© 2020 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 268/20 Zwangshaft für Amtsträger Regelungen in den EU-Mitgliedstaaten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Regelungen in Deutschland Das deutsche Verwaltungsprozessrecht sieht ausdrücklich keine Zwangshaft für Amtsträger als Zwangsmittel bei der Nichtbeachtung von Entscheidungen der Verwaltungsgerichte durch Behörden vor. Gemäß § 172 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann gegen eine Behörde ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro anordnet werden. Dies kann wiederholt stattfinden. Im deutschen Recht ist es bislang umstritten, ob sich die verwaltungsprozessuale Zwangshaft für Amtsträger dennoch durch Übertragung der Regeln der zivilprozessualen Zwangsvollstreckung (§ 167 VwGO i.V.m. § 888 ZPO) herleiten lässt. Die Gerichte haben dies bisher zum Teil offen gelassen , zum Teil verneint. Es ist noch in keinem Fall durch ein Verwaltungsgericht Zwangshaft für Amtsträger angeordnet worden. Auch im Fall der Umsetzung von Unionsrecht ist es noch unklar, ob das deutsche Recht eine Rechtsgrundlage für Freiheitsentziehungen für Amtsträger bereitstellt, die dem Maßstab des Europäischen Gerichtshofes1 entspricht. Die Nichtumsetzung von Gerichtsentscheidungen durch Amtsträger ist im deutschen Recht grundsätzlich nicht strafbar. Eine Ausnahme besteht nur für strafgerichtliche Entscheidungen, deren absichtliche oder wissentliche Nichtumsetzung durch hierzu berufene Amtsträger eine strafbare Vollstreckungsvereitelung im Amt darstellen kann (§§ 258 Abs. 2, 258a Abs. 1 Alternative 2 Strafgesetzbuch (StGB)). Für eine Strafbarkeit der Nichtumsetzung von sonstigen Gerichtsentscheidungen , auch denen der Verwaltungsgerichte, muss weiteres Unrecht verwirklicht werden . Dies kann etwa der Fall sein, wenn Amtsträger hierfür einen unrechtmäßigen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung fordern, sich versprechen lassen oder annehmen (§§ 332, 336 StGB). 3. Regelung in den EU-Mitgliedstaaten Die nachfolgenden Informationen zu einer möglichen Anordnung einer Zwangshaft für Amtsträger sowie zu der Strafbarkeit der Nichtumsetzung von Gerichtsentscheidungen durch Amtsträger in den EU-Mitgliedstaaten beruhen auf Antworten aus den nationalen Parlamenten. Bislang besteht in keinem EU-Mitgliedstaat die Möglichkeit der Anordnung einer Zwangshaft für Amtsträger zur Zwangsvollstreckung von Entscheidungen der Verwaltungsgerichte. 1 Vgl. das Urteil vom EuGH vom 19. Dezember 2019, Deutsche Umwelthilfe e.V., Rechtssache C-752/18, ECLI:EU:C:2019:1114, Rn. 46 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 268/20 Seite 4 3.1. Belgien Das belgische Recht sieht keine Zwangshaft für Amtsträger als Zwangsmittel bei Nichtachtung von Entscheidungen der Gerichte durch Behörden vor. Die Haftung der Beamten ist gemäß § 2 und 3 des „Gesetzes über die Haftung von und für Personalmitglieder (n) im Dienste von öffentlich-rechtlichen Personen“ eingeschränkt. Der Beamte kann, außer bei Täuschung oder Fahrlässigkeit, nicht persönlich haftbar gemacht werden. Die öffentliche Verwaltung ist für ein Fehlverhalten ihrer Beamten verantwortlich. 3.2. Estland Das estnische Recht sieht keine Zwangshaft für Beamte als Zwangsmittel vor, wenn Entscheidungen der Verwaltungsgerichte von Behörden missachtet werden. Auch ist eine Nichtumsetzung von Gerichtsentscheidungen durch Beamte nach estnischem Recht keine Straftat. 