© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 310/18 Die Vorbereitung von Zeugen vor Untersuchungsausschüssen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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B. ein Zeuge: „Ich habe […] nach meiner Erinnerung und auch nach Akteneinsicht der Akten des Kanzleramtes, die ich selber genau deshalb eingesehen habe, keine Kenntnis“ vom Untersuchungsgegenstand gehabt.3 Es stellt sich die Frage, inwieweit eine Akteneinsicht und eine Unterstützung bei der Vorbereitung der Zeugenaussage zulässig sind. Ferner stellt sich die Frage, ob Zeugen verpflichtet sind, einem Untersuchungsausschuss gegenüber offenzulegen, dass sie sich im persönlichen Besitz von Akten befinden. 2. Vorbereitung der Aussage 2.1. Grundsatz Nach Art. 44 Abs. 2 S. 1 Grundgesetz (GG) finden auf „Beweiserhebungen […] die Vorschriften über den Strafprozess sinngemäß Anwendung“. Für Zeugen gelten nach der Strafprozessordnung (StPO) drei Pflichten: Der Zeuge muss erscheinen, aussagen und sich an die Wahrheit halten.4 Es ist rechtlich zulässig, wenn der Zeuge sich auf seine Vernehmung vorbereitet.5 Das PUAG sieht in § 24 Abs. 4 S. 2 vor, dass Zeugen zu Beginn eine vorbereitete Stellungnahme verlesen: „Zu Beginn der Vernehmung zur Sache ist den Zeugen Gelegenheit zu geben, das, was ihnen von dem Gegenstand ihrer Vernehmung bekannt ist, im Zusammenhang darzulegen.“ Von dieser Möglichkeit machen Zeugen in der Praxis regen Gebrauch.6 Auch die Begründung zum Untersuchungsausschussgesetz (PUAG) geht davon aus, dass eine Vorbereitung durch Zeugen auf ihre Vernehmung naheliegend ist: „Die Besonderheiten des 1 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. 2 BT-Drs. 17/13700, S. 50. 3 Der Chef des Bundeskanzleramtes vor dem 1. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode („NSA“), BT-Drs. 18/12850, S. 819. 4 Maier/Percic, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2014, Vor § 48 Rn. 32-40; zur Wahrheitspflicht siehe u. a. § 65 StPO; im Kontext der Beweiserhebung durch parlamentarische Untersuchungsausschüsse: BVerfG, Beschluss vom 17. Juni 2009, 2 BvE 3/07, Untersuchungsausschuss „BND“, Rn. 114. 5 von Cossel, in: Waldhoff/Gärditz, PUAG, 2015, § 24 Rn. 30. 6 von Cossel, in: Waldhoff/Gärditz, PUAG, 2015, § 24 Rn. 27. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 310/18 Seite 4 Untersuchungsverfahrens einschließlich der öffentlichen Berichterstattung legen es aber nahe, den Zeugen […] die Vorbereitung auf ihre Vernehmung zu erleichtern.“7 Hingegen haben Zeugen grundsätzlich keine Pflicht, sich vorzubereiten. Der Zeuge ist „nur zur Konzentration während der Vernehmung, nicht aber zur Vorbereitung auf diese verpflichtet“.8 Der Bundesgerichtshof (BGH) sieht aber (bei Strafprozessen) eine Vorbereitungspflicht für Zeugen, die sich berufsmäßig mit Zeugenangaben befassen. Dies betrifft insbesondere Polizeibeamte und Ermittlungsrichter:9 „Ausfluss dieser Pflicht des Ermittlungsrichters ist es auch, dann, wenn seine Vernehmung als Zeuge ansteht, die Vernehmungsniederschriften einzusehen, um sich erforderlichenfalls die Einzelheiten ins Gedächtnis zurückzurufen […].“10 Mitglieder der Bundesregierung und Mitarbeiter von Bundesbehörden sind mit derartigen „Berufszeugen“ nicht unmittelbar vergleichbar. Allerdings wendet ein Teil der Literatur die Rechtsprechung des BGH auf alle Amtsträger an.11 Im Kontext von Untersuchungsausschüssen ist zu bedenken, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) regelmäßig die hohe verfassungsrechtliche Bedeutung des parlamentarischen Untersuchungsverfahrens betont. Daher fordert es, die Beweisaufnahme vor Untersuchungsausschüssen möglichst effektiv zu gestalten: „Die Auslegung des Art. 44 GG […] hat, insbesondere bei der Frage, welche Befugnisse einem Untersuchungsausschuss zustehen, zu berücksichtigen, dass diese Bestimmungen die Voraussetzungen für eine wirksame parlamentarische Kontrolle schaffen sollen […]“.12 „Die Bundesregierung ist vorbehaltlich verfassungsrechtlicher Grenzen zur Erteilung der erforderlichen Aussagegenehmigung verpflichtet […]. Ein Ermessen kommt ihr insoweit nicht zu […].