Verfassungsrechtliche Fragen zum Tatbestand der Verbrechensabrede - Ausarbeitung - © 2007 Deutscher Bundestag WD 3 - 311/07 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Verfassungsrechtliche Fragen zum Tatbestand der Verbrechensabrede Ausarbeitung WD 3 - 311/07 Abschluss der Arbeit: 9. Oktober 2007 Fachbereich WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - Zusammenfassung - Bei einer Übertragung von Verschwörungstatbeständen aus dem US-amerikanischen Strafrecht könnte es dazu kommen, dass der Tatbestand der Verbrechensabrede eingeengt oder erweitert würde. Eine Einengung der Norm wäre verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich. Bei einer Erweiterung der Norm wären der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Bestimmtheitsgebot zu beachten. Sofern man eine Scheinabrede und die Verabredung zu einem Vergehen strafrechtlich sanktionieren würde, müsste der Gesetzgeber insbesondere darlegen, dass solche Sanktionen notwendig sind. Hier hat der Gesetzgeber jedoch einen Einschätzungsspielraum , der vom Bundesverfassungsgericht nur begrenzt überprüft wird. Inhalt 1. Einleitung und Prüfungsgegenstand 4 2. Begrifflichkeiten 4 3. Zur Verfassungsmäßigkeit der Verbrechensabrede 4 3.1. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 5 3.1.1. Legitimes Ziel 5 3.1.2. Geeignetheit der Sanktion 5 3.1.3. Erforderlichkeit der Sanktion 6 3.1.4. Angemessenheit der Sanktion 6 3.2. Bestimmtheitsgebot 7 4. Zur Zulässigkeit der Angleichung an amerikanische Tatbestände 7 4.1. Ausdehnung auf so genannte Scheinabreden 8 4.1.1. Verhältnismäßigkeit 8 4.1.2. Bestimmtheitsgebot 8 4.2. Ausdehnung auf Verabredungen zu Vergehen 9 4.2.1. Verhältnismäßigkeit 9 4.2.2. Bestimmtheitsgebot 9 5. Ergebnis 9 - 4 - 1. Einleitung und Prüfungsgegenstand Der Tatbestand der Verschwörung („conspiracy“) existiert in fast allen Bundesstaaten der USA.1 Die Tatbestandsvoraussetzungen ähneln im Wesentlichen denen der Verbrechensabrede nach § 30 Abs. 2 Var. 3 Strafgesetzbuch (StGB). Die Abweichungen in den USA lassen sich wie folgt zusammenfassen: - bereits die scheinbare Übereinkunft ist strafbar für denjenigen, der die Übereinkunft ernst nimmt, - auch Vergehen können Gegenstand der Abrede sein, - die Verschwörung tritt nicht hinter der vollendeten Haupttat zurück, - zusätzlich zur Abrede ist eine offenkundige Handlung notwendig.2 Aufgrund der ansonsten nahezu identischen Voraussetzungen wird zunächst die Verfassungsmäßigkeit von § 30 Abs. 2 Var. 3 StGB untersucht und in einem zweiten Schritt die Zulässigkeit einer Übertragung der aufgezeigten Divergenzen geprüft. 2. Begrifflichkeiten Soweit im Folgenden die Begriffe „Verbrechen“ und „Vergehen“ verwandt werden, folgt dies der Legaldefinition des § 12 Abs. 1 und 2 StGB. Hiernach sind Verbrechen rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind. Vergehen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder die mit Geldstrafe bedroht sind. Auch in den USA ist eine Klassifizierung der Tatbestände in unterschiedliche Deliktskategorien üblich; diese entspricht aber nicht der deutschen Einordnung. Sie wird von jedem Bundesstaat selbst – und auch in unterschiedlicher Weise – vorgenommen.3 Bei der Prüfung der möglichen Übertragung von Regelungen ist dies zu beachten, weil kein einheitlicher Vergleichsmaßstab existiert. 