© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 284/18 Fragen zum Kirchenasyl Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 284/18 Seite 2 Fragen zum Kirchenasyl Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 284/18 Abschluss der Arbeit: 29. August 2018 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 284/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Gewährung von Kirchenasyl 4 3. Rechtliche Grundlagen 4 3.1. Verfassungsrechtliche Diskussion 5 3.2. Rechtsprechung 8 3. Abgestimmte Verfahrensweisen in der Verwaltungspraxis 11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 284/18 Seite 4 1. Fragestellung Es werden Fragen zur rechtlichen Einordnung sowie zur Verwaltungspraxis des Kirchenasyls gestellt. Konkret geht es dabei um die rechtlichen Grundlagen für die Gewährung von Kirchenasyl, und zwar unter Berücksichtigung höchstrichterlicher, einschließlich verfassungsgerichtlicher, sowie verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung. Darüber hinaus wird nach weiteren „vertraglichen, schriftlichen, mündlichen Grundlagen“ und „Vereinbarungen/Übereinkünften“ aus der Verwaltungspraxis zum Kirchenasyl gefragt. Dies betrifft insbesondere die Vereinbarung zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und Vertretern der evangelischen und katholischen Kirchen vom 24. Februar 2015. Gefragt wird nach der Rechtsgrundlage sowie nach der Rechtmäßigkeit dieser Vereinbarung insbesondere in Bezug auf die Vorgaben des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) zur Abschiebung gemäß den §§ 57 ff. AufenthG. Auf weitere Absprachen mit den Behörden der Länder kann nicht vertieft eingegangen werden, da die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages insoweit nicht zur Prüfung befugt sind.1 2. Gewährung von Kirchenasyl Unter Kirchenasyl wird der faktische Schutz verstanden, den kirchliche Einrichtungen Ausländern, gegen die nach Abschluss rechtsstaatlicher Verfahren aufenthaltsbeendende Maßnahmen erlassen wurden, in ihren Räumlichkeiten gewähren.2 Die betroffenen Ausländer sollen dabei vor dem unmittelbaren Zugriff der Behörden geschützt werden. Unterschieden wird zwischen dem offenen, dem stillen und dem verdeckten Kirchenasyl. Beim offenen Kirchenasyl erlangt die Allgemeinheit Kenntnis von der Kirchenasylgewährung. Werden nur die Behörden, nicht aber die Öffentlichkeit über das Kirchasyl informiert, spricht man vom stillen Kirchenasyl. Das verdeckte Kirchenasyl bezeichnet eine Asylgewährung, bei der die Behörden den Aufenthaltsort des Ausländers nicht kennen.3 3. Rechtliche Grundlagen Über die Gewährung asylrechtlichen Schutzes entscheidet das BAMF nach Maßgabe des Asylgesetzes (AsylG), vgl. § 5 AsylG. Eine weitere Asylgewährung durch die Kirchen ist einfachgesetzlich nicht vorgesehen. Die Frage, ob sich aus der Verfassung ein Recht auf Gewährung von Kirchenasyl ergibt, ist in der rechtswissenschaftlichen Literatur umstritten.4 1 Siehe Nr. 1.6. des Leitfadens für die Unterabteilung Wissenschaftliche Dienste (WD) vom 18. Februar 2016. 2 Vgl. nur Will, in: Sachs, GG (8. Aufl., 2018), Rn. 1e zu Art. 16a GG. 3 Neundorf, „Kirchenasyl“ – Verfassungsrechtliche Aspekte und ausgewählte administrative Handlungsmöglichkeiten , ZAR 2011, 259 f. Siehe auch Herler, Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat (2004), abrufbar unter: https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/opus4-wuerzburg/frontdoor/deliver/index /docId/1020/file/Diss_PDF-Version_neu.pdf, 30. 