© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 288/14 Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses der Nichtzulassungsbeschwerde bei Klageverfahren in Wohnungseigentumssachen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 288/14 Seite 2 Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses der Nichtzulassungsbeschwerde bei Klageverfahren in Wohnungseigentumssachen Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 288/14 Abschluss der Arbeit: 03.12.2014 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: + Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 288/14 Seite 3 1. Einleitung Das allgemeine deutsche Gerichtsverfahren in Zivilsachen kennt zunächst einmal nur zwei Instanzen : Das Eingangsgericht (Amtsgericht oder Landgericht) und das Berufungsgericht (Landgericht oder Oberlandesgericht). Das Berufungsgericht kann jedoch die Revision beim Bundesgerichtshof – gewissermaßen als dritte Instanz – zulassen (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Lässt das Berufungsgericht die Revision nicht zu, kann der Bundesgerichtshof (Revisionsgericht) dennoch mit der Beschwerde über diese Nichtzulassung angerufen werden (§ 544 ZPO), wenn der Streitwert 20.000 Euro übersteigt (§ 26 Nr. 8 S. 1 Einführungsgesetz ZPO). Diese Wertgrenze wurde eingeführt, um eine Überlastung des Bundesgerichtshofs mit Nichtzulassungsbeschwerden zu vermeiden.1 Gibt der Bundesgerichtshof als Revisionsgericht einer solchen so genannten Nichtzulassungsbeschwerde statt, wird das Revisionsverfahren durchgeführt. Dieser vorstehend grob zusammengefasste zivilprozessuale Instanzenzug ist in Streitigkeiten, die Ansprüche und Verpflichtungen nach dem Wohnungseigentumsrecht (so genannte Wohnungseigentumssachen ) zum Gegenstand haben, verkürzt. Eingangsgericht ist in diesen Verfahren stets das Amtsgericht (§ 23 Nr. 2 c) GVG i.V.m. § 43 Nr. 1 bis 4 und Nr. 6 Wohnungseigentumsgesetz - WEG2). Das Landgericht ist für die Berufungen zuständig.3 Bei Klageverfahren in diesem Bereich ist die Nichtzulassungsbeschwerde jedoch nicht zuglassen (§ 62 Abs. 2 WEG). Lässt demnach ein Berufungsgericht (Landgericht) die Revision in einer Wohnungseigentumssache nicht zu, ist damit der Instanzenzug beendet, da die Beschwerde zum Bundesgerichtshof schon gesetzlich ausgeschlossen ist. Diese Besonderheit galt bei Einführung dieser Regelung des Wohnungseigentumsgesetzes für alle Entscheidungen der Berufungsgerichte, die vor dem 1. Juli 2012 verkündet wurden. Diese Frist wurde im Jahr 2012 bis zum 31. Dezember 2014 verlängert.4 Es ist geplant, diese Frist um ein weiteres Jahr bis zum 31. Dezember 2015 zu verlängern.5 Daher ist die Frage aufgeworfen worden, ob dies mit dem Grundgesetz vereinbar ist. 1 BT-Drs. 14/4722, S. 126. 2 Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht, in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 4 Absatz 6 des Gesetzes vom 1. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3719) geändert worden ist. 3 Die Berufung ist allerdings nur statthaft, wenn der Streitwert des Verfahrens den Betrag von 600 Euro übersteigt oder das erstinstanzliche Gericht die Berufung zugelassen hat(§ 511 Abs. 1 ZPO). 4 Vgl. Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr vom 10.052012 (BGBl. I S. 1084). Zur Begründung dieser Verlängerung siehe BT-Drs. 17/8805, S. 7. 