3. Zur Verfassungsmäßigkeit der Verbrechensabrede § 30 Abs. 2 Var. 3 StGB4 greift wie jedes strafrechtliche Ge- oder Verbot in die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG ein und bedarf daher einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit 1 Ausführlich hierzu die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste vom 28. September 2007 von WD 7 - 187/07 mit dem Titel: „Verschwörung“ im US-amerikanischen Strafrecht und § 30 Abs. 2, 3. Alt. StGB im Vergleich“. 2 WD 7 - 187/07 (Fn. 1), S. 31. 3 WD 7 - 187/07 (Fn. 1), S. 5. 4 In Verbindung mit dem jeweils geplanten Verbrechen. - 5 - steht unter dem Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung.5 Unter der verfassungsmäßigen Ordnung ist die allgemeine Rechtsordnung zu verstehen, die die materiellen und formellen Normen der Verfassung zu beachten hat.6 Bei einem gesetzlichen Verbot, das strafrechtliche Sanktionen nach sich zieht, müssen vor allem der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Bestimmtheitsgebot berücksichtigt werden.7 3.1. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt gesteigerte Bedeutung für die Prüfung einer Strafvorschrift zu, die als schärfste dem Staat zur Verfügung stehende Sanktion ein sozialethisches Unwerturteil über ein bestimmtes Handeln des Bürgers ausspricht .8 Nach diesem Grundsatz muss ein Gesetz geeignet, erforderlich und angemessen sein, um das erstrebte Ziel zu erreichen.9 3.1.1. Legitimes Ziel § 30 Abs. 2 StGB muss ein legitimes Ziel verfolgen. Durch die Bestrafung der Verbrechensabrede soll einer Gefährdung der Rechtsordnung begegnet werden, die durch zwei Personen entsteht, die sich aufgrund der wechselseitigen Erklärung ggf. schwerer von einem Tatentschluss lösen können.10 Die Bekämpfung solcher Vorfeldhandlungen stellt grundsätzlich ein legitimes Ziel dar. 3.1.2. Geeignetheit der Sanktion Das Ziel muss mit einem geeigneten Mittel erreicht werden. Geeignet ist das Mittel, wenn es zur Erreichung des angestrebten Ziels jedenfalls förderlich ist.11 Bei der Beurteilung dieser Frage wird dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum eingeräumt, welcher vom Bundesverfassungsgericht je nach der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden und der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter nur in begrenztem Umfang überprüft werden kann.12 Die Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes zwecks frühestmöglicher Eindäm- 5 BVerfGE 70, 1 ff.; st. Rspr. 6 BVerfGE 6, 32 ff.; BVerfGE 50, 256 ff.; BVerfGE 63, 88 ff.; BVerfGE 90, 145 ff. 7 Grundlegend Tiedemann, Verfassungsrecht und Strafrecht, 1991, S. 44 ff.; Lewisch, Verfassung und Strafrecht, 1993, S. 112 ff. und 194 ff.; speziell zur Vorfeldkriminalisierung Letzgus, Vorstufen der Beteiligung, 1972, S. 102 ff.; Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, 1996, S. 216 ff., S. 367 ff. 8 BVerfGE 25, 269 (286); BVerfGE 88, 203 (258); BVerfGE 90, 145 (171). 9 BVerfGE 90, 145 (171). 10 Schünemann, in: Strafgesetzbuch, Leipziger Kommentar, 12. Auflage 2007, Erster Band, § 30 Rn. 3; Kühl, Strafrecht – Allgemeiner Teil, 5. Auflage 2005, § 20 Rn. 245, jeweils m.w.N. 11 BVerfGE 96, 10 (23); BVerfGE 90, 145 (173). 