldefinitionen ergeben. 1 Die folgenden Ausführungen entstammen wesentlich der Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste „Zur Beobachtung der Bundesregierung oder einzelner ihrer Mitglieder durch den Verfassungsschutz“, WD 3 - 3000 - 063/18, S. 4 ff., und der Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste „Beobachtung von Parteien durch den Verfassungsschutz“, WD 3 - 3000 - 072/16, S. 6 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 315/18 Seite 4 2.1. Verfassungsschutzrelevante Bestrebungen Eine Beobachtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz setzt das Vorliegen verfassungsschutzrelevanter Bestrebungen oder Tätigkeiten voraus, zu deren Beobachtung die Verfassungsschutzbehörden berufen sind. Für die vorliegende Fragestellung der Beobachtung infolge von Verstößen gegen das Grundgesetz oder die einfache Rechtsordnung dürfte dabei insbesondere die Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG der Sammlung und Auswertung von Informationen über „Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben“ von Bedeutung sein. Die einzelnen verfassungsschutzrelevanten Bestrebungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG werden durch die Legaldefinitionen des § 4 Abs. 1 BVerfSchG konkretisiert. Hier ist näher auf den Begriff der Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 lit. c BVerfSchG einzugehen. Hierunter versteht der Gesetzgeber „solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen.“ In § 4 Abs. 2 BVerfSchG finden sich dabei die Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, wobei der Gesetzgeber sich an dieser Stelle an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts orientiert hat.2 Hierzu zählen: – Das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, – die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, – das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, – die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, – die Unabhängigkeit der Gerichte, 2 Vgl. BT-Drs. 11/4306, S. 60, sowie BVerfGE 2, 1 (13). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 315/18 Seite 5 – der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und – die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte. Die Begriffsbestimmung in § 4 Abs. 1 S. 1 lit. c BVerfSchG zur Konkretisierung der Bestrebungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG knüpft zuvörderst an Personenzusammenschlüsse an, die darauf gerichtet sein müssen, die in Rede stehenden Schutzgüter zu beseitigen, zu beeinträchtigen oder außer Geltung zu setzen. Wann eine solche Zweckrichtung vorliegt, ist umstritten. Das Bundesverwaltungsgericht verweist in seiner Rechtsprechung darauf, dass § 4 Abs. 1 S. 1 lit. c BVerfSchG Verhaltensweisen erfasse, die über rein politische Meinungen hinausgingen und auf Durchsetzung eines Ziels ausgerichtet seien.3 Die Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung müsse – unabhängig von den sonst verfolgten politischen Zielen – nicht nur hingenommen werden, sondern „maßgeblicher Zweck“ sein. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es notwendig, dass die verantwortlich Handelnden „auf den Erfolg der Rechtsgüterbeeinträchtigung hinarbeiten“.4 In der Literatur ist hingegen auch die Auffassung zu finden, nach der eine bloß objektiv beeinträchtigende Wirkung bzw. eine Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung als Nebenzweck ausreicht.5 2.2. Tatsächliche Anhaltspunkte Eine Sammlung und Auswertung von Informationen durch die Verfassungsschutzbehörden darf nach § 4 Abs. 1 S. 3 BVerfSchG nur erfolgen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die geschützten Rechtsgüter vorliegen. Nach der Rechtsprechung erfordern tatsächliche Anhaltspunkte in diesem Sinne auf der einen Seite mehr als bloße Vermutungen und auf der anderen Seite keine Gewissheit über das Vorliegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen.6 Eine weitere Konkretisierung gestaltet sich schwierig, da die Annahme tatsächlicher Anhaltspunkte maßgeblich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängt und eine Gesamtbewertung dieser Umstände erfordert.7 3. Besonderheit bei Einzelpersonen Die Beobachtung von isoliert handelnden Einzelpersonen wird durch § 4 Abs. 1 Satz 4 BVerfSchG in weitem Maße eingeschränkt. Einzelperson im Sinne des Gesetzes ist, wer weder in einem (§ 4 Abs. 1 S. 1 BVerfSchG) noch für einen (§ 4 Abs. 1 S. 2 BVerfSchG) Personenzusammenschluss handelt. In einem Personenzusammenschluss handelt, wer Mitglied desselben ist und in dieser Eigenschaft durch zweck- und zielgerichtete Verhaltensweisen den Personenzusammenschluss 3 BVerwG, NVwZ 2011, S. 161 (169). 