5 BT-Drs. 18/2644, S. 3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 288/14 Seite 4 2. Gesetzgebungsgeschichte des § 62 Abs. 2 WEG Wohnungseigentumssachen wurden im Jahr 2007 der Zivilprozessordnung unterstellt und unterfielen damit nicht länger dem Recht der freiwilligen Gerichtsbarkeit.6 Viele Wohnungseigentumssachen übersteigen dabei laut der Gesetzesmaterialien die Wertgrenze von 20.000 €.7 Begründet wurde der Ausschluss der Nichtzulassungsbeschwerde wie folgt: „Um einer Überlastung des Bundesgerichtshofs vorzubeugen, sollen außerdem Nichtzulassungsbeschwerden gemäß § 544 ZPO für eine Übergangszeit ausgeschlossen werden. Die mit dieser Zielsetzung in Absatz 2 getroffene Regelung lehnt sich an § 26 Nr. 9 EGZPO – eine Übergangsregelung zur ZPO-Reform – an. Der Gesetzgeber hatte seinerzeit Anlass gesehen, die Nichtzulassungsbeschwerde in Familiensachen für eine fünfjährige Übergangsfrist nicht zuzulassen. Die durch die vorgesehene Erstreckung der ZPO-Vorschriften auf Wohnungseigentumssachen entstehende Situation ist mit der damaligen in Familiensachen vergleichbar. Wie in Familiensachen nach altem Recht ist derzeit auch in Wohnungseigentumssachen der Zugang zum Bundesgerichtshof nur nach einer entsprechenden Entscheidung der Vorinstanz – nämlich der Vorlage gemäß § 28 Abs. 2 FGG – eröffnet. Wird diese Regelung der Sache nach vorübergehend beibehalten, indem eine Revision ausschließlich nach Zulassung durch das Oberlandesgericht, nicht aber nach erfolgter Nichtzulassungsbeschwerde möglich ist, wird einer Überlastung des Bundesgerichtshofs vorgebeugt.“8 Auch die Verlängerung der Frist, bis zu der die Nichtzulassungsbeschwerde ausgeschlossen sein soll, wurde sowohl bei der ersten Verlängerung als auch bei den aktuellen Plänen (Ausschluss bis Ende des Jahres 2015) damit begründet, dass die Eingänge in den Wohnungseigentumssachen bei den Berufungsgerichten seit Inkrafttreten des Gesetzes stetig ansteigen.9 Die Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof solle daher erst dann eröffnet werden, wenn sich die Anzahl der Klageverfahren in Wohnungseigentumssachen stabilisiert hat.10 3. Vereinbarkeit des Ausschlusses der Nichtzulassungsbeschwerde mit dem Grundgesetz Der Ausschluss der Nichtzulassungsbeschwerde in Wohnungseigentumssachen berührt verschiedene verfassungsrechtliche Vorgaben. Dazu gehört die Rechtsweggarantie (dazu unten Ziff. 3.1.), der Anspruch auf rechtliches Gehör (dazu unten Ziff. 3.2.) und der Gleichheitssatz (dazu unten Ziff. 3.3.). 6 Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26.03.2007 (BGBl. I S. 370) m.W.v. 01.07.2007. 7 BT-Drs. 17/8805, S. 7. 8 Begründung zum Ausschluss der Nichtzulassungsbeschwerde in Wohnungseigentumssachen durch § 62 Abs. 2 WEG: Gesetzentwurf vom 09.03.2006, BT-Drs. 16/887, S 43. 9 BT-Drs. 18/2644, S. 6. 10 Vgl. die Ausführungen zu den Verlängerungen in BT-Drs. 17/8805, S. 7 und in BT-Drs. 18/2644, S. 6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 288/14 Seite 5 3.1. Die Rechtsweggarantie Jemandem, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, steht der Rechtsweg offen (Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG). Dieser Grundsatz könnte vorliegend dadurch verletzt sein, dass eine Partei in einem Wohnungseigentumsverfahren, in dem das Landgericht als Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen hat, kein weiterer Rechtsweg offen steht, da die Nichtzulassungsbeschwerde nicht zulässig ist. Die herrschende Auffassung gewährt im Rahmen der Rechtsweggarantie jedoch keinen Anspruch auf einen Instanzenzug.11 Die Rechtsweggarantie umfasst danach lediglich den Zugang zu den Gerichten, die richterliche Prüfung des Rechtsstreits in einem förmlichen Verfahren sowie eine verbindliche gerichtliche Entscheidung.12 Da zudem in Wohnungseigentumssachen mindestens eine, in der Regel jedoch zwei Instanzen bereit stehen,13 stellt die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht keine Verletzung der Rechtsweggarantie dar. 3.2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Anders als die Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG), die den Zugang zum Gerichtsverfahren sichert, ist es Aufgabe