“13 7 BT-Drs. 14/5790, S. 18, zu § 20 (Hervorhebung durch Autor). 8 Peters, Der öffentlich Bedienstete als Zeuge vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, DÖV 2014, 10 (19) mit weiteren Nachweisen; siehe auch von Cossel, in: Waldhoff/Gärditz, PUAG, 2015, § 24 Rn. 27. 9 Maier/Percic, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2014, Vor § 48 Rn. 40. 10 BGH, Urteil vom 21. März 2012, 1 StR 43/12, Rn. 15. 11 Maier, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2014, StPO § 69 Rn. 15, § 58 Rn. 1; umstritten, siehe Peters, Der öffentlich Bedienstete als Zeuge vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, DÖV 2014, 10 (19), mit weiteren Nachweisen. 12 Beschluss vom 17. Juni 2009, 2 BvE 3/07, Untersuchungsausschuss „BND“, Rn. 105. 13 Beschluss vom 17. Juni 2009, 2 BvE 3/07, Untersuchungsausschuss „BND“, Rn. 114. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 310/18 Seite 5 „Dem Untersuchungsausschuss steht demgemäß die Möglichkeit offen, Regierungsmitglieder sowie Beamte und Angestellte im Verantwortungsbereich der Bundesregierung als Zeugen zu vernehmen, um auf diese Weise Kenntnis von untersuchungsrelevantem Amtswissen zu erhalten.“14 Dieser Rechtsprechung dürfte es widersprechen, wenn öffentliche Funktionsträger sich im Wesentlichen auf Gedächtnislücken berufen, ohne den zumutbaren Aufwand unternommen zu haben, die Erinnerung anhand der Akten aufzufrischen.15 Jedenfalls entspricht es einem Teil der Literatur zufolge dem „Gebot politischer Vernunft oder gar Klugheit, wenn der Zeuge aus dem Staatsdienst seinen Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss sorgfältig vorbereitet“.16 Zwangsmittel sieht das PUAG nicht vor, um die Vorbereitung eines Zeugen zu erzwingen. In praktischer Hinsicht kann der Untersuchungsausschuss die Vorbereitung jedoch dadurch durchsetzen , dass er den Zeugen durch eine lange oder wiederholte Vernehmung17 mit Aktenvorhalten zwingt, die unterlassene Vorbereitung in der Sitzung nachzuholen. 2.2. Aktenstudium Ein Zeuge kann zur Vorbereitung seiner Aussage grundsätzlich alle Akten einsehen, auf die er innerhalb einer Behörde Zugriff hat. Ehemaligen Funktionsträgern (z. B. Ministern a. D.) wird eine Behörde auf Anfrage Akten grundsätzlich zur Verfügung stellen müssen, um die oben genannte effektive Beweiserhebung durch den Untersuchungsausschuss zu ermöglichen. Inwieweit das Aktenstudium des Zeugen die „unmittelbare Mitteilung“ aus der Erinnerung beeinflusst hat, muss der Untersuchungsausschuss bewerten.18 Fragen des Ausschusses zum Umfang des Aktenstudiums muss der Zeuge daher wahrheitsgemäß beantworten. 14 Beschluss vom 17. Juni 2009, 2 BvE 3/07, Untersuchungsausschuss „BND“, Rn. 114. 15 So auch von Cossel, in: Waldhoff/Gärditz, PUAG, 2015, § 24 Rn. 30: Kann ein Zeuge „wegen vollständig fehlender Vorbereitung gar nichts zur Sachaufklärung beitragen“, muss dies der Untersuchungsausschuss nicht hinnehmen. 16 Peters, Der öffentlich Bedienstete als Zeuge vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, DÖV 2014, 10 (20). 17 BT-Drs. 16/14000, S. 182 (Untersuchungsausschuss HRE): Der Ausschuss vernahm Zeugen „durch ganze Nächte bis in die frühen Morgenstunden“. Die Rechtsprechung zur StPO zieht hier relativ weite Grenzen: „So wurden 24 Stunden Schlaflosigkeit einer Nachtschichten gewohnten Person noch als unschädlich angesehen“, Schuhr, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2014, StPO § 136a Rn. 36. 