4 BVerwG, NVwZ 2011, S. 161 (169). 5 Roth, in: Schenke/Graulich/Ruthig (Hrsg.), Sicherheitsrecht des Bundes, 2014, §§ 3, 4 BVerfSchG Rn. 11 ff. 6 BVerwG, NVwZ 2011, S. 161 (164). 7 BVerwG, NVwZ 2011, S. 161 (169). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 315/18 Seite 6 unterstützt und fördert.8 Für einen Personenzusammenschluss wird tätig, wer diesen als Nichtmitglied in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt.9 Verhaltensweisen isoliert handelnder Einzelpersonen sind nach § 4 Abs. 1 S. 4 BVerfSchG nur dann Bestrebungen im Sinne des BVerfSchG, wenn sie auf die Anwendung von Gewalt gerichtet oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, eines der in §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 BVerfSchG genannten Schutzgüter erheblich zu beschädigen. Diese Einschränkung gilt sowohl für die in § 4 Abs. 1 S. 1 BVerfSchG definierten als auch für die weiteren in § 3 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 BVerfSchG genannten Bestrebungen, sofern diese von einer Einzelperson ausgehen.10 Diese Einschränkungen würden auch für den Bundespräsidenten gelten, wenn er nicht offenkundig als Mitglied einer verfassungsschutzrechtlich relevanten Partei oder eines entsprechenden Personenzusammenschlusses tätig ist, sondern für sich als einzelne Person oder in seiner Funktion als Bundespräsident spricht und handelt. Eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz wäre in einem solchen Falle gem. § 4 Abs. 1 S. 4 BVerfSchG nur dann möglich, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass sein Verhalten auf Gewaltanwendung oder erhebliche Beschädigung der Schutzgüter des BVerfSchG gerichtet ist. 4. Besondere Problematik einer Beobachtung des Bundespräsidenten Der Gesetzgeber hatte bei der Schaffung der Regelungen zum Verfassungsschutz nicht die Beobachtung des Bundespräsidenten durch das Bundesamt für Verfassungsschutz vor Augen. Dies bedeutet, dass spezifische Regelungen für eine solche Beobachtung nicht bestehen und die existierenden Regelungen nicht auf eine solche Beobachtung angepasst sind. Gleichwohl kann aus diesem Umstand nicht automatisch geschlossen werden, dass der Bundespräsident per se von einer Beobachtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz auszuschließen ist. Formal ist das Bundesverfassungsschutzgesetz auch auf den Bundespräsidenten anwendbar. Dennoch hat die Verfassung zur Sicherstellung der Verfassungstreue des Bundespräsidenten spezielle Regelungen vorgesehen, die einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz vorgehen. 4.1. Vorrangige Berücksichtigung anderer Kontrollinstrumente Eine Beobachtung des Bundespräsidenten muss im Kontext anderer verfassungsrechtlicher Kontrollinstrumente betrachtet werden. So muss vor einer Beobachtung geprüft werden, ob von Verfassung wegen nicht andere Mittel der Kontrolle vorgesehen sind, die gewissermaßen vorrangig greifen.11 8 Roth, in: Schenke/Graulich/Ruthig (Hrsg.), Sicherheitsrecht des Bundes, 2014, § 4 BVerfSchG Rn. 30. 9 Roth, in: Schenke/Graulich/Ruthig (Hrsg.), Sicherheitsrecht des Bundes, 2014, § 4 BVerfSchG Rn. 31. 10 Roth, in: Schenke/Graulich/Ruthig (Hrsg.), Sicherheitsrecht des Bundes, 2014, § 4 BVerfSchG Rn. 37. 11 Vgl. hierzu auch die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste „Zur Beobachtung der Bundesregierung oder einzelner ihrer Mitglieder durch den Verfassungsschutz“, WD 3 - 3000 - 063/18, S. 8 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 315/18 Seite 7 Allgemein können Handlungen des Bundespräsidenten mittels eines Organstreitverfahrens nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin überprüft werden. Das Bundesverfassungsgericht kann im Falle eines möglichen Verfassungsverstoßes diesen feststellen. Antragsberechtigt zur Einleitung eines Organstreitverfahrens sind u.a. die obersten Bundesorgane, wie etwa der Bundestag, der Bundesrat und die Bundesregierung. Weiterhin können etwaige Verfassungsverstöße, in denen auch Anzeichen für verfassungsfeindliche Bestrebungen gesehen werden, mittels einer Anklage des Bundespräsidenten vor dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 61 Abs. 1 GG überprüft werden. Im Rahmen dieses Klageverfahrens kann eine etwaige Verletzung von Verfassungs- und Bundesrecht durch den Bundespräsidenten geprüft und beurteilt werden. Dabei kann das Bundesverfassungsgericht den Bundespräsidenten im Falle einer Verurteilung gem. Art. 61 Abs. 2 S. 1 GG, § 58 Abs. 2 BVerfGG seines Amtes für verlustig