© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 311/14 Datenschutzbestimmungen und Gesetzgebungskompetenzen bei der Zusammenarbeit von Sozialträgern im Rahmen von Jugendberufsagenturen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 311/14 Seite 2 Datenschutzbestimmungen und Gesetzgebungskompetenzen bei der Zusammenarbeit von Sozialträgern im Rahmen von Jugendberufsagenturen Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 311/14 Abschluss der Arbeit: 22.01.2015 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 311/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Datenschutzregelungen bei einer Zusammenarbeit der Beteiligten in Form einer Jugendberufsagentur 5 2.1. Allgemeine Datenschutzbestimmungen 5 2.2. Datenschutzbestimmungen für die Zusammenarbeit 6 2.2.1. Gesetzliche Grundlage für die Zusammenarbeit 6 2.2.2. Datenübermittlung im Rahmen dieser Zusammenarbeit 6 3. Gesetzgebungskompetenz des Bundes für eine auf die Jugendberufsagenturen zugeschnittene Gesamtdatenschutzregelung 7 4. Anforderungen an eine auf die Jugendberufsagenturen zugeschnittene Gesamtdatenschutzregelung 8 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 311/14 Seite 4 1. Fragestellung Im Zusammenhang mit den in einigen Bundesländern eingeführten Jugendberufsagenturen ist die Frage aufgeworfen worden, ob der Bund die Gesetzgebungskompetenz besitzt, um Datenschutzregelungen für den Informationsaustausch zwischen den an den Jugendberufsagenturen beteiligten Stellen zu erlassen. Sollte der Bund dazu befugt sein, ist die weitere Frage gestellt worden, welche Anforderungen an den Inhalt einer solchen Regelung zu stellen sind. Jugendberufsagenturen sollen die Leistungen an junge Menschen, die von verschiedenen sozialen Aufgabenträgern erbracht werden, bündeln. Hierzu zählen die Agentur für Arbeit, die Jobcenter und die Einrichtungen der Jugendhilfe. Die Aufgabe der Agentur für Arbeit besteht in der Bereitstellung von Arbeitsförderungsmaßnahmen auf der Basis des Arbeitsförderungsgesetzes (SGB III1). Die regional tätigen Jobcenter betreuen unter anderem arbeitssuchende Jugendliche, soweit diese Arbeitslosengeld II nach dem Grundsicherungsgesetz beziehen (SGB II2). Schließlich sind die Einrichtungen der Jugendhilfe (kommunale Jugendämter/Landesjugendämter) für die Jugendhilfe nach Maßgabe des Jugendhilfegesetzes zuständig (SGB VIII3). Die Aufgaben dieser sozialen Träger sind somit durch Bundesrecht festgelegt. Jugendberufsagenturen existieren in unterschiedlichen Formen bereits in mehreren Bundesländern . Teilweise arbeiten die genannten Sozialträger räumlich zusammen, teilweise finden lediglich regelmäßige Koordinierungstreffen statt. In Hamburg etwa wurden 2012 in sämtlichen Bezirken Jugendberufsagenturen eingerichtet, die Leistungen der Jobcenter, der Agentur für Arbeit Hamburg, der Behörde für Schule und Berufsbildung, der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration sowie der Bezirksämter auf schulischer, regionaler und Landesebene koordinieren . Wie dieses Beispiel zeigt, handelt es sich bei Jugendberufsagenturen um keine selbständigen Körperschaften. Die Leistungen werden vielmehr durch die bereits bestehenden Institutionen erbracht , mit der Besonderheit, dass sie sich nunmehr verstärkt bzw. strukturierter untereinander absprechen.4 Eine Zusammenarbeit der Agentur für Arbeit, der Jobcenter und der Einrichtungen der Jugendhilfe bringt mit sich, dass Daten über die betreuten Jugendlichen ausgetauscht werden müssen. Für diesen Datenaustausch bestehen allgemeine und eine ganze Reihe spezifischer Datenschutzregelungen des Bundes5 (dazu unten Ziff. 2.). Möchte der Bundesgesetzgeber diese Zersplitterung der 1 Das Dritte Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594, 595), das durch Artikel 3 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2475) geändert worden ist. 2 Das Zweite Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I S. 850, 2094), das durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2411) geändert worden ist. 3 Das Achte Buch Sozialgesetzbuch – Kinder und Jugendhilfe – in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. August 2013 (BGBl. I S. 3464) geändert worden ist. 4 Drs. 20/4195 der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, S. 12. 