des Anspruchs auf rechtliches Gehör, einen angemessenen Ablauf des gerichtlichen Verfahrens zu gewährleisten.14 Hierzu gehört das Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung des Vortrags durch das Gericht.15 Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht verstößt als solche daher nicht gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, solange die Parteien vor Erlass des Urteils ausreichend gehört und ihre Argumente berücksichtigt wurden. Problematisch könnte stattdessen die Nichtzulassung der Beschwerde durch den Gesetzgeber sein, da eine Partei, die sich im Berufungsverfahren in ihrem rechtlichen Gehör verletzt sieht, keine Möglichkeit hat, diesen Fehler fachgerichtlich zu rügen. Diese Problematik hat das Bundesverfassungsgericht in einer grundlegenden Entscheidung seines Plenums erkannt.16 Darin hat es 11 Ständige Rechtsprechung: BVerfGE 4, 74, 94f. – Ärztliches Berufsgericht; BVerfGE 65, 76, 90 – Offensichtlichkeitsentscheidungen ; ausführlich noch einmal in BVerfGE 107, 395, 401 ff. – Rechtsschutz gegen den Richter I. Aus der Literatur: Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Band 1, 6. Aufl., München 2010, Art. 19 GG Rn. 477; Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 13. Aufl., München 2014, Art. 19 GG Rn. 56; Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 7. Aufl., München 2014, Art. 19 GG Rn. 120; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Loseblattsammlung (Stand der Kommentierung : 42. Lfg., Februar 2003), München, Art. 19 GG Rn. 179; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar , Band I, 3. Aufl., Tübingen 2013, Art. 19 GG Rn. 94; a.A. Krebs, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Band 1, 6. Aufl., München 2012, Art. 19 GG Rn. 69. 12 BVerfGE 107, 395, 401 ff. – Rechtsschutz gegen den Richter I. 13 In Wohnungseigentumssachen wird der Berufungsstreitwert von 600 Euro in der Regel überschritten, so dass die Berufung in diesen Fällen schon aufgrund Gesetzes statthaft ist (§ 511 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). 14 BVerfGE 107, 395, 409 – Rechtsschutz gegen den Richter I. 15 BVerfGE 107, 395, 408 – Rechtsschutz gegen den Richter I. 16 BVerfGE 107, 395 – Rechtsschutz gegen den Richter I. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 288/14 Seite 6 dem Gesetzgeber aufgegeben, eine Regelung zu schaffen, wonach entscheidungserhebliche Verstöße gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör auch bei unanfechtbaren Entscheidungen durch die Fachgerichte beseitigt werden können und nicht mit einer Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden müssen.17 Zu diesem Zweck hat der Gesetzgeber die Anhörungsrüge nach § 321a ZPO geschaffen, die für alle unanfechtbaren Entscheidungen gilt.18 Da diese Rüge auch in Wohnungseigentumssachen erhoben werden kann, verstößt der Ausschluss der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör. 3.3. Der Gleichheitssatz Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich (Art. 3 Abs. 1 GG). Wesentlich Gleiches muss gleich und wesentlich Ungleiches ungleich behandelt werden.19 Durch den Ausschluss der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 62 Abs. 2 WEG) werden Wohnungseigentümer anders behandelt als sonstige Parteien eines Zivilverfahrens, denen eine Nichtzulassungsbeschwerde offen steht. Das Bundesverfassungsgericht hat den Maßstab, der für die Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen nach Art. 3 Abs. 1 GG anzusetzen ist, in einer Reihe von jüngeren Entscheidungen neu entwickelt.20 Danach richtet sich der Rechtfertigungsmaßstab nach der jeweiligen Art und Tiefe des Eingriffs in den Gleichheitssatz, wobei das Willkürverbot, das eine evident unsachliche Ungleichbehandlung verbietet,21 stets