12 BVerfGE 77, 170 (215); BVerfGE 88, 203 (262); BVerfGE 90, 145 (173). - 6 - mung von Gefahren ist geeignet, die Gefahren zu erkennen und möglicherweise abzuwehren . Denkbar ist auch, dass eine Abschreckung erzielt wird. 3.1.3. Erforderlichkeit der Sanktion Erforderlich ist die Regelung, wenn kein milderes, gleichermaßen wirksames Mittel existiert. Auch bei der Beurteilung dieser Frage wird dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum eingeräumt.13 Möglich wäre als milderes Mittel z. B. eine Begrenzung auf bestimmte Delikte oder Deliktsgruppen. Ob dies allerdings ein gleichermaßen wirksames Mittel wie die Bestrafung der Verabredung aller Verbrechen darstellt, kann nicht abschließend beurteilt werden. Aufgrund des Einschätzungsspielraums des Gesetzgebers kann die Bestrafung der Verbrechensabrede als erforderlich bewertet werden. 3.1.4. Angemessenheit der Sanktion Eine gesetzliche Regelung muss auch die Grenzen der Angemessenheit wahren. So muss bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs in ein Grundrecht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit für die Adressaten des Verbots gewahrt bleiben.14 Die Maßnahme darf sie mithin nicht übermäßig belasten.15 Eine Strafandrohung darf nach Art und Maß dem unter Strafe stehenden Verhalten nicht schlechthin unangemessen sein; Tatbestand und Rechtsfolge müssen vielmehr sachgerecht aufeinander abgestimmt sein.16 Die Angemessenheit verlangt also eine Güterabwägung. Gegenüber stehen sich hier die allgemeine Handlungsfreiheit des Einzelnen und das Interesse des Staates am Schutz der im Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs geschützten Rechtsgüter. In der Literatur ist umstritten, ob § 30 Abs. 2 Var. 3 StGB verfassungsgemäß ist.17 Die überwiegende Auffassung hält § 30 Abs. 2 Var. 3 StGB bei restriktiver Auslegung für verfassungsgemäß18 oder ordnet die Vorschrift allein aus rechtspolitischen Gründen als kritikwürdig ein19. 13 BVerfGE 90, 145 (173). 14 BVerfGE 30, 292 (316); BVerfGE 67, 157 (178); BVerfGE 81, 70 (92); BVerfGE 90, 145 (173). 15 Übermaßverbot oder Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne BVerfGE 48, 396 (402); BVerfGE 83, 1 (19); BVerfGE 90, 145 (173). 16 BVerfGE 54, 100 (108); (st. Rspr.). 17 Kohlrausch-Lange, Strafgesetzbuch mit Erläuterungen und Nebengesetzen, 41. Auflage 1956, § 49 a III, geht von einem Verstoß gegen Art. 3 GG aus. 18 Schünemann (Fn. 10), § 30 Rn. 4 und 11; Kühl (Fn. 10), § 20 Rn. 252. 19 „Die Vorschrift […] ist […] in ihrer kriminalpolitischen Berechtigung umstritten“, Cramer/Heine, in: Schönke/Schröder (Hrsg.), Strafgesetzbuch, 27. Auflage 2006, § 30 Rn. 1; siehe ferner Joecks, in: Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 1, 2003, § 30 Rn. 3, beide m.w.N. - 7 - Die Gerichte wenden § 30 Abs. 2 Var. 3 StGB an und gehen damit implizit auch von der Angemessenheit der Norm aus.20 3.2. Bestimmtheitsgebot Art. 103 Abs. 3 GG gewährleistet, dass eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Dies verpflichtet den Gesetzgeber, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so genau zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände für den Normadressaten schon aus dem Gesetz selbst zu erkennen sind und sich durch Auslegung konkretisieren lassen.21 Diese strengen Voraussetzungen sollen Rechtssicherheit herstellen.22 Art. 103 Abs. 2 GG sorgt zugleich dafür, dass