© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 297/18 Parlamentarisches Fragerecht im Bereich der Bankenaufsicht Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 297/18 Seite 2 Parlamentarisches Fragerecht im Bereich der Bankenaufsicht Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 297/18 Abschluss der Arbeit: 6. September 2018 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 297/18 Seite 3 1. Fragestellung Gefragt wird nach der Reichweite des parlamentarischen Fragerechts im Bereich der Bankenaufsicht über sogenannte „bedeutende Institute“ im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 (SSM-VO).1 Die Frage bezieht sich insbesondere auf deutsche Vorbereitungen, Zuarbeiten und Stellungnahmen zur Tätigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB). 2. Zuständigkeit für die Bankenaufsicht Mit der SSM-VO wurde 2013 der Einheitliche Aufsichtsmechanismus („Single Supervisory Mechanism“ – SSM) für Banken geschaffen. Nach Art. 1 Abs. 1 SSM-VO werden der EZB „besondere Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute übertragen, um einen Beitrag zur Sicherheit und Solidität von Kreditinstituten sowie zur Stabilität des Finanzsystems in der Union und jedem einzelnen Mitgliedstaat zu leisten.“ Innerhalb des SSM wirken die nationalen Aufsichtsbehörden und die EZB auf unterschiedliche Weise zusammen, Art. 6 SSM-VO. Diese Zusammenarbeit wird in der Verordnung (EU) Nr. 468/2014 (SSM-RahmenVO)2 ausgestaltet. Der SSM ist außerdem Teil eines Systems der Finanzaufsicht, das aus mitgliedstaatlichen Behörden und verschiedenen europäischen Stellen besteht, vgl. Art. 3 SSM-VO.3 Aus der SSM-VO und der SSM-RahmenVO ergibt sich eine komplexe Zuständigkeitsverteilung zwischen der EZB und den mitgliedstaatlichen Aufsichtsbehörden.4 Ein wichtiges Kriterium für die Aufsichtszuständigkeit ist die Bedeutung eines Instituts: Während „weniger bedeutende“ oder „nicht systemrelevante“ Institute grundsätzlich – nach Vorgaben der EZB – von den mitgliedstaatlichen Behörden beaufsichtigt werden, übt die EZB die direkte Aufsicht über „bedeutende“ Institute aus, Art. 6 SSM-VO. Die mitgliedstaatlichen Behörden sind aber auch an dieser direkten Aufsicht der EZB beteiligt. Insbesondere stellen sie der EZB Informationen zur Verfügung und unterstützen sie bei der Vorbereitung und Durchführung sämtlicher Rechtsakte, Art. 6 Abs. 2, 3 SSM-VO, Art. 90 ff. SSM-RahmenVO. In das Aufsichtsgremium („Supervisory Board“) der EZB entsenden sie je einen Vertreter, Art. 26 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 SSM-VO. Sie ernennen eigene Mitarbeiter , die in die gemeinsamen Aufsichtsteams („joint supervisory teams“) entsandt werden, Art. 3 SSM-RahmenVO. 1 Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank, ABl. 2013 L 287/63. 2 Verordnung (EU) Nr. 468/2014 der Europäischen Zentralbank vom 16. April 2014 zur Einrichtung eines Rahmenwerks für die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Zentralbank und den nationalen zuständigen Behörden und den nationalen benannten Behörden innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM- Rahmenverordnung), ABl. 2014 L 141/1. 3 Eine Übersicht bietet Müller-Graff, Rechtsschutz von Kreditinstituten in der Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank, EuZW 2018, 101 f. 4 Vgl. dazu Selmayr, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 127 AEUV Rn. 55; Tusch/Herz, Die Entwicklung des europäischen Bankaufsichtsrechts in den Jahren 2014/2015, EuZW 2015, 814, 815. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 297/18 Seite 4 3. Allgemeine Voraussetzungen und Grenzen des parlamentarischen Fragerechts Das Bundesverfassungsgericht setzte sich mit dem parlamentarischen Frage- und Informationsrecht (Interpellationsrecht) zuletzt ausführlich in einem Organstreitverfahren auseinander, das Fragen zur Deutschen Bahn AG und zur Finanzmarktaufsicht betraf. In seinem Urteil vom November 2017 fasste das Gericht die bisherige Rechtsprechung zusammen und stärkte das Fragerecht.5 Das Fragerecht wird aus dem freien Mandat des Art. 38 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz (GG) und dem Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG hergeleitet. Dem Zweck der Regierungskontrolle und der demokratischen Legitimationsfunktion entsprechend dürfen sich Fragen nur auf Gegenstände aus dem Verantwortungsbereich der Bundesregierung beziehen. Dem Fragerecht des Bundestages entspricht eine Antwortpflicht der Bundesregierung. Fragerecht und Antwortpflicht haben jedoch Grenzen. Der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung bleibt vor Ausforschung geschützt; er umfasst insbesondere die regierungsinterne Willensbildung. Außerdem darf die Bundesregierung die Antwort ausnahmsweise unter Berufung auf den Grundrechtsschutz (Art. 1 Abs. 3 GG) oder das Staatswohl verweigern. Stehen dem Fragerecht andere Verfassungsgüter gegenüber, sind diese Positionen im Wege praktischer Konkordanz zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Bei berechtigten Geheimhaltungsinteressen kommt anstelle der Nichtbeantwortung einer Frage als milderes Mittel deren nichtöffentliche Beantwortung in Betracht. Soweit das Fragerecht und die korrespondierende Antwortpflicht reichen, muss die Regierung alle Informationen mitteilen, über die sie bereits verfügt oder die sie mit zumutbarem Aufwand erlangen kann. Da hier nach bestimmten Unterlagen gefragt wird, ist darauf hinzuweisen, dass das Fragerecht als sogenanntes Fremdinformationsrecht nicht auf Aktenvorlage oder Datenzugang gerichtet ist, sondern nur auf eine richtige und vollständige Antwort.6 Verweigert die Bundesregierung eine Antwort oder antwortet sie nicht öffentlich, so hat sie diese Entscheidung – auch im Hinblick auf eine spätere verfassungsgerichtliche Kontrolle – nachvollziehbar und substantiiert zu begründen. Die Begründung muss die angewandte Grenze des Fragerechts benennen und eine konkrete und hinreichend ausführliche Abwägung der betroffenen Belange enthalten. 4. Fragerecht in Bezug auf die Bankenaufsicht Im Bereich der Bankenaufsicht folgt eine erhebliche Beschränkung des Fragerechts der Bundestagsabgeordneten aus der – in die Mitgliedstaaten ausstrahlenden – Unabhängigkeit der EZB. Daneben sind die üblichen Grenzen des Fragerechts zu beachten. 5 Vgl. nur Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum parlamentarischen Fragerecht, Aktueller Begriff Nr. 28/17 vom 22. November 2017, abrufbar unter https://www.bundestag .de/blob/532406/45b214718f481590e2ca2c26e7f3f19e/fragerecht-data.pdf, abgerufen am 5. September 2018. 6 Harks, Das Fragerecht der Abgeordneten, JuS 2014, 979; Glauben, Umfang und Grenzen des parlamentarischen Fragerechts der Abgeordneten im Bund und in den Ländern, DVBl. 2018, 751, 752. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 297/18 Seite 5 4.1. Verantwortungsbereich der Bundesregierung Für die Reichweite des parlamentarischen Fragerechts kommt es zunächst darauf an, nach welchem Akteur gefragt wird. Da das Fragerecht aus der demokratischen Verantwortung der Regierung gegenüber dem Parlament folgt, darf sich eine Frage „von vornherein nicht auf Angelegenheiten beziehen, die nicht in die Zuständigkeit der Bundesregierung fallen. Insoweit fehlt es an einer Verantwortlichkeit der Bundesregierung gegenüber dem Deutschen Bundestag“.7 Zum Verantwortungsbereich der Bundesregierung gehören neben der unmittelbaren Regierungstätigkeit die Aufgabenbereiche nachgeordneter Behörden.8 Auch Anstalten, Stiftungen, privatrechtlich organisierte Unternehmen und Vereine in der Trägerschaft des Bundes sind erfasst. Dabei kommt es entscheidend auf die Weisungsbefugnis und den personellen und finanziellen Einfluss der Regierung an.9 Im Hinblick auf die EZB besteht kein Fragerecht.10 Sie ist nicht nur Organ der Europäischen Union, sondern durch ihre in Art. 282 Abs. 3 AEUV verbürgte Unabhängigkeit gerade vor der Einflussnahme mitgliedstaatlicher Regierungen geschützt. Die EZB gehört daher nicht dem Verantwortungsbereich der Bundesregierung an. Soweit sich Fragen auf nationale Stellen der Bankenaufsicht beziehen, ist weiter zu differenzieren: Nach § 7 Kreditwesengesetz arbeiten hier die Deutsche Bundesbank und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zusammen. Die Bundesbank ist als bundesunmittelbare juristische Person des öffentlichen Rechts keine nachgeordnete Behörde