© 2015 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 314/14 Informationsrechte des Bundestages Berichte der Bundesregierung an Landesregierungen und Fachministerkonferenzen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 314/14 Seite 2 Informationsrechte des Bundestages Berichte der Bundesregierung an Landesregierungen und Fachministerkonferenzen Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 314/14 Abschluss der Arbeit: 6. Februar 2015 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 314/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Kooperationsformen zwischen Bund und Ländern 4 3. Informationsrechte des Bundestages gegenüber der Bundesregierung 5 3.1. Fremd- und Selbstinformation 5 3.2. Frage- und Informationsrechte 5 3.3. Gegenstand und Grenzen 6 4. Berichte der Bundesregierung an Landesregierungen und Fachministerkonferenzen 7 4.1. Gegenstand von Informationsrechten des Bundestages 7 4.1.1. Verantwortungsbereich der Bundesregierung 7 4.1.2. Begründungspflichten 8 4.2. Mögliche Grenzen von Informationsrechten des Bundestages 8 4.2.1. Entgegenstehende verfassungsrechtliche Gründe? 8 4.2.2. Berufung auf das Gebot bundesfreundlichen Verhaltens? 9 4.3. Geltendmachung der Informationsrechte des Bundestages 9 4.3.1. Fragerechte (Fremdinformation) 9 4.3.2. Einsichtsrechte (Selbstinformation) 9 4.3.3. Wahrnehmungsberechtigte 10 5. Ergebnis 10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 314/14 Seite 4 1. Einleitung Das Bundesministerium des Innern erstellt für die „Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren“ (Innenministerkonferenz) Berichte, die je nach Beschlusslage der Innenministerkonferenz freigegeben und veröffentlicht werden.1 Soweit die vom Bundesinnenministerium oder von Behörden des Bundes erstellten Berichte bzw. Dokumente von Interesse für den Bundestag, beispielsweise seines Innenausschusses sind, aber nicht durch die Innenministerkonferenz freigegeben wurden, stellt sich die Frage, ob und inwieweit diesbezüglich Rechte des Bundestages gegenüber der Bundesregierung zur Einsichtnahme bestehen. In diesem Zusammenhang wird über den konkreten Fall der Berichte an die Innenministerkonferenz hinaus gefragt, „welche Rechte und Befugnisse der Bundestag (bzw. seine Ausschüsse) hat, Einblick in Berichte der Bundesregierung an die Landesregierungen zu nehmen“ und ob „die Bundesregierung bei Berichten, die in eigener Federführung und in Behörden des Bundes abschließend entstanden sind, den Bundestag darauf verweisen kann, dass es sich um Berichte an die IMK (oder andere Fachministerkonferenzen) gehandelt habe und nur diese über die Herausgabe entscheiden könne“. 2. Kooperationsformen zwischen Bund und Ländern Im Bundesstaatsgefüge der Bundesrepublik sind Kooperationsformen zwischen den Ländern und zwischen Bund und Ländern möglich.2 Insoweit kann zwischen den verfassungsrechtlich ausdrücklich vorgesehenen Kooperationen wie beispielsweise den Gemeinschaftsaufgaben (Art. 91a ff. GG) und sonstigen Kooperationsformen unterschieden werden.3 Als sonstige Kooperationsformen kommen u.a. informelle Verfahren oder Staatsverträge in Betracht4 sowie verstetigte Formen der Zusammenarbeit durch Konferenzen und Ausschüsse.5 Von großer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die Fachministerkonferenzen zwischen den Ländern, die regelmäßig und unter Beteiligung des Bundes tagen. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Kommunikation und Kooperation zwischen Bund und Ländern auch außerhalb der ausdrücklichen verfassungsrechtlichen Kooperationsformen ist unstreitig, zu beachten sind aber die verfassungsrechtlichen Grenzen, die sich aus der bundestaatlichen Kompetenzordnung sowie aus dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip ergeben – insbesondere darf die Kooperation nicht so weit gehen, dass „die Länder 1 Vgl. die Sammlung der zur Veröffentlichung freigegebenen Beschlüsse und sonstigen Dokumente der Innenministerkonferenz , abrufbar unter: http://www.innenministerkonferenz.de/IMK/DE/termine/termine-node.html, jeweils versehen mit dem Hinweis: „Sofern im Folgenden Beschlüsse oder andere Dokumente von Arbeitskreisen und anderen Gremien der IMK bzw. von Bund und Ländern nicht ausdrücklich als zur Veröffentlichung freigegeben gekennzeichnet sind, wird darum gebeten, von Nachfragen abzusehen, da diese Unterlagen nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben werden können.“ 2 Zum kooperativen Bundesstaat Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog u.a., GG (Stand: 2014), Rn. 141 ff. zu Art. 20. 3 Vgl. Rudolf, Kooperation im Bundesstaat, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts VI (3. Aufl. 2008), § 141 Rn. 25 ff., 31 ff. 4 Rudolf (Fn. 3), Rn. 33 ff., 54 ff. 5 Rudolf (Fn. 3), Rn. 37 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 314/14 Seite 5 eine unzulässige dritte Ebene bzw. die Länder und der Bund miteinander eine unzulässige vierte Ebene neben dem Bund oder den Ländern bilden“.6 Die vorliegend angesprochenen Kooperationen zwischen Bund und Ländern in Form von nicht näher spezifizierten (informellen) Berichten der Bundesregierung an Landesregierungen (Frage 1) und Berichten der Bundesregierung an Fachministerkonferenzen (Frage 2) können als verfassungsrechtlich nicht ausdrücklich vorgesehene informelle Kooperationsformen zusammen erörtert werden. 3. Informationsrechte des Bundestages gegenüber der Bundesregierung 3.1. Fremd- und Selbstinformation Dem Bundestag stehen vielfältige Informationsrechte gegenüber der Bundesregierung zu.7 Insoweit kann man unterscheiden zwischen der Fremd- und Selbstinformation des Bundestages.8 Im Rahmen der Fremdinformation erfolgt die Informationsvermittlung durch die Bundesregierung, und zwar reaktiv auf entsprechende Fragen des Bundestages oder aktiv aufgrund von Berichtsoder Unterrichtungspflichten.9 Die Selbstinformation hingegen bezieht sich den direkten Informationszugang des Bundestages, z.B. durch Beweiserhebung, Aktenherausgabe bzw. Akteneinsicht. Im Zentrum der Informationsrechte des Bundestages steht die Fremdinformation durch die Bundesregierung , Selbstinformationsrechte kommen nur ausnahmsweise, z.B. im Rahmen von Untersuchungsausschüssen in Betracht. Die vorliegenden Fragen nach „Einsichtnahmen“ oder nach der Gewährung von „Einblicken“ in Berichte der Bundesregierung werden hier in einem allgemeinen Sinn verstanden, und zwar als Frage nach den Informationsrechten des Bundestages bezogen auf die Berichte der Bundesregierung an Landesregierungen und Fachministerkonferenzen. 3.2. Frage- und Informationsrechte Das allgemeine Frage- und Informationsrecht des Bundestages folgt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG. Das Bundesverfassungsgericht führt insoweit aus: „In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt und zwischen den Beteiligten nicht strittig ist, dass aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG ein Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung folgt, an dem die einzelnen Abgeordneten und die Fraktionen als Zusammenschlüsse 6 Herzog (Fn. 2), Rn. 159 ff., 166 zu Art. 20. 7 Ausführlich dazu , Informationsrechte des Deutschen Bundestages, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (WD 3 - 3000 - 256/12). 8 Klein, in: Maunz/Dürig/Herzog u.a., GG (Stand: 2014), Rn. 75 zu Art. 43. 9 Zur Unterscheidung zwischen aktiven und reaktiven Fremdinformationsrechten Teuber, Parlamentarische Informationsrechte (2007), 60 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 314/14 Seite 6 von Abgeordneten nach Maßgabe der Ausgestaltung in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages teilhaben und dem grundsätzlich eine Antwortpflicht der Bundesregierung korrespondiert.