Deutscher Bundestag Zur Reichweite der Einwirkungsbefugnisse der „Stiftung für das sorbische Volk“ auf die sorbischen Institutionen und zur Errichtung einer demokratisch legitimierten sorbischen Volksvertretung Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 - 291/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 291/11 Seite 2 Zur Reichweite der Einwirkungsbefugnisse der „Stiftung für das sorbische Volk“ auf die sorbischen Institutionen und zur Errichtung einer demokratisch legitimierten sorbischen Volksvertretung Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 - 291/11 Abschluss der Arbeit: 20. September 2011 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 291/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Reichweite der Entscheidungsbefugnisse der Stiftung für das sorbische Volk 4 2.1. Einrichtungen unter Trägerschaft der Stiftung 4 2.2. Sonstige Einrichtungen 5 3. Rechtsgrundlagen zur Errichtung einer demokratisch legitimierten sorbischen Volksvertretung 6 3.1. Ausgestaltung 6 3.2. Umsetzungsmaßnahmen 7 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 291/11 Seite 4 1. Einleitung Gegenwärtig werden die Interessen der Sorben einerseits durch den Dachverband sorbischer Vereine und Vereinigungen (Domowina e.V.), der das politische Sprachrohr der sorbischen Minderheit darstellt, und der Stiftung für das sorbische Volk andererseits wahrgenommen.1 Die Stiftung für das sorbische Volk wurde auf Grundlage des Staatsvertrages zwischen dem Land Brandenburg und dem Freistaat Sachsen über die Errichtung der “Stiftung für das sorbische Volk” vom 28. August 1998 errichtet. In Art. 2 Abs. 1 des Staatsvertrages wird die Pflege und Förderung der sorbischen Sprache und Kultur als Ausdruck der Identität des sorbischen Volkes als Stiftungszweck festgesetzt. Die Stiftung erhält gegenwärtig nach dem zugrundeliegenden Finanzierungsabkommen 2 jährliche Zuwendungen in Höhe von ca. 16,8 Mio. €, die durch den Bund und die Länder Brandenburg und Sachsen aufgebracht werden. Zur Erfüllung ihres Stiftungszwecks kann die Stiftung finanzielle Zuwendungen an Einrichtungen erbringen, die die sorbische Kultur, Sprache und Volksidentität bewahren. Nach Art. 2 Abs. 3 des Staatsvertrages kann sie zudem selbst zu diesem Zwecke Einrichtungen schaffen und unterhalten . Nachfolgend wird der Frage nach der Reichweite der Entscheidungsbefugnisse der Stiftung für das sorbische Volk nachgegangen (Punkt 2) und die rechtliche Zulässigkeit und Ausgestaltung einer demokratisch legitimierten sorbischen Volksvertretung erörtert (Punkt 3). 2. Reichweite der Entscheidungsbefugnisse der Stiftung für das sorbische Volk Fraglich ist, inwieweit die Stiftung für das sorbische Volk auf die zukünftige Struktur als auch die Anzahl der sorbischen Institutionen sowie deren Mitarbeiter Einfluss nehmen darf. Grundsätzlich wird man diesbezüglich zwischen Institutionen, deren Träger die Stiftung selbst ist, und sonstigen Institutionen, die durch die Stiftung lediglich finanziell unterstützt werden, differenzieren müssen. 2.1. Einrichtungen unter Trägerschaft der Stiftung Soweit die Stiftung als Träger einer Einrichtung nach Art. 2 Abs. 3 des Staatsvertrages fungiert, hat sie naturgemäß eine weitreichende Entscheidungshoheit über deren Struktur und Ausrichtung . Für die Vertragsverhältnisse der Bediensteten und Auszubildenden gelten gemäß § 12 Abs. 1 der Satzung der Stiftung für das sorbische Volk die im Freistaat Sachsen geltenden Normen. Innerhalb dieses Rahmens ist die Stiftung in der Konzeption der von ihr getragenen Institutionen frei und nur der Bindung an den Stiftungszweck unterworfen. 