3.3. Finnland In Finnland gibt es keine Zwangshaft für öffentliche Bedienstete. Die finnische Verfassung sieht für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes eine Pflicht zur rechtmäßigen Ausübung ihrer Tätigkeiten vor. Basierend auf dieser Rechtsnorm sollen die Beamten das Gesetz und die Gerichtsentscheidungen ohne Zwangsmaßnahmen einhalten. Beamte, die Gerichtsentscheidungen nicht befolgen, machen sich grundsätzlich nicht strafbar. Es gibt jedoch Vorschriften über die straf- und zivilrechtliche Haftung von Amtsträgern, wenn sie ihre Amtspflichten verletzen. Verletzt ein Amtsträger bei der Ausübung seines Amtes vorsätzlich seine Amtspflicht, die sich aus den bei der Ausübung des Amtes zu befolgenden Bestimmungen oder Vorschriften ergibt, und ist die Tat bei ihrer Gesamtwürdigung schwerwiegend, so wird er wegen Verletzung seiner Amtspflicht zu einer Geldstrafe oder zu einer Freiheitsstrafe von höchstens einem Jahr verurteilt, § 9 Strafgesetzbuch. Demnach könnte es als Amtspflichtverletzung angesehen werden, wenn der Beamte Gerichtsentscheidungen nicht nachkommt. 3.4. Irland Das oberste Zivil- und Strafgericht (High Court) kann einen Entscheidungsträger, der verpflichtet ist, eine Entscheidung zu treffen oder eine Handlung vorzunehmen, es aber versäumt oder sich geweigert hat, dies zu tun, anweisen, diese Entscheidung zu treffen oder diese Handlung vorzunehmen . Wird ein Beamter in seiner öffentlichen Funktion haftbar gemacht, so haftet der Staat stellvertretend . Handelt ein Beamter in persönlicher, nicht in offizieller Eigenschaft, und kommt er einer Entscheidung oder Anordnung eines Gerichts nicht nach, so kann der Beamte der Missachtung des Gerichts schuldig gesprochen werden. Dies gilt auch für Minister. 3.5. Kroatien In Kroatien gibt es keine Bestimmungen über die Verhängung einer Zwangshaft für Beamte zur Zwangsvollstreckung von Entscheidungen der Verwaltungsgerichte gegen öffentlich-rechtliche Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 268/20 Seite 5 Körperschaften. Gemäß § 81 des Gesetzes über Verwaltungsstreitigkeiten ist der Beklagte oder das für die Vollstreckung zuständige Organ verpflichtet, den Tenor des Urteils zu erfüllen, und zwar spätestens innerhalb der Frist von 60 Tagen nach der Zustellung des Urteils. Der Antragsgegner bzw. das Vollstreckungsorgan ist auch an den Rechtsstandpunkt und die Ausführungen des Gerichts gebunden. Sollte der Beklagte oder das Vollstreckungsorgan die Vollstreckung des Urteils nicht innerhalb der festgesetzten Frist sicherstellen oder bei der Vollstreckung des Urteils im Widerspruch zum Tenor des Urteils oder zum Rechtsstandpunkt des Gerichts handeln, kann der Kläger einen Vollstreckungsantrag stellen. Das Gericht kann gegen den Leiter des zuständigen öffentlich-rechtlichen Organs, das aus ungerechtfertigten Gründen nicht entsprechend handelt, eine Geldstrafe in Höhe von bis zu einem durchschnittlichen Nettomonatsgehalt der Republik Kroatien verhängen. § 311 des Strafgesetzbuches sieht den Straftatbestand der Nichtausführung einer Gerichtsentscheidung vor. Diese wird mit Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft. Weitere mögliche Straftaten von Beamten oder verantwortlichen Personen sind der Missbrauch von Position und Autorität, unrechtmäßige Bevorzugung und Bestechung. 3.6. Lettland Nach dem Gesetz „Über die Verhinderung von Interessenkonflikten bei der Tätigkeit von Amtsträgern “ sind Amtsträger verwaltungsrechtlich haftbar. Das Gesetz regelt jedoch keine Zwangshaft für Amtsträger. 3.7. Litauen Das litauische Recht sieht keine Zwangshaft für Amtsträger als Zwangsmittel bei Nichtachtung von Entscheidungen der Gerichte durch Behörden vor. Gemäß § 245 Strafgesetzbuch begeht eine Person, die eine Entscheidung eines Gerichts nicht befolgt , eine Ordnungswidrigkeit. Die Ordnungswidrigkeit kann mit gemeinnütziger Arbeit, mit einer Geldstrafe, mit einer Freiheitsbeschränkung oder mit Arrest bestraft werden. Darüber hinaus ist gemäß § 228 Strafgesetzbuch (Amtsmissbrauch) ein Beamter oder eine ihm gleichgestellte Person, der seine dienstliche Stellung missbraucht oder seine Befugnisse überschreitet und dadurch dem Staat, der Europäischen Union, einer internationalen öffentlichen Organisation , einer juristischen oder natürlichen Person einen erheblichen Schaden zufügt, mit einer Geldstrafe oder mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren zu bestrafen. Wenn ein Beamter oder eine ihm gleichgestellte Person seine Pflichten fahrlässig nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllt und dadurch dem Staat, der Europäischen Union, einer internationalen öffentlichen Organisation oder einer juristischen oder natürlichen Person ein erheblicher Schaden entsteht, ist er mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren zu bestrafen, § 229 Strafgesetzbuch (Verletzung von Dienstpflichten). 