“10 Die Bundregierung schaffe mit ihren Antworten die Voraussetzungen für eine sachgerechte Arbeit innerhalb des Parlaments, insbesondere im Hinblick auf die Verwirklichung der parlamentarischen Kontrolle.11 Im Einzelnen werden die Frage- und Informationsrechte des Bundestages nach Maßgabe verfassungsrechtlicher Vorgaben (z.B. Art. 43 Abs. 1 GG), einfachgesetzlicher Vorschriften (z.B. PUAG, PKGrG) sowie nach den Vorgaben der Geschäftsordnung des Bundestages (z.B. §§ 100 ff. GO-BT) wahrgenommen. 3.3. Gegenstand und Grenzen Die Frage- und Informationsrechte des Bundestages gelten nicht unbegrenzt. Die Bundesregierung ist nur insoweit zur Information verpflichtet, als sich das Informationsbegehren auf einen zulässigen Gegenstand richtet und der Informationsweitergabe keine verfassungsrechtlichen Gründe entgegenstehen. Gegenstand von Informationspflichten können nur solche Sachverhalte sein, die in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung fallen.12 Ob dieser Verantwortungsbereich in einem engen Sinn als Zuständigkeitsbereich zu verstehen ist oder in einem weiten Sinn all diejenigen Bereiche umfasst, zu denen die Bundesregierungen Informationen hat, ist im Einzelnen umstritten.13 Das Bundesverfassungsgericht folgt dem engeren Begriffsverständnis und geht davon aus, dass sich der parlamentarische Informationsanspruch nur auf Angelegenheiten erstreckt, die in die Zuständigkeit der Bundesregierung fallen; andernfalls fehle es an einer Verantwortlichkeit der Bundesregierung gegenüber dem Deutschen Bundestag.14 Hervorzuheben ist, dass das Bundesverfassungsgericht einen bloß pauschalen Verweis auf einen angeblich fehlenden Verantwortungsbereich der Bundesregierung nicht genügen lässt. Vielmehr bedürfe es einer eigehenden Begründung der Bundesregierung, es sei denn, die Unzuständigkeit der Bundesregierung sei evident.15 Bezieht sich das Informationsbegehren des Bundestages auf einen zulässigen Gegenstand, können der Informationserteilung gleichwohl verfassungsrechtliche Gründe entgegenstehen. Als verfassungsrechtliche Grenzen des Informationsrechts kommen Gründe des Staatswohls und des 10 BVerfGE 124, 161, 188. Zur Diskussion der dogmatischen Herleitung in der Literatur siehe Hölscheidt, Frage und Antwort im Parlament (1992), 18 ff. 11 BVerfG NVwZ 2014, 1652 f. 12 Hölscheidt (Fn. 10), 31 ff. Siehe in diesem Zusammenhang auch Nr. 2 der Anlage 4 zur GO-BT (Richtlinien für die Fragestunde und für die schriftlichen Einzelfragen): „Zulässig sind Fragen aus den Bereichen, für die die Bundesregierung unmittelbar oder mittelbar verantwortlich ist.“ 13 Vgl. Klein (Fn. 8), Rn. 100 ff. zu Art. 43 m.w.N. 14 BVerfGE 124, 161, 196. 15 BVerfGE 124, 161, 196. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 314/14 Seite 7 Grundrechtsschutzes in Betracht sowie der Schutz des Kernbereichs der exekutiven Eigenverantwortung .16 Letzterer basiert auf dem Grundsatz der Gewaltenteilung und gewährt einen nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung mit der Folge, dass sich die Kontrollkompetenz des Bundestages grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge beziehen kann und gerade nicht die Befugnis eröffnet, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen.17 Die entgegenstehenden verfassungsrechtlichen Schutzgüter sind mit dem Informationsinteresse des Bundestages abzuwägen.18 Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob die jeweiligen Geheimhaltungserwägungen ggf. unter Anwendung der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages19 zu gewährleisten wären.20 Jedenfalls wäre auch die Verweigerung der