© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 293/14 Akustische Wohnraumüberwachung in Skandinavien und auf dem östlichen Balkan Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 2 Akustische Wohnraumüberwachung in Skandinavien und auf dem östlichen Balkan Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 293/14 Abschluss der Arbeit: 10. Februar 2015 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Tabellarische Zusammenfassung der Antworten des EZPWD 4 2. Einleitung 7 3. Skandinavien 8 3.1. Dänemark 8 3.2. Finnland 9 3.3. Norwegen 12 3.4. Schweden 14 4. Östlicher Balkan 17 4.1. Republik Moldau 17 4.2. Rumänien 20 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 4 1. Tabellarische Zusammenfassung der Antworten des EZPWD Dänemark Finnland Norwegen Schweden Republik Moldau Rumänien Rechtliche Voraussetzungen (Frage 1) Unverletzlichkeit der Wohnung verfassungsrechtlich garantiert. Spezielle gesetzlich festgelegte Vorgaben (gesetzlich näher geregelt im Justizverwaltungsgesetz ): Maßnahme für Ermittlungen von entscheidender Bedeutung, Straftaten mit Freiheitsstrafe von mind. 6 Jahren oder vorsätzliche Begehung von Staatsdelikten. Unverletzlichkeit der Wohnung verfassungsrechtlich garantiert. Einschränkungen gesetzlich zulässig (gesetzlich näher geregelt im Zwangsmittelgesetz): Maßnahme für die Aufklärung einer Straftat von entscheidender Bedeutung , nur bei schweren Katalogstraftaten. Vorgaben zur Benachrichtigung des Betroffenen und zur Protokollerstellung Schutz der Privatsphäre einschließlich der Wohnung verfassungsrechtlich garantiert. Einschränkungen möglich , die im Hinblick auf die demokratische Gesellschaft im Interesse des Landes notwendig sind (gesetzlich geregelt im Strafprozessgesetz): Maßnahme von substanzieller Bedeutung für die Aufklärung, Verdacht einer schweren Katalogstraftat. Schutz der Privatsphäre durch „Schwedisches Instrument des Regierens “. Einschränkungen zur Erfüllung eines in der demokratischen Gesellschaft akzeptierten Zwecks (gesetzlich geregelt im „lagen (2007:978) om hemlig rumsavlyssning “): Maßnahme von herausgehobener Bedeutung für die Ermittlungen , Verhältnismäßigkeit , zulässig beim begründeten Verdacht der Begehung einer schweren , im Gesetz aufgeführten Straftat (Freiheitsstrafe von mind. 4 Jahren), Abhören nur am Ort des Wohnsitzes des Verdächtigten, Information des Betroffenen und ggf. Dritter. Neue Regelungen seit 1. Januar 2015 (unbegrenzte Geltungsdauer des Gesetzes, Erweiterung des Straftatenkatalogs ). Zulässigkeit spezieller, abschließend aufgezählter Ermittlungsmethoden einschließlich der akustischen Wohnraumüberwachung unter bestimmten Voraussetzgen (geregelt in Gesetz über spezielle Ermittlungsaktivitäten ): Zuständigkeit liegt bei den aufgezählten Stellen (z.B. Innenministerium und nachgeordneter Bereich, Nachrichtendienst, Zoll, Verfassungsschutz), Recht auf Information des Betroffenen, Schutz der persönlichen Daten des Betroffenen, Vorliegen bestimmter Gründe für die Maßnahme (z.B. Informationen in Bezug auf die Vorbereitung oder Begehung einer rechtswidrigen Tat), Verhältnismäßigkeit. Rechtsaufsicht durch den höherrangigen Staatsanwalt. Koordinierung der speziellen Ermittlungsmaßnahmen durch den Koordinationsrat unter Vorsitz des Generalstaatsanwalts . Zulässigkeit akustischer Überwachungsmaßnahmen unter bestimmten Voraussetzungen, (gesetzlich geregelt in der Strafprozessordnung): Begründeter Verdacht in Bezug auf im Gesetz aufgeführte schwere Straftaten unter Wahrung Verhältnismäßigkeit. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 5 Dänemark Finnland Norwegen Schweden Republik Moldau Rumänien Gerichtliche und parlamentarische Kontrolle (Frage 2) Gerichtsbeschluss erforderlich . Benennung eines Anwalts für die betroffene Person mit Gelegenheit zur Stellungnahme. Jährlicher Bericht an den Rechtsausschuss mit statistischen Angaben durch den Justizminister . Gerichtsbeschluss erforderlich , richterliche Anordnung für jeweils einen Monat auf Antrag. Bestimmung eines öffentlichen Bevollmächtigten zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen. Jahresbericht des Innenministeriums an den Parlamentarischen Ombudsmann . Anordnung durch örtliches Gericht für jeweils nicht länger als zwei Wochen. Im Eilfall: Anordnung durch Staatsanwaltschaft möglich. Benennung eines amtlichen Rechtsbeistands für den Betroffenen, Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes. Parlamentarische Kontrolle durch die norwegische Parlamentarische Kommission zur Überwachung der Geheimdienste (EOS-Kommission ), die auch die Kontrolle der Überwachungsmaßnahmen durch andere Hoheitsträger erfasst, besteht aus 7, vom Plenum gewählten Mitglieder mit einer Amtszeit von 5 Jahren. Jährlicher Tätigkeitsbericht der EOS-Kommission an das Parlament. (Kein Verstoß gegen gerichtliche Vorgaben durch Maßnahmen, Weiterentwicklung der Kontrolle angestrebt). Richterliche Entscheidung auf Antrag der Staatsanwaltschaft in einer Sitzung, Bestimmung eines öffentlichen Rechtsvertreters zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen , Begrenzung der Anordnung auf einen Monat mit Verlängerungsoption auf Antrag. Kontrolle durch eine Regierungsbehörde : Kommission für Sicherheit und Schutz der Integrität , Element der parlamentarischen Kontrolle durch die Zusammensetzung : Abgeordnete sind im Vorsitz und als Mitglieder vertreten. Zulassung durch den Ermittlungsrichter auf Antrag der Staatsanwaltschaft . Parlamentarische Kontrolle durch den Ständigen Ausschuss für Nationale Sicherheit, Verteidigung und Öffentliche Ordnung, jährlicher Bericht zum15. Februar durch Generalstaatsanwaltschaft gegenüber dem o.g. Parlamentsausschuss auf der Basis der Behördenmitteilungen zu ihren Ermittlungsaktivitäten . Beschluss des Richters für Rechte und Freiheiten auf Antrag der Staatsanwaltschaft, der bestimmten, im Gesetz festlegten Vorgaben genügen muss und für max. 30 Tage angeordnet werden darf, mit Verlängerungsoption für akustische Wohnraumüberwachung auf bis zu 120 Tage. Im Eilfall: Anordnung durch Staatsanwaltschaft für max. 48 Stunden möglich. Entscheidung des Gerichts noch am selben Tag im Gerichtssaal ohne Anhörung der Parteien bei Anwesenheit des Staatsanwalts. Parlamentarische Kontrolle : 1. durch den Gemeinsamen Ausschuss des Abgeordnetenhauses und des Senats für die Ausübung der Kontrolle über die Tätigkeit des rumänischen Geheimdienstes (SRI), jährliche Berichtserstattung gegenüber dem oder ge- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 6 Dänemark Finnland Norwegen Schweden Republik Moldau Rumänien mäß Parlamentsbeschluss durch dem Vorsitzenden des SRI. 2. Durch den Gemeinsamen Ausschuss des Abgeordnetenhauses und des Senats zur Ausübung der parlamentarischen Kontrolle des Auslandsgeheimdienstes (SIE). Nähere Ausgestaltung der Organisation und Arbeitsweise von SRI und SIE durch parlamentarische Entschließung. Rolle der Maßnahmen in der Praxis (Frage 3) Rückgang der Zahl der Überwachungsmaßnahmen . Wohnraumüberwachung selten zur Strafverfolgung genutzt, andere verdeckte Maßnahmen wie Telefonüberwachung häufiger zur Verbrechensbekämpfung – einschließlich organisierter Kriminalität und Terrorismus – verwendet . Keine näheren Angaben. Zeitraum 2008 - 2011: 153 Fälle des Abhörens durch die Polizei, 19 beim Zoll, 45 beim Geheimdienst . Nutzung des Instruments durch die Polizei bei Drogendelikten und Mord, durch den Geheimdienst bei Terrorismus und schwerer Spionage . Beachtlicher Nutzen und erheblicher Bedarf für geheime Eingriffsmaßnahmen . Keine Angaben. Keine Angaben. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 7 Seite 7 2. Einleitung Die Sach- und Rechtslage zur akustischen Wohnraumüberwachung stellt sich in Deutschland wie folgt dar: Als akustische Wohnraumüberwachung bezeichnet man das Abhören und Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes in einer Wohnung mit technischen Mitteln auch ohne Wissen des Betroffenen. Die Privatheit einer Wohnung ist grundrechtlich in der deutschen Verfassung , dem Grundgesetz (GG), geschützt: Die Wohnung ist gemäß Art. 13 Abs. 1 GG unverletzlich. Art. 13 Abs. 3 bis 6 GG regeln den Rahmen, in dem Einschränkungen dieses Grundrechts u.a. in Form der akustischen Wohnraumüberwachung zulässig sind. Art. 13 Abs. 3 GG legt die engen Voraussetzungen fest, unter denen eine akustische Wohnraumüberwachung zu repressiven Zwecken (Strafverfolgung) stattfinden darf. Danach müssen Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine durch Gesetz zu bestimmende besonders schwere Tat begangen hat. Die akustische Überwachung darf nur in der Wohnung durchgeführt werden, in der sich der Beschuldigte vermutlich aufhält. Die Maßnahme darf nur erfolgen, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die akustische Wohnraumüberwachung ist zeitlich zu befristen. Sie bedarf einer richterlichen Anordnung (Entscheidung durch Spruchkörper von drei Richtern, in der Praxis Strafkammer am Landgericht; Einzelrichterentscheidung bei Gefahr im Verzug). Einfachgesetzlich konkretisiert wird die repressive akustische Wohnraumüberwachung durch §§ 100c bis e, 101 Strafprozessordnung (StPO). § 100c Abs. 2 StPO enthält einen abschließenden Katalog der besonders schweren Straftaten, wie es Art. 13 Abs. 3 GG vorschreibt. Zu nennen sind beispielhaft: Staatsdelikte wie Hochverrat, die Bildung krimineller und terroristischer Vereinigungen , Mord und Menschenhandel sowie weitere schwere Straftaten u. a. aus den Bereichen des Asyl- und Aufenthalts-, Betäubungsmittel- und Waffenrechts. Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für eine akustische Wohnraumüberwachung im präventiven Bereich (vorbeugende polizeiliche Verbrechensbekämpfung) ergeben sich aus Art. 13 Abs. 4 GG. Nach dieser Bestimmung sind Abhörmaßnahmen zulässig, wenn sie der Abwehr einer dringenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit (z.B. Lebensgefahr) dienen. Wie im repressiven Bereich ist eine richterliche Anordnung nötig, nur bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden (z.B. Behördenleiter wie der Präsident des Bundeskriminalamtes); die richterliche Anordnung ist nachzuholen. Auf Bundesebene ist das Bundeskriminalamt zur akustischen Wohnraumüberwachung zu präventiven Zwecken befugt (§ 20h Bundeskriminalamtsgesetz - BKAG). Die Bundesländer haben entsprechende, die Vorgaben des Art. 13 Abs. 4 GG konkretisierende Normen in ihren jeweiligen Landespolizeigesetzen verankert. Art. 13 Abs. 5 GG enthält eine Sonderregelung des Einsatzes technischer Mittel zum Schutz der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen (z.B. verdeckte Ermittler). Maßnahmen der akustischen Wohnraumüberwachung unterliegen der gerichtlichen Kontrolle der Straf- (repressiv) bzw. Verwaltungsgerichte (präventiv). Nach Abschluss einer Wohnraumüberwachungsmaßnahme wird der Betroffene regelmäßig hierüber unterrichtet und kann deren Rechtmäßigkeit nachträglich gerichtlich klären lassen. Zur Gewährleistung der parlamentarischen Kontrolle formuliert Art. 13 Abs. 6 S. 1 GG für die Maßnahmen der Wohnraumüberwachung in Bundeszuständigkeit eine jährliche Berichtspflicht Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 8 Seite 8 der Bundesregierung an den Bundestag. Für den Bereich der Strafverfolgung ist die Berichtspflicht in § 100e StPO näher konkretisiert. Der Bericht wird als Bundestagsdrucksache veröffentlicht. Er beruht auf statistischen Mitteilungen aus den Ländern und vom Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, die das Bundesamt für Justiz in einer Tabelle zusammenführt. Art. 13 Abs. 6 S. 2 GG gibt vor, dass die parlamentarische Kontrolle auf der Grundlage des Berichts durch ein vom Bundestag gewähltes Gremium ausgeübt wird. In Erfüllung dieser Pflicht setzt der Bundestag in jeder Wahlperiode das sogenannte Gremium gemäß Art. 13 Abs. 6 GG ein. Den Bundesländern ist nach S. 3 die Gewährleistung einer gleichwertigen parlamentarischen Kontrolle aufgegeben. Diese Erläuterungen zum rechtlichen Rahmen der akustischen Wohnraumüberwachung in Deutschland vorangestellt, wurden die Parlamente Dänemarks, Finnlands, Norwegens und Schwedens sowie Bulgariens, Rumäniens und der Republik Moldau über das Europäische Zentrum für Parlamentarische Wissenschaft und Dokumentation (EZWD) um die Beantwortung der folgenden Fragen gebeten: 1. Welche rechtlichen Voraussetzungen bestehen in den oben genannten Ländern für die Anordnung und Durchführung von Maßnahmen der akustischen Wohnraumüberwachung durch technische Mittel zu präventiven und repressiven Zwecken? 2. Wie ist die gerichtliche und gegebenenfalls parlamentarische Kontrolle solcher Maßnahmen ausgestaltet? 3. Welche Rolle spielen diese Maßnahmen in der Praxis, auch im Verhältnis zu anderen Ermittlungsmaßnahmen , insbesondere im Bereich der Bekämpfung organisierter Kriminalität und der Abwehr terroristischer Gefahren? Die Antworten in englischer Sprache zur EZPWD-Abfrage 2707 sind im Wege der Arbeitsübersetzung in der nachfolgenden Ausarbeitung in deutscher Sprache zusammengefasst. Die Originalantworten der Parlamente sind ergänzend als Anlagen beigefügt. Bulgarien konnte nicht berücksichtigt werden, da es – trotz nochmaliger Erinnerung – bis zum Zeitpunkt der Fertigstellung der Arbeit nicht geantwortet hat. 3. Skandinavien 3.1. Dänemark Zu 1. Abschnitt 72 der Dänischen Verfassung lautet: „Die Wohnung ist unverletzlich. Hausdurchsuchung, Inbesitznahme und Untersuchung von Briefen oder anderen Papieren, oder jeglicher Eingriff in die Privatsphäre durch Überwachung der Post, des Fernmeldewesens und des Telefons darf nur mit richterlicher Anordnung erfolgen, es sei denn, es besteht eine spezielle gesetzliche Ausnahme.