Deutscher Bundestag Die Verfassungsbeschwerden gegen den „Euro-Rettungsschirm“ Problemschwerpunkte und internationaler Vergleich Sachstand Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 - 282/11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 – 3000 - 282/11 Seite 2 Die Verfassungsbeschwerden gegen den „Euro-Rettungsschirm“ Problemschwerpunkte und internationaler Vergleich Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 - 282/11 Abschluss der Arbeit: 1. September 2011 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 – 3000 - 282/11 Seite 3 1. Einleitung Der Sachstand skizziert die verfassungsrechtlichen Kernprobleme der anhängigen Verfassungsbeschwerden gegen den Euro-Rettungsschirm1, über die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2011 am 7. September 2011 entscheiden wird.2 Eine weitere vor dem BVerfG ebenfalls am 5. Juli 2011 verhandelte Verfassungsbeschwerde3 richtet sich gegen die Maßnahmen4, die zur Abwendung der drohenden Zahlungsunfähigkeit Griechenlands im Mai 2010 ergriffen wurden. Der Sachstand beschränkt sich jedoch auftragsgemäß auf Ausführungen zum Euro-Rettungsschirm. Durch die Verordnung (EU) Nr. 407/2010 des Rates vom 11. Mai 2010 zur Einführung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus5 wurde ein neues europäisches Finanzmarktinstrument geschaffen. Diese sieht die Errichtung einer europäischen Zweckgesellschaft (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität - EFSF) vor, die mittels der Gewährung von Finanzhilfen an Mitgliedstaaten der Euro-Gruppe die Stabilität des Euro sicherstellen soll. Die Verordnung wurde in Deutschland durch das Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus (StabMechG)6 umgesetzt, das das Bundesministerium der Finanzen (BMF) bis zum 30. Juni 2013 zur Absicherung von Krediten der EFSF bis zu einer Höhe von 147,6 Milliarden Euro ermächtigt. Parallel hierzu wurden die Befugnisse der Europäischen Zentralbank (EZB) durch Beschluss des EZB-Rates vom 14. Mai 2010 erweitert. Seitdem ist die EZB ermächtigt, Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt zu erwerben.7 Gegen die nationalen und europäischen Maßnahmen haben unter anderem der Abgeordnete Dr. Peter Gauweiler sowie die fünf Professoren Dr. Wilhelm Hankel, Dr. Wilhelm Nölling, Dr. Karl Albrecht Schachtschneider, Dr. Dr. Dieter Spethmann und Dr. Dr. Joachim Starbatty Verfassungs- 1 2 BvR 1485/10; 2 BvR 1099/10. Die Verfassungsbeschwerden sowie weitere Schriftsätze sind im Internet abrufbar unter: http://www.jura.unifreiburg .de/institute/ioeffr3/forschung/papers/murswiek/verfassungsbeschwerde-eurorettungsschirm (Verfassungsbeschwerde des Abg. Dr. Gauweiler) und http://www.kaschachtschneider.de/files/EURO_KLAGE.pdf der Prof. Schachtschneider und andere. 2 Pressemitteilung des BVerfG Nr. 54/2011 vom 23. August 2011; im Internet abrufbar unter: http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg11-054.html (letzter Abruf für alle Internet-Seiten: 1. 9. 2011). 3 2 BvR 987/10; zur mündlichen Verhandlung vor dem BVerfG s. a. deren Pressemitteilung 37/2011 vom 9. Juni 2011, in der auch eine Verhandlungsgliederung abgedruckt ist, im Internet abrufbar unter : http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg11-037.html. 4 Vgl. das Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik vom 7. Mai 2010 (BGBl. I S. 537). 5 Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 118/1 vom 12. Mai 2010. 6 Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus vom 22. Mai 2010 (BGBl. I S. 627). 7 Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 124/8 vom 20. Mai 2010. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 – 3000 - 282/11 Seite 4 beschwerde eingelegt. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung des BVerfG am 5. Juli 2011. Die Kernprobleme stellen sich in der Prüfung der Zulässigkeit und der Begründetheit der Beschwerde gleichermaßen. 2. Zulässigkeit der Beschwerde Die Zulässigkeit betrifft die Frage, ob für die eingelegten Verfassungsbeschwerden die Sachentscheidungsvoraussetzungen nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG i.V.m. §§ 13 Nr. 8a; 90 ff. BVerfGG8 vorliegen. Hierzu gehören insbesondere das Vorliegen eines tauglichen Beschwerdegegenstandes sowie die Beschwerdebefugnis. Problematisch sind in den darzustellenden Verfassungsbeschwerden die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Beschwerdegegenstandes und der Beschwerdebefugnis. 2.1. Tauglicher Beschwerdegegenstand Beschwerdegegenstand einer Verfassungsbeschwerde kann gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 8a, 90 Abs. 1 BVerfGG jeder Akt der öffentlichen Gewalt sein. Dies schließt Handlungen aller drei deutschen Gewalten ein, namentlich der Exekutive, Legislative und Judikative.9 2.1.1. Europäische Rechtsakte Die Beschwerdeführer greifen zunächst den Beschluss des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB-Rat), die intergouvernementalen Beschlüsse auf europäischer Ebene, die dem Stabilitätsmechanismus zugrunde liegen, sowie die Beteiligung der Bundesregierung an diesen Beschlüssen an. Diese stellen europäische Rechtsakte dar, die durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nicht überprüft werden. Der Rechtsschutz ist in diesen Fällen durch die europäischen Gerichte eröffnet. Lediglich ausnahmsweise hat das Bundesverfassungsgericht eine Überprüfung derartiger Rechtsakte im Wege einer Ultra-vires-Kontrolle für zulässig erachtet. Dies erfordert, dass eine Handlung eines europäischen Organs offensichtlich und hinreichend qualifiziert gegen das europäische Kompetenzgefüge zulasten der Mitgliedstaaten verstößt.10 Offensichtlich sei ein Verstoß, wenn die europäischen Organe die Grenzen ihrer Kompetenzen „in einer das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung spezifisch verletzenden Art überschritten“ haben.11 Das Kompe- 8 Bundesverfassungsgerichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl. I S. 1473), das zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2248) geändert worden ist. 9 Benda, Ernst in: ders./Klein, Eckart, Verfassungsprozeßrecht, 2. Aufl. 2001, § 19 Rn. 475. 10 So das BVerfG ausdrücklich in der „Honeywell“-Entscheidung - BVerfGE 126, 286 (304f.); zuvor bereits allgemein in der Lissabon-Entscheidung - BVerfGE 123, 267 (353). 11 BVerfGE 126, 286, 304 – Honeywell. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 – 3000 - 282/11 Seite 5 tenzverhältnis zwischen der Europäischen Union (EU) und ihren Mitgliedstaaten ist durch das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung gekennzeichnet. Die Gestaltungsmacht der Organe der EU geht nur so weit, wie es die gemeinschaftsrechtlichen Verträge vorgeben. Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung dieses Prinzips der begrenzten Ermächtigung und auch des Kerns der Verfassungsidentität Deutschlands und dadurch eine Verletzung ihrer Grundrechte insbesondere aus Art. 38 und 14 GG. Ihrer Ansicht nach verstoße der europäische Finanzstabilisierungsmechanismus gegen Art. 123, 125 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)12. Dieser verbiete der EU oder der EZB bzw. den nationalen Zentralbanken, für Schulden der Mitgliedsstaaten einzustehen („Bail-Out-Verbot“). Daher sei eine Überprüfung durch das BVerfG geboten. Es ist bereits fraglich, ob eine Ultra-vires-Kontrolle im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde eingefordert werden kann, da dies zu einem allgemeinen Europarechtskontrollverfahren führen könnte. Ferner ist – insb. vor dem Hintergrund ihrer europarechtsfreundlichen Ausübung13 – ungeklärt , ob das BVerfG die Ultra-vires-Kontrolle auch auf Einzelakte und nicht-gesetzliche Rechtsakte bezieht. Ferner wäre diese Kontrolle wohl nach dem Lissabon-Urteil des BVerfG14 nur einzufordern, wenn Rechtsschutz auf europäischer Ebene nicht möglich wäre. Auch dies ist zweifelhaft. Darüberhinaus ist ungewiss, ob die angegriffenen Maßnahmen tatsächlich die Anforderungen eines hinreichend qualifizierten, ersichtlichen Kompetenzverstoßes erfüllen. Sollten diese Anforderungen in zeitlicher Hinsicht eine dauerhafte Wirkung der Maßnahme voraussetzen, ist fraglich , ob die Regelungen zum Euro-Rettungsschirm, die nach § 1 Abs. 1 S. 4 StabMechG bis zum 30. Juni 2013 befristet sind, bereits hierunter fallen. Zudem wird argumentiert, dass ein Verstoß jedenfalls nicht offensichtlich sei, da die Maßnahmen lediglich die Fortsetzung der europäischen Stabilitäts- und Währungspolitik darstellen, für die die EU nach Art. 3 Abs. 1 lit. c AEUV zuständig ist. 2.1.2. Die deutschen Umsetzungsgesetze Als Beschwerdegegenstand kommt weiterhin das StabMechG in Betracht, das der deutsche Gesetzgeber zur Umsetzung des Beschlusses des Europäischen Rates zur Errichtung eines Finanzstabilitätsmechanismus beschlossen hat. Ordnungsgemäß verkündete Gesetze sind beschwerdefähige Akte der öffentlichen Gewalt.15 Allerdings wurden die Verfassungsbeschwerden teilweise zu einem Zeitpunkt eingereicht, als der 12 Amtsblatt der Europäischen Union Nr. C 115/49 vom 9. Mai 2008. 13 BVerfGE126, 286, 300. 14 BVerfGE 123, 267 (353). 15 BVerfGE 89, 155 (171); Jarass, Hans D., in: Jarass, Hans D./Pieroth, Bodo (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 93 Rn. 50b. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 – 3000 - 282/11 Seite 6 zugrundeliegende Gesetzgebungsvorgang noch nicht abgeschlossen war. Das StabMechG wurde am 22. Mai 2010 ausgefertigt und verkündet. Es trat am darauffolgenden Tag in Kraft. Abgeordneter Dr. Peter Gauweiler reichte seine Verfassungsbeschwerde bereits vor Verkündung des Gesetzes am 21. Mai 2010 ein; damit wäre der Gegenstand dieser Verfassungsbeschwerde untauglich. Mit Inkrafttreten des Gesetzes am 23. Mai 2010 liegt jedoch ein tauglicher Antragsgegenstand vor. 2.2. Beschwerdebefugnis Darüberhinaus müssten die Beschwerdeführer beschwerdebefugt sein. Das Vorliegen der Beschwerdebefugnis verlangt gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG i.V.m. §§ 13 Nr. 8a, 90 Abs. 1 BVerfGG, dass es möglich erscheint, dass die angegriffenen Maßnahmen die Beschwerdeführer in ihren Grundrechten oder einem grundrechtsgleichen Recht verletzt. Die bloße Verletzung von Art. 123, 125 AEUV genügt hierfür nicht, da sie kein verfassungsmäßiges grundrechtgleiches subjektives Recht der Beschwerdeführer begründen. 