Informationserteilung aus entgegenstehenden verfassungsrechtlichen Gründen von der Bundesregierung zu begründen.21 4. Berichte der Bundesregierung an Landesregierungen und Fachministerkonferenzen Fraglich ist, ob und inwieweit die Informationsrechte des Bundestages Berichte der Bundesregierung an Landesregierungen und Fachministerkonferenzen einschließen. Dazu müssten sie zunächst zulässiger Gegenstand von Informationsbegehren des Bundestages sein. 4.1. Gegenstand von Informationsrechten des Bundestages 4.1.1. Verantwortungsbereich der Bundesregierung Zulässige Gegenstände von Informationsrechten des Bundestages sind Vorgänge, die in den Verantwortungsbereich des Bundes bzw. der Bundesregierung fallen. Die Bundesregierung könnte ihren bzw. den Verantwortungsbereich des Bundes mit Hinweis auf den Verantwortungsbereich der jeweiligen Landesregierung oder Fachministerkonferenz bestreiten. Eine solche Argumentation wäre plausibel, wenn die fraglichen Vorgänge ausschließlich den Landesregierungen oder Fachministerkonferenzen zuzurechnen wären. Vorliegend geht es aber nicht um Vorgänge, die in die alleinige Länderzuständigkeit fallen und der Bundesregierung bloß bekannt sind. Insbesondere können 16 Vgl. (Fn. 7), 5 f. 17 BVerfGE 67, 100, 139. Siehe dazu auch Der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung als Grenze des parlamentarischen Fragerechts, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (WD 3 - 3000 - 399/10). 18 Vgl. Harks, Das Fragerecht des Abgeordneten, JuS 2014, 979, 981 f. Zur Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses mit dem Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung siehe BVerfGE 110, 199, 222: „Je weiter ein parlamentarisches Informationsbegehren in diesen innersten Bereich eindringt, desto gewichtiger muss daher das parlamentarische Informationsinteresse sein, um sich gegen ein von der Regierung geltend gemachtes Interesse an Vertraulichkeit durchsetzen zu können.“ 19 Anlage 3 zur GO-BT. 20 BVerfGE 124, 161, 193. 21 BVerfGE 124, 161, 192 f. Siehe auch BVerfG NVwZ 2014, 1652, 1657: „Aus der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, folgt, dass sie die Gründe darlegen muss, aus denen sie die erbetenen Auskünfte verweigert (…).“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 314/14 Seite 8 die Fachministerkonferenzen als solche mangels rechtlicher Verfasstheit keinen eigenen Hoheitsbereich für sich in Anspruch nehmen.22 Das Informationsinteresse des Bundestages richtet sich hier vielmehr auf eine konkrete Tätigkeit der Bundesregierung, und zwar auf die von ihr für die Landesregierungen und Fachministerkonferenzen erstellten Berichte. Gegenstand des Informationsinteresses ist damit die Informationstätigkeit der Bundesregierung im Verhältnis zu den Landesregierungen und den Fachministerkonferenzen. Die Kooperationstätigkeit des Bundes kann sich – wie oben dargestellt – auf verfassungsrechtlich ausdrücklich vorgesehene Kooperationsformen beziehen oder auf sonstige Bund-Länder-Kooperationsformen.23 Sie liegt in der Zuständigkeit des Bundes und eröffnet damit den Verantwortungsbereich der Bundesregierung. 4.1.2. Begründungspflichten Teilt man die obige Auffassung nicht, so wäre nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls zu begründen, warum ausschließlich der Verantwortungsbereich der Länder betroffen sein sollte. Ein bloßer Verweis darauf, dass die Landesregierungen oder Fachministerkonferenzen Adressaten der Informationstätigkeit des Bundes sind, dürfte insoweit nicht ausreichen. Denn soweit sich das Informationsinteresse des Bundestages nicht auf die Verwertung der Informationen durch die Landesregierungen oder Fachministerkonferenzen oder auf sonstige nur die Landesregierungen und Fachministerkonferenzen betreffende Umstände bezieht, sondern auf die konkrete Informationstätigkeit des Bundes, wäre jedenfalls „bei unbefangener Würdigung“ der Verantwortungsbereich der Bundesregierung betroffen.24 Die Bundesregierung müsste daher plausibel machen, dass ihre Berichte nicht oder nicht primär Ausdruck einer Tätigkeit des Bundes sind, sondern in erster Linie Aufschluss über Angelegenheiten der Landesregierungen oder Fachministerkonferenzen geben. 