und von Weisungen der Bundesregierung unabhängig, §§ 2, 12 Bundesbankgesetz. Sie gehört nicht dem Verantwortungsbereich der Bundesregierung an und kann daher nicht Gegenstand parlamentarischer Fragen sein.11 Dagegen unterliegt die BaFin grundsätzlich der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen, § 2 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz. Auf sie erstreckt sich der Verantwortungsbereich der Bundesregierung und folglich auch das Fragerecht.12 Soweit die BaFin nach Art. 6 SSM-VO für die Bankenaufsicht originär zuständig ist, besteht daher grundsätzlich ein Fragerecht der Abgeordneten. Das gilt insbesondere für die Aufsicht über nicht bedeutende Institute. Hier ist die parlamentarische Kontrolle in ihrer jeweiligen mitgliedstaatlichen Ausgestaltung auch europarechtlich ausdrücklich anerkannt. Art. 21 Abs. 4 SSM-VO stellt klar: „Diese Verordnung berührt nicht die Rechenschaftspflicht der nationalen zuständigen Behörden gegenüber ihren nationalen Parlamenten nach Maßgabe des nationalen Rechts in 7 Vgl. nur BVerfG, Urteil vom 7. November 2017, Az. 2 BvE 2/11, Rn. 214 m.w.N.; Hölscheidt, Frage und Antwort im Parlament, 1992, S. 31 ff.; weiter dagegen Klein, in Maunz/Dürig (Begr.), Grundgesetz-Kommentar, 82. Lfg. 2018, Art. 43 Rn. 100. 8 BVerfG, Urteil vom 7. November 2017, Az. 2 BvE 2/11, Rn. 215 m.w.N.; BayVerfGH, NVwZ-RR 2014, 785, 786. 9 Hölscheidt, Frage und Antwort, S. 32; Glauben, DVBl. 2018, 751, 753. 10 Ritzel/Bücker, Handbuch für die Parlamentarische Praxis, Stand 2013, Bd. 2, Vorbem. zu §§ 100-106 GOBT, S. 13. 11 BVerfG, Urteil vom 7. November 2017, Az. 2 BvE 2/11, Rn. 309; Hölscheidt, Frage und Antwort, S. 32. 12 BVerfG, Urteil vom 7. November 2017, Az. 2 BvE 2/11, Rn. 306 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 297/18 Seite 6 Bezug auf die Ausübung der Aufgaben, die der EZB durch diese Verordnung nicht übertragen werden, sowie auf die Ausübung ihrer Tätigkeit nach Artikel 6.“13 In Bezug auf die BaFin besteht allerdings kein Fragerecht, soweit die Zuständigkeit zur Bankenaufsicht bei der EZB liegt und die nationalen Aufsichtsbehörden lediglich beteiligt sind.14 Das gilt insbesondere für die Beaufsichtigung bedeutender Institute. Unterstützt die BaFin die EZB etwa nach Art. 6 Abs. 2, 3 SSM-VO, Art. 90 ff. SSM-RahmenVO oder werden ihre Mitarbeiter als entsandte Mitglieder des Aufsichtsgremiums oder eines Aufsichtsteams tätig, so ist die Unabhängigkeit der EZB zu beachten. Obwohl Art. 25 SSM-VO eine strikte Trennung zwischen den geldpolitischen und den aufsichtsrechtlichen Aufgaben der EZB vorsieht, genießt die Zentralbank auch im Bereich der Bankenaufsicht Unabhängigkeit. Diese Unabhängigkeit dehnt Art. 19 Abs. 1 S. 1 SSM-VO ausdrücklich auf die mitgliedstaatlichen Aufsichtsbehörden aus, soweit sie im Zuständigkeitsbereich der EZB handeln: „Bei der Wahrnehmung der der EZB durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben handeln die EZB und die nationalen zuständigen Behörden, die innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus handeln, unabhängig.“ Nach Art. 19 Abs. 2 SSM-VO achten insbesondere die Regierungen der Mitgliedstaaten diese Unabhängigkeit. Nicht sie sind hier weisungsbefugt, sondern die EZB, Art. 6 Abs. 3 S. 2 SSM-VO. Besonders hervorgehoben wird die Unabhängigkeit der Mitglieder des Aufsichtsgremiums und des von ihm eingerichteten Lenkungsausschusses: Sie handeln „unabhängig und objektiv im Interesse der Union als Ganzes und dürfen […] von der Regierung eines Mitgliedstaats […] weder Weisungen anfordern noch entgegennehmen“, Art. 19 Abs. 1 S. 2, Art. 26 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 SSM-VO. 4.2. Grenzen des Fragerechts Beziehen sich Fragen auf Gegenstände aus dem Verantwortungsbereich der Bundesregierung, bestehen Fragerecht und Antwortpflicht nur, soweit nicht eine der genannten Grenzen einer Beantwortung entgegensteht. Im Bereich der Bankenaufsicht kommt der Grundrechtsschutz insbesondere in Gestalt des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG) in Betracht.15 Eine weitere Grenze des Fragerechts bildet das Staatswohl. Dazu zählt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts die Funktionsfähigkeit der staatlichen Aufsicht über Finanzinstitute.16 Das 13 Vgl. auch ErwG 56 SSM-VO. 14 Kritisch hierzu bereits Wolfers/Voland, Europäische Zentralbank und Bankenaufsicht – Rechtsgrundlage und demokratische Kontrolle des Single Supervisory Mechanism, BKR 2014, 177, 182 ff. 15 Vgl. BVerfG, Urteil vom 7. November 2017, Az. 2 BvE 2/11, Rn. 233 ff. m.w.N.; Lorz/Richterich, in: Morlok/ Schliesky/Wiefelspütz (Hrsg.), Parlamentsrecht, 2016, § 35 Rn. 106. 