2.2.1. Art. 38 GG Die Beschwerdeführer stützen sich zunächst auf Art. 38 Abs. 1 GG. Die entscheidende Kernfrage lautet dabei, ob Art. 38 Abs. 1 GG ein subjektives Recht des Bürgers auf Demokratie begründet. Nach Ansicht der Beschwerdeführer reicht der Schutzgehalt des Art. 38 Abs. 1 GG über die Gewährleistung des aktiven Wahlrechts hinaus und gewähre zugleich ein subjektives Recht des Bürgers auf eine grundlegende Legitimation hoheitlichen Handelns. Der Schutzbereich entfalte sich dabei in zweifacher Hinsicht: Zum einen garantiere Art. 38 Abs. 1 GG die demokratische Verankerung aller hoheitlichen Handlungen der EU, die mittelbar durch eine Legitimationskette auf die Wahlentscheidung des Bürgers zurückführbar sein müssen. Diese Legitimationskette ist unterbrochen, wenn Maßnahmen der EU nicht mehr von der parlamentarisch bestätigten Kompetenzordnung des AEUV gedeckt sind. Zum anderen stelle sich auf nationaler Ebene die Frage, ob Art. 38 Abs. 1 GG dem Handeln des Parlaments ungeschriebene Verfassungshürden entgegenstellt. So schütze dieser vor der Aushöhlung wesentlicher parlamentarischer Rechte – auch der eigenverantwortlichen Selbstbeschneidung des Parlaments. Schließlich hat das Parlament bei der nationalen Umsetzung durch die Beschlussfassung über das StabMechG an der Entscheidung über die Freigabe der Mittel für die Gewährleistungszusage mitgewirkt. Insoweit sei fraglich, ob und inwieweit sich das Parlament selbst durch eine derart weitreichende verbindliche Gewährleistungszusage für die Zukunft faktisch entmachten kann. Die Haftungszusage Deutschlands bis zu einer Höhe von 147,6 Milliarden Euro sei gegenüber dem durchschnittlichen jährlichen Bundeshaushalt von ca. 300 Milli- Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 – 3000 - 282/11 Seite 7 arden Euro beträchtlich.16 Insoweit sei zudem die Bedeutung des Budgetrechts zu beachten, das gerade eines der wichtigsten Befugnisse des Parlaments darstelle. Gegen diese Auslegung des Art. 38 Abs. 1 GG werden folgende Argumente vorgebracht. Zunächst würde dies in Bezug auf die Überprüfung europäischer Hoheitsakte einen Widerspruch zum Charakter und der Funktion der Verfassungsbeschwerde begründen. Würde bei jeder geringfügigen Kompetenzüberschreitung der Organe der EU eine Verfassungsbeschwerde zulässig, wandelte sich die Verfassungsbeschwerde von einem Instrument des Individualrechtsschutzes hin zu einer allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle europäischer Rechtsakte. Dies würde nicht zuletzt einen Kompetenzkonflikt zwischen dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) und dem BVerfG auslösen. Ferner könnte eingewandt werden, dass das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen deutlich gemacht hat, dass Verfassungsbeschwerden nur dann aufgrund von Art. 38 Abs. 1 GG eröffnet sind, wenn Maßnahmen die Übertragung von Hoheitsrechten auf die EU nach Art. 23 GG beinhalten.17 Die beanstandeten Maßnahmen zum Euro-Rettungsschirm stellten aber in erster Linie nationale Gewährleistungen von Sicherheiten zur Umsetzung eines gemeinschaftlich gefassten Beschlusses in einem genau vorgegebenen Rahmen dar. Außerdem treffe Art. 115 Abs. 1 GG, der die Gewährleistung von Garantien durch die Bundesrepublik regelt, keine höhenmäßige Beschränkungen für derartige finanzielle Zusagen. 2.2.2. Art. 14 GG Darüberhinaus könnte das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 GG verletzt sein. Die Beschwerdeführer machen geltend, dass durch das gerügte Vorgehen der Euro destabilisiert werde, die Staatsverschuldung zunehme und deren Abbau nur noch durch eine Inflation möglich sei. Diese beeinträchtige die Kaufkraft des Geldes, die abstrakt durch Art. 14 GG geschützt sei. Unabhängig von der Frage, ob sich die Gefahr des Eintretens einer Inflation auch tatsächlich realisieren muss oder bereits die Möglichkeit der Entwertung der Preisstabilität des Euro Grundrechtsrelevanz hat, stehen diesen Ausführungen Bedenken grundsätzlicher Art entgegen. Die Literatur lehnt mehrheitlich einen subjektiven Anspruch auf Gewährleistung der Geldwertstabilität ab.18 Auch das BVerfG hat in früheren Entscheidungen die Individualrechtsbeschwerde eines Bürgers bezüglich der Gefährdung der Geldwertstabilität als unzulässig erachtet.19 16 Basierend auf dem Finanzplan des Bundes 2010 bis 2014, BT-Drs. 17/2501, S. 11. 