5 Die Datenschutzregelungen werden von weiteren landesrechtlichen Datenschutzregelungen flankiert, die vorliegend jedoch keine weitere Beachtung finden sollen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 311/14 Seite 5 Datenschutzregelungen durch eine auf Jugendberufsagenturen zugeschnittene Gesamtregelung beseitigen, stellt sich zunächst die Frage nach der Gesetzgebungskompetenz des Bundes, bevor die Anforderungen an eine solche Gesamtregelung dargestellt werden können (zu diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen unten Ziff. 3.) 2. Datenschutzregelungen bei einer Zusammenarbeit der Beteiligten in Form einer Jugendberufsagentur Bislang existieren Jugendberufsagenturen nur als Kooperationsstelle der genannten Sozialträger. Insofern unterliegen sie auch keinen spezifischen Datenschutzbestimmungen, die nur für Jugendberufsagenturen gelten. Entscheidend ist deshalb allein, welche Maßgaben für eine Übermittlung von Sozialdaten zwischen der Agentur für Arbeit, dem Jobcenter und dem Träger der Jugendhilfe bei deren Zusammenarbeit gelten. 2.1. Allgemeine Datenschutzbestimmungen Allgemeine Datenschutzregelungen finden sich im Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I6) und im Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X7). Nach § 35 Abs. 1 S. 1 SGB X hat jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (sog. Sozialgeheimnis). Sozialdaten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer natürlichen Person, die von einer in § 35 SGB X genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (§ 67 Abs. 1 S. 1 SGB X). Zu diesen Stellen zählen vor allem die Sozialleistungsträger (§ 12 SGB I), zu denen unter anderem auch die Agenturen für Arbeit (§ 19 Abs. 2 SGB I), die Jobcenter (§ 19a Abs. 2 SGB I, § 44b Grundsicherungsgesetz – SGB II) und die Träger der Jugendhilfe (§ 27 Abs. 2 SGB I) gehören. Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst dabei die Verpflichtung, auch innerhalb des jeweiligen Sozialleistungsträgers sicherzustellen, dass die Sozialdaten nur Befugten zugänglich sind oder nur an diese weitergegeben werden (§ 35 Abs. 1 S. 2 SGB I). Eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten ist nur unter den Voraussetzungen der Regelungen in den §§ 67 bis 85a SGB X zulässig (§ 35 Abs. 2 SGB I).8 Durch die Übermittlung von Sozialdaten zwischen sozialen Trägern werden die Daten „verarbeitet“, da sie nicht innerhalb der speichernden Stelle, sondern an eine dritte Stelle weitergegeben werden (§ 67 Abs. 6 Nr. 3 SGB X).9 6 Das Erste Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015), das durch Artikel 2 des Gesetzes vom 18. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2325) geändert worden ist. 7 Das Zehnte Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl. I S. 130), das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1348) geändert worden ist. 8 Diese Bestimmungen gehen den Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes vor (vgl. auch § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG). 9 Bieresborn, in: von Wulffen/Schütze, SGB X Kommentar, 8. Auflage 2014, § 67 Rdnr. 26. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 311/14 Seite 6 2.2. Datenschutzbestimmungen für die Zusammenarbeit 2.2.1. Gesetzliche Grundlage für die Zusammenarbeit Die gesetzliche Grundlage für eine Zusammenarbeit der genannten sozialen Einrichtungen ist in §§ 9, 9a Arbeitsförderungsgesetz (SGB III) aus Sicht der Arbeitsagenturen, §§ 18, 18a Grundsicherungsgesetz (SGB II) aus Sicht der Jobcenter und § 81 Jugendhilfegesetz (SGB VIII) aus Sicht der Jugendhilfeeinrichtungen festgelegt. So ergibt sich beispielsweise eine besondere Verpflichtung zur Zusammenarbeit aus § 18a S. 1 Grundsicherungsgesetz (SGB II) für den Fall, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte (Arbeitslosengeld II) auch Leistungen der Arbeitsförderung beziehen. Dann sind unter anderem die Jobcenter verpflichtet, bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben auch mit den Agenturen für Arbeit eng zusammenzuarbeiten . Eine spiegelbildliche Vorschrift findet sich für die Arbeitsagenturen in § 9a Arbeitsförderungsgesetz (SGB III). 