4 Vgl. nur Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG (14. Aufl., 2018), Rn. 51 zu Art. 4 GG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 284/18 Seite 5 3.1. Verfassungsrechtliche Diskussion Nach einer Auffassung folgt aus der Verfassung ein Recht auf Gewährung von Kirchenasyl, das gegenüber aufenthaltsbeendenden Maßnahmen und strafrechtlichen Sanktionen geltend gemacht werden kann.5 Zur Begründung wird insbesondere auf Art. 16a GG, auf das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 Weimarer Reichsverfassung (WRV) sowie auf die Religions- und Gewissensfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG abgestellt.6 Die Argumentation zu Art. 16a GG bezieht sich dabei auf „besondere Ausnahmefälle unzumutbarer Nichterreichbarkeit eines effektiven staatlichen Rechtsschutzes“, die gleichsam ein Selbst- bzw. Nothilferecht der Kirchen begründen.7 Normativer Anknüpfungspunkt für die Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften ist die Zuordnung des Kirchenasyls zu den „eigenen Angelegenheiten“ der Religionsgemeinschaften im Sinne des Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV. Auch für den Fall, dass die betroffenen Religionsgemeinschaften nach ihrem Selbstverständnis kein „institutionalisiertes Kirchenasylrecht“ für sich beanspruchen,8 könnte die Kirchenasylgewährung jedenfalls als eine Ausprägung karitativer Hilfe in den Schutzbereich des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts fallen.9 Die Gewährung des Kirchenasyls könne ferner vom Schutzbereich der Religions- und Gewissensfreiheit umfasst sein, soweit sie als karitative Handlung religiös motiviert ist oder auf einer Gewissensentscheidung beruht.10 Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen sowie die Religions- und Gewissensfreiheit werden jedoch nicht schrankenlos gewährleistet. Zu beachten sind insoweit die „für alle geltenden Gesetze“ (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV) sowie die im Rahmen der Religions- und Gewissensfreiheit maßgeblichen verfassungsimmanenten Schranken. Auf der Schrankenebene wiederum kommt es auf die Abwägung mit den kollidierenden Rechtsgütern an. Die Befürworter des Kirchenasyls nehmen hier – zumindest unter bestimmten Voraussetzungen – einen Vorrang des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften sowie der Religions- oder Gewissensfreiheit insbesondere gegenüber dem staatlichen Asylgewährungsmonopol und der Funktionsfähigkeit der Rechtsordnung an.11 Görisch beispielsweise führt hierzu aus: „Auf der Schrankenebene ergibt sich aufgrund der […] Güterabwägung allerdings, dass die Kirchenfreiheit insoweit nur unter bestimmten Voraussetzungen (Kirchenasylgewährung aufgrund des Interzessionsgedankens zur Abwendung einer befürchteten Lebens- oder 5 Görisch, Kirchenasyl und staatliches Recht (2000); Grefen, Kirchenasyl im Rechtsstaat: Christliche Beistandspflicht und staatliche Flüchtlingspolitik (2001); Geis, Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat, JZ 1997, 60 ff.; Herler (Fn. 3); differenzierend Neundorf (Fn. 3), 264. 6 Zu weiteren verfassungsrechtlichen Aspekten siehe Neundorf (Fn. 3), 265. 7 Görisch (Fn. 5), 121 f. 8 So für die beiden großen Amtskirchen Larsen, Kirchenasyl und Verfassungsstaat, ZAR 2017, 122 m.w.N. 9 Neundorf (Fn. 3), 262; Larsen (Fn. 8), 122; Botta, Das Kirchasyl als rechtsfreier Raum? Zum Rechtsschutzbedürfnis von Kirchenasylflüchtlingen, ZAR 2017, 434, 437; Herler (Fn. 3), 119 ff.; a.A. Ehlers, in: Sachs, GG (8. Aufl., 2018), Rn. 7 zu Art. 140 GG, Art. 137 WRV. 10 Ausführlich dazu Herler (Fn. 3), 125 ff. 11 Siehe Görisch (Fn. 5), 191 ff., 203 ff.; Herler (Fn. 3), 132 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 284/18 Seite 6 Leibesgefahr, ordnungsgemäßer Beschluss, öffentliche Gewährung, keine andere Möglichkeit der Gefahrabwendung, Bereitschaft zur Versorgungsübernahme, Beschränkung auf den räumlichen Verfügungsbereich der Kirchen, keine Schaffung besonderer Einwanderungsanreize) den Vorrang vor den staatlichen Schrankengesetzen genießt. Unter diesen Voraussetzungen steht ein verfassungsrechtliches Kirchenasylrecht aus Art. 137 III 1 WRV i.V.m. Art. 140 GG einer staatlichen Beendigung des Kirchenasyls ebenso entgegen wie einer Strafbarkeit der Beteiligten.