“ Dieser Abschnitt befasst sich mit dem Schutz der Privatsphäre. Er legt die Grenzen fest, innerhalb derer die öffentliche Gewalt sich in die privaten Angelegenheiten der Bürger einmischen darf. Grundsätzlich sind private Wohnungen geschützt. Dazu zählen „private“ Räumlichkeiten und Gebäude, die nicht für jedermann zugänglich sind. Dies bedeutet, dass die Polizei nicht eigenmächtig akustische Überwachung einsetzen darf. Vielmehr muss ein Richter diese zuvor Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 9 Seite 9 gestattet haben. Die Polizei muss einen Gerichtsbeschluss besitzen. Dennoch gibt es einige Ausnahmen , z.B. wenn nicht ausreichend Zeit für einen Gerichtsbeschluss vorhanden ist. Die Polizei muss den Fall aber so schnell wie möglich zur gerichtlichen Genehmigung vorlegen, spätestens innerhalb von 24 Stunden seit Beginn der Maßnahme. Die Regeln und speziellen Voraussetzungen sind in Kapitel 71 des Dänischen Justizverwaltungsgesetzes – konsolidierte Fassung vom 9. Dezember 2014 – niedergelegt: https://www.retsinformation .dk/Forms/R0710.aspx?id=164280#Kap71 (nur in dänischer Sprache verfügbar). Die Regeln sind recht komplex, aber – kurz gesagt – darf akustische Überwachung nur durchgeführt werden, wenn es spezielle Gründe für die Annahme gibt, dass Nachrichten von oder zu Tatverdächtigen weitergeben werden, wenn davon auszugehen ist, dass die Überwachung für die Ermittlungen von entscheidender Bedeutung ist und die Ermittlungen sich auf eine Straftat beziehen, welche nach dem Gesetz mit einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Jahren bedroht ist, oder die vorsätzliche Verletzung spezieller Abschnitte des Strafgesetzbuchs betrifft, Kapitel 12 über Straftaten gegen die Unabhängigkeit oder Sicherheit des Staates und Kapitel 13 über Delikte gegen die Verfassung und die obersten Staatsorgane einschließend. Zu 2. Wie bereits oben erwähnt, ist ein Gerichtsbeschluss erforderlich (siehe insbesondere Abschnitt 783 des Justizverwaltungsgesetzes). Außerdem muss vor der richterlichen Entscheidung gemäß Abschnitt 784 ein Anwalt für die Person benannt werden, die von der Maßnahme betroffen ist. Der Anwalt soll die Gelegenheit erhalten, eine Stellungnahme abzugeben. Gemäß Abschnitt 788 des Justizverwaltungsgesetzes soll das Gericht die Person, die in Besitz der Örtlichkeit oder des Raumes ist, die überwacht wurden, nach Abschluss der Observation benachrichtigen. Der Rechtsausschuss des dänischen Parlaments erhält einen jährlichen Bericht, der statistische Informationen über Eingriffe in das Kommunikationsgeheimnis, über Observierungen und Datenübernahmen enthält. Die Statistik findet sich im Anhang zur Antwort des Justizministers vom 4. August 2014: http://www.ft.dk/samling/20131/almdel/REU/spm/1374/index.htm (nur in dänischer Sprache). Zu 3. Die jüngste Statistik von 2013 zeigt einen Rückgang der Zahl der Eingriffe in die Geheimhaltung von Kommunikation, der Überwachungen und der Datenübernahmen von 9088 im Jahr 2012 auf 8415 im Jahr 2013. Man kann hieraus nicht ersehen, wie hoch der Anteil von Überwachungen an der Gesamtzahl der Eingriffe war. Die Originalantwort des dänischen Parlaments ist als Anlage 1 beigefügt 3.2. Finnland Zu 1. Das Konzept der Wohnraumüberwachung findet sich im Zwangsmittelgesetz (808/2011), Kapitel 10, Abschnitt 16 und 17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 10 Seite 10 Abschnitt 16, Unterabschnitt 1, definiert die Vorortüberwachung (Wohnraumüberwachung). Danach bezieht sich diese – unbeschadet Kapitel 24 Abs. 4 des Strafgesetzbuches – auf das Abhören, Aufzeichnen und anderweitige Aufbereitungen mittels technischer Unterstützung, technischem Verfahren oder Programm, hinsichtlich einer Diskussion, an der der Abhörende nicht teilnimmt, mit dem Ziel der Aufklärung des Inhalts der Diskussion oder Nachricht, des Verhaltens der Gesprächspartner oder des mutmaßlichen Täters. Gemäß Abschnitt 17, § 1 kann eine Strafverfolgungsbehörde die Erlaubnis zur direkten Vorortüberwachung von Räumlichkeiten erlangen, die als fester Aufenthaltsort genutzt werden und von denen anzunehmen ist, dass in ihnen eine tatverdächtige Person wohnt. Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist in Abschnitt 10 der finnischen Verfassung geschützt (Recht der Privatsphäre). Dennoch können nach demselben Abschnitt Maßnahmen, die die Unverletzlichkeit der Wohnung beeinträchtigen und die notwendig sind zur Gewährleistung von Grundrechten und Freiheiten oder zur Strafverfolgung, gesetzlich bestimmt werden. Eine solche Regelung ist das zitierte Zwangsmittelgesetz. Das generelle Recht der Wohnraumüberwachung ist in Kapitel 10, Abschnitt 1 des Zwangsmittelgesetzes geregelt. Kapitel 10, Abschnitt 2 des Gesetzes nennt die Voraussetzungen für den Gebrauch verdeckter Ermittlungsmaßnahmen einschließlich derjenigen der Wohnraumüberwachung. Generelle Voraussetzung verdeckter Ermittlungsmaßnahmen ist, dass diese eingesetzt werden können, wenn davon auszugehen ist, dass die gewonnenen Informationen der Aufklärung einer Straftat dienen. Erforderlich ist allerdings die besondere Bedeutung für die Aufklärung einer Straftat. Für Wohnraumüberwachungsmaßnahmen ist die Notwendigkeit zur Aufklärung einer Straftat Voraussetzung . Für die Erlaubnis zur Wohnraumüberwachung durch eine Strafverfolgungsbehörde wird des Weiteren vorausgesetzt, dass der Verdacht besteht, dass diese Person bestimmte schwere Katalogstraftaten begangen hat, so z.B. Völkermord, Vorbereitung eines Völkermords. Verbrechen gegen die Menschlichkeit, schwerer Kindesmissbrauch oder Mord. Gemäß Kapitel 10, Abschnitt 18 des Zwangsmittelgesetzes entscheidet das Gericht über eine Wohnraumüberwachung auf Nachfrage einer Amtsperson mit Festnahmerecht. Die Befugnis kann erteilt werden, und die Entscheidung wird für jeweils einen Monat getroffen. Der Antrag auf die Durchführung einer solchen Überwachung sollte Folgendes aufführen: Die Art des Verbrechens, dessen verdächtigt wird, und der Zeitpunkt der Begehung, die Person, die verdächtigt wird, die Tatsachen, die zur Verdächtigung der Person führten und die die Voraussetzungen für eine Vorortüberwachung erfüllen, die Gültigkeitsdauer der Befugnis einschließlich exakter Zeit, die Räumlichkeiten oder ein anderer Ort, der Objekt der Maßnahme ist, die Amtsperson mit Arrestbefugnis, die die Maßnahme leitet und überwacht und mögliche Einschränkungen und Gegebenheiten der Vorortüberwachung. Eine Vorrichtung, ein Verfahren oder ein Programm zur technischen Überwachung kann in Räumlichkeiten, die als dauerhafte Wohnsitze genutzt werden, nur installiert werden, wenn das Gericht eine Befugnis hierzu einräumt auf entsprechenden Antrag einer Amtsperson mit der Befugnis zur Festnahme (Kapitel 10, Abschnitt 26, Unterabschnitt 2 des Zwangsmittelgesetzes). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 11 Seite 11 Kapitel 10, Abschnitt 43 des Zwangsmittelgesetzes enthält Vorgaben für das Antragsverfahren zur Erwirkung eines entsprechenden gerichtlichen Beschlusses. Gemäß Kapitel 10, Abschnitt 44 des Zwangsmittelgesetzes bestimmt das Gericht einen öffentlichen Bevollmächtigten/Anwalt zur Berücksichtigung des Antrags auf Wohnraumüberwachung, um die Interessen der einer Straftat verdächtigten Person und der möglicherweise anderen von der Maßnahme betroffenen Personen zu schützen. Der öffentliche Bevollmächtigte hat sorgfältig die Berufsethik der Anwälte bei der Erfüllung seiner Aufgabe zu achten. Der öffentliche Bevollmächtigte und eine Person, die gefragt wurden, eine solche Funktion anzunehmen, dürfen nicht ohne eine Berechtigung offenlegen, was sie in ihrer Funktion oder im Rahmen der Anfrage, diese Funktion zu erfüllen, in Erfahrung gebracht haben. Kapitel 10, Abschnitte 45 und 46 enthalten Vorgaben für die erforderlichen Qualifikationen des öffentlichen Bevollmächtigten sowie das Honorar und die Entschädigung/Vergütung, die ihm/ihr gezahlt wird. Kapitel 10, Abschnitt 52 des Zwangsmittelgesetzes nennt Vorgaben zur Frage, gegen wen die Vorortüberwachung nicht durchgeführt werden darf. Kapitel 10, Abschnitt 60 und 61 des Zwangsmittelgesetzes befasst sich mit der Benachrichtigung über den Einsatz verdeckter Ermittlungsmaßnahmen und der Vorbereitung eines Berichts. Zu 2. Wie bereits oben erwähnt, ist ein gerichtlicher Beschluss für die Wohnraumüberwachung erforderlich . In Kapitel 10, Abschnitt 65 des Zwangsmittelgesetzes ist niedergelegt, dass die nationale Polizeibehörde und die Leitung der Einheiten, die verdeckte Ermittlungsmaßnahmen einsetzen, den Einsatz dieser Maßnahmen im Namen der Polizei überwachen. Das Innenministerium leitet dem Parlamentarischen Ombudsmann einen jährlichen Bericht über den Gebrauch und die Aufsicht über verdeckte Zwangsmaßnahmen zu. Eine (andere) parlamentarische Kontrolle existiert nicht. Zu 3. Wohnraumüberwachung wird selten zur Strafverfolgung genutzt. 2012 wurde in fünf und in 2013 in vier Fällen hiervon Gebrauch gemacht. Andere verdeckte Ermittlungsmaßnahmen wie z.B. die Telekommunikationsüberwachung werden viel häufiger zur Verbrechensbekämpfung (einschließlich organisierter Kriminalität und terroristischer Bedrohung) genutzt. Das Zwangsmittelgesetz (806/2011) ist in englischer Sprache abrufbar unter: http://www.finlex .fi/fi/laki/kaannokset/2011/en20110806.pdf. Die Originalantwort des finnischen Parlaments ist als Anlage 2 beigefügt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 12 Seite 12 3.3. Norwegen Zu 1. Die norwegische Verfassung vom 17. Mai 18141 („grunnloven“)2 enthält grundlegende Regeln betreffend die Menschenrechte einschließlich des Rechts, das Privat- und Familienleben zu respektieren. Die Staatsorgane haben die Menschenrechte in der Weise zu respektieren und zu gewährleisten, wie sie in der Verfassung und in den für Norwegen verbindlichen Verträgen betreffend die Menschenrechte zum Ausdruck kommt (Art. 92 der Verfassung). Die Menschenrechte sind ebenfalls Bestandteil des Rechtssystems auf der allgemeinen Grundlage des Gesetzes über die Stellung der Menschenrechte im norwegischen Recht („menneskerettsloven“)3, das die Europäische Menschenrechtskonvention und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte einschließt. Das bedeutet, dass jeder das Recht auf Achtung seines privaten und familiären Lebens, seines Zuhauses und seiner Kommunikation hat. Die staatlichen Autoritäten haben den Schutz der persönlichen Integrität zu gewährleisten (Art. 102 der Verfassung). Dennoch kann das in Art. 102 der Verfassung niedergelegte Recht durch Gesetz beschränkt werden, wenn der hoheitliche Eingriff im Hinblick auf die demokratische Gesellschaft im Interesse des Landes notwendig ist. Das norwegische Strafprozessgesetz vom 22. Mai 1981 Nr. 254 („straffeprosessloven“)5 regelt die akustische Überwachung durch technische Mittel („romavlittung“) Das schließt das Anbringen von Mikrofonen, Übertragungs- und Aufzeichungsgeräten an Orten ein, an denen sich die betroffene Person mutmaßlich aufhält; dies gilt für das private Zuhause und das Büro. Gemäß Art. 216m des Strafprozessgesetzes kann das Gericht der Polizei gestatten, die akustische Überwachung durchzuführen, wenn eine Person einer schweren Straftat verdächtig ist, welche speziell im Strafgesetz vom Mai 1902 Nr. 106 („straffeloven“)7 aufgeführt ist. Straftaten, welche die Basis für akustische Überwachung sein können, sind laut Strafgesetz z.B. Terrorismus gemäß § 147a und Mord gemäß § 233. Akustische Überwachung wird nur genehmigt, wenn anzunehmen ist, dass solche Maßnahmen von substanzieller Bedeutung für die Aufklärung eines Falls sind, und dass die Aufklärung anderenfalls wesentlich behindert würde. Die Erlaubnis kann nur bezogen auf einen Ort erlangt 1 https://www.stortinget.no/Global/pdf/Constitutionenglish.pdf?epslanguage=no. 2 https://lovdata.no/dokument/NL/lov/1814-05-17. 3 https://lovdata.no/dokument/NL/lov/1999-05-21-30/*#*. 4 http://eos-utvalget.no/english_1/legal_framework/content_3/text_1401199215164/1401199222424/lov_ 19810522_025_eng.pdf. 5 https://lovdata.no/dokument/NL/lov/1981-05-22-25. 6 http://www.ub.uio.no/ujur/ulovdata/lov-19020522-010-eng.pdf. 7 https://lovdata.no/dokument/NL/lov/1902-05-22-10. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 13 Seite 13 werden, von dem auszugehen ist, dass sich die Person dort aufhält, und wird für jeweils nicht länger als zwei Wochen erteilt. Über Maßnahmen der akustischen Überwachung kann ausschließlich gerichtlich entschieden werden. Im Falle, dass ein großes Risiko der Behinderung der Strafverfolgung durch Verzögerung besteht, kann die Staatsanwaltschaft an Stelle des Gerichts entscheiden. Gemäß § 222d des Strafprozessgesetzes kann die akustische Überwachung gerichtlich gestattet werden, wenn es einen Grund gibt zu vermuten, dass eine Person eine der im Gesetz genannten Straftaten begeht. Die Erlaubnis können die Polizei und die „polizeilichen Sicherheitsdienste“ („Police Security Services“) erhalten. Zu 2. Auf einen Antrag eines Staatsanwaltes werden Angelegenheiten betreffend die akustische Überwachung vom örtlichen Gericht durch Anordnung entschieden. Es sollen Gründe angegeben werden. Wenn das Gericht mit einem Fall akustischer Überwachung gemäß § 216m des Strafprozessgesetzes befasst ist, so hat es unverzüglich einen amtlichen Rechtsbeistand für die verdächtigte Person zu benennen, selbst wenn die bereits einen Verteidiger besitzt. Der Rechtsbeistand kann einstweiligen Rechtsschutz gegen die gerichtliche Anordnung erwirken. Die norwegische Parlamentarische Kommission zur Überwachung der Nachrichtendienste (EOS- Kommission)8 ist verantwortlich für die externe und unabhängige Kontrolle der norwegischen Nachrichtendienste. Die Tätigkeit der Kommission ist Gegenstand des Gesetzes über die Kontrolle der Nachrichtendienste vom 3. Februar 1995, Nr. 79 („EOS-loven“)10. Nachrichten-, Überwachungsund Sicherheitsdienste, die durch andere öffentliche Hoheitsträger durchgeführt werden oder unter deren Aufsicht stehen, sind ebenfalls in die Kontrolle durch die Kommission einbezogen. Die vorrangige Aufgabe der Kommission ist es sicherzustellen, dass die EOS-Dienste ihre Tätigkeit im Rahmen der einschlägigen gesetzlichen Grundlagen ausführen. Ferner muss sie klären, ob eine Person zu Unrecht Gegenstand von Maßnahmen ist, bzw. sicherstellen, dass dem nicht so ist. Außerdem hat sie zu gewährleisten, dass die EOS-Dienste nicht schärfere Methoden anwenden, als dies unter den jeweiligen Umständen erforderlich ist. Die Vorgaben des Gesetzes über die Kontrolle der Nachrichtendienste werden ergänzt durch eine vom norwegischen Parlament („Storting“) festgelegte Richtlinie über die Kontrolle der Nachrichten-, Überwachungs- und Sicherheitsdienste vom 30. Mai 1995, Nr. 4295,11 hier insbesondere Abschnitt 11,12 und 13. 