4.2. Mögliche Grenzen von Informationsrechten des Bundestages 4.2.1. Entgegenstehende verfassungsrechtliche Gründe? Ein grundsätzliches Informationsrecht des Bundestages kann aber aus verfassungsrechtlichen Gründen eingeschränkt werden. Die Bundesregierung könnte sich also je nach Inhalt der Berichte ggf. darauf berufen, dass dem Informationsrecht Gründe des Staatswohls oder Rechte Dritter entgegenstehen . Auch ist denkbar, dass die Informationserteilung den Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung des Bundes betrifft. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsste die Bundesregierung das Vorliegen solcher entgegenstehender verfassungsrechtlicher Gründe plausibel begründen.25 22 Zur fehlenden Rechtsfähigkeit der Fachministerkonferenzen Rudolf (Fn. 3), Rn. 52. 23 Rudolf (Fn. 3), Rn. 33 ff. 24 So die Formulierung in BVerfGE 124, 161, 196. 25 BVerfG NVwZ 2014, 1652, 1657. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 314/14 Seite 9 4.2.2. Berufung auf das Gebot bundesfreundlichen Verhaltens? Im Fall der Bund-Länder-Kooperation stellt sich aber noch ein besonderes Problem. Die in diesem Kontext erstellten Berichte der Bundesregierung können nämlich schützenswerte Belange der Länder berühren. Soweit die Berichte der Bundesregierung das Informationsinteresse der Landesregierungen und Fachministerkonferenzen offenlegen oder sonstige Rückschlüsse auf Angelegenheiten der Länder zulassen (z.B. auf konkret geplante Maßnahmen oder Gesetzesvorhaben), könnte auf Länderebene der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung betroffen sein. Fraglich ist also, ob die Bundesregierung Informationen über ihre Berichte an Landesregierungen und Fachministerkonferenzen unter Berufung auf entgegenstehende Landesinteressen verweigern könnte. Anknüpfungspunkt für eine solche Argumentation wäre das aus dem Bundesstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) folgende Gebot des bundesfreundlichen Verhaltens. Danach sind Bund und Länder im Verhältnis zueinander zur Rücksichtnahme verpflichtet.26 Das Gebot der Rücksichtnahme könnte sich hier darauf beziehen, dass auch die jeweils betroffene Landesregierung entsprechende landesparlamentarische Informationsbegehren zum Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung zurückweisen könnte und diese Zurückweisung nicht durch bundestaatliches Verhalten – hier eine entsprechende Informationserteilung an den Bundestag – unterlaufen werden soll. Eine solche – in diesem Zusammenhang in Rechtsprechung und Literatur bisher nicht behandelte – Berufung auf das Gebot bundesfreundlichen Verhaltens wäre aber nach Maßgabe der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Begründungspflichten besonders zu begründen. Die Bundesregierung müsste insoweit nicht nur plausibel darlegen, dass der Schutz der Länderinteressen unter Abwägung mit den parlamentarischen Informationsinteressen Vorrang hat, sondern auch, warum gerade der Beitrag der Bundesregierung, auf den sich das Informationsinteresse des Bundestages bezieht, den Schutz der Länderinteressen unterlaufen würde. 4.3. Geltendmachung der Informationsrechte des Bundestages Soweit Informationsrechte nicht aus den o.g. Gründen ausgeschlossen sind, stellt sich die Frage, wie und durch wen sie konkret geltend gemacht werden können. 