17 BVerfGE 89, 155 (175). 18 Bryde, Brun-Otto, in: v. Münch, Ingo/Kunig, Philip (Hrsg.), Grundgesetz, 5. Aufl. 2001, Art. 14 Rn. 24, Wieland, Joachim, in: Dreier, Horst (Hrsg.), Grundgesetz, 2. Auflage 2006, Art. 14 Rn. 57; dagegen jedenfalls nicht per se ausschließend Papier, Hans-Jürgen, in: Maunz, Theodor/Dürig, Günter (Hrsg.), Grundgesetz, Loseblattausgabe, 59. Ergänzungslieferung Juli 2010, Art. 14 Rn. 184. 19 BVerfGE 97, 350 (370ff.); BVerfG, HFR 1969, 347. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 – 3000 - 282/11 Seite 8 3. Begründetheit der Beschwerde Die Verfassungsbeschwerde wäre begründet, wenn die Beschwerdeführer in einem ihrer Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte verletzt wären. Die in der Beschwerdebefugnis geführte Diskussion setzt sich insoweit fort. Zunächst wäre zu klären, ob der Schutzbereich der genannten Grundrechte aus Art. 38 und 14 GG so weit gefasst ist, wie von den Beschwerdeführern vorgetragen. Wenn dies der Fall sein sollte , wäre zu prüfen, ob hierin durch einen Akt der Europäischen Union oder durch das StabMechG eingegriffen wurde. 3.1. Europäische Rechtsakte Soweit die Akte der Europäischen Union gerügt wurden, müsste geklärt werden, ob das BVerfG deren Rechtmäßigkeit überprüft; dies wäre nur der Fall, wenn es sich um einen Ultra-vires-Akt handelt, also offensichtlich keine Ermächtigung für das Handeln der EU – bspw. aus Art. 122 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 lit. c AEUV – besteht. 20 Soweit ein solcher qualifizierter Kompetenzverstoß verneint wird, wäre die Verfassungsbeschwerde jedenfalls hinsichtlich der gerügten Akte der Europäischen Union unbegründet. 3.2. Die deutschen Umsetzungsgesetze Darüberhinaus müsste die Verfassungsmäßigkeit des StabMechG als Akt der deutschen öffentlichen Gewalt geprüft werden. Hier müsste im Bereich des Art. 38 GG dargelegt werden, dass die Haushaltsautonomie des Bundestages von dem Schutzbereich dieses grundrechtgleichen Rechts erfasst ist. Soweit dies der Fall ist, wäre zu prüfen, ob durch die Einrichtung der EFSF die mögliche quantitative Grenzen für Gewährleistungsermächtigungen überschritten wurden und das Risiko verfassungswidriger künftiger Haushaltsbelastungen (insbesondere Art. 109, 110, 115 und 143d GG) besteht. Auch wären die Auswirkungen unumkehrbarer Verpflichtungsautomatismen auf die Haushaltsautonomie des Bundestages problematisch. Für die Abwägung der Verhältnismäßigkeit im Rahmen des Art. 14 GG wäre interessant, welche finanzwirtschaftlichen Auswirkungen die Unterlassung der getroffenen Maßnahmen hinsichtlich der Entwicklung der allgemeinen Geldwertstabilität zur Folge gehabt hätte. 20 Vgl. hinsichtlich der Griechenlandhilfe: , Bilaterale Finanzhilfen für Griechenland – Vereinbarkeit mit Artikel 125 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 11 – 3000 – 103/10 vom 3. Mai 2010. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 – 3000 - 282/11 Seite 9 4. Vergleichbare Verfassungsbeschwerden in anderen Euro-Ländern Nach jetzigem Kenntnisstand fanden in keinem anderen Mitgliedstaat der Euro-Zone eine mit der Verfassungsbeschwerde vergleichbare gerichtliche Überprüfung der Maßnahmen statt.