gilt. In den folgenden Fallgruppen sind in der Regel strengere Anforderungen an die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung zu stellen22: Die Ungleichbehandlung knüpft an die in Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG aufgezählten persönlichen Merkmale einer Person an.23 Hierzu zählen das Geschlecht, die Abstammung, die Rasse, die Sprache, die Heimat und Herkunft, der Glaube und die religiösen oder politischen 17 BVerfGE 107, 395, 418 – Rechtsschutz gegen den Richter I. 18 Musielak, in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 4. Aufl., München 2013, § 321a BGB Rn. 1. 19 Ständige Rechtsprechung: BVerfGE 98, 365, 385 – Versorgungsanwartschaften; BVerfGE 127, 263, 280 – häusliche Gemeinschaft. In seiner „neuen Formel“ geht das Bundesverfassungsgericht weiter differenzierend davon aus, dass eine Verletzung des Gleichheitssatzes dann vorliegt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können; vgl. zuletzt BVerfGE 133, 59, 85 – Sukzessivadoption. 20 Siehe statt aller Entscheidungen die Zusammenfassung der Rechtsprechung bei: Britz, Der allgemeine Gleichheitssatz in der Rechtsprechung des BVerfG, NJW 2014, 346. 21 Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl. 2013, Band I, Art. 3 Rdnr. 32. 22 Kategorisierung nach Britz, Der allgemeine Gleichheitssatz in der Rechtsprechung des BVerfG – Anforderungen an die Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen durch Gesetz, NJW 2014, 346, 349 f. 23 Ständige Rechtsprechung: BVerfGE 88, 87, 96 – Transsexuelle II; BVerfGE 131, 239, 256 – Lebenspartnerschaft von Beamten. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 288/14 Seite 7 Anschauungen. Das Bundesverfassungsgericht hat zudem entschieden, dass auch die sexuelle Identität und die Staatsangehörigkeit persönliche Merkmale sind.24 Die Ungleichbehandlung greift gleichzeitig in Freiheitsrechte des Betroffenen ein, wie die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) oder Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG).25 Der Betroffene kann durch sein Verhalten nicht beeinflussen, ob ihn die belastende Ungleichbehandlung trifft.26 Der Ausschluss der Nichtzulassungsbeschwerde knüpft weder an eines der genannten persönlichen Merkmale an (Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG) noch greift er in Freiheitsrechte ein. Für letzteres spricht auch, dass die Zulassung einer Beschwerde gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts eine Begünstigung darstellt,27 die von der Rechtsweggarantie nicht gefordert wird (siehe oben Ziff. 3.1.). Vorliegend können Wohnungseigentümer, insbesondere wenn sie Beklagte eines Rechtsstreits in Wohnungseigentumssachen werden, die Besonderheit des verkürzten Instanzenzugs durch ihr Verhalten nicht umgehen. Dies spricht dafür, hier eine besondere Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung zu fordern. Die Ungleichbehandlung ist danach dann gerechtfertigt, wenn sie geeignet und erforderlich ist, um das mit ihr verfolgte Ziel zu erreichen, und diesem Ziel in einer Abwägung größeres Gewicht zukommt als dem Interesse der Betroffenen an der Gleichbehandlung (Verhältnismäßigkeitsprüfung ). Im Rahmen dieser Prüfung ergibt sich, dass die Ungleichbehandlung geeignet und erforderlich ist, das mit ihr verfolgte Ziel zu erreichen. Der Gesetzgeber wollte und will durch den Ausschluss der Nichtzulassungsbeschwerde in Wohnungseigentumssachen eine Überlastung des Bundesgerichtshofs vermeiden.28 Durch den Ausschluss der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Bundesgerichtshof von diesen Entscheidungen in Wohnungseigentumssachen entlastet, so dass der Ausschluss geeignet ist, das gesetzgeberische Ziel zu erreichen. Eine für die Wohnungseigentümer weniger