© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 271/18 Einzelfragen zur deutschen Staatsangehörigkeit Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 271/18 Seite 2 Einzelfragen zur deutschen Staatsangehörigkeit Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 271/18 Abschluss der Arbeit: 31. Juli 2018 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 271/18 Seite 3 1. Fragestellung Der Sachstand behandelt Fragen zum Nachweis der deutschen Staatsangehörigkeit, zum Feststellungsverfahren über die deutsche Staatsangehörigkeit und zur Prüfung der deutschen Staatsangehörigkeit als Voraussetzung der Wahlberechtigung bei Bundestagswahlen. 2. Nachweis der deutschen Staatsangehörigkeit Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ist überwiegend in § 3 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)1 geregelt.2 Der Nachweis oder die Glaubhaftmachung der deutschen Staatsangehörigkeit kann durch Urkunden (etwa durch eine Einbürgerungsurkunde oder einen Staatsangehörigkeitsausweis )3 oder durch Personaldokumente, in denen die deutsche Staatsangehörigkeit eingetragen ist oder die nur deutschen Staatsangehörigen erteilt werden (Personalausweis oder deutscher Pass), erfolgen.4 Zum Teil wird auch die Vorlage einer Meldebescheinigung, die die Staatsangehörigkeit ausweist, als Nachweis angesehen. So besagt etwa § 8 Abs. 1 der Personenstandsverordnung (PStV)5: „Zur Prüfung der deutschen Staatsangehörigkeit ist Folgendes vorzulegen: 1. der Personalausweis oder der Reisepass oder 2. eine erweiterte Bescheinigung der Meldebehörde, aus der sich die Staatsangehörigkeit ergibt. Bestehen danach Zweifel an der deutschen Staatsangehörigkeit, ist eine Staatsangehörigkeitsurkunde vorzulegen.“ 1 Staatsangehörigkeitsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 102-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 11. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2218). 2 Die aufgezählten Erwerbstatbestände sind nicht abschließend. Zu weiteren Erwerbsgründen siehe etwa Kau, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker/Kau, Staatsangehörigkeitsrecht, 6. Aufl. 2017, § 3 StAG Rn. 12 ff. 3 Zu den weiteren Staatsangehörigkeitsurkunden siehe die Allgemeine Verwaltungsvorschrift über Urkunden in Staatsangehörigkeitssachen (StAUrkVwV) vom 18. Juni 1975 (GMBl. 1975, 462), zuletzt geändert am 24. September 1991 (GMBl. 1991, 741). 4 Vgl. Marx, in: Fritz/Vormeier (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht, Stand: Mai 2006, § 1 StAG Rn. 17.1; Kau, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker/Kau, Staatsangehörigkeitsrecht, 6. Aufl. 2017, § 1 StAG Rn. 7; Strelen, in: Hahlen/Strelen/Schreiber (Hrsg.), Bundeswahlgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2017, § 12 BWahlG Rn. 6. 5 Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes (Personenstandsverordnung) vom 22. November 2008 (BGBl. I S. 2263), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2522). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 271/18 Seite 4 3. Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit und Staatsangehörigkeitsausweis Nach § 30 Abs. 1 StAG wird das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit auf Antrag von der Staatsangehörigkeitsbehörde verbindlich festgestellt. Bei öffentlichem Interesse kann das Verfahren auch von Amts wegen durchgeführt werden, § 30 Abs. 1 S. 3 StAG. Für Antragsteller, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, ist das Bundesverwaltungsamt die zuständige Staatsangehörigkeitsbehörde, § 5 Gesetz über die Errichtung des Bundesverwaltungsamtes (BVwAG)6. Bei Antragstellern, die in Deutschland leben, ist die Staatsangehörigkeitsbehörde , in deren Bezirk der Antragsteller seinen dauernden Aufenthalt hat, örtlich zuständig .7 Die sachliche Behördenzuständigkeit richtet sich bei diesen Antragstellern nach landesgesetzlichen Regelungen.8 Für die Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit ist es nach § 30 Abs. 2 StAG „erforderlich , aber