im Bereich des Strafrechts mit seinen weitreichenden Folgen für den Einzelnen nur der Gesetzgeber abstrakt-generell über die Strafbarkeit entscheidet.23 Das Parlament ist deshalb von Verfassungs wegen verpflichtet, die Grenzen der Strafbarkeit selbst zu bestimmen; es darf diese Entscheidung nicht anderen staatlichen Gewalten, etwa der Strafjustiz, überlassen.24 Einige Autoren gehen von einem Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot aus.25 Die Rechtsprechung hingegen hat auch an der ausreichenden Bestimmtheit des § 30 Abs. 2 StGB keine Zweifel geäußert.26 4. Zur Zulässigkeit der Angleichung an amerikanische Tatbestände Bezieht man scheinbare Abreden und Abreden hinsichtlich Vergehen mit ein, würde der Anwendungsbereich der Verbrechensabrede erweitert. Fordert man zusätzlich zur Abrede weitere Handlungen, würde der Anwendungsbereich eingeengt.27 Hinsichtlich der Einengung des Straftatbestandes dürften keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen; hier käme allein ein Verstoß gegen das so genannte Untermaßverbot28 in Betracht. Einen solchen Verstoß in Bezug auf Strafrechtsnormen hat das Bundesverfassungsgericht bislang nur in den beiden Entscheidungen zum Schwangerschaftsabbruch 20 Siehe z.B. BGH, Urteil vom 31.10.2001, Aktenzeichen 2 StR 315/01 = NStZ-RR 2002, 74 f.; BGH, Beschluss vom 11.8.1999, Aktenzeichen 5 StR 217/99, bei juris; BGH, Beschluss vom 11.3.1999, Aktenzeichen 4 StR 56/99 = NStZ 1999, 449 ff.; BGH, Beschluss vom 23.4.1998, Aktenzeichen 4 StR 150/98 = NStZ 1998, 510; zu Urteilen älteren Datums, Kohlrausch-Lange (Fn. 17), § 49 a III. 21 BVerfG, NJW 2002, 1779, m.w.N. 22 BVerfGE 95, 96 (130 ff.). 23 BVerfGE 75, 329 (341); BVerfGE 95, 96 (131). 24 BVerfG, NJW 2002, 1779 (1180). 25 Kohlrausch-Lange (Fn. 17), § 49 a III. 26 Vgl. die Nachweise in Fn. 20. 27 Die Frage nach dem Konkurrenzverhältnis dürfte nur geringfügige Auswirkungen haben und ist deshalb für die verfassungsrechtliche Beurteilung zu vernachlässigen. 28 Vgl. zum Begriff Isensee, in: Handbuch des Staatsrechts, Band V, 1992, § 111 Rn. 165 f. - 8 - bejaht.29 In diesen Entscheidungen ging es maßgeblich um die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates zum unmittelbaren Schutz des werdenden Lebens. Bei der Verbrechensabrede werden hingegen Handlungen im Vorfeld einer Rechtsgutsverletzung sanktioniert; hier liegt ein maßgeblicher Unterschied. 4.1. Ausdehnung auf so genannte Scheinabreden Die Rechtsprechung fordert für eine Verabredung im Sinne des § 30 Abs. 2 Var. 3 StGB den übereinstimmenden Willen der Beteiligten zur Begehung der Tat. Eine „nur zum Schein“ erfolgte Mitwirkung des Partners soll hingegen nicht genügen.30 Es müsste demnach eine gesetzliche Regelung diesen Fall mit aufnehmen, da er sich zurzeit nicht aus der Auslegung der Norm ergibt. 