2.2.2. Datenübermittlung im Rahmen dieser Zusammenarbeit Eine Übermittlung von Sozialdaten ist stets zulässig, wenn der Betroffene hiermit einverstanden ist (§ 67b Abs. 1 S. 1 2. Fall SGB X). Ohne diese Einwilligung ist die Übermittlung zwischen sozialen Trägern und damit auch zwischen den an den Jugendberufsagenturen beteiligten Stellen nach § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X gestattet, soweit sie erforderlich ist für die Erfüllung der Zwecke, für die sie erhoben worden sind, oder für die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe der übermittelnden Stelle oder für die Erfüllung einer solchen Aufgabe des Dritten, an den die Daten übermittelt werden, wenn er ein Sozialleistungsträger ist (§ 35 SGB I). Daneben bestehen im Rahmen der bereichsspezifischen Sozialgesetzbücher eine Reihe spezieller Datenschutzregelungen, die den allgemeinen Bestimmungen vorgehen (§ 37 SGB X). Gerade bei der teilweise sozialgesetzlich vorgeschriebenen Kooperation von verschiedenen Sozialträgern zur Erfüllung bestimmter Aufgaben finden sich spezielle Regelungen für die Datenübermittlung in diesem Kooperationsverhältnis.10 Alle Datenschutzvorschriften für die Übermittlung von Daten setzten dabei stets mindestens voraus, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der übermittelnden oder der empfangenden Stelle erforderlich ist. 10 Siehe z.B. § 18a S. 2 Grundsicherungsgesetz – SGB II für die Übermittlung von Daten im Rahmen der Zusammenarbeit der Jobcenter mit den Agenturen für Arbeit oder die entsprechende Spiegelvorschrift in § 9a Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz – SGB III. Allerdings bestehen im Bereich der Jugendhilfe besondere Vorschriften für die Datenübermittlung von Trägern der Jugendhilfe an Dritte, die auch dem besonderen Vertrauensschutz in der persönlichen und erzieherischen Hilfe Rechnung tragen (§ 64 Abs. 2 und § 65 Abs. 1 Jugendhilfegesetz – SGB VIII). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 311/14 Seite 7 3. Verfassungsrechtliche Anforderungen an eine Gesamtdatenschutzregelung des Bundes für Jugendberufsagenturen Da ein genauer Vorschlag für eine Gesamtdatenschutzregelung des Bundes für Jugendberufsagenturen nicht vorliegt, können die folgenden Ausführungen nur die allgemeinen verfassungsrechtlichen Anforderungen darstellen. Nicht nur aufgrund der rechtlichen Komplexität des Zusammenspiels von fünf Büchern des Sozialgesetzbuches (SGB I, II, III, VIII und X), sondern auch aufgrund der zahlreichen, sehr unterschiedlichen Kooperationsformen, die in diesem Bereich unter der Bezeichnung „Jugendberufsagentur“ bestehen,11 ist die Darstellung aller verfassungsrechtlichen Anforderungen, die an jede denkbare Ausgestaltung einer Gesamtdatenschutzregelung des Bundes zu stellen wären, an dieser Stelle nicht möglich. Ein konkreter Regelungsentwurf wäre daher verfassungsrechtlich in seinen Einzelheiten zu prüfen. 3.1. Gesetzgebungskompetenz des Bundes Der Bund besitzt eine Gesetzgebungskompetenz auf den Gebieten der öffentlichen Fürsorge (Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG) und der Arbeitsvermittlung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG). Das Sachgebiet der öffentlichen Fürsorge ist nicht eng auszulegen12 und umfasst daher den gesamten Bereich der öffentlichen Hilfeleistungen in wirtschaftlicher Notlage.13 Sowohl das Grundsicherungsgesetz (SGB II) als auch das Jugendhilfegesetz (SGB VIII) wurden auf der Grundlage dieser Kompetenznorm erlassen.14 Unter „Arbeitsvermittlung“ im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG fällt die Zusammenführung von Arbeitssuchenden mit Arbeitgebern zur Begründung neuer Beschäftigungsverhältnisse .15 Das Arbeitsförderungsgesetz (SGB III) unterfällt damit dieser Kompetenznorm. Auf dem Gebiet des Datenschutzes kommt dem Bund immer dann eine Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs zu, wenn „er eine ihm zur Gesetzgebung zugewiesene Materie verständigerweise nicht regeln kann, ohne dass die datenschutzrechtlichen Bestimmungen mitgeregelt werden“.16 Insofern besitzt der Bund auch für den Sozialdatenschutz, der sich in den behandelten Sozialgesetzbüchern wiederfindet, die Gesetzgebungskompetenz. Folglich besteht auch für eine Regelung zur Übermittlung von Sozialdaten zwischen den Beteiligten an einer Jugendberufsagentur eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes. 11 Antwort der Bundesregierung vom 25.03.2014 auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., BT-Drs. 18/913, siehe die Ausführungen in der Vorbemerkung der Bundesregierung, S. 3, sowie die Antwort auf Frage 2. 12 BVerfGE 97, 332, 341 – Kindergartenbeiträge; BVerfGE 108, 186, 214 - Informationspflichten bei Sonderabgaben. 13 Kunig, in: von Münch/Kunig, Grundgesetz Kommentar, 6. Auflage, München 2012, Art. 74 GG Rn. 28; Degenhart, in: Sachs, Grundgesetz Kommentar, 7. Auflage 2014, Art. 74 Rdnr. 35. 