auch ausreichend, wenn durch Urkunden, Auszüge aus den Melderegistern oder andere schriftliche Beweismittel mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist, dass die deutsche Staatsangehörigkeit erworben worden und danach nicht wieder verloren gegangen ist“. Mögliche Beweismittel sind etwa Personenstandsurkunden, Wehrpässe oder beamtenrechtliche Ernennungsurkunden, wenn sich aus diesen die deutsche Staatsangehörigkeit ablesen lässt.9 Bei Feststellung des Bestehens der deutschen Staatsangehörigkeit wird nach § 30 Abs. 3 StAG ein Staatsangehörigkeitsausweis ausgestellt. Die Durchführung des Verfahrens kommt etwa dann in Frage, wenn die deutsche Staatsangehörigkeit des Antragstellers „in Frage gestellt wird oder in einem Rechtsstreit strittig ist oder wenn das Bestehen der deutschen Staatsangehörigkeit im Zusammenhang mit dem Erwerb oder Besitz einer ausländischen Staatsangehörigkeit festgestellt werden soll“.10 Die Bundesregierung äußerte sich 2005 in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage zu möglichen Anlässen des Verfahrens wie folgt: 6 Gesetz über die Errichtung des Bundesverwaltungsamtes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 200-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864). 7 Marx, in: Fritz/Vormeier (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht, Stand: 22. Juli 2010, § 30 StAG Rn. 10. 8 Siehe dazu die Übersicht bei Marx, in: Fritz/Vormeier (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht , Stand: 22. Juli 2010, § 30 StAG Rn. 13. 9 Vorläufige Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 13. November 2014 (BGBl. I S. 1714) – VAH-StAG – Stand: 1. Juni 2015, 30.2; siehe auch die ausführlichen Hinweise im Merkblatt des Bundesverwaltungsamtes zur Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit für Personen, die im Ausland leben, abrufbar unter https://www.bva.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BVA/Staatsangeh%C3%B6rigkeit /Feststellung/Merkblatt_Feststellung.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (Stand: 27. Juli 2018). 10 Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker/Kau, Staatsangehörigkeitsrecht, 6. Auflage 2017, § 30 StAG Rn. 3a. Siehe etwa BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1985 – 1 C 52/82, BVerwGE 71, 309 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 271/18 Seite 5 „Aus Anlass der Beantragung oder der Verlängerung des Personalausweises oder Reisepasses, einer Eheschließung oder Beurkundung der Geburt eines Kindes können […] deutsche Behörden Kenntnis vom Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit erhalten. Da das Bestehen der Deutscheneigenschaft Passerteilungsvoraussetzung ist, ist bei nicht ausräumbaren Zweifeln von den Betroffenen oder von Amts wegen ein Verfahren zur Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit durch die Staatsangehörigkeitsbehörden zu veranlassen.“11 4. Staatsangehörigkeit und Bundestagswahlen Wahlberechtigt für die Wahlen zum Deutschen Bundestag sind gemäß § 12 Abs. 1 Bundeswahlgesetz (BWahlG)12 nur Deutsche i.S.d. Art. 116 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Wählen darf nach § 14 Abs. 1 BWahlG zudem nur, wer in ein Wählerverzeichnis eingetragen ist oder einen Wahlschein hat. 4.1. Wählerverzeichnis und Wahlschein Die Wählerverzeichnisse werden nach § 17 Abs. 1 S. 1 BWahlG von den Gemeindebehörden für jeden Wahlbezirk geführt. Sie beinhalten gem. § 14 Abs. 1 Bundeswahlordnung (BWO)13 den Familiennamen und Vornamen, das Geburtsdatum sowie die Wohnanschrift der Wahlberechtigten und werden vor jeder Bundestagswahl neu erstellt. Ein Wahlberechtigter, der im Wählerverzeichnis eingetragen ist oder aus einem von ihm nicht zu vertretenden Grund nicht eingetragen ist, erhält auf Antrag einen Wahlschein, § 17 Abs. 2 BWahlG. Zuständig für die Erteilung der Wahlscheine ist nach § 26 BWO die Gemeindebehörde, in deren Wahlverzeichnis der Antragsteller eingetragen ist oder hätte eingetragen sein müssen. Wer einen Wahlschein hat, kann nach § 14 Abs. 3 BWahlG durch Stimmabgabe in einem Wahllokal in dem Wahlkreis, in dem der Wahlschein ausgestellt wurde, oder durch Briefwahl teilnehmen. Die Ausstellung eines Wahlscheins wird im Wählerverzeichnis vermerkt. 