© 2014 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 306/14 Zum Antrag nach § 17 Abs. 4 PUAG und der Beschwerde nach § 36 Abs. 3 PUAG Form- und Fristerfordernisse Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 306/14 Seite 2 Zum Antrag nach § 17 Abs. 4 PUAG und der Beschwerde nach § 36 Abs. 3 PUAG Form- und Fristerfordernisse Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 306/14 Abschluss der Arbeit: 16.12.2014 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 306/14 Seite 3 1. Fragestellung Lehnt ein Untersuchungsausschuss die Erhebung bestimmter Beweise oder die Anwendung beantragter Zwangsmittel in bestimmten Fällen ab, so entscheidet auf Antrag eines Viertels der Mitglieder nach § 17 Abs. 4 Untersuchungsausschussgesetz (PUAG) der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes über die Erhebung der Beweise oder über die Anordnung des Zwangsmittels. Bezüglich dieses Antrages beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes wird gefragt, ob Formund Fristerfordernisse einzuhalten sind. Nach § 36 Abs. 3 PUAG ist gegen Entscheidungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes die Beschwerde statthaft, über die der Bundesgerichtshof entscheidet. Auch bezüglich dieser Beschwerde wird gefragt, ob Form- und Fristerfordernisse einzuhalten sind. 2. Antrag nach § 17 Abs. 4 PUAG Das PUAG selbst enthält keine Form- oder Fristerfordernisse für die Stellung eines Antrages nach § 17 Abs. 4 PUAG. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob Zulässigkeitsvoraussetzungen aus anderen Gesetzen – bspw. aus der Strafprozessordnung (StPO) – heranzuziehen sind. In der Literatur sind diesbezüglich keine Aussagen zu finden.1 In einem Beschluss nach § 17 Abs. 4 PUAG führt der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes im Rahmen der Kostenentscheidung aus, dass die Vorschriften der StPO gemäß Art. 44 Abs. 2 S. 1 Grundgesetz (GG) sinngemäß anzuwenden seien.2 Dies überrascht insoweit, als dass Art. 44 Abs. 2 S. 1 GG die Vorschriften der StPO nur auf die Durchführung von Beweiserhebungen durch den Untersuchungsausschuss für sinngemäß anwendbar erklärt. Der Bestimmung kann damit nicht ohne weiteres entnommen werden, dass für Streitigkeiten innerhalb eines Untersuchungsausschusses bezüglich der Erhebung von Beweisen oder der Anordnung von Zwangsmitteln ebenfalls die Regelungen der StPO gelten sollen. Für die Frage, ob Form- oder Fristerfordernisse für die Stellung eines Antrages nach § 17 Abs. 4 PUAG gelten, ist es jedoch nicht erforderlich zu klären, ob die Vorschriften der StPO sinngemäß auf das Verfahren nach § 17 Abs. 4 PUAG anzuwenden sind. Denn weder gibt es in der StPO ein Verfahren, was mit dem des § 17 Abs. 4 PUAG ohne weiteres zu vergleichen wäre, noch sind in der StPO allgemeine Form- oder Fristerfordernisse für Rechtsbehelfe geregelt, die sich auf den vorliegenden Fall übertragen ließen. Auch aus den Materialien aus dem Gesetzgebungsverfahren zum PUAG lassen sich keine Erkenntnisse gewinnen. Die entsprechende Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung enthält keine Aussagen zu Form- oder Fristerfordernissen eines 1 Ausführungen zu Form- oder Fristerfordernissen eines Antrages nach § 17 Abs. 4 PUAG sucht man vergeblich bei Brocker, in: Glauben/Brocker, PUAG, Kommentar, 2011§ 17 Rn. 25 ff.; Glauben/Brocker, Das Recht der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern, 2. Aufl. 2011, S. 391 ff.; Peters, Untersuchungsausschussrecht , 2012, S. 147 ff.; Pieper/Spoerhase, Untersuchungsausschussgesetz, Kommentar, 2012, § 17 Rn. 9 ff.; Wiefelspütz, Das Untersuchungsausschussgesetz, 2003, S. 226, 280. 