4.3.1. Fragerechte (Fremdinformation) Aus dem allgemeinen Informationsrecht des Bundestages aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG folgen Fragerechte des Bundestages. Diese können beispielsweise im Rahmen des Art. 43 Abs. 1 GG (Zitierrecht) oder durch die in der Geschäftsordnung des Bundestages näher ausgestalteten Fragerechte (§§ 100 ff. GO-BT) wahrgenommen werden. Den Fragerechten korrespondiert eine Antwortpflicht, nicht aber eine Pflicht zur Herausgabe konkreter Dokumente, hier der Berichte an die Landesregierungen und Fachministerkonferenzen. Die Bundesregierung wäre also im Rahmen der Fragerechte nur verpflichtet, auf Fragen zu ihrer Berichterstattung gegenüber den Landesregierungen und Fachministerkonferenzen umfassend und wahrheitsgetreu zu antworten. 4.3.2. Einsichtsrechte (Selbstinformation) Wird darüber hinaus die Einsichtnahme in die Berichte bzw. die Herausgabe der Berichte begehrt, handelt es sich nicht um eine Informationsvermittlung durch die Bundesregierung im Sinne einer 26 BVerfGE 1, 299, 315. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 314/14 Seite 10 Fremdinformation. Insoweit geht es nämlich nicht um eine Berichterstattung an den Bundestag durch die Bundesregierung, sondern um die Vorlage einer Berichterstattung an die Landesregierungen und Fachministerkonferenzen. Die Vorlage eines solchen, nicht an den Bundestag gerichteten Berichts würde technisch einer Akteneinsicht gleichkommen und somit eine Form der Selbstinformation des Bundestages darstellen. Ein solches Recht auf Selbstinformation kann aus den Rechten zur Fremdinformation nicht abgeleitet werden.27 Daher kommen als Rechtsgrundlagen für Einsichtsrechte nur die gesetzlich vorgesehenen Akteneinsichtsrechte in Betracht (z.B. § 18 PUAG, § 5 Abs. 1 PKGrG). 4.3.3. Wahrnehmungsberechtigte Die Informationsrechte des Bundestages können vom Bundestag und je nach den konkreten verfassungsrechtlichen , einfachgesetzlichen und geschäftsordnungsrechtlicher Vorgaben von den Abgeordneten und den Ausschüssen wahrgenommen werden. Für die hier relevanten Fragerechte folgen die Voraussetzungen für ihre Geltendmachung durch die Abgeordneten aus den §§ 100 ff. GO-BT. Kleine und Große Anfragen können nach den §§ 75 Abs. 1 lit. f), Abs. 3, 76 Abs. 1 GO-BT von einer Fraktion oder von fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages gestellt werden. Eine Ausübung der Fragerechte durch die Ausschüsse ist nach § 74 GO-BT in entsprechender Anwendung der §§ 100 ff. GO-BT möglich.28 5. Ergebnis Die Informationsrechte des Bundestages umfassen grundsätzlich auch die Informationstätigkeit der Bundesregierung im Rahmen der Bund-Länder-Kooperation und damit auch die hier thematisierten Berichte der Bundesregierung an Landesregierungen und Fachministerkonferenzen. Eine pauschale Zurückweisung von entsprechenden Informationsbegehren des Bundestages mit Verweis auf „Hoheitsbereiche“ der Länder oder ihrer Kooperationseinrichtungen scheidet daher aus. Eine Informationspflicht der Bundesregierung kann nur entfallen, wenn dies aus einer Abwägung mit gegenläufigen verfassungsrechtlichen Schutzgütern folgt, z.B. zur Wahrung des Kernbereichs der exekutiven Eigenverantwortung des Bundes. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass die Bundesregierung insoweit auch berechtigt ist, ggf. betroffene Interessen der Länder an der Geheimhaltung der Berichte geltend zu machen. Zu diesem Zweck könnte sich die Bundesregierung auf das Gebot des bundesfreundlichen Verhaltens berufen, um die ggf. betroffenen Kernbereiche der exekutiven Eigenverantwortung der Länder zu wahren. Die Begründungslasten für das Vorliegen solcher Grenzen der Informationspflicht sind aber hoch und obliegen der Bundesregierung. 27 Klein (Fn. 8), Rn. 117 f. zu Art. 43 m.w.N. 28 Vgl. dazu Teuber (Fn. 9), 279 f.