4.1.1. Verhältnismäßigkeit Soweit es die Ausdehnung auf eine Scheinabrede betrifft, ist problematisch, dass der Zweck der Norm, die Verhinderung gefährlicher Bindungen, nicht erreicht werden kann, da objektiv keine Bindung zwischen zwei Personen entsteht. Das schließt eine Bestrafung aus rechtstaatlichen Gründen aber nicht grundsätzlich aus, wenn andere Gründe für die Notwendigkeit einer Sanktion sprechen. So kann nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine ähnliche Gefahr wie bei einer echten Abrede entsteht – wenn sich jedenfalls ein potenzieller Täter in seinem Entschluss bestärkt fühlt. Hier läge eine gewisse Darlegungslast betreffend die Legitimation der Sanktion beim Gesetzgeber.31 4.1.2. Bestimmtheitsgebot Bestraft werden kann nur eine konkret bezeichnete Handlung, weshalb das Bestimmtheitsgebot bei der Bestrafung einer Scheinabrede in besonderem Maße zu berücksichtigen wäre. In Konkretisierung und Verschärfung des allgemeinen rechtstaatlichen Bestimmtheitsgebots ist der parlamentarische Gesetzgeber verpflichtet, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen und durch Auslegung zu ermitteln sind.32 Auslegungsbedürftigkeit schließt die Bestimmtheit nicht aus.33 Der Gesetzgeber kann unbestimmte Rechtsbegriffe und Generalklauseln verwenden, nur sind die Strafbarkeitsvoraussetzungen umso präziser zu bestimmen, je schwerer die angedrohte Strafe 29 BVerfGE 88, 203 ff.; BVerfGE 39, 1 ff.. 30 BGH, Beschluss vom 11.8.1999, Aktenzeichen 5 StR 217/99, bei juris; Kühl, (Fn. 10), § 20 Rn. 252. 31 Vgl. Kühl (Fn. 10), § 20 Rn. 243. 32 Siehe BVerfG, NJW 2001, 1848 (1850) sowie die Ausführungen unter 3.2. 33 BVerfG, NJW 2001, 1848 (1850). 33 BVerfGE 87, 399 (411). - 9 - ist.34 Somit könnte eine Bestrafung einer Scheinabrede verfassungsgemäß sein, wenn die zu schaffende Norm ausreichend bestimmt gefasst würde. Hierbei ist zu beachten, dass das Bundesverfassungsgericht sehr zurückhaltend in der Bewertung von Strafvorschriften ist; soweit ersichtlich, wurde bislang kein Tatbestand wegen eines Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot für verfassungswidrig erklärt.35 4.2. Ausdehnung auf Verabredungen zu Vergehen 4.2.1. Verhältnismäßigkeit Soweit es die Ausdehnung auf Verabredungen zu einem Vergehen betrifft, dürfte sich das Interesse des Staates am Schutz bestimmter Rechtsgüter reduzieren – und damit die Darlegungslast für die Notwendigkeit der strafrechtlichen Sanktionierung einer Verabredung erhöhen. Der Gesetzgeber hat mit der Einordnung eines bestimmten Verhaltens als Vergehen nämlich bereits zu erkennen gegeben, dass hier zwar strafrechtliche Reaktionen notwendig sind, aber nicht in dem Maße wie etwa bei einem Verbrechen. Diese Einschätzung dürfte jedoch nicht automatisch zum Verstoß gegen das Übermaßverbot führen, sondern könnte z.B. die Anpassung des Strafrahmens oder die Beschränkung auf bestimmte Delikte fordern. 4.2.2. Bestimmtheitsgebot Für die Bestimmtheit gelten im Wesentlichen die gleichen Erwägungen, die bereits auf Seite 7 unter dem Punkt 3.2 „Bestimmtheitsgebot“ erörtert worden sind. 5. Ergebnis Bei einer Übertragung von Verschwörungstatbeständen könnte es dazu kommen, dass der Tatbestand der Verbrechensabrede eingeengt oder erweitert würde. Eine Einengung der Norm wäre verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich. Bei einer Erweiterung der Norm wären der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Bestimmtheitsgebot zu beachten. Sofern man eine Scheinabrede und die Verabredung zu einem Vergehen strafrechtlich sanktionieren würde, müsste der Gesetzgeber insbesondere darlegen, dass solche Sanktionen notwendig sind. Hier hat der Gesetzgeber jedoch einen Einschätzungsspielraum. 34 BVerfGE 75, 329 (342 f.). 35 Vgl. Tiedemann (Fn. 7), S. 44; Lagodny (Fn. 7), S. 52.