3.8. Österreich Die Vollstreckung behördlich oder verwaltungsgerichtlich auferlegter Verpflichtungen ist grundsätzlich im Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VVG) geregelt. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 268/20 Seite 6 Das Gesetz spricht schlechthin vom „Verpflichteten“, gegen den vollstreckt werden kann. Nur bei den „Zwangsstrafen“ (das ist die Geldstrafe oder die Haft zur Erzwingung einer Duldung oder Unterlassung oder einer Handlung, die sich nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt) besagt § 5 Abs. 4 VVG: „Die Vollstreckung durch Geldstrafen als Zwangsmittel ist auch gegen juristische Personen mit Ausnahme der Körperschaften des öffentlichen Rechts und eingetragene Personengesellschaften zulässig.“ Zu den Körperschaften öffentlichen Rechts zählen u.a. die Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden. Die Gesetzesmaterialien begründen die Ausschließung der Zwangsstrafe gegenüber Körperschaften öffentlichen Rechts mit „praktischen Erwägungen “. Nach anderen Vorschriften ist zum Teil aber die Verhängung von Geldstrafen auch gegen Körperschaften öffentlichen Rechts zulässig (siehe z.B. § 96 Bankwesengesetz). Der Gesetzestext des VVG eröffnet Interpretationsspielräume, die in der Fachliteratur vereinzelt auch aufgegriffen wurden.2 Eine ausdrückliche Regelung, die die Verhängung von Beugehaft gegenüber Amtsträgern ermöglicht, findet sich im VVG allerdings nicht. Eine Reform des VVG steht derzeit nicht zur Diskussion. Die Nichtumsetzung von Verwaltungsgerichtsentscheidungen kann – sofern die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind – einen Amtsmissbrauch nach § 302 Strafgesetzbuch darstellen . Weiter kennt auch das österreichische Strafrecht die Vorteilsannahme, § 305 Strafgesetzbuch . 3.9. Polen Das polnische Verwaltungsverfahrensrecht sieht keine Zwangshaft für Amtsträger vor, wenn Entscheidungen der Verwaltungsgerichte von Behörden missachtet werden. Es ist jedoch möglich, dass Gerichtsentscheidungen durch die Verhängung von Bußgeldern gegen öffentliche Behörden/Organe durchgesetzt werden, § 154 Gesetz über das Verwaltungsgerichtsverfahren . Danach kann eine Person zusätzlich zu den Bußgeldern Schadensersatz fordern. Der Zweck des Schadensersatzes ist, die betroffene Partei für den Schaden zu entschädigen, den sie durch die Nichtbefolgung eines Urteils durch die öffentliche Behörde erlitten hat. Das polnische Strafgesetzbuch sieht keine strafrechtliche Verantwortung von Beamten oder Staatsbediensteten im Falle einer Nichtbefolgung von Gerichtsentscheidungen und Urteilen vor. 3.10. Portugal Nach § 158 der Verfahrensordnung der Verwaltungsgerichte sind Entscheidungen der Verwaltungsgerichte für alle öffentlichen und privaten Stellen verbindlich. Die Nichteinhaltung dieser Pflicht begründet eine zivilrechtliche Haftung sowohl der Verwaltung als auch der Personen, die für sie tätig sind. Eine Zwangshaft ist allerdings nicht möglich. 2 Giera, Individualrechte im europäischen Umweltrecht, 2015, 237; grundsätzlich Müller, Ansprüche auf Erlass genereller Verwaltungsakte und ihre Durchsetzung, ZÖR 2020, 295. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 268/20 Seite 7 Die Nichteinhaltung bzw. Missachtung kann gemäß § 159 Abs. 2 der Verfahrensordnung der Verwaltungsgerichte als Straftat betrachtet werden, wenn die Verwaltung a) ohne Zweifel die Absicht äußert, den Gerichtsbeschluss nicht einzuhalten, ohne sich auf einen legitimen Grund für die Nichteinhaltung zu berufen oder b) die vom Gericht im Vollstreckungsverfahren festgelegten Bedingungen nicht einhält. 