“12 Diese Begründung trägt nach Görisch auch ein aus der Religions- und Gewissensfreiheit folgendes Recht, Kirchenasyl zu gewähren.13 Grefen formuliert ein Recht der Kirchen auf Gegenvorstellung, das das Kirchenasyl zeitlich befristet vor staatlichen Maßnahmen schützt: „Somit führt die Anerkennung der kirchlichen Aufgabe und Selbständigkeit durch Art. 140 GG/137 Abs. 3 S. 1 [WRV] zu einer Pflicht des Staates, kirchliche Einwendungen nicht zu übergehen, wo fundiert auf Mängel und Fehler im staatlichen Asylverfahren aufmerksam gemacht wird. Das staatliche Asylverfahrensrecht kann, mit Rücksicht auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht, nicht als abschließende Regelung angesehen werden. Der Staat hat die Asylentscheidung einer Kirche zu respektieren und darf sie nicht durch Abschiebung ohne erneute Sachentscheidung unterlaufen. Daher folgt dem Anspruch der Kirchengemeinde auf Gegenvorstellung im Asylverfahren ein zeitlich befristeter Abwehranspruch gegen gewaltsame Zugriffe auf den Asylbewerber im Kirchenasyl.“14 Nach anderer Auffassung kommt ein verfassungsrechtliches Recht, Kirchenasyl zu gewähren, nicht in Betracht.15 In Bezug auf das Asylgrundrecht in Art. 16a GG wird darauf verwiesen, dieses verpflichte allein den Staat und begründe damit ein staatliches Asylgewährungsmonopol, das weitere nichtstaatliche Asylgewährungen ausschließt.16 Auch eine Betroffenheit des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften sowie der Religions- und Gewissensfreiheit könne im Ergebnis die Durchsetzung des staatlichen Asylgewährungsmonopols nicht aushebeln. In Bezug 12 Görisch (Fn. 5), 225. 13 Görisch (Fn. 5), 244, 259. 14 Grefen (Fn. 5), 263. In diese Richtung auch Herler (Fn. 3), 140 ff., der von einem verfassungsunmittelbaren Abschiebungshindernis aus Art. 4 GG und einer Pflicht der Behörden zur nochmaligen Prüfung ausgeht, wenn „die Kirchengemeinde binnen kurzer Zeit neue Beweise für die Verfolgung bzw. für Gefahren im Falle der Abschiebung vorlegen will oder bereits zu Anfang vorlegen kann“. 15 Hofmann (Fn. 4), Rn. 51 zu Art. 4 GG; Will (Fn. 2), Rn. 1e zu Art. 16a GG; v. Münch, „Kirchenasyl“: ehrenwert, aber kein Recht, NJW 1995, 565 f.; Wittreck, in: Dreier, GG (3. Aufl., 2013), Rn. 91 zu Art. 16a GG, der allerdings dafür plädiert, „die inkriminierte aufenthaltsrechtliche Maßnahme nochmals skrupulös zu prüfen und zunächst eine konsensuale Lösung zu suchen“; Becker, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (7. Aufl., 2018), Rn. 4 zu Art. 16a GG; Unruh, ebda., Rn. 36 zu Art. 137 Abs. 3 WRV; Botta (Fn. 9); Larsen (Fn. 8); Hillgruber, Kirchenasyl – die Perspektive des staatlichen Rechts, in: Becker u.a. (Hrsg.): Fluchtpunkt Integration (2018), 283 ff.; Renck, Bekenntnisfreiheit und Kirchenasyl, NJW 1997, 2089 ff. 16 Neundorf (Fn. 3), 261; Will (Fn. 2), Fn. 1e zu Art. 16a GG; Botta (Fn. 9), 436 f.; Hillgruber (Fn. 15), 287; Larsen, (Fn. 8), 121 f. Für ein Kirchenasylrecht aus Art. 16a GG in „besonderen Ausnahmefällen unzumutbarer Nichterreichbarkeit eines effektiven staatlichen Rechtsschutzes (…) als Selbst- bzw. Nothilferecht“ aber Görisch (Fn. 5), 121 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 284/18 Seite 7 auf das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften sieht Hillgruber das staatliche Asylmonopol, die Funktionsfähigkeit der Rechtsordnung sowie den allgemeinen Gleichheitssatz als vorrangig an: „Für den Vorrang des Interesses der staatlichen Gemeinschaft an der Durchsetzung der Ausreisepflicht von Ausländern mittels Abschiebung sprechen namentlich das staatliche Asylmonopol, das keine anderen Asylentscheidungsträger duldet, die Funktionsfähigkeit der Rechtsordnung, die auf die Vollzugsfähigkeit behördlicher Entscheidungen zwingend angewiesen ist, und schließlich die Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 3 Abs. 1 GG). Ein Vorrang des Kirchenasyls ist auch dann nicht anzuerkennen, wenn dessen Gewährung der Abwehr befürchteter Menschenrechtsverletzungen dienen soll.