1 Elle, Ludwig, Die Sorben in der Bundesrepublik Deutschland, Europa ethnica : Zeitschrift für Minderheitenfragen 2010, S. 85f. 2 Zweites Abkommen über die gemeinsame Finanzierung der „Stiftung für das sorbische Volk“ vom 10. Juli 2009. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 291/11 Seite 5 2.2. Sonstige Einrichtungen Gegenüber allen sonstigen Institutionen bestimmt sich die Rechtmäßigkeit des Handelns der Stiftung nach den allgemeinen Regeln. Die Stiftung für das sorbische Volk ist gemäß Art. 1 Abs. 1 des Staatsvertrages eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts und als solche dem Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung zuzuordnen. Sie unterliegt damit den allgemeinen Vorschriften des öffentlichen Rechts, soweit in der Stiftungssatzung keine speziellen Regelungen getroffen werden.3 Als Hoheitsträger kann die Stiftung wegen des Gesetzesvorbehalts nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG)4 nur dann mit unmittelbarer Zwangswirkung die Strukturen sorbischer Institution vorgeben , wenn sie hierzu durch ein Gesetz ermächtigt ist. Da eine solche Ermächtigungsgrundlage nicht existiert, verfügt die Stiftung über keine hoheitlichen Eingriffsbefugnisse gegenüber den sonstigen Einrichtungen. Allerdings kann die Stiftung mittelbar auf sorbische Institutionen einwirken , indem sie die finanzielle Förderung der Institutionen an bestimmte Bedingungen knüpft. Da viele dieser Institutionen von der finanziellen Unterstützung durch die Stiftung abhängig sind, kann die Stiftung außerdem durch ein Absinken des Förderbetrages faktisch deren Betätigung regulieren. Diese mittelbare Einflussnahme als Folge der Varianz der finanziellen Zuwendungen ist grundsätzlich zulässig, da es im Ermessen der Stiftungsorgane steht, auf welche Weise der Stiftungszweck verwirklicht wird.5 So wird in Abschnitt I Nr. 1.4 der Richtlinien der Stiftung für das sorbische Volk6 klargestellt, dass unabhängig von einmal gewährten Zuwendungen kein Rechtsanspruch auf Förderung durch die Stiftung besteht. Nichtsdestotrotz unterliegt das Ermessen des Stiftungsrats gewissen Grenzen. Diese können sich insbesondere aus der Grundrechtsbindung der Stiftung als öffentlich rechtliche Körperschaft ergeben. Beispielsweise gilt für die Stiftung das Gleichbehandlungsgebot nach Art. 3 GG, das sie zu einer diskriminierungsfreien Vergabe der Stiftungsmittel verpflichtet.7 Ferner haben die sorbischen Institutionen das Recht auf eine ermes- 3 V. Campenhausen, Axel, in: Seifart, Werner/v. Campenhausen, Axel (Hrsg.), Stiftungsrechts- Handbuch, 3. Auflage 2009, § 17 Rn. 3. 4 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Juli 2010 (BGBl. I S. 944) geändert worden ist. 5 V. Campenhausen, Axel, in: Seifart, Werner/v. Campenhausen, Axel (Hrsg.), Stiftungsrechts- Handbuch, 3. Auflage 2009, § 20 Rn. 1. 6 Richtlinien der Stiftung für das sorbische Volk zur Förderung von Projekten im Bereich der sorbischen bildenden Kunst, der sorbischen darstellenden Kunst, der sorbischen Literatur, der sorbischen Musik, der Heimat und Brauchtumspflege, der Kinder- und Jugendarbeit, der Kinder- und Jugenderholung , der außerinstitutionellen wissenschaftlichen Arbeit, von Sprachkursen für Ober- und Niedersorbisch , nichtstaatlicher sorbischer Museen und Heimatstuben, von Vorhaben im soziokulturellen Bereich sowie von Stipendien und Sorbischen Kulturdenkmalen; abrufbar unter: http://stiftung.sorben.com/usf/richtlinie.pdf (letzter Abruf: 12. September 2011). 