3.11. Rumänien Im rumänischen Verwaltungsrecht gibt es keine Möglichkeit der Zwangshaft für Beamte für Entscheidungen gegen Behörden. Die in diesen Fällen anwendbaren Sanktionen sind disziplinarrechtlicher Natur (wie z.B. Amtsenthebung oder Einbehaltung von Teilen der Bezüge). Gemäß § 498 des Verwaltungsgesetzbuches können Beamte bei Ordnungswidrigkeiten, die sie im Zusammenhang mit ihren Amtspflichten begehen, auch mit einer Geldstrafe belegt werden. Das Versäumnis eines Beamten, die Bestimmungen eines Gerichtsbeschlusses anzuwenden, kann nach dem rumänischen Rechtssystem nicht strafrechtlich behandelt werden. Das rumänische Strafgesetzbuch sieht jedoch den Straftatbestand der „Pflichtverletzung“ vor. § 298 des Strafgesetzbuches legt fest: Eine schuldhafte Verletzung, die ein Amtsträger während oder in Bezug auf seine Amtspflichten durch deren Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung begeht, wird mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft, wenn durch diese Verletzung die Rechte oder berechtigten Interessen einer natürlichen oder juristischen Person geschädigt oder verletzt werden. 3.12. Schweden Im schwedischen Rechtssystem ist es nicht möglich, Gerichtsentscheidungen gegen Behörden durch Inhaftierung von Amtsträgern zu erzwingen. Personen, die in Schweden im öffentlichen Dienst arbeiten, unterliegen den allgemeinen Gesetzen zur zivil- und strafrechtlichen Haftung, d.h. den Bestimmungen des Strafgesetzbuches und des Haftpflichtgesetzes. Wenn eine Person entgegen einer gerichtlichen Entscheidung handelt, kann dies eine Straftat (Amtsvergehen) darstellen. Wer vorsätzlich oder fahrlässig bei der Ausübung öffentlicher Gewalt durch Tun oder Unterlassen seine Pflichten missachtet, macht sich einer Amtspflichtverletzung schuldig und wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft, § 20 Abs. 1 Strafgesetzbuch. Eine grobe Amtspflichtverletzung liegt vor, wenn der Täter seine Stellung in schwerwiegender Weise missbraucht hat oder wenn die Handlung zu einem schweren Schaden oder einem erheblichen unbilligen Vorteil für eine Person oder die Öffentlichkeit geführt hat. Dies wird mit einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten und höchstens sechs Jahren bestraft. 3.13. Slowenien Gerichtsentscheidungen von Verwaltungsgerichten können nicht durch Zwangshaft oder Eingriffe in die Freiheit von Behördenleitern, Beschäftigten des öffentlichen Dienstes oder Inhabern öffentlicher Ämter vollstreckt werden. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 268/20 Seite 8 Das Strafgesetzbuch beinhaltet keine direkte Strafbarkeit für die Nichteinhaltung von Urteilen durch staatliche Behörden, es sieht aber folgende Straftatbestände für Beamte oder Beschäftigte des öffentlichen Dienstes vor: Beamte oder Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, die in der Absicht, für sich selbst oder eine andere Person einen nichtmateriellen Vorteil zu erlangen oder Schäden an einer anderen Person zu verursachen, ihr Amt missbrauchen oder die Grenzen ihrer offiziellen Pflichten überschreiten oder ihre offiziellen Pflichten nicht erfüllen, werden mit Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft, § 257 Abs. 1 Strafgesetzbuch. Beamte oder Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, die bewusst gegen Gesetze und andere Vorschriften verstoßen haben oder keine angemessene Aufsicht ausgeübt oder ihre Pflichten nicht gewissenhaft ausgeübt haben, obwohl sie wussten, dass ein solches Verhalten zu einer schwerwiegenden Verletzung der Rechte einer anderen Person oder zu einem schwerwiegenden Schaden an öffentlichen Gütern oder zu einem erheblichen Sachschaden führen kann, werden mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft, wenn ein solcher Schaden tatsächlich eintritt, § 258 Strafgesetzbuch. 