8 http://eos-utvalget.no/english_1/. 9 http://www.ub.uio.no/ujur/ulovdata/lov-19950203-007-eng.pdf. 10 https://lovdata.no/dokument/NL/lov/1995-02-03-7. 11 Directive relating to the Oversight of Intelligence, Surveillance and Security Services. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 14 Seite 14 Die sieben Mitglieder der EOS-Kommission werden vom norwegischen Parlament bestimmt. Die Mitglieder werden auf Empfehlung des Parlamentspräsidiums vom Plenum gewählt. Die reguläre Amtszeit beträgt fünf Jahre, eine Wiederbenennung ist möglich. Zu 3. Die EOS-Kommission hat dem Parlament einen jährlichen Tätigkeitsbericht vorzulegen. Im Bericht von 2013 wird in Kapitel 3 ein Überblick über die Tätigkeit gegeben. Der Einsatz der Maßnahmen zur zwangsweisen akustischen und optischen Überwachung der polizeilichen Sicherheitsdienste wird wiedergegeben. Die Aufsichtsaktivitäten der Kommission haben keinen Verstoß gegen die gerichtlichen Vorgaben entdeckt. Im Folgenden heißt es: „Die Kommission bemüht sich, ihre Kontrolle in 2014 weiterzuentwickeln, z.B. in Bezug auf die internen Dienstprotokolle zum Gebrauch technischer Ausrüstung, die bei der verdeckten akustischen und optischen Überwachung eingesetzt wird. Dies befähigt die Kommission, noch genauere Kontrollen durchzuführen, wie z.B. die Zeiten der Installation der Mittel und ihre Beseitigung zu ermitteln und die Frage zu klären, ob der Dienst die erforderliche interne Kontrolle über seine Ausrüstung besitzt.“ Eine englische Fassung des Jahresberichts ist abrufbar unter: http://eos-utvalget.no/english_1/annual _reports/content_3/text_1401199189882/1403522809228/forkortet_rsmelding_engelsk_versjon .pdf. Die angegebenen Fundstellen in englischer Sprache sind keine offiziellen Übersetzungen. Die Originalantwort des norwegischen Parlaments ist als Anlage 3 beigefügt. 3.4. Schweden Zu 1. Das „Schwedische Instrument des Regierens“ enthält grundlegende Regeln der Verantwortlichkeiten öffentlicher Institutionen zum Schutz des Privat- und Familienlebens von Individuen. Gemäß Kapitel 2, Art. 6 des „Schwedischen Instruments des Regierens“ soll jeder u.a. geschützt sein vor Hausdurchsuchungen und anderen Eingriffen in die Privatsphäre, gegen die Untersuchung von Briefen und anderer vertraulicher Korrespondenz, sowie gegen das Abhören und Aufzeichnen von Telefongesprächen und anderer vertraulicher Kommunikation. Darüber hinaus soll jeder geschützt werden in seinen Beziehungen zu öffentlichen Institutionen gegen bedeutsame Eingriffe in die Privatsphäre, sofern dies ohne dessen Zustimmung erfolgt und mit Überwachung und systematischem Monitoring der persönlichen Lebensumstände verbunden ist. Gemäß Art. 2, Art. 20 und 21 des „Instruments des Regierens“ kann das in Kapitel 2 Art. 6 Niedergelegte begrenzt werden. Begrenzungen sind zulässig zur Erfüllung eines in der demokratischen Gesellschaft akzeptierten Zwecks. Der Eingriff darf nicht über das Erforderliche im Hinblick auf das hiermit verfolgte Ziel hinausgehen. Auch darf er nicht so weit gehen, dass er die freie Meinungsbildung als eines der Fundamente der Demokratie bedroht. Begrenzungen dürfen sich niemals allein auf eine bestimmte politische, religiöse, kulturelle oder eine andere derartige Auffassung stützen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 15 Seite 15 Darüber hinaus dürfen die Vorkehrungen auch nicht im Widerspruch zu Schwedens Verpflichtungen in Bezug auf die Europäische Menschenrechtskonvention stehen. Das schwedische Gesetz „lagen (2007:978) om hemlig rumsavlyssning“12 regelt das heimliche Abfangen und Aufzeichnen mit technischen Mitteln, die private Unterhaltungen und Verhandlungen im Rahmen eines Treffens oder anderer Zusammenkünfte aufnehmen, zu denen die Öffentlichkeit keinen Zugang hat. Im Folgenden wird hierfür der Begriff „Abhören“ verwendet. Abhören ist nur zulässig, wenn jemand begründet einer im Gesetz genannten Straftat verdächtig ist. Außerdem muss die Maßnahme von herausgehobener Bedeutung für die Ermittlungen sein. Darüber hinaus müssen die Gründe für den Gebrauch der Maßnahme im Vergleich zum Eingriff und der Verletzung, denen der Verdächtige durch die Maßnahme ausgesetzt ist, überwiegen. Abhören darf durchgeführt werden für vorbereitende Strafermittlungen, wenn die Straftat mit einer Freiheitsstrafe von mindestens vier Jahren bedroht ist, z. B. bei Mord, Totschlag, Geiselnahme, schwerer Vergewaltigung, schwerem Raub und terroristischen Straftaten. Ergänzend hierzu darf Abhören auch erfolgen bei der vorbereitenden Ermittlung in Bezug auf andere Straftaten, bei denen der Strafrahmen von mindestens vier Jahren voraussichtlich überschritten wird, sofern die Straftat im o.g. Gesetz aufgeführt ist, so z.B. Menschenhandel, Vergewaltigung, „schwerwiegende Beeinflussung von Justizangelegenheiten“ („gross interference in judicial matters“) und schwere Drogendelikten. Außerdem kann abgehört werden bei dem Versuch, der Vorbereitung oder dem Zusammenwirken im Hinblick auf eine der im Gesetz genannten Straftaten, sofern dieses Verhalten nach den Umständen mit einer Freiheitsstrafe mit mindestens vier Jahren belegt ist. Abhören darf nur an einem Ort erfolgen, von dem anzunehmen ist, dass der Verdächtigte dort seinen Wohnsitz hat. Wenn die Maßnahme das Zuhause einer anderen als der verdächtigen Person betrifft, so muss es besondere Gründe für die Annahme geben, dass sich die verdächtige Person dort aufhält. Unzulässig ist das Abhören von Massenmedienbüros, Anwaltskanzleien, Gesundheitseinrichtungen und Örtlichkeiten, die von einem Priester oder in ähnlicher Weise für die Religionsausübung oder individuelle Seelsorge genutzt wird. Es gibt noch andere nicht in dieser Stellungnahme aufgelistete Ausnahmen. Sofern im Laufe des Abhörens Informationen zu einer anderen Straftat auftauchen als zu derjenigen , wegen der die Maßnahme angeordnet wurde (sog. Zusatzinformation), so gelten die folgenden Maßgaben: Solche Informationen dürfen nur dann verwertet, wenn sie ebenfalls die Grundlage für eine Abhörmaßnahme darstellen. Beim Abhören gewonnene Informationen zu einer drohenden Straftat dürfen immer zu deren Verhinderung verwendet werden. Eine Person, die einer Straftat verdächtigt wird oder wurde, sollte in der Regel über die Abhörmaßnahme informiert werden. Wurde die Maßnahme an einem Ort durchgeführt, der einer anderen Person als der Verdächtigen zuzuordnen ist, so sollte die andere Person informiert werden. Die Information sollte so bald wie möglich erfolgen, ohne die Ermittlungen zu beeinträchtigen und nicht später als einen Monat 12 Der Text liegt leider nicht in englischer Sprache vor. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 16 Seite 16 nach Abschluss der Ermittlungen. Im dem Fall, dass die Information in der Mitteilung eingestuft ist, sollte die Mitteilung auf den Zeitpunkt verschoben werden, in dem die Information nicht mehr eingestuft ist. Am 1. Januar 2015 ist eine neue gesetzliche Regelung zum Abhören in Kraft getreten. Das schwedische Gesetz „lagen (2007:978) om hemlig rumsavlyssning“ war ein Gesetz mit zeitlich begrenzter Gültigkeit. Die Geltungsdauer wurde dreimal verlängert. Am 1. Januar 2015 sind die Vorgaben zum Abhören dauerhaft gültig geworden (keine begrenzte Geltungsdauer). Des Weiteren wurden einige Änderungen beschlossen. So ist z.B. die Möglichkeit des Abhörens auf Ermittlungen im Hinblick auf Spionage und staatlich kontrollierte Industriespionage erweitert worden. Eine weitere Neuerung ist, dass das Abhören durch die Strafverfolgungsbehörden und andere vorbeugende Zwangsmittel generell Gegenstand des jährlichen Regierungsberichts über den Gebrauch geheimer Zwangsmittel ist, welcher dem Parlament zugeleitet wird. Die Regelungen über das Abhören sind seit 1. Januar 2015 Bestandteil des Kapitels 27 der schwedischen Strafprozessordnung. Zu 2. Angelegenheiten bezogen auf das Abhören werden von den Strafgerichten auf Antrag der Staatsanwaltschaft entschieden. Das Gericht hat eine Sitzung anzuberaumen und einen öffentlichen Rechtsvertreter zu bestimmen, der bei den Beratungen anwesend zu sein hat. Die Funktion des öffentlichen Rechtsvertreters ist die Wahrnehmung des Interesses der Privatsphäre der Personen. Um diese Aufgabe zu erfüllen, hat er das Recht, die Akten einzusehen, eine Stellungnahme zur Gerichtsentscheidung abzugeben und Beschwerde einzulegen. Der Gültigkeitszeitraum der Befugnis zum Abhören darf einen Monat nicht übersteigen. Ein Antrag auf Verlängerung ist in derselben Weise zu behandeln wie der ursprüngliche Antrag. Die Kommission für Sicherheit und Schutz der Integrität wird eingesetzt, um die Wahrung des Rechts und der Privatsphäre in Bezug auf die Vollzugsbehörden zu schützen. Es handelt sich um eine Regierungsbehörde und ist daher nicht in erster Linie ein Instrument parlamentarischer Kontrolle. In der Praxis besitzt die Kommission aber ein Element des parlamentarischen Einblicks und der parlamentarischen Kontrolle, da Abgeordnete in der Kommission und im Vorsitz vertreten sind. Die Kommission für Sicherheit und Schutz der Integrität überwacht die Einhaltung des Rechts durch die Vollzugsbehörden der heimlichen Überwachung. Die Kontrolle bezweckt insbesondere zu gewährleisten, dass die Aktivitäten in Einklang mit Gesetzen und sonstigen Vorschriften durchgeführt werden. Die Kommission übt ihre Aufsicht durch Überprüfungen und andere Ermittlungen aus. Die Kommission gibt Stellungnahmen zu etablierten Vorgehensweisen ab und bringt ihre Auffassung zu erforderlichen Änderungen zum Ausdruck und bemüht sich darum, dass Defizite bei gesetzlichen Regelungen und anderen Vorschriften behoben werden. Auf Antrag einer Person hat die Kommission zu prüfen, ob jemand Subjekt einer geheimen Überwachung oder der Weitergabe persönlicher Daten war und ob die geheime Überwachung und die Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 17 Seite 17 begleitenden Maßnahmen oder die Weitergabe persönlicher Daten in Einklang mit den Gesetzen stand. Die Kommission hat der Person mitzuteilen, ob die Kontrolle durchgeführt wurde. Zu 3. Die schwedische Polizei hat insgesamt 153 Erstgestattungen des Abhörens im Zeitraum von 2008 bis 2011 erhalten.13 Für den schwedischen Zoll betrug diese Zahl 19. Der schwedische Geheimdienst hat in dem genannten Zeitraum 45 Erstgestattungen erhalten. Abhören wurde in erster Linie von der schwedischen Polizei bei den Ermittlungen in Drogenstrafsachen und Mord genutzt. Der Geheimdienst hat das Abhören für zwei spezielle Delikte genutzt, Terrorismus und schwere Spionage. Abhören hat sich als Mittel von beachtlichem Nutzen erwiesen; die Vollzugsbehörden haben einen erheblichen Bedarf für geheime Eingriffsmaßnahmen.14 Die Originalantwort des schwedischen Parlaments ist als Anlage 4 beigefügt. 4. Östlicher Balkan 4.1. Republik Moldau Zu 1. Die Materie ist in Moldawien durch das Gesetz über spezielle Ermittlungsaktivitäten Nr. 59 vom 29. März 2012 geregelt. Aus den übermittelten Auszügen des Gesetzestextes in englischer Sprache ist Folgendes zur Fragestellung zu entnehmen: Art. 1 Abs. 1 enthält eine Definition der speziellen Ermittlungsaktivitäten. Danach stellen diese ein Verfahren geheimer und/oder öffentlicher Natur durch die zuständigen Behörde dar, mit oder ohne den Einsatz spezieller technischer Mittel, mit dem Ziel, notwendige Informationen zur Vorbeugung oder Bekämpfung von Verbrechen zu sammeln, zur Sicherstellung der Sicherheit des Staates, der öffentlichen Ordnung, zum Schutz der Rechte und legitimen Interessen von Personen und zur Strafverfolgung zu erlangen. Nach Art. 3 Buchstabe a) bis f) basieren spezielle Ermittlungsmethoden auf folgenden Prinzipien: Auf der Gesetzmäßigkeit, der Beachtung der Rechte und Freiheiten von Personen, der Gelegenheit und Unschädlichkeit, der Kombination von öffentlichen und geheimen Methoden, der Zusammenarbeit staatlicher Behörden, dem Ausschluss von Ideologie und der Beachtung der Objektivität. In Bezug auf die Menschenrechte formuliert Art. 4 in Bezug auf die speziellen Ermittlungsmethoden, dass jede Person, die speziellen Ermittlungsmethoden ausgesetzt war, das Recht hat, nach Beendigung der Maßnahmen durch den Staatsanwalt oder den Ermittlungsrichter, der die Maßnahme angeordnet hat, informiert zu werden, sofern daraus nicht eine andere spezielle Ermittlungsmaßnahme resultiert 13 Prop. 2013/14:237, S. 59. 14 Prop. 2013/14:237, S. 60. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 18 Seite 18 (Abs. 1). Jede Person, die Objekt spezieller Ermittlungsmaßnahmen war, hat ein Recht auf Kompensation physischer oder seelischer Schäden, die durch widerrechtliche Mittel entstanden sind (Abs. 2). Der Einsatz spezieller Ermittlungsmethoden zur Verfolgung von anderen Zielen oder zur Erfüllung anderer Aufgaben, als den im Gesetz genannten, ist verboten (Abs. 3). Der Einsatz spezieller Ermittlungsmethoden unter Verletzung der geltenden gesetzlichen Bestimmungen zieht die gesetzlich vorgesehene Haftung nach sich (Abs. 4.). Jede Information und jedes Beweisstück, die durch eine Verletzung der Menschenrechte und -freiheiten gewonnen wurden, sind ungültig und werden als nicht existent betrachtet (Abs. 5). Art. 5 regelt den Schutz persönlicher Daten beim Einsatz spezieller Ermittlungsaktivitäten: Danach haben Personen, die Zugang zu persönlichen Daten einer Person besitzen, welche einer speziellen Ermittlungsmaßnahme ausgesetzt sind, die Vertraulichkeit dieser Daten zu wahren (Abs. 1). Der Zugang zu den speziellen Akten oder den Materialien dieser Akten ist anderen als den ermittelnden Personen untersagt. Eine Ausnahme besteht für den Leiter der speziellen Untereinheit – im Rahmen seiner Befugnisse – einschließlich dessen Arbeitsstab und für den Staatsanwalt, der die entsprechende Maßnahme angeordnet oder beim Ermittlungsrichter beantragt hat, sowie für den Ermittlungsrichter, der die spezielle Ermittlungsmaßnahme gestattet hat (Abs. 2). Die Zuständigkeit für die Durchführung spezieller Ermittlungsaktivitäten