belastende Regelung, die das Ziel der Arbeitsentlastung des Bundesgerichtshofs in gleicher Weise erreichen kann, ist nicht ersichtlich, so dass die Ungleichbehandlung auch erforderlich ist. 24 Für die sexuelle Identität: BVerfGE 124, 199, 220 – Gleichbehandlung eingetragener Lebensgemeinschaft; BVerf GE 126, 400, 419 – Steuerliche Diskriminierung eingetragener Lebenspartnerschaften; BVerfGE 131, 239, 256 – Lebenspartnerschaft von Beamten; BVerfGE 133, 59, 89 – Sukzessivadoption; BVerfGE 133, 377, 407 f. – Ausschluss eingetragener Lebenspartnerschaften vom Ehegattensplitting. Für die Staatsangehörigkeit: BVerfGE 130, 240, 253 ff. m.w.N. – Bayerisches Landeserziehungsgeldgesetz. 25 Ständige Rechtsprechung seit BVerfGE 88, 87, 96 – Transsexuelle II. 26 BVerfGE 88, 87, 96 – Transsexuelle II; BVerfGE 127, 263, 280 – häusliche Gemeinschaft. 27 BVerfGE 51, 295, 301 – Zweitschuldnerhaftung („gewährende Staatstätigkeit“); BVerfGE 78, 104, 121 – Prozesskostenhilfe („darreichende Verwaltung“); BVerfGE 112, 164, 175 – Sozialversicherungsbeiträge des Kindes. 28 Siehe oben S. 3 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 288/14 Seite 8 Schließlich müssen die Gründe für die Ungleichbehandlung von solcher Art und solchem Gewicht sein, dass sie das Interesse der Wohnungseigentümer an einer Gleichbehandlung mit den Beteiligten in einem sonstigen zivilrechtlichen Klageverfahren überwiegen. Das Interesse der Wohnungseigentümer liegt in der genannten Gleichbehandlung. Das Interesse an dem Ausschluss der Nichtzulassungsbeschwerde in Wohnungseigentumssachen besteht demgegenüber in dem Bestreben, den Bundesgerichtshof mit diesen Verfahren nicht zu überlasten. Dahinter steht wiederum das grundgesetzlich geschützte Ziel, die Funktionsfähigkeit der Justiz zu erhalten. Die Funktionsfähigkeit der Justiz ist für einen Rechtsstaat unabdingbar.29 Eine Überlastung des Bundesgerichtshofs würde zu einer Verzögerung aller anhängigen Verfahren führen und Auswirkungen auf unzählige Rechtsstreitigkeiten haben. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Zusammenhang schon früh festgestellt, dass eine Beschränkung der Revision geboten sein kann, damit das Revisionsgericht seiner eigentlichen Aufgabe, der Wahrung der Rechtseinheit und Fortbildung des Rechts, gerecht werden kann.30 Das Interesse der Wohnungseigentümer muss dahinter zurückstehen. Dabei ist von Bedeutung, dass die Überprüfbarkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts nicht schlichtweg unmöglich ist, da das Berufungsgericht die Revision zulassen kann. Unterliegt die Entscheidung des Berufungsgerichts gegen die Zulassung der Revision einem Verfahrensfehler , steht den Prozessbeteiligten die Anhörungsrüge offen (§ 321a) ZPO.31 Schließlich ist der Ausschluss der Nichtzulassungsbeschwerde befristet und soll auch aktuell nur um weitere zwölf Monate verlängert werden. Somit muss der Gesetzgeber nach Ablauf dieser vergleichsweise kurzen Frist erneut prüfen, ob die Gefahr einer Überlastung des Bundesgerichtshofs und damit der Grund für die Ungleichbehandlung weggefallen ist oder weiterbesteht und eine entsprechende Entscheidung treffen. Nach alledem ist die Regelung des § 62 Abs. 2 WEG verhältnismäßig und verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz. 4. Fazit Im Ergebnis ist der Ausschluss der Nichtzulassungsbeschwerde in Wohnungseigentumssachen mit dem Grundgesetz vereinbar. Es liegt kein ein Verstoß gegen die Rechtsschutzgarantie, den Anspruch auf rechtliches Gehör oder den allgemeinen Gleichheitssatz vor. 29 Zur Bedeutung der Funktionsfähigkeit der Gerichte siehe BVerfG, NJW 1995, 40 - Fernsehaufnahmen im Gerichtssaal . 30 BVerfGE 9, 323, 327 – Revision nichtvermögensrechtlicher Streitigkeiten. 31 Vgl. dazu schon oben S. 5.