“17 Ähnlich argumentiert Botta, der dem Grundsatz der Rechtssicherheit gegenüber dem Schutz des Kirchenasyls aus dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen sowie aus der Religionsfreiheit den Vorrang einräumt: „Denn ließe man die Grundrechtsausübung der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit tatsächlich gegenüber dem Grundsatz der Rechtssicherheit überwiegen, so entstünde aus Art. 4 I, II GG ein unter Umständen dauerhaftes Abschiebungs- und Zugriffshindernis für den Staat. Daran anknüpfend würde sich die Frage nach einer ausreichenden Beteiligung der Kirchenasylgewährenden sowohl im Verwaltungs- als auch im Gerichtsverfahren stellen. Solch eine Drittbetroffenheit zu Gunsten der involvierten Kirchengemeinden und ihrer Mitglieder würde Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit vor unlösbare Beteiligungserfordernisse stellen. Von entscheidender Relevanz ist darüber hinaus, dass den Asylsuchenden wie auch den abgelehnten Asylbewerbern bereits ein umfassender Rechtsschutz in der Bundesrepublik Deutschland zukommt. Zudem besteht mit den Härtefallkommissionen nach § 23 a AufenthG eine außerrechtliche Instanz, die sich bei Vorliegen besonderer Umstände für eine Aufenthaltserlaubnis einsetzen kann. Der Grundsatz der Rechtssicherheit darf daher nicht hinter die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit zurücktreten.“18 Soweit der Schutz des Kirchenasyls dem Schutz der Gewissensfreiheit unterstellt wird, sieht v. Münch das staatliche Asylgewährungsmonopol sowie den allgemeinen Gleichheitssatz als vorrangig an: „Die Entscheidung, einem Asylbewerber Zuflucht zu gewähren, kann im Einzelfall eine Gewissensentscheidung i.S. des Art. 4 I GG sein. Eine Betätigung im Schutzbereich dieses Grundrechts bedeutet aber nicht, dass damit die Zufluchtgewährung durch das Grundrecht der Gewissensfreiheit gerechtfertigt ist. […] Gewähren ein Pfarrer oder Mitglieder einer Kirchgemeinde Asylbewerbern Zuflucht, so setzen sie an die Stelle des staatlichen Asylanerkennungsverfahrens ihr eigenes Verfahren; die in Art. 16a GG und im Asylverfahrensgesetz aufgestellten Rechtsregeln werden damit in diesem Fall außer Kraft gesetzt. […] Wer 17 Hillgruber (Fn. 15), 290. 18 Botta (Fn. 9), 439, dort auch mit Hinweis auf das nachrangige Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 284/18 Seite 8 politisch verfolgt ist und welche Maßnahmen nach Ablehnung eines Asylantrages gegen den Asylbewerber zu ergreifen sind, können im Rechtsstaat nicht ein einzelner Pfarrer oder Mitglieder einer Kirchengemeinde entscheiden, sondern nur das dafür zuständige staatliche Organ. Jede andere Lösung würde zu einer völlig willkürlichen und damit das Gleichheitsgrundrecht der Asylbewerber aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzenden Entscheidung über die Asylgewährung führen, […].19 Nach einem differenzierten Ansatz ist jedenfalls bei den Folgen der Kirchenasylgewährung die grundrechtliche Ausstrahlungswirkung zu beachten, so dass im Einzelfall eine strafrechtliche Sanktionierung unverhältnismäßig sein kann. Neundorf führt insoweit aus: „Die Ausstrahlungswirkung des Grundrechts Art. 4 GG bedeutet für den Bereich der Asylgewährung in Kirchenräumen, dass