4.2. Prüfung der Staatsangehörigkeit Grundlage für die Erstellung der Wählerverzeichnisse sind nach § 16 BWO die Melderegister. Die Gemeindebehörden übertragen die Daten aller Bürger, die die Wahlrechtsvoraussetzungen nach § 12 BWahlG erfüllen. Die Melderegister enthalten nach § 2 Abs. 2 S. 2 Bundesmeldegesetz (BMG)14 Daten, die bei der betroffenen Person erhoben, von öffentlichen Stellen übermittelt oder sonst amtlich bekannt sind. Zur Erfüllung der allgemeinen Meldepflicht muss die meldepflichtige Person unter anderem nach § 23 Abs. 1 S. 1 BMG der Meldebehörde einen Personalausweis, 11 BT-Drs. 15/5006, S. 2 f. 12 Bundeswahlgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Juli 1993 (BGBl. I S. 1288, 1594), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 10. Juli 2018 (BGBl. I S. 1116). 13 Bundeswahlordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 2002 (BGBl. I S. 1376), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 8. Juni 2017 (BGBl. I S. 1570). 14 Bundesmeldegesetz vom 3. Mai 2013 (BGBl. I S. 1084), zuletzt geändert durch Artikel 11 Absatz 4 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2745). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 271/18 Seite 6 vorläufigen Personalausweis, Ersatz-Personalausweis, Pass oder ein Passersatzpapier vorlegen. Die damit nachgewiesene Staatsangehörigkeit wird gem. §§ 2, 3 Abs. 1 Nr. 10 BMG i.V.m. dem jeweiligen Landesmeldegesetz im Melderegister eingetragen. Der Eintrag gilt gegenüber den Wahlbehörden als Nachweis der deutschen Staatsangehörigkeit. Im Regelfall erfolgt daher keine gesonderte Prüfung der Staatsangehörigkeit durch die Wahlbehörden .15 Bestehen Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des Melderegisters, ist die Wahlbehörde aber zur Aufklärung verpflichtet.16 Die Staatsangehörigkeit ist in diesen Fällen glaubhaft zu machen . Deutsche, die im Ausland wohnen, können unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 BWahlG an der Wahl teilnehmen. Voraussetzung dafür ist die Eintragung ins Wählerverzeichnis nach § 16 Abs. 2 Nr. 2 BWO. Zu diesem Zweck muss der Wahlberechtigte nach § 18 Abs. 5 BWO gegenüber der Gemeindebehörde durch Versicherung an Eides statt erklären, dass die Wahlberechtigung – somit auch die deutsche Staatsbürgerschaft – besteht. Vor der Stimmabgabe im Wahllokal hat der Wahlvorstand gem. § 56 Abs. 4 S. 1 BWO die Wahlberechtigung des Wählers festzustellen. Dies erfolgt in der Praxis durch Vorlage der Wahlbenachrichtigung und Prüfung des Wählerverzeichnisses.17 Auf Verlangen hat der Wähler sich auszuweisen , § 56 Abs. 3 BWO. Der Wahlvorstand muss nach § 56 Abs. 6 Nr. 1a BWO einen Wähler zurückweisen, der sich auf Verlangen nicht ausweisen kann oder die zur Feststellung der Identität erforderlichen Mitwirkungshandlungen verweigert. Nutzt der Wähler einen Wahlschein zur Stimmabgabe, so ist er nach § 59 S. 1 BWO in jedem Fall verpflichtet, sich auszuweisen. Bestehen Zweifel über die Gültigkeit des Wahlscheins oder den rechtmäßigen Besitz, so hat der Wahlvorstand diese nach Möglichkeit zu klären und anschließend über Zulassung oder Zurückweisung zu entscheiden, § 59 S. 2 BWO. *** 15 Strelen, in: Hahlen/Strelen/Schreiber (Hrsg.), Bundeswahlgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2017, § 12 BWahlG Rn. 6. Strelen weist darauf hin, dass bei über 60 Mio. Wahlberechtigten eine Prüfung nur im Einzelfall aus gegebenem Anlass möglich sei, da ansonsten die Durchführung der Wahlen faktisch unmöglich würde, Rn. 5 f. 16 Strelen, in: Hahlen/Strelen/Schreiber (Hrsg.), Bundeswahlgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2017, § 12 BWahlG Rn. 15. 17 Hahlen, in: Hahlen/Strelen/Schreiber (Hrsg.), Bundeswahlgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2017, § 34 BWahlG Rn. 6.