2 BGH, Beschluss vom 10. März 2009 – Az.: 1 BGs 29/09, Rn. 16 – zitiert nach juris. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 306/14 Seite 4 Antrages nach § 17 Abs. 4 PUAG.3 Dies gilt auch für die der Beschlussempfehlung zugrundeliegenden Gesetzentwürfe.4 Betrachtet man die Rechtslage auf Landesebene, so ergibt sich kein einheitliches Bild. Es können daher keine zwingenden Rückschlüsse für die Beurteilung der Rechtslage auf Bundesebene gezogen werden. In Bayern ist gemäß Art. 12 Abs. 3 Gesetz über die Untersuchungsausschüsse des Bayerischen Landtags ein abgelehnter Beweisantrag oder eine abgelehnte beantragte Beweiserhebung der Vollversammlung des Landtags zur Entscheidung vorzulegen. Frist- oder Formerfordernisse werden nicht genannt. Ebenfalls nicht ausdrücklich geregelt sind Form- oder Fristerfordernisse für das Verfahren nach § 21 Abs. 7 Untersuchungsausschussgesetz Mecklenburg-Vorpommern, das den Rechtsschutz bei Ablehnung der Anwendung von beantragten Zwangsmitteln betrifft. Anders ist die Rechtslage hingegen in Rheinland-Pfalz und Thüringen. Dort kann nur innerhalb einer Woche nach der ablehnenden Beschlussfassung über einen Beweisantrag eine Kommission zur Überprüfung der Entscheidung angerufen werden (§ 13 Abs. 3 Untersuchungsausschussgesetz Rheinland- Pfalz bzw. Thüringen). Vor diesem Hintergrund und angesichts des Umstandes, dass das PUAG für das Verfahren nach § 17 Abs. 4 PUAG keine entsprechenden Erfordernisse und auch keine entsprechenden Verweisungen enthält, ist davon auszugehen, dass – abgesehen von einem allgemeinen Schriftformerfordernis 5 – keine besonderen Form- oder Fristerfordernisse einzuhalten sind. 3. Beschwerde nach § 36 Abs. 3 PUAG § 36 Abs. 3 PUAG sieht gegen Entscheidungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes das Rechtsmittel der Beschwerde vor. Mangels ausfüllender Prozessrechtsvorschriften im PUAG ist dies als implizite Verweisung auf die Vorschriften der §§ 304 ff. StPO zu lesen, die das Verfahrensrecht für den Rechtsbehelf der Beschwerde im Strafprozess regeln.6 Dementsprechend ist die Beschwerde schriftlich oder zu Protokoll bei dem Gericht einzureichen, das die angegriffene Entscheidung erlassen hat (§ 306 Abs. 1 StPO), also beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes .7 Eine Begründung der Beschwerde ist zulässig und zweckmäßig, aber nicht vorgeschrieben.8 3 BT-Drs. 14/5790, S. 17. 4 Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 14/2518, S. 13; Gesetzentwurf der Fraktion der FDP, BT-Drs. 14/2363, S. 14. 5 Die Schriftform ist in der Regel für verfahrenseröffnende Parteierklärungen vorgeschrieben, vgl. bspw. § 253 Zivilprozessordnung; § 81 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. 6 Gärditz, Das Rechtsschutzsystem des Untersuchungsausschussgesetzes des Bundes, ZParl 2005, S. 854 (868); siehe hierzu auch Richter, Privatpersonen im parlamentarischen Untersuchungsausschuß, 1991, S. 147. 7 Vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 2009 – Az.: I ARs 3/2008, Rn. 52 – zitiert nach juris. 8 Vgl. Zabeck, in: Hannich (Hrsg.), Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Aufl. 2013, § 306 StPO Rn. 10. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 306/14 Seite 5 Die Beschwerde ist an keine Frist gebunden.9 Auch besteht für die Einlegung der Beschwerde kein Anwaltszwang, die Verfahrensbeteiligten können das Rechtsmittel also auch durch ein selbst verfasstes Schreiben einlegen.10 9 Vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 2009 – Az.: I ARs 3/2008, Rn. 52 – zitiert nach juris. 10 Vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 2009 – Az.: I ARs 3/2008, Rn. 52 – zitiert nach juris.