14 Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Grundgesetz Kommentar, 13. Auflage, Köln 2014, Art. 74 GG Rn. 78. 15 Degenhart, in: Sachs, Grundgesetz Kommentar, 7. Auflage 2014, Art. 74 Rdnr. 55; Kunig, in: von Münch/Kunig, Grundgesetz Kommentar, 5. Auflage, München 2012, Art. 74 GG Rn. 54. 16 BVerfGE 125, 260, 314 – Vorratsdatenspeicherung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 311/14 Seite 8 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Aufgaben der Sozialhilfe teilweise durch Landes- bzw. Kommunalbehörden erfüllt werden. Insbesondere die Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens unterliegt in diesen Fällen der Regelungskompetenz der Länder. Die genaue Ausgestaltung der Kooperation einer Jugendberufsagentur, an der stets entsprechende Landesbehörden beteiligt sein dürften, liegt dann auch im Kompetenzbereich der Länder. Daher darf der Bundesgesetzgeber mit der Gesamtdatenschutzregelung keine direkten oder indirekten Vorgaben machen, die den Regelungsbereich der Länder betreffen. Nach Auskunft der Bundessregierung plant diese derzeit auch nicht, den „Akteuren von Ort ein konkretes Modell für eine Jugendberufsagentur“17 vorzugeben. Daher müsste eine Gesamtdatenschutzregelung des Bundes somit zunächst voraussetzen, dass sich die beteiligten Sozialträger auf Landes- bzw. Kommunalebene zu einer Kooperation in Form einer Jugendberufsagentur entschlossen und ihre Verwaltungsverfahren in diesem Rahmen aufeinander abgestimmt haben. Nur wenn eine solche Jugendberufsagentur tatsächlich besteht, würde die Gesamtdatenschutzregelung des Bundes in diesem Rahmen zur Anwendung kommen. Allerdings ist die Kooperationsform der „Jugendberufsagentur“ nicht definiert, vielmehr existieren regional sehr unterschiedlich organisierte Formen der Zusammenarbeit.18 Die Ausgestaltung einer Gesamtdatenschutzregelung des Bundes wird daher voraussichtlich nicht alle bereits bestehenden und zukünftigen Kooperationsformen vollumfänglich erfassen können. Ob demnach die derzeit bestehende Zersplitterung der datenschutzrechtlichen Regelungen für Jugendberufsagenturen durch eine Gesamtdatenschutzregelung des Bundes tatsächlich vollumfänglich aufgehoben werden kann, ist daher fraglich. 3.2. Anforderungen an eine auf die Jugendberufsagenturen zugeschnittene Gesamtdatenschutzregelung Hat der Bund die Gesetzgebungskompetenz, kann der Bundesgesetzgeber im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben entscheiden, wie er die jeweilige Materie regelt. Soweit er dabei insbesondere die Regelungskompetenzen der Bundesländer nicht verletzt, kann er auch für spezifische Bereiche Gesamtregelungen schaffen. Wichtigste Anforderung an eine solche Datenschutzregelung ist dabei immer, dass sie nicht gegen die Grundrechte der Betroffenen, insbesondere gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), verstoßen darf.19 Da die allgemeine Regelung des § 69 SGB X dem Schutz dieses Grundrechts Rechnung trägt und daher die Datenübermittlung von der „Erforderlichkeit für die Aufgabenerfüllung“ abhängig macht, sollte auch die Gesamtregelung diesen Schutzstandard nicht unterschreiten. Insofern darf die Gesamtregelung nicht eine 17 Vgl. die Antwort der Bundesregierung vom 25. März 2014 auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Antwort auf Fragen 7 bis 12, BT-Drs. 18/913, S. 5 18 Vgl. bereits oben Ziff. 3 sowie die Antwort der Bundesregierung vom 25. März 2014 auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., BT-Drs. 18/913, siehe die Ausführungen in der Vorbemerkung der Bundesregierung, S. 3, sowie die Antwort auf Frage 2. 19 Vgl. BVerfGE 65, 1, 46 – Volkszählung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 311/14 Seite 9 anforderungslose Übermittlungsbefugnis statuieren, sondern muss die Datenübermittlung ebenfalls mindestens von der „Erforderlichkeit für die Aufgabenerfüllung“ des übermittelnden oder empfangenden Trägers abhängig machen. Auch das Schutzniveau der sonstigen allgemeinen20 und spezifischen 21 Datenschutzregeln sollte durch die Gesamtregelung nicht unterschritten werden. Schließlich sollte die Gesamtregelung einem gesteigerten Vertrauensschutz, z.B. im Bereich der persönlichen und erzieherischen Hilfe (§ 65 Abs. 1 Jugendhilfegesetz – SGB VIII), Rechnung tragen. 20 Vgl. oben Ziff. 2.1. 21 Siehe oben Ziff. 2.2.2.