ergibt sich aus Art. 6: Danach werden diese durch die ermittelnden Beamten der Untereinheit des Innenministeriums oder dessen nachgeordnetem Bereich, des Verteidigungsministeriums, des Nationalen Antikorruptionszentrums , des Nachrichtendienstes, des Verfassungsschutzes, des Zolls und der für die Justizvollzugsanstalten zuständigen Abteilung des Justizministeriums wahrgenommen (Abs. 1). Anderen Institutionen als den genannten ist die Durchführung spezieller Ermittlungsmaßnahmen untersagt (Abs. 2). Der ermittelnde Beamte erfüllt seine Aufgaben unabhängig, mit Ausnahme des Falls, dass eine spezielle Ermittlungsaktivität im Rahmen eines Strafverfahrens durch einen Staatsanwalt oder einen Kriminalermittler angeordnet, koordiniert oder geleitet wird; dies geschieht im Dialog und in Zusammenarbeit mit den zur Vertraulichkeit verpflichteten Mitarbeitern (Abs. 3). Art. 18 benennt die speziellen Ermittlungsmethoden in einer abschließenden und nur durch Gesetz änderbaren Aufzählung. Hierzu zählen u.a. auch Wohnraumüberwachung und das Installieren der Ausstattung zur Durchführung der Audio- oder Videoüberwachung und der Aufzeichnung , des Fotografierens und der Videoaufzeichnung (Abs. 1 Nr. 1 a)). Ebenfalls wird die Wohnraumüberwachung mit dem technischen Mittel der Aufzeichnung genannt (Abs. 1 Nr. 1b)). Die Maßnahmen bedürften der richterlichen Erlaubnis auf Antrag der Staatsanwaltschaft. Die speziellen Ermittlungsmaßnahmen unter Einsatz von Informationssystemen, Video- und Audioaufzeichnung , Foto- und Videoausstattung oder anderer technischer Mittel sind nur verfügbar, wenn sie im Rahmen des geltenden Rechts gestattet wurden (Abs. 5). Die Organisation, die Methoden der Vornahme spezieller Ermittlungsmaßnahmen, die internen Genehmigungsverfahren, die Regeln über die Aufzeichnungen betreffend die Verwaltung, Lagerung und Beseitigung des erlangten Materials, die Maßnahmen zur Sicherung von deren Vollständigkeit und Vertraulichkeit sowie der Vertraulichkeit der speziellen Ermittlungsmaßnahmen, die Verhaltensregeln bei verdeckter Ermittlungstätigkeit und das Management und die Verwaltung verdeckter Aktivitäten, die Methoden der Erfassung spezieller Akten sowie der Einsatz finanzieller Ressourcen zur Durchführung spezieller Ermittlungsmaßnahmen sind in einem gemeinsamen Regelwerk für die Behörden vorgegeben, die spezielle Ermittlungsmaßnahmen in Einklang mit der Generalstaatsanwaltschaft vornehmen (Abs. 6) Art. 19 Abs. 1 benennt die Gründe, weswegen spezielle Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt werden: Dies sind u.a. unklare Umstände in Bezug auf die Einleitung der Strafverfolgung sowie Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 19 Seite 19 Informationen, die in Bezug auf die Vorbereitung oder Begehung eines rechtswidrigen Aktes bzw. eines begangenen rechtswidrigen Aktes verfügbar sind, sowie in Bezug auf Personen, die eine solche Tat vorbereiten, begehen oder begangen haben, hinsichtlich vermisster Personen und zur Identifizierung von Leichen. Hierzu zählen weiter Informationen in Bezug auf Umstände, die die öffentliche Ordnung sowie die militärische, wirtschaftliche, ökologische Staatssicherheit oder einen sonstigen Aspekt der Sicherheit des Staates betreffen. Außerdem können Umstände die speziellen Ermittlungsmaßnahmen begründen, die die Sicherheit eines verdeckten Ermittlers oder von dessen Familienangehörigen gefährden, zudem Verfahrenshandlungen des ermittelnden Kriminalbeamten, des Staatsanwalts oder des ermittelnden Richters im Rahmen seiner Entscheidung über Strafffälle und deren Überprüfung sowie Vorgaben internationaler Organisationen und Strafverfolgungsbehörden anderer Staaten gemäß den internationalen Abkommen, denen die Republik Moldau beigetreten ist. Ein weiterer Auslöser für die Durchführung von speziellen Ermittlungsmaßnahmen sind Informationen , die auf der Grundlage eines entsprechenden Berichts des Ermittlungsbeamten zu Umständen erlangt wurden, die die persönliche Sicherheit einer Person, seiner Familienangehörigen und ihr nahestehender Personen gefährden. Nach art. 19 Abs. 2 werden spezielle Ermittlungsmaßnahmen genehmigt und durchgeführt, wenn die folgenden Voraussetzungen kumulativ gegeben sind: Die erfolgreiche Durchführung des Strafverfahrens ist mit anderen Mitteln nicht möglich, oder es besteht eine Gefahr für die Sicherheit des Staates, und die spezielle Ermittlungsmethode ist verhältnismäßig in Bezug auf die damit verbundenen Einschränkungen der Grundrechte und Grundfreiheiten. Zu 2. Art. 38 regelt die parlamentarische Kontrolle über die speziellen Ermittlungsmaßnahmen. Wahrgenommen wird diese vom Ständigen Ausschuss für Nationale Sicherheit, Verteidigung und Öffentliche Ordnung (Abs. 1). Die Behörden, die spezielle Ermittlungsaktivitäten durchführen, müssen dem Generalstaatsanwalt bis zum 15. Januar des kommenden Jahres einen Bericht über die speziellen Ermittlungen vorlegen, der die Anzahl der genehmigten Fälle spezieller Ermittlungsaktivitäten und der aufgehobenen Fälle zu enthalten hat (Abs. 2). Der Generalstaatsanwalt legt dem Ständigen Ausschuss für Nationale Sicherheit, Verteidigung und Öffentliche Ordnung auf der Basis der Berichte und Informationen der Staatsanwaltschaften einen abschließende Bericht über die speziellen Ermittlungstätigkeiten bis zum 15. Februar eines jeden Jahres vor (Abs. 2). Der Ständige Ausschuss für Nationale Sicherheit, Verteidigung und Öffentliche Ordnung ist im Rahmen seiner Kompetenzen berechtigt, ergänzende Informationen zu speziellen Ermittlungsaktivitäten – mit Ausnahme spezieller Akten – anzufordern, wenn der vorgelegte Bericht als unvollständig zu betrachten ist (Abs. 3). Nach Art. 39 Abs. 1 übt der höherrangige Staatsanwalt die Rechtsaufsicht aus. Die Kontrolle wird auf der Basis der Beschwerden von Personen ausgeübt, deren Rechte und legitime Interessen mutmaßlich verletzt wurden oder von Amts wegen in dem Fall, in dem die Genehmigung durch einen Staatsanwalt erteilt oder bei einem Ermittlungsrichter beantragt wurde (Art. 39 Abs. 2). Nach Art. 39 Abs. 3 hat der höherrangige Staatsanwalt, der die Aufsicht ausübt, im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben ein Recht auf den Zugang zu Informationen, die ein Staatsgeheimnis darstellen. Die Tätigkeit eines vertraulichen Mitarbeiters steht unter der Kontrolle des Generalstaatsanwalts oder eines anderen Staatsanwalts, der auf Weisung des Generalstaatsanwalts speziell benannt wurde (Art. 39 Abs. 4). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 20 Seite 20 Die behördliche Aufsicht über die Tätigkeit des ermittelnden Beamten nimmt nach Art. 40 Abs. 1 der Leiter der Behörde wahr, die die spezielle Ermittlungsmaßnahme durchführt. Dieser handelt im Wege der Aktenkontrolle (Art. 40 Abs. 2). Die Koordinierung der speziellen Ermittlungsmaßnehmen erfolgt durch den Koordinationsrat, der unter dem Generalstaatsanwalt gebildet wird (Art. 41 Abs. 1). Der Koordinationsrat setzt sich aus dem Generalstaatsanwalt, der den Vorsitz führt, und den Leitern der speziellen Untereinheiten zusammen. Der Koordinationsrat nimmt seine Tätigkeit auf der Grundlage der durch die Generalstaatsanwaltschaft festgelegten Regularien wahr (Art. 41 Abs. 2). Zu 3. Es gibt keine derartigen Statistiken. Die Originalantwort des moldawischen Parlaments ist als Anlage 5 beigefügt. 