sie Art und Ausmaß der zulässigen staatlichen Sanktionen beeinflussen kann. […] Insbesondere bei einem offenen Kirchenasyl kann nur von einer kurzfristigen Beeinträchtigung staatlicher Interessen die Rede sein, wobei eine Vollstreckung der Abschiebung jederzeit möglich ist durch die Bekanntgabe des Aufenthaltsortes des Schutzsuchenden. Schließlich erfolgt im Nichterfolgsfall der Kirchasylgewährung auch nur eine kurzfristige Verzögerung der Aufenthaltsbeendigung. Aufgrund der minimalen Beeinträchtigung und des karitativen Charakters eines Kirchenasyls erscheint zumindest eine strafrechtliche Sanktionierung der Kirchenasylgewährer unverhältnismäßig.“20 3.2. Rechtsprechung Weder das Bundesverfassungsgericht noch andere Bundesgerichte haben bisher über die Zulässigkeit des Kirchenasyls entschieden.21 Aus der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum Kirchenasyl ergibt sich jedoch eine deutliche Ablehnung eines Rechts auf Gewährung von Kirchenasyl. Die fehlende rechtliche Verankerung schließt es gleichwohl nicht aus, dass der Staat das Kirchenasyl – im Rahmen der Rechtsordnung – respektiert. Dementsprechend geht es in den Verwaltungsgerichtsentscheidungen um Fallkonstellationen, in denen die zuständigen Behörden bei der Gewährung von Kirchenasyl von der Vollstreckung aufenthaltsbeendender Maßnahmen abgesehen haben und nun die verwaltungsrechtlichen Folgen zu bewerten sind. Im Zentrum der verwaltungsgerichtlichen Verfahren steht die Frage, ob der Eintritt ins Kirchenasyl als Untertauchen zu werten ist. Ein Untertauchen wiederum könnte mit der Begründung, die betroffenen Ausländer hätten sich der staatlichen Gewalt bewusst entzogen, das gerichtliche Rechtsschutzbedürfnis entfallen lassen oder in den sog. Dublin-Fällen zu einer Verlängerung der Frist führen, innerhalb der die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens auf die 19 v. Münch (Fn. 15), 566. 20 Neundorf (Fn. 3), 264 f. 21 Siehe auch Botta (Fn. 9), 435. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 284/18 Seite 9 Bundesrepublik übergeht (Überstellungsfrist).22 In diesen Fallkonstellationen geht es u.a. darum, ob – insbesondere im offenen Kirchenasyl – ein Zugriff der Behörden zur Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen möglich gewesen wäre. Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes lehnte in einer Entscheidung aus dem Jahr 1997 zum Rechtsschutzbedürfnis bei der Gewährung von Kirchenasyl rechtliche Wirkungen des Kirchenasyls gegenüber den Vollstreckungsbehörden ab: „Nachdem im Übrigen davon auszugehen ist, dass das sogenannte Kirchenasyl nicht geeignet ist, den Zugriff staatlicher Vollstreckungsorgane zu verhindern, bestand für die zuständige Ausländerbehörde bisher nach Maßgabe der dafür geltenden gesetzlichen Regelungen die Möglichkeit, der Antragsteller habhaft zu werden und eine Abschiebung durchzuführen. Weder nach Kirchenrecht noch Staatskirchenrecht besteht nach heutigem Verständnis im demokratischen Rechtsstaat ein ausländerrechtsfreier Raum für Personen, die ein sogenanntes Kirchenasyl in Anspruch nehmen. Allenfalls haben die Ordnungsbehörden in derartigen Fällen auf der Ebene des ihnen zustehenden Ermessens beim Einschreiten unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die in Art. 4 GG zum Ausdruck kommende Wertentscheidung in die von ihnen vorzunehmende Abwägung einzubeziehen, ohne dass sich ein Einschreiten von vorneherein verbieten würde.“23 In den Dublin-Fällen tritt nach wohl überwiegender Auffassung in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung beim offenen Kirchasyl keine Verlängerung der Überstellungsfrist ein. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt hierzu in einer Entscheidung vom Mai 2018 aus: „Insbesondere führt dieser Umstand [erg. der Eintritt in das offene Kirchenasyl] nicht zu einer Verlängerung der Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 der Dublin-III-VO. Denn die Anschrift, unter der sich der Kläger im Kirchenasyl befindet, wurde durch seinen Bevollmächtigten im Asylprozess mitgeteilt und ist der Beklagten damit bekannt. Unter diesen Umständen geht die ganz überwiegende Meinung der Rechtsprechung, der für die hier nur noch zu treffende Kostenentscheidung gefolgt wird, davon aus, dass keine Fristverlängerung in analoger Anwendung des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO eintritt. Denn es kann unter den vorliegenden Umständen weder davon ausgegangen werden, dass der 22 Vgl. Art. 29 Abs. 2 VO (EU) Nr. 604/2013: „Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.“ 23 OVG Saarland, Beschl. v. 30.12.1997 – 9 U 9/97 –, juris, Rn. 6. Aus der Ablehnung des Rechtsschutzbedürfnisses wegen Eintritts in das Kirchenasyl kann auf der anderen Seite aber nicht auf eine Anerkennung eines rechtlich wirkenden Kirchenasyls geschlossen werden. Das VG Cottbus beispielsweise deutet den Eintritt in das Kirchenasyl während eines gerichtlichen Verfahrens als widersprüchliches Verhalten, vgl. VG Cottbus, Beschl. v. 03.11.2015 – 5 L 727/15.A –, juris. Eingehend hierzu Botta (Fn. 9), 435 f., 440. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 284/18 Seite 10 Kläger ‚flüchtig‘ im Sinne der genannten Vorschrift wäre, noch liegt ein faktisches oder gar ein rechtliches Vollzugshindernis vor (…).“24 Ergänzend ist auf die jüngste Rechtsprechung des Oberlandesgerichts München zu den strafrechtlichen Folgen bei Eintritt in das offene Kirchenasyl hinzuweisen. In seiner Entscheidung vom Mai 2018 lehnt das Oberlandesgericht rechtliche Wirkungen des Kirchenasyls strikt ab. Allein der Eintritt des BAMF in eine erneute Einzelfallprüfung schließe eine Strafbarkeit wegen unerlaubten Aufenthalts im Ergebnis aus. Zur rechtlichen Einordnung des Kirchenasyls führt das Oberlandesgericht München aus: „Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts war der Eintritt in das ‚Kirchenasyl‘ alleine nicht geeignet, einen Anspruch des Angeklagten auf Erteilung einer Duldung zu begründen. […] Kirchenasyl ist kein in der geltenden Rechtsordnung anerkanntes Recht. Die Grundrechte werden durch den Staat garantiert. Zu diesen gehört die Gewährung staatlichen Asyls in seiner gesetzlich geregelten praktischen Anwendung. Niemand, auch nicht die Kirche oder sonstige gesellschaftliche Interessengruppen, kann hier oder in anderen Bereichen außerhalb dieser Ordnung Sonderrechte für sich beanspruchen und etwa Asyl gewähren, oder sonst Allgemeinverbindlichkeit für das beanspruchen, was er jeweils gerade für richtig oder falsch hält, noch kann er bestimmen, was erlaubt ist und was nicht. […] Demzufolge besteht Kirchenasyl im historischem Sinne als gegenüber staatlichen Institutionen geltendes und zu beachtendes Recht nicht (mehr) […] Der Staat ist folglich durch das Kirchenasyl an sich weder rechtlich noch tatsächlich daran gehindert, die Überstellung durchzuführen, Kirchenasyl verbietet dem Staat kein Handeln und zwingt ihn auch nicht zum Dulden. Er verzichtet lediglich bewusst darauf, das Recht durchzusetzen, solange ein Ausreiseverpflichteter sich in kirchlichen Räumlichkeiten im Kirchenasyl aufhält. Es existiert somit kein Sonderrecht der Kirchen, aufgrund dessen die Behörden bei Aufnahme einer Person in das Kirchenasyl gehindert wären, eine Überstellung durchzuführen und hierzu gegebenenfalls unmittelbaren Zwang anzuwenden. Der Umstand, dass die für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen Behörden davor zurückschrecken oder aus Respekt vor christlichhumanitären Traditionen und wegen der gegenüber profanen Räumlichkeiten gesteigerten Friedensfunktion von Kirchenräumen davon absehen, die ihnen zur Verfügung stehenden Rechte und Möglichkeiten bei Personen im Kirchenasyl auszuschöpfen, also insbesondere auch unmittelbaren Zwang in kirchlichen Räumen anzuwenden, macht die Überstellung nicht unmöglich (…).