18 Vgl. Dahs, „Informationelle Vorbereitung” von Zeugenaussagen durch den anwaltlichen Rechtsbeistand, NStZ 2011, 200 (201): „Der Zeuge unterliegt aber auch keiner rechtlichen Sanktion, wenn er sich etwa bei Zuhörern der bereits abgelaufenen Hauptverhandlung oder bei anderen Verfahrensbeteiligten über die bisherigen Ergebnisse der Beweisaufnahme informiert. Darüber darf er allerdings bei seiner Vernehmung auch befragt werden – und solche Vorgänge wird das Gericht in die Würdigung und die Beurteilung des Beweiswertes der Aussage einfließen lassen, wobei nach praktischer Erfahrung die Überzeugungskraft der Zeugenaussage dadurch eher negativ beeinflusst wird.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 310/18 Seite 6 Unzulässig dürfte es sein, einem Zeugen Zugriff auf Dokumente des laufenden Untersuchungsverfahrens zu gewähren. Nach § 58 Abs. 1 StPO sind Zeugen „einzeln und in Abwesenheit der später zu hörenden Zeugen zu vernehmen.“ Dem würde es widersprechen, wenn der Zeuge sich ein Bild über bisherige Vernehmungen machen könnte.19 2.3. Zuarbeit durch Mitarbeiter Mit der Vorbereitung von Zeugen vor einem Untersuchungsausschuss tragen Mitarbeiter von Bundesbehörden dazu bei, die verfassungsrechtlichen Pflichten der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag zu erfüllen. Im Übrigen gelten für die Zuarbeit durch Mitarbeiter (Sichtung und Zusammenstellung der Akten) die vorgenannten Überlegungen entsprechend: Je weiter die Zuarbeit reicht, desto eher kann dies die Erinnerung des Zeugen beeinflussen (z. B. Auswahl und Auswertung von Akten oder Entwurf einer Stellungnahme zu Beginn der Vernehmung). Fragen des Ausschusses zum Umfang der Zuarbeit muss der Zeuge daher wahrheitsgemäß beantworten. In der Praxis sind solche Fragen über die Vorbereitung des Zeugen Standard.20 2.4. Vorbesprechung einer Aussage Die vorgenannte Zuarbeit durch Mitarbeiter umfasst auch die Vorbesprechung einer Aussage. Hierzu kann z. B. gehören: – Aufklärung über den grundsätzlichen Ablauf und die Regeln einer Aussage vor dem Untersuchungsausschuss; – Reichweite der dem Zeugen erteilten Aussagegenehmigung; – Reichweite des Untersuchungsauftrags und welche Aspekte des Sachverhalts von der Beweiserhebung ausgenommen sind; – Besprechung des Entwurfs einer zu verlesenden Stellungnahme. Unzulässig ist es, den Zeugen dahingehend zu beeinflussen, unwahr auszusagen. Dies kann insbesondere den Tatbestand der Aussagedelikte des Strafgesetzbuchs erfüllen (§§ 153 ff. StGB, Versuch der Anstiftung zur Falschaussage etc.). 19 BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 1995, 2 BvH 1/95, Untersuchungsausschuss „Hamburger Polizei“, Rn. 49: § 58 Abs. 1 StPO „bezweckt, die Unbefangenheit eines Zeugen zu erhalten; er soll seine Bekundungen zur Sache ohne Kenntnis dessen machen, was andere Zeugen oder Beteiligte zuvor ausgesagt haben. Dem kommt eine gewichtige Bedeutung für die Sachverhaltsaufklärung zu.“ 20 von Cossel, in: Waldhoff/Gärditz, PUAG, 2015, § 24 Rn. 30. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 310/18 Seite 7 3. Hinweispflicht hinsichtlich des Besitzes von Akten? 3.1. Zulässigkeit „informeller Akten“ Die „Richtlinie für das Bearbeiten und Verwalten von Schriftgut (Akten und Dokumenten) in Bundesministerien (RegR)“ definiert als „Schriftgut“ alle „bei der Erfüllung von Aufgaben des Bundes erstellten oder empfangenen Dokumente, unabhängig von der Art des Informationsträgers und der Form der Aufzeichnung.“ Ob Schriftgut zu den Akten einer Behörde zu nehmen ist, bestimmt sich nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 RegR: „Bearbeiten und Verwalten von Schriftgut haben […] die Aufbewahrung der Dokumente entsprechend ihrem Bearbeitungswert zu gewährleisten.