16 BVerfG, Urteil vom 7. November 2017, Az. 2 BvE 2/11, Rn. 312 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 297/18 Seite 7 Gericht lässt hier „die durch Tatsachen belegte konkrete Möglichkeit, dass durch eine Informationsweitergabe an den Deutschen Bundestag generell die Ausübung der Kontroll- und Aufsichtsaufgaben der Behörde nachteilig beeinflusst wird“, genügen.17 Eine bloße Erschwerung der Aufgabenwahrnehmung soll nicht ausreichen. Es komme auf die im Einzelnen erfragten Informationen an:18 Unspezifische Angaben über die Umstände der Beaufsichtigung könnten eine Antwortverweigerung nicht rechtfertigen: „Dies hätte zur Folge, dass die Finanzmarktaufsicht keine sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation mehr in Anspruch nehmen könnte.“19 Die Bundesregierung könne sich grundsätzlich auch auf den Schutz der Stabilität des Finanzmarktes berufen. Auch dieser Belang dürfe aber nicht dazu führen, „dass Transparenz und demokratische Kontrolle während der Finanzkrise uneingeschränkt hintenan stehen müssen und gleichzeitig dieses Argument auf lange Zeit fortwirkt.“20 Da hier insbesondere nach Vorbereitungen und internen Beratungen im Bereich der Bankenaufsicht gefragt wird, ist außerdem darauf hinzuweisen, dass aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung der Schutz eines Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung abgeleitet wird.21 Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts besteht regelmäßig kein Informationsanspruch, „wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen. Diese Gefahr besteht bei Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen regelmäßig, solange die Entscheidung noch nicht getroffen ist. Die Kontrollkompetenz des Bundestages erstreckt sich demnach grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge […].“22 4.3. Europarechtliche Regelungen zur parlamentarischen Kontrolle Neben der mittelbaren Beschränkung des Fragerechts, die aus der Ausdehnung der Unabhängigkeit der EZB folgt, regelt die SSM-VO die parlamentarische Kontrolle in den Art. 20 und 21. Danach ist die EZB dem Europäischen Parlament hinsichtlich ihrer Aufsichtstätigkeit rechenschaftspflichtig . Sie erstattet jährlich Bericht. Der Vorsitzende des Aufsichtsgremiums kann von den zuständigen Ausschüssen des Parlaments angehört werden. Auf Verlangen führt er vertrauliche Gespräche mit dem Ausschussvorsitzenden und seinen Stellvertretern. Die EZB „antwortet […] auf Fragen, die ihr vom Europäischen Parlament […] gemäß [seinem] eigenen Verfahren gestellt werden.“23 Die Rechte der nationalen Parlamente sind schwächer ausgestaltet: Zu dem jährlichen 17 BVerfG, Urteil vom 7. November 2017, Az. 2 BvE 2/11, Rn. 314. 18 BVerfG, Urteil vom 7. November 2017, Az. 2 BvE 2/11, Rn. 335 ff. 19 BVerfG, Urteil vom 7. November 2017, Az. 2 BvE 2/11, Rn. 338. 20 BVerfG, Urteil vom 7. November 2017, Az. 2 BvE 2/11, Rn. 319. 21 Lorz/Richterich, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz (Hrsg.), Parlamentsrecht, § 35 Rn. 99 ff.; Hölscheidt, Frage und Antwort, S. 35; Glauben, DVBl. 2018, 751, 756 f. 22 BVerfG, Urteil vom 7. November 2017, Az. 2 BvE 2/11, Rn. 229. 23 Vgl. Art. 131, 131a Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 297/18 Seite 8 Bericht, der auch ihnen zugeleitet wird, können sie der EZB begründete Stellungnahmen übermitteln . Sie „können die EZB […] ersuchen, schriftlich […] zu antworten.“ Die Erwägungsgründe stellen klar, dass sich die EZB äußern „kann“.24 Die nationalen Parlamente können den Vorsitzenden oder ein Mitglied des Aufsichtsgremiums außerdem „einladen, gemeinsam mit einem Vertreter der nationalen zuständigen Behörde an einem Gedankenaustausch […] teilzunehmen.“ *** 24 ErwG 56 SSM-VO.