“25 24 Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 16.05.2018 – 20 ZB 18.50011 –, juris, mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung (Hervorhebung nicht im Original). Siehe auch OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 23.03.2018 – 1 LA 7/18 –, juris, Rn. 18: „Ein Sonderrecht der Kirchen, aufgrund dessen die Behörden bei Aufnahme einer Person in das sog. Kirchenasyl gehindert wären, eine Überstellung durchzuführen und hierzu gegebenenfalls unmittelbaren Zwang anzuwenden, gibt es nicht (…).“ 25 OLG München, Urt. v. 05.05.2018 – 4 OLG 13 Ss 54/18 –, juris, Rn. 34 ff. (Hervorhebungen nicht im Original). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 284/18 Seite 11 3. Abgestimmte Verfahrensweisen in der Verwaltungspraxis In der Praxis wird die „Tradition des Kirchenasyls respektiert“26 und die Gewährung von Kirchenasyl – soweit ersichtlich – von den zuständigen Ausländerbehörden in der Regel geduldet.27 Dieser Zurückhaltung liegen z.T. auch Absprachen mit den Kirchen auf Länderebene über die Verfahrensweise bei der Gewährung von Kirchenasyl zugrunde.28 Von besonderer Bedeutung ist die Vereinbarung zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und Vertretern der evangelischen und katholischen Kirchen zur Kirchenasylgewährung in den sog. Dublin-Fällen. Bei der Verfahrensabsprache vom 24. Februar 2015 handelt es sich um einen Vermerk über ein Gespräch zwischen dem damaligen Präsidenten des BAMF und Vertretern der evangelischen und katholischen Kirche.29 Dieser Vermerk ist – soweit ersichtlich – nicht öffentlich verfügbar. Den Inhalt der Absprache fasst die Bundesregierung in ihren Antworten auf parlamentarische Fragen wie folgt zusammen: „Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat mit Vertretern der evangelischen und katholischen Kirchen im Februar 2015 vereinbart, dass in begründbaren Ausnahmefällen so frühzeitig wie möglich eine zwischen Kirche und BAMF gesteuerte, lösungsorientierte Einzelfallprüfung im Rahmen des rechtlich Möglichen über zentrale Ansprechpartner stattfindet . Zu diesem Zweck sollen über die kirchlichen Ansprechpartner dem BAMF aussagekräftige Dossiers vorgelegt werden, aus denen sich eine begründete, humanitäre Härte im Einzelfall ergibt. An diese Vereinbarung wird sich das BAMF auch in der Zukunft halten.“30 26 So der Beschluss der Innenministerkonferenz zu „TOP 57: Kirchenasyl“ der 208. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 06. bis 08.06.18, abrufbar unter: https://www.innenministerkonferenz .de/IMK/DE/termine/to-beschluesse/2018-06-08_06/beschluesse.pdf?__blob=publicationFile&v=2, 56. 27 Die Bundesregierung verweist in ihrer Antwort auf eine parlamentarische Frage auf 1478 Fälle für das Jahr 2017, in denen das Kirchenasyl anstehende Überstellungen verhindert habe. Vgl. auch die Broschüre der Diakonie Rheinland Westfalen Lippe, KirchenAsyl im Raum der evangelischen Landeskirchen (3. Aufl., 2017), abrufbar unter: https://www.evangelisch-in-westfalen.de/fileadmin/user_upload/Kirche/Was_uns_bewegt /Flucht_und_Asyl/kirchenasyl.pdf, 11: „Ausländerbehörden dulden dementsprechend in aller Regel ein Kirchenasyl. Die staatliche Räumung eines Kirchenasyls ist äußerst selten.