7 V. Campenhausen, Axel, in: Seifart, Werner/v. Campenhausen, Axel (Hrsg.), Stiftungsrechts- Handbuch, 3. Auflage 2009, § 19 Rn. 10. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 291/11 Seite 6 sensfehlerfreie Entscheidung des Stiftungsrates über die Vergabe der Mittel, die nach § 114 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)8 gerichtlich überprüfbar ist. Die zugrundeliegende Ermessensentscheidung des Stiftungsrats muss daher stets von einer angemessenen Abwägung der einschlägigen Interessen im Lichte des Stiftungszwecks getragen sein. Dabei muss er den zweckgemäßen Erhalt der sorbischen Kultur einerseits mit Aspekten der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung des Stiftungsvermögens andererseits zu einem vernünftigen Ausgleich führen. In Anbetracht stetig sinkender Zuwendungen des Bundes und der Länder an die Stiftung wird ein gewisser Rückgang der finanziellen Förderung daher als unausweichlich betrachtet .9 Die Zulässigkeit der Begrenzung der Förderung und damit der Einflussnahme auf die Institutionen selbst ist daher grundsätzlich zulässig. Letztlich muss aber stets eine Prüfung im Einzelfall zeigen, ob im Hinblick auf die Bedeutung der jeweiligen Institutionen oder Projekte für die sorbische Kultur eine finanzielle Beschränkung gerechtfertigt ist. 3. Rechtsgrundlagen zur Errichtung einer demokratisch legitimierten sorbischen Volksvertretung 3.1. Ausgestaltung Der maßgeblich durch den Präsidenten des Sächsischen Finanzgerichts Dr. Jürgen Rühmann erarbeitete Vorschlag zur Schaffung einer demokratisch legitimierten sorbischen Volksvertretung sieht die Errichtung eines sorbischen Parlaments in Form einer „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ vor, dessen Organe allein durch Sorben besetzt werden10. Diese Körperschaft soll zwar neben die gegenwärtig existierenden Einrichtungen treten, aber dabei deren wesentliche Aufgaben übernehmen. Die Kompetenzen dieser ständigen Vertretung sollen zum einen der Repräsentation und Interessenvertretung der sorbischen Minderheit dienen. Zum anderen sollen ihr weitreichende Verwaltungsbefugnisse eingeräumt werden. So soll sie die Entscheidung über die Förderung bestimmter Projekte treffen und bisher kommunal verankerte Befugnisse wie die Trägerschaft sorbischer Schulen und die Schulnetzplanung übernehmen. Der Stiftung für das sorbische Volk verbliebe die Aufgabe der Sicherstellung und Verwaltung des finanziellen Zuwendungen durch den Bund und die Länder Brandenburg und Sachsen. 8 Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2248) geändert worden ist. 9 Elle, Ludwig, Die Sorben in der Bundesrepublik Deutschland, Europa ethnica : Zeitschrift für Minderheitenfragen 2010, S. 86. 10 Siehe den Endbericht der Arbeitsgruppe „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ vom 13. Juli 2011, S. 6 ff. – abrufbar unter: http://stiftung.sorben.com/usf/110713_ENDFASSUNG_Gemeinsames_Papier_AG_KdoeR.pdf (letzter Abruf: 13. September 2011). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 291/11 Seite 7 Das aktive und passive Wahlrecht hätte jeder Bürger inne, der seinen Hauptwohnsitz im sorbischen Siedlungsgebiet hat und der sich zum sorbischen Volk zugehörig fühlt. Dieses Zugehörigkeitsgefühl würde er durch die Teilnahme an der Wahl oder durch die Kandidatur für das Parlament aktiv ausdrücken. Die Wahl könnte sodann parallel zur Bundestagswahl durchgeführt werden . Hinsichtlich der Umsetzung der Registrierung der Wähler werden verschiedene Varianten diskutiert. Als Optionen kommen in Betracht11: - die vorherige Eintragung der sorbischen Volkszugehörigkeit im Personalausweis, - die vorherige Meldung beim Wahlleiter oder - der nachträgliche Vermerk im Wählerverzeichnis nach Erbitten des sorbischen Wahlzettels. 