© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 269/16 Fragen zu längerfristiger Planung der Bundesregierung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 269/16 Seite 2 Fragen zu längerfristiger Planung der Bundesregierung Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 269/16 Abschluss der Arbeit: 20. Dezember 2016 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 269/16 Seite 3 1. Einleitung Gefragt wird, ob die Bundesregierung längerfristige Planungen vornimmt und wenn ja, welche Stellen diese durchführen, in welchen Bereichen die Planung erfolgt und nach welcher Methodik dies geschieht. Staatliche Planung gibt es in vielfältigen Erscheinungsformen. Ein allgemein anerkanntes und allen rechtlichen und praktischen Bedürfnissen gerecht werdendes Typensystem gibt es bislang nicht. Dementsprechend kann auch die vorliegende Frage an dieser Stelle nicht erschöpfend beantwortet werden. Anhand von bisher eingebürgerten Begriffen soll jedoch ein Überblick über die verschiedenen Planungsarten und -formen in Deutschland gegeben werden, mit Hauptaugenmerk auf längerfristiger Planung. 2. Überblick über die Planungsarten und -formen unter besonderer Berücksichtigung längerfristiger Planung Ausgehend von der Ebene der Planung ist zunächst zwischen staatsleitender (politischer) und fachbezogener (verwaltungsrechtlicher) Planung zu differenzieren. Aufgrund der Einschränkung der Fragestellung auf längerfristige Planung soll der Fokus hier auf der staatsleitenden Planung liegen. Die fachbezogene Planung umfasst zwar in Form der Gesamtplanung auch eine überfachliche Planung, die sich beispielsweise auf einen bestimmten Raum bezieht, wird jedoch in aller erster Linie durch projektbezogene Planungen geprägt. Zur staatsleitenden Planung gehören insbesondere die Aufgabenplanung (auch als Zielplanung bezeichnet) und die Ressourcenplanung. Die Aufgabenplanung umfasst dabei neben der Zielsuche , als Prognose über mittel- und längerfristig entstehende Bedürfnisse und daraus resultierende Aufgaben, die Zielabwägung als Prognose über Zielkonflikte sowie die Zielverknüpfung. Mittels der Ressourcenplanung wird vor allem die Finanzierung der vorgesehenen Maßnahmen aber zum Beispiel auch die Ausstattung neu zu schaffender Institutionen sichergestellt. Für die ressortübergreifende staatsleitende Planung sind der Bundeskanzler und das Bundeskanzleramt zuständig, im Übrigen führen die einzelnen Ministerien die Planung durch. Exemplarisch für die Aufgabenplanung sei das Bundesministerium der Verteidigung erwähnt, das über eine eigens für die Planung eingerichtete Abteilung mit drei Unterabteilungen (Zukunftsentwicklung Bundeswehr, Fähigkeitsmanagement Bundeswehr und Planungsumsetzung) verfügt. Dort werden die konzeptionellen Grundlagen für die Bundeswehr und wesentliche Impulse für deren Weiterentwicklung erarbeitet. Das Grundgesetz als Verfassung nennt zudem den Begriff der Planung explizit im Zusammenhang mit Verteidigung: Art. 53a Abs. 2 Grundgesetz (GG) normiert, dass die Bundesregierung – auch in Friedenszeiten – eine Informationspflicht gegenüber dem Gemeinsamen Ausschuss über die Verteidigungsplanung trifft. Gegenstand dieser Planung ist das gesamte Gebiet der militärischen und zivilen Verteidigung. Ein weiteres Beispiel für längerfristige Aufgabenplanung ist der Bereich der Umweltpolitik. Zu nennen sind dabei insbesondere die vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit erarbeiteten Umweltprogramme. Hierzu zählen beispielsweise das „Integrierte Umweltprogramm 2030“, das „Bundesprogramm Blaues Band“, die „Naturschutzoffensive 2020“ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 269/16 Seite 4 und das „Abfallvermeidungsprogramm“, die als politische Programmplanung rechtlich unverbindlich sind, jedoch als Vorbereitung für Gesetze dienen können. Auch Elemente der Ressourcenplanung sind verfassungsrechtlich im Grundgesetz verankert, beispielsweise die Finanzplanung. So gibt Art. 109 Abs. 4 GG dem Bundesgesetzgeber die Möglichkeit mit Zustimmung des Bundesrates für Bund und Länder gemeinsam geltende Grundsätze für eine mehrjährige Finanzplanung aufzustellen. Von diesem Kompetenztitel hat der Gesetzgeber durch Erlass bestimmter Regelungen im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz (StabG) und im Haushaltsgrundsätzegesetz Gebrauch gemacht. Nach § 9 StabG ist der Haushaltswirtschaft des Bundes eine fünfjährige Finanzplanung zugrunde zu legen. In dieser sind Umfang und Zusammensetzung der voraussichtlichen Ausgaben und die Deckungsmöglichkeiten in ihren Wechselbeziehungen zu der mutmaßlichen Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Leistungsvermögens darzustellen . Der fünfjährige Finanzplan wird vom Bundesministerium der Finanzen aufgestellt, von der Bundesregierung beschlossen und dann dem Bundestag und dem Bundesrat vorgelegt. Zweck dieser Finanzplanung ist die Schaffung finanzwirtschaftlicher Rationalität und Kontinuität . Es soll der Erkenntnis Rechnung getragen werden, dass die auf einen Einjahreszeitraum ausgerichtete Haushaltsplanung zu kurzfristig und punktuell ist. Konkretisiert und verbindlich wird die Planung erst durch den parlamentarisch beschlossenen Haushalt; das Parlament ist dabei nicht an den Plan gebunden, muss wesentliche Abweichungen jedoch inhaltlich begründen. Ebenfalls zur Ressourcenplanung gehört beispielsweise der Bundesverkehrswegeplan. Er stellt ein zentrales Planungsinstrument der Bundesregierung dar, um den Investitionsrahmen für die überregionale Verkehrsinfrastruktur (Erhaltung, Ersatz, Neu- und Ausbau) für einen längeren Zeitraum abzustecken. Erst kürzlich hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur den Bundesverkehrswegeplan 2030 erarbeitet, der im Sommer 2016 vom Bundeskabinett beschlossen wurde. Dieser Plan ist weder ein Finanzierungsplan, noch hat er Gesetzescharakter. Er bildet jedoch die Grundlage für Entwürfe der Bedarfspläne für einzelne Verkehrsträger, die ebenfalls im Kabinett beschlossen werden. ***