“ Zur Verwaltungspraxis in Brandenburg siehe auch die Entscheidung des VG Cottbus (Fn. 23), Rn. 18: „Nach der ins Verfahren eingeführten Auskunft des Brandenburgischen Ministeriums des Innern und für Kommunales vom 14. August 2015 sind dem Ministerium Abschiebungen aus dem Kirchenasyl nicht bekannt. Der letzte Versuch einer Abschiebung im Lande Brandenburg aus einem kirchlichen Gemeindehaus heraus ist im Jahre 2003 erfolglos unternommen worden.“ 28 Siehe hierzu die von der Diakonie Rheinland Westfalen Lippe (Fn. 26), 20 ff. aufgeführten Absprachen für Nordrhein-Westfalen (1995), Rheinland-Pfalz (1996) und für das Saarland (2002). 29 BT-Drs. 19/2349, 1. Siehe dazu auch Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche von Westfalen, Rundschreiben Nr. 3/2017, abrufbar unter: https://www.evangelisch-in-westfalen.de/fileadmin/user_upload/Kirche/Was_uns_bewegt /Flucht_und_Asyl/RS_14_2018_Kirchenasyl_gesamt.pdf (dort in einer aktualisierten Fassung). 30 BT-Drs. 18/9894, 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 284/18 Seite 12 „Das BAMF erklärte sich bereit, anhand eines von den zentralen Ansprechpartnern der Kirchen vorgelegten und aussagekräftigen Dossiers, eine erneute Überprüfung der Fälle vorzunehmen.“31 Die Vereinbarung besitzt nach Auskunft der Bundesregierung keinen rechtsverbindlichen Charakter.32 Aus einem Beschluss der Innenministerkonferenz vom Juni 2018 ergibt sich, dass das BAMF bei der Gewährung von Kirchenasyl in den sog. Dublin-Fällen in Zukunft von einer Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate ausgeht, wenn „- bei der Meldung des Kirchenasyls nicht deutlich wird, dass ein kirchlicher Ansprechpartner einbezogen ist, - innerhalb eines Monats nach der Kirchenasylmeldung kein Dossier zur Begründung eingeht oder - der Antragsteller das Kirchenasyl trotz abschlägiger Entscheidung des BAMF über sein Dossier nicht verlässt.“33 Als rechtlich unverbindliche Verfahrensabsprache bedurfte die Vereinbarung vom 24. Februar 2015 keiner Rechtsgrundlage. Darüber hinaus sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Vorgehensweise des BAMF, bei Einreichung eines Härtefalldossiers in eine erneute Einzelfallprüfung einzutreten, gegen Vorgaben des Aufenthaltsgesetzes verstoßen könnte. In den Dublin- Fällen hat das BAMF in Bezug auf die Anordnung der Abschiebung nach § 34a Abs. 1 AsylG nicht nur zielstaatsbezogene, sondern auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse zu prüfen (z.B. Reiseunfähigkeit).34 Diese Entscheidungskompetenz des BAMF besteht bei Erlass der Abschiebungsanordnung und bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen, so dass das BAMF eine Abschiebungsanordnung ggf. aufheben oder die Ausländerbehörde anweisen muss, von deren Vollziehung abzusehen.35 Die Prüfung von Abschiebungshindernissen durch das BAMF kommt in den Dublin-Fällen somit auch dann in Betracht, wenn die Abschiebung bereits angeordnet worden war. Neben den Abschiebungshindernissen kann das BAMF insbesondere auch die Möglichkeit prüfen, im Rahmen des sog. Selbsteintritts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens zu übernehmen. *** 31 BT-Drs. 19/3526, 3. 32 BT-Drs. 19/2349, 1. 33 Beschluss der Innenministerkonferenz (Fn. 26). In der BT-Drs. 19/3526, 3, wird ein weiterer Fall der Berufung auf die 18-monatige Überstellungsfrist genannt: „Ebenso wird das BAMF sich auf die 18-monatige Überstellungfrist berufen, wenn die Meldung eines Kirchenasyls derart kurzfristig vor dem Ende der sechsmonatigen Überstellungsfrist erfolgt, dass eine inhaltliche Überprüfung durch das BAMF nicht mehr gewährleistet ist. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn das Dossier erst zwei Wochen oder später vor Ablauf der Überstellungsfrist eingeht.“ 34 Vgl. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Föderale Zuständigkeit in Dublin-Verfahren (WD 3 - 3000 - 119/14), 5. 35 BVerfG, Beschl. v. 27.03.2014 – 6 L 635/14.KS.A.