3.2. Umsetzungsmaßnahmen Als Grundlage einer sorbischen Volksvertretung müsste ein neuer Staatsvertrag zwischen Sachsen und Brandenburg geschlossen werden. Ferner müssten die jeweiligen Fachgesetze je nach Ausgestaltung der Befugnisse dieses neuen Vertretungsorgans angepasst werden (so beispielsweise die Landesschulgesetze).12 Das Vorhaben der Errichtung eines sorbischen Parlaments ist jedoch nicht unumstritten. Vielmehr hat das Bundesministerium des Innern einen Gegenvorschlag ausgearbeitet, da es rechtliche Bedenken gegen das unter 3.1 dargestellte Vorhaben erhebt.13 Dieser Gegenvorschlag soll eine Stärkung der sorbischen Interessenvertretung durch eine Modifikation der bestehenden Struktur erreichen.14 Er sieht vor, den Stiftungsrat ausschließlich durch Sorben zu besetzten, die zuvor auf der Hauptversammlung des Domowina e.V. gewählt werden. Die Zuwendungsgeber (Bund und Länder) wären nur noch im Verwaltungsrat vertreten, der die Finanzierungsvorhaben der Stiftung auf die Einhaltung des Stiftungszwecks und Wirtschaftlichkeit prüft und diese anschließend einstimmig genehmigen muss. Ferner soll eine Stärkung des Domowina e.V. erreicht werden, indem dieser im Staatsvertrag als offizielles Vertretungsorgan des sorbischen Volkes anerkannt wird. Zunächst müsste dieses Parlament als Körperschaft des öffentlichen Rechts mitgliedschaftlich verfasst sein. Dies erfordert nach Ansicht der Gegner der sorbischen Volksvertretung eine klare Abgrenzung der sorbischen von den nichtsorbischen Bürgern15. Eine solche Abgrenzung könne allerdings nicht gelingen, da zu diesem Zweck weder subjektive noch objektive überprüfbare Kri- 11 Endbericht der Arbeitsgruppe „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ vom 13. Juli 2011, S. 13f. 12 Endbericht der Arbeitsgruppe „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ vom 13. Juli 2011, S. 8f. 13 Menschner, Uwe, Brauchen die Sorben ein eigenes Parlament?, Lausitzer Rundschau 12. Februar 2011 – abrufbar unter: http://www.lr-online.de/nachrichten/sachsen/Brauchen-die-Sorben-eineigenes -Parlament-;art1047,3219655 (letzter Abruf: 14. September 2011). 14 Endbericht der Arbeitsgruppe „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ vom 13. Juli 2011, S. 15ff. 15 Endbericht der Arbeitsgruppe „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ vom 13. Juli 2011, S. 19f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 291/11 Seite 8 terien getroffen werden können. Dies berge zum einen die Gefahr, dass die Körperschaft Hoheitsrechte gegenüber Nichtmitgliedern ausübe. Zum anderen könnten nichtsorbische Bürger ihre Zugehörigkeit zum sorbischen Volk vortäuschen und die so gewonnene Kontrolle zu Lasten des sorbischen Volkes missbrauchen. Weiterhin argumentieren die Kritiker, dass die für eine legitimierende Wahl notwendige Erhebung eines Wählerverzeichnisses mit dem Grundsatz der Bekenntnisfreiheit unvereinbar sei. 16 Die Bekenntnisfreiheit verbiete die staatliche Überprüfung und Registrierung der Zugehörigkeit zum sorbischen Volkstum und zur sorbischen Kultur. Auf Bundesebene ist sie in der Protokollnotiz Nr. 14 zu Artikel 35 des Einigungsvertrages17 niedergelegt. Auf Länderebene ist sie in § 1 des Sächsischen Sorbengesetzes (SächsSorbG)18 und in Brandenburg in § 2 des Sorben[Wenden]- Gesetz (SWG)19 verankert. Eine abstrakte völkerrechtliche Regelung trifft das Rahmenübereinkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten20. Gemäß Art. 3 Abs. 1 des Übereinkommens hat jede Person, die einer nationalen Minderheit angehört, das Recht, frei zu entscheiden , ob sie als solche behandelt werden möchte oder nicht. Aus dieser Entscheidung oder der Ausübung der mit dieser Entscheidung verbundenen Rechte dürften ihr keine Nachteile erwachsen . Die Befürworter einer sorbischen Volksvertretung setzen dieser Argumentation allerdings entgegen , dass Eingriffe in die Bekenntnisfreiheit bereits in anderen Fällen anerkannt seien.21 § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Minderheiten-Namensänderungsgesetz22 bestimmt, dass Angehörige der sorbischen Minderheit das Recht haben, ihren Namen in sorbischer Sprache zu tragen. Hierfür muss diejenige Person lediglich eine entsprechende Erklärung vor dem Standesamt abgeben, die sodann registriert würde. Diese Erklärung der Zugehörigkeit zum sorbischen Volk werde durch den Staat jedoch nicht überprüft. Einem ähnlichen Kompromiss könnte auch die Wahl für das 16 Elle, Ludwig, Die Sorben in der Bundesrepublik Deutschland, Europa ethnica : Zeitschrift für Minderheitenfragen 2010, S. 85; Endbericht der Arbeitsgruppe „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ vom 13. Juli 2011, S. 12, 22. 17 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 (BGBl. 1990 II S. 889). 18 Gesetz über die Rechte der Sorben im Freistaat Sachsen vom 31. März 1999 (SächsGVBl. S. 161), das zuletzt durch Art. 10 Landkreis-NeugliederungsG vom 29. 1. 2008 (SächsGVBl. S. 102) geändert wurde. 19 Gesetzes zur Ausgestaltung der Rechte der Sorben (Wenden) im Land Brandenburg vom 7. Juli 1994 (GVBl. I S. 294), das zuletzt durch Art. 31 Kommunalrechtsreform-AnpassungsG vom 23. 9. 2008 (GVBl. I S. 202) geändert wurde. 20 Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten SEV-Nr.: 157, das am 1.Februar 1995 unterzeichnet wurde und am 1. Februar 1998 in Kraft getreten ist (BGBl. Jahrgang 1997 Teil II Nr. 31). 21 Endbericht der Arbeitsgruppe „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ vom 13. Juli 2011, S. 12. 22 Minderheiten-Namensänderungsgesetz vom 22. Juli 1997 (BGBl. 1997 II S. 1406), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 3 des Gesetzes vom 19. Februar 2007 (BGBl. I S. 122) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 291/11 Seite 9 sorbische Parlament zugeführt werden. Die Situation, dass ein Wähler im Wahllokal den sorbischen Wahlschein erbitte, sei mit diesem Sachverhalt vergleichbar. Das Vorliegen eines vergleichbaren Sachverhalts wird durch die „Parlaments-Gegner“ jedoch verneint.23 Danach sei der Eingriff in die Bekenntnisfreiheit bei der Erstellung eines Wählerverzeichnisses im Gegensatz zur Namensänderung nicht gerechtfertigt; er genüge nicht den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit. Denn der verfolgte Zweck der Stärkung der sorbischen Identität und einer effektiven sorbischen Interessenvertretung sei nicht mehr in angemessener Weise erreicht. Dem stünde die Missbrauchsgefahr, das nichtsorbische Interessenvertreter Einfluss auf die Vereinigung nähmen, entgegen. Im Falle der Namensänderung bestünde diese Gefahr nur in geringem Maße. Denn selbst wenn ein nichtsorbischer Bürger seinen Namen übersetzen ließe, würde jedenfalls der sorbischen Minderheit kein Schaden entstehen. 23 Endbericht der Arbeitsgruppe „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ vom 13. Juli 2011, S. 22.