erklären. Weiterhin kann das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 61 Abs. 2 S. 2 GG durch einstweilige Anordnung bestimmen, dass der Bundespräsident an der Ausübung seines Amtes verhindert ist. Dieses Klageverfahren stellt somit neben dem genannten Organstreitverfahren einen umfassenden Kontrollmechanismus dar, mit dem Verhaltensweisen des Bundespräsidenten erschöpfend überprüft werden können.12 4.2. Vertrauensbekundung durch die Bundesversammlung Besonderes Augenmerk verdient auch der Umstand, dass der Bundespräsident von der Bundesversammlung gewählt wird. Diese Wahl indiziert, dass der Bundespräsident das Vertrauen der Bundesversammlung genießt und dass diese an der Verfassungstreue der gewählten Person keine Zweifel hat.13 Für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz wäre deshalb die Erschütterung dieses generellen Vertrauens in ein verfassungsmäßiges Handeln des Bundespräsidenten erforderlich .14 Neben den ohnehin hohen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit können daher lediglich höchst außergewöhnliche Umstände zur Rechtfertigung einer Beobachtung des Bundespräsidenten durch den Verfassungsschutz herangezogen werden. 4.3. Vergleich mit der Rechtsprechung zur Beobachtung von Abgeordneten Die Rechtsprechung hat sich bislang nur mit den für eine Abgeordnetenbeobachtung aufzustellenden Voraussetzungen auseinandergesetzt. Diese können hier vergleichend zur Beurteilung einer Beobachtung des Bundespräsidenten berücksichtigt werden. Konkret betrifft dies die Entscheidung des 12 Vgl. Butzer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, 14. Aufl. 2018, Art. 61 GG Rn. 1. 13 BT-Drs 16/12411, S. 7. 14 Vgl. zu diesem Grundgedanken: Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste „Zur Beobachtung der Bundesregierung oder einzelner ihrer Mitglieder durch den Verfassungsschutz“, WD 3 - 3000 - 063/18, S. 8; Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste „Beobachtung von Mitgliedern des Parlamentarischen Kontrollgremiums und des Vertrauensgremiums nach § 10a Abs. 2 BHO durch das Bundesamt für Verfassungsschutz“, WD 3 - 3000 - 371/11, S. 15 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 315/18 Seite 8 Bundesverfassungsgerichts aus 2013 zur Beobachtung des Mitglieds des Bundestages Ramelow durch das Bundesamt für Verfassungsschutz.15 Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung klargestellt, dass in der Beobachtung von Abgeordneten durch Verfassungsschutzbehörden ein Eingriff in das freie Mandat aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG liege, der jedoch im Einzelfall im Interesse des Schutzes der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerechtfertigt sein könne. Das Gericht betont dabei, dass der Eingriff strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen unterliege. Hierzu führt das Gericht aus, dass ein Überwiegen des Interesses am Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung insbesondere dann in Betracht komme, wenn Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Abgeordnete sein Mandat zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbrauche oder diese aktiv und aggressiv bekämpfe.16 In Anlehnung an diese Rechtsprechung würde auch die Beobachtung des Bundespräsidenten durch den Verfassungsschutz einen Eingriff in dessen verfassungsmäßige Rechte darstellen. Zur Beurteilung der Zulässigkeit einer Beobachtungsmaßnahme wäre daher ebenfalls zunächst eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall vorzunehmen. Ähnlich wie ein Abgeordneter, der die Voraussetzungen einer Beobachtung erfüllt, müsste auch der Bundespräsident sein Amt zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbrauchen. Anders als im Fall von Abgeordneten, für die kein Verfahren zur Entziehung des Abgeordnetenmandats existiert, würde beim Bundespräsidenten jedoch die Möglichkeit zur Amtsenthebung über Art. 61 GG bestehen. Die Anforderungen an die Abwägungsentscheidung würden aufgrund dieser verfassungsrechtlichen Sanktionsmöglichkeit beim Bundespräsidenten daher nochmals deutlich erhöht werden. Ob bei diesen Anforderungen überhaupt noch Anwendungsfälle für eine Beobachtung verbleiben, erscheint zweifelhaft. 5. Ergebnis Praktische Anwendungsfälle einer Beobachtung des Bundespräsidenten sind nahezu ausgeschlossen. Die Verfassung sieht vielmehr andere Instrumente vor, die im Fall von Verfassungsverstößen des Bundespräsidenten vorrangig zu nutzen wären. Denkbare Anwendungsfälle liegen daher eher im rein fiktiven Bereich. *** 15 BVerfG, NVwZ 2013, S. 1468 ff. 16 BVerfG, NVwZ 2013, S. 1468 (1473).