“ Hiernach könnten z. B. informelle Aufzeichnungen eines Ministers mit Vorüberlegungen zu einem Vorgang von der Aufbewahrungspflicht ausgenommen sein, wenn Sie keinen hinreichenden Bearbeitungswert haben. Für derartiges Schriftgut außerhalb formaler Aktenführung gelten unter anderem § 22 Abs. 2 RegR21 sowie bei geheimhaltungsbedürftigen Angelegenheiten die Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA). 3.2. Hinweispflicht Es ist denkbar, dass Schriftgut zu den formalen Akten einer Behörde zu nehmen ist, sich aber im persönlichen Besitz eines Beamten des Bundes befindet. In diesem Fall sprechen gute Gründe dafür, dass der Beamte verpflichtet ist, seinen Dienstherren auf den Besitz hinzuweisen. Für amtierende Beamte folgt die Hinweispflicht u. a. aus § 62 Bundesbeamtengesetz – BBG (Pflicht, allgemeine Richtlinien zu befolgen). Für Beamte im Ruhestand gelten bestimmte Dienstpflichten fort, insbesondere die Verschwiegenheitspflicht (§ 77 Abs. 2 BBG). Es ließe sich argumentieren, dass in entsprechender Anwendung von § 77 Abs. 2 BBG hierzu auch die Pflicht zur Herausgabe von zu den Akten gehörigem Schriftgut gehört: Bei Akten in Privatbesitz besteht ein höheres Risiko der Kenntnisnahme durch unbefugte Privatpersonen, als bei Akten im Besitz einer Behörde. Sobald das Schriftgut im Besitz der nach § 18 Abs. 1 PUAG herausgabepflichtigen Stelle ist, hat diese es an den Untersuchungsausschuss herauszugeben (insoweit die Voraussetzungen vorliegen, siehe insbesondere § 18 Abs. 1 PUAG). Eine Hinweispflicht gegenüber dem Untersuchungsausschuss statuiert das PUAG hingegen nicht. Minister sind nach § 18 Abs. 1 PUAG neben der Bundesregierung als Kollegialorgan eigenständig zur Herausgabe verpflichtet.22 Daher müssen Minister dem Untersuchungsausschuss Schriftgut übergeben, das sich in ihrem persönlichen Besitz befindet (insoweit es zu den formalen Akten gehört und eine Vorlagepflicht u. a. nach § 18 Abs. 1 PUAG besteht). Daneben statuiert das PUAG keine gesonderte Hinweispflicht. 21 „Es ist sicherzustellen, dass die im Schriftgut enthaltenen Informationen nicht unbefugt zur Kenntnis genommen und nicht missbräuchlich verwendet werden.“ 22 Zur Abgrenzung siehe Gärditz, in: Waldhoff/Gärditz, PUAG, 2015, § 18 Rn. 6 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 310/18 Seite 8 Denkbar ist aber, dass der als Zeuge zu vernehmende Minister dem Untersuchungsausschuss bereits alle Akten des Ministeriums vorgelegt hat. Hierzu gibt der Minister eine Vollständigkeitserklärung nach § 18 Abs. 2 S. 3 PUAG ab. Es kann sein, dass diese unrichtig war, weil Schriftgut im persönlichen Besitz des Ministers ebenfalls vorzulegen war. In diesem Fall dürfte eine Hinweispflicht bestehen, wenn der Minister gewahr wird, dass diese Erklärung unzutreffend war. Ehemalige Minister sind keine herausgabepflichtige Stelle nach § 18 PUAG. Allerdings ergibt sich aus § 6 Bundesministergesetz, dass auch ehemalige Mitglieder (fortwirkenden) Amtspflichten unterliegen können. Insoweit ließe sich argumentieren, dass ehemalige Minister verpflichtet sind, ihr ehemaliges Ministerium darüber zu informieren, dass sie über Schriftgut verfügen, das zu den formalen Akten einer Behörde zu nehmen ist. Hinweispflichten gegenüber dem Untersuchungsausschuss statuiert das PUAG hingegen nicht. Für Schriftgut, das Beamte oder Minister berechtigter Weise in Privatbesitz haben (z. B. informelle Vorüberlegungen, siehe oben unter 3.1), kommt die Herausgabepflicht nach § 29 PUAG in Betracht. Allerdings liegt es bei informellen Aufzeichnungen je nach Einzelfall nahe, dass diese dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen und damit von einer Herausgabepflicht ausgenommen sind: Der „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“ als allgemeine Grenze der Beweiserhebung für Untersuchungsausschüsse23 dürfte auch bei der Herausgabepflicht Privater nach § 29 PUAG gelten. *** 23 Hierzu Waldhoff, in: Waldhoff/Gärditz, PUAG, 2015, § 1 Rn. 20 ff.