© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 292/18 Einzelfragen zur Wahl des Europäischen Parlaments Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 292/18 Seite 2 Einzelfragen zur Wahl des Europäischen Parlaments Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 292/18 Abschluss der Arbeit: 13. September 2018 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 292/18 Seite 3 1. Einleitung Dem Sachstand liegen einzelne Fragen zum deutschen Europawahlrecht zugrunde. Das materielle und formelle Wahlrecht für die Wahl zum Europäischen Parlament ist seit 1978 insbesondere im Europawahlgesetz (EuWG)1 geregelt. Daneben sind weitere Vorschriften einschlägig, vor allem die Europawahlordnung, das Bundeswahlgesetz und das Wahlprüfungsgesetz. 2. Wahlsystem Die Wahl zum Europäischen Parlament erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl mit Listenwahlvorschlägen (§ 2 Abs. 1 S. 1 EuWG). Bei den Listen handelt es sich um sogenannte starre Listen: Der Wähler kann die Reihenfolge der Kandidaten nicht verändern. Die Sitze, die auf eine Liste entfallen, werden in der vorgegebenen Listenreihenfolge an die Bewerber vergeben (§ 2 Abs. 5 S. 1 EuWG). Es ist den politischen Parteien überlassen, ob sie Landeslisten für die einzelnen Bundesländer oder eine Bundesliste als gemeinsame Liste für alle Länder einreichen (§ 8 Abs. 2 EuWG). Gezählt werden die Stimmen auf Bundesebene. Das Wahlgebiet ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (§ 3 Abs. 1 EuWG); eine Unterteilung in Wahlkreise gibt es nicht. Für die Stimmabgabe wird das Wahlgebiet in Wahlbezirke eingeteilt (§ 3 Abs. 2 EuWG). 3. Sitzverteilung Die Sitzverteilung ist in § 2 Abs. 2 bis 6 EuWG geregelt. Die Ermittlung der Sitzanzahl je Wahlvorschlag erfolgt auf Grundlage der bundesweit abgegebenen Stimmen (§ 2 Abs. 2 S. 1 EuWG). Landeslisten derselben Partei gelten hierbei als verbunden, werden also wie eine Liste behandelt (§ 2 Abs. 2 S. 2, 3 EuWG). Zunächst erfolgt eine sogenannte Oberverteilung auf die Bundeslisten und die verbundenen Landeslisten. Die auf die verbundenen Landeslisten entfallenden Sitze werden anschließend in der sogenannten Unterverteilung auf die einzelnen Landeslisten einer Partei weiterverteilt. Sowohl bei der Ober- als auch bei der Unterverteilung wird das Divisorverfahren mit Standardrundung nach Sainte-Laguë/Schepers angewandt (§ 2 Abs. 3 EuWG). 4. Sperrklausel Für die Wahl zum Europäischen Parlament bestand in Deutschland eine Sperrklausel in Höhe von fünf Prozent der bundesweit abgegebenen gültigen Stimmen (§ 2 Abs. 7 EuWG alte Fassung), bis diese Regelung 2011 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig und nichtig erklärt wurde. Eine daraufhin vom Gesetzgeber eingeführte Drei-Prozent-Sperrklausel erklärte das Gericht 2014 ebenfalls für verfassungswidrig. Seither sieht das deutsche Europawahlrecht keine Sperrklausel mehr vor. 1 Gesetz über die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland vom 8. März 1994 (BGBl. I S. 423, 555, 852), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 10. Juli 2018 (BGBl. I S. 1116), abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/euwg/BJNR007090978.html, abgerufen am 10. September 2018. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 292/18 Seite 4 5. Kandidatenaufstellung Listen können von Parteien und sonstigen politischen Vereinigungen, die ihren Sitz in der Europäischen Union haben, eingereicht werden (§ 8 Abs. 1 EuWG). Parteien und sonstige politische Vereinigungen, die nicht mit mindestens fünf Abgeordneten im Europäischen Parlament, im Deutschen Bundestag oder in einem Landtag vertreten sind, benötigen eine bestimmte Anzahl an Unterstützerunterschriften: Landeslisten müssen von einem Tausendstel der Wahlberechtigten des betreffenden Landes, jedoch höchstens von 2.000 Wahlberechtigten unterzeichnet sein (§ 9 Abs. 5 S. 1 EuWG). Bei Bundeslisten erhöht sich die Höchstzahl auf 4.000 Wahlberechtigte (§ 9 Abs. 5 S. 2 EuWG). ***