4.2. Rumänien Zu. 1. Die rumänische Antwort enthält einen Auszug aus dem einschlägigen Gesetzestext, der Strafprozessordnung ,15 Kapitel 4 – Spezielle Methoden der Überwachung und Ermittlung –, der hier in seinen wichtigsten Passagen in Bezug auf die akustische Wohnraumüberwachung wiedergegeben wird: Zu den zulässigen technischen Überwachungsmethoden nach Art. 138 der Strafprozessordnung zählt u.a. die akustische Überwachung, die die Aufzeichnung von Gesprächen umfasst. Nach Art. 139 Abs. 1 der Strafprozessordnung wird die technische Überwachung durch einen Beschluss des Richters für Rechte und Freiheiten angeordnet, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind: Sie darf nur bei begründetem Verdacht in Bezug auf im Gesetz aufgeführte Straftaten durchgeführt werden. Die Verhältnismäßigkeit ist zu wahren: Die Maßnahme muss angemessen im Hinblick auf die Einschränkung von Grundrechten und -freiheiten sein und dies in Anbetracht der Besonderheiten des Fall, der Wichtigkeit der Informationen und der zu erlangenden Beweise oder der Schwere des Delikts. Der Beweis darf nicht auf andere Weise oder nur mit besonderen Schwierigkeiten zu erlangen sein, welche die Ermittlungen behinderten, oder die Sicherheit einer Person bzw. Vermögenswerte bedrohten. Technische Überwachung kann bei bestimmten im Gesetz aufgezählten schweren Straftaten (Art. 18 Abs. 2 der Strafprozessordnung) angeordnet werden: Bei Straftaten gegen die nationale Sicherheit laut Strafgesetzbuch und Spezialgesetzen und für Drogen-, Waffen- und Menschenhandel, Terrorismus, Geldwäsche, Fälschung von Geld und anderen Zahlungsmitteln einschließlich elektronischer Zahlungsinstrumente, Eigentumsdelikte. Folter, Vergewaltigung, Freiheitsberaubung, Steuerhinterziehung, Korruption und vergleichbare Delikte, Straftaten gegen die finanziellen 15 In Kraft getreten am 1. Februar 2014. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 21 Seite 21 Interessen der EU, Computerkriminalität oder Straftaten mittels elektronischer Kommunikationsmittel sowie für weitere Straftaten, für die das Gesetz eine Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren vorsieht. Die Korrespondenz zwischen Anwalt und Mandant darf nicht Gegenstand technischer Überwachung sein, es sei denn, der Anwalt begeht eines der im Gesetz genannten Delikte oder bereitet dieses vor. Gemäß Art. 140 Abs. 1 der Strafprozessordnung darf technische Überwachung während der Ermittlungen auf Antrag eines Staatsanwalts vom zuständigen Richter für Rechte und Freiheiten für einen Zeitraum von maximal 30 Tagen angeordnet werden. Der Antrag der Staatsanwaltschaft muss gemäß Art. 140 Abs. 2 der Strafprozessordnung bestimmten Vorgaben genügen, wie z.B. die Darlegung der Erforderlichkeit der technischen Überwachung enthalten sowie den Namen und andere persönliche Daten der zu überwachenden Person und die Verdachtsmomente, die die Überwachung indizieren. Bei der Video- oder akustischen Überwachung und bei der Fotographie, sofern die Gestattung des Eindringens in private Räumlichkeiten zum Installieren und Deinstallieren der zur technischen Überwachung genutzten Mittel angezeigt ist, ist u.a. die Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität darzulegen. Gemäß Art. 140 Abs. 3 der Strafprozessordnung sollte über den Antrag auf technische Überwachung noch am selben Tag im Gerichtssaal ohne Anhörung der Parteien entschieden werden. Die Anwesenheit des Staatsanwalts ist zwingend. Die Entscheidung des Richters für Rechte und Freiheiten muss u.a. den Namen des Gerichts, das Datum, die Zeit und den Ort der Maßnahme, den Namen der verdächtigten Person und – im Falle der Video-oder Audioüberwachung oder des Fotografierens in privaten Räumlichkeiten – den Hinweis auf die Zulassung eines Installierens und Deinstallierens der technischen Mittel der Überwachung enthalten (Art. 140 Abs. 5 der Strafprozessordnung). Nach Art. 141 Abs. 1 der Strafprozessordnung kann unter bestimmten Voraussetzung die technische Überwachung auch von der Staatsanwaltschaft für maximal 48 Stunden angeordnet werden: Dies ist im Eilfall zulässig und wenn andernfalls die Ermittlungen verzögert würden bzw. gänzlich scheiterten oder die Sicherheit einer geschädigten Person, von Zeugen oder ihren Angehörigen gefährdet wäre. Über jede technische Überwachungsmaßnahme hat die Staatsanwaltschaft einen Bericht zu erstellen (Art. 143 der Strafprozessordnung). In begründeten Fällen kann die Überwachungsmaßnahme durch richterliche Entscheidung verlängert werden; jede Verlängerung darf allerdings 30 Tage nicht übersteigen (Art. 144 Abs. 1 der Strafprozessordnung). Nach Art. 144 Abs. 3 der Strafprozessordnung dürfen technische Überwachungsmaßnahmen gegen eine Person und in einem Fall insgesamt sechs Monate nicht überschreiten. Für die Video-, Audioüberwachung und das Fotografieren privater Räume gilt eine Maximalfrist von 120 Tagen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 293/14 Seite 22 Seite 22 Zu 2. Die gerichtliche Kontrolle der speziellen Methoden der Überwachung und Ermittlung erfolgt gemäß den Vorgaben der Strafprozessordnung nur auf Antrag der Staatsanwaltschaft und richterliche Anordnung. Für die parlamentarische Kontrolle ist erstens der Gemeinsame Ausschuss des Abgeordnetenhauses und des Senats für die Ausübung der Kontrolle über die Tätigkeit des rumänischen Nachrichtendienstes (SRI) zuständig. Die Tätigkeiten des rumänischen Geheimdienstes werden vom Parlament kontrolliert. Jährlich oder gemäß entsprechendem Parlamentsbeschluss hat der Vorsitz des SRI dem Parlament über die Erledigung der dem rumänischen Geheimdienst laut Gesetz obliegenden Aufgaben zu berichten. Organisation, Arbeitsweise und Mittel der Kontrollausübung sollten durch eine vom Parlament verabschiedete Entschließung festgelegt werden. Zweitens gibt es einen Gemeinsamen Ausschuss des Abgeordnetenhauses und des Senats zur Ausübung der parlamentarischen Kontrolle des Auslandsgeheimdienstes (SIE). Die Kontrolle des Auslandsgeheimdienstes wird vom rumänischen Parlament unter Beachtung der Geheimhaltung der Maßnahmen und Informationsquellen. Zu diesem Zweck soll das Parlament einen speziellen gemeinsamen Ausschuss einsetzen, bestehend aus drei Abgeordneten und zwei Senatoren, die aus den Reihen der Ausschüsse für Verteidigung, öffentliche Ordnung und nationale Sicherheit der beiden Kammern zu wählen sind. Die parlamentarische Kontrolle zielt darauf ab, die Vereinbarkeit der SIE-Aktivitäten mit der Verfassung und Staatspolitik zu prüfen. Organisation, Arbeitsweise und Mittel der Kontrollausübung sollten durch eine gemeinsame Entschließung beider Parlamentskammern festgelegt werden. Zu 3. Keine Antwort zur Praxis, Verweis auf Antwort zu 1. Die Originalantwort des rumänischen Parlaments ist als Anlage 6 beigefügt.