3.14. Spanien In Spanien ist die Durchsetzung von Gerichtsentscheidungen gegen Amtsträger durch Zwangshaft nicht möglich. § 112 des Gesetzes für die Verwaltungsgerichtsbarkeit sieht zwei Möglichkeiten vor, die im Falle der Nichtbefolgung einer Gerichtsentscheidung durch einen Amtsträger angewendet werden können: - Die Verhängung von Zwangsgeldern im Bereich von 150 € bis 1.500 € gegen diejenigen Behörden , Amtsträger oder Beauftragten, die den Entscheidungen eines Gerichts nicht nachkommen . Diese Sanktionen können so lange wiederholt werden, bis das Gerichtsurteil vollständig ausgeführt ist. - Die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortung für eine solche Nichtbefolgung. Nach § 410 Strafgesetzbuch wird die Nichtumsetzung von rechtmäßigen gerichtlichen Entscheidungen , Urteilen oder Anordnungen einer übergeordneten Behörde durch einen Amtsträger unter Strafe gestellt. Die Strafen für diese Delikte umfassen jedoch nicht einen Freiheitsentzug, wie z.B. die Zwangshaft, sondern nur die Verhängung einer Geldstrafe und den Ausschluss von einem öffentlichen Amt. Dagegen kann die Nichtbefolgung einer gerichtlichen Entscheidung durch eine Privatperson (oder einer nicht in öffentlicher Funktion handelnden Person) tatsächlich mit Freiheitsentzug gemäß § 556 Strafgesetzbuch geahndet werden. 3.15. Tschechien In Tschechien können gerichtliche Entscheidungen gegen Behörden, die von Verwaltungsgerichten erlassen wurden, nicht durch die Verhängung von Zwangshaft gegen Beamte vollstreckt werden . Die bloße Nichtvollstreckung von Gerichtsentscheidungen stellt keine Straftat dar. Das tschechische Strafgesetzbuch regelt jedoch folgende Straftatbestände: Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 268/20 Seite 9 - Machtmissbrauch durch einen Amtsträger: Gemäß § 329 Abs. 1 Strafgesetzbuch wird ein Amtsträger, der in der Absicht, einen Schaden oder einen anderen schweren Nachteil zu verursachen oder für sich selbst oder einen anderen einen ungerechtfertigten Gewinn zu erzielen, a) seine Befugnisse in einer Weise ausübt, die einer anderen Rechtsvorschrift zuwiderläuft, b) seine Befugnisse überschreitet, oder c) eine Pflicht, die sich aus seiner Zuständigkeit ergibt, nicht erfüllt, mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren oder mit Tätigkeitsverbot bestraft. - Pflichtverletzung eines Amtsträgers: Nach § 330 Abs. 1 Strafgesetzbuch wird ein Amtsträger, der in Ausübung seiner Befugnisse fahrlässig die Erfüllung einer wichtigen Pflicht vereitelt oder wesentlich erschwert, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Tätigkeitsverbot bestraft . 3.16. Ungarn Nach ungarischem Recht kann Zwangshaft nicht für Vertreter einer Behörde angeordnet werden. Beschäftigte des öffentlichen Dienstes und Staatsbeamte haften bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zivil- und strafrechtlich, wenn sie Straftaten oder ein Fehlverhalten bzw. Disziplinarverstöße begehen oder ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Die Nichtdurchsetzung von Gerichtsentscheidungen stellt keine Straftat dar. Das Beamtenrecht sieht nur ein Disziplinarverfahren vor. Das Strafgesetzbuch regelt jedoch den „Missbrauch von Autorität“: Gemäß § 305 Strafgesetzbuch ist jeder Beamte eines Verbrechens schuldig und mit einer Freiheitsstrafe von höchstens drei Jahren zu bestrafen, der mit dem Ziel, einen rechtswidrigen Nachteil zu verursachen oder einen rechtswidrigen Vorteil zu erlangen, a) gegen seine offiziellen Pflichten verstößt, b) seine offizielle Autorität überschreitet oder c) anderweitig seine Autoritätsposition missbraucht. 3.17. Zypern Gemäß § 42 Gerichtsgesetz kann ein Gericht eine Behörde oder Person wegen Nichtvollstreckung seiner Entscheidung oder eines Haftbefehls zu einer Strafe verurteilen. Darüber hinaus sieht Art. 146 der Verfassung vor, dass jedes Organ, jede (staatliche) Behörde oder Person verpflichtet ist, einer Entscheidung oder Anordnung des Obersten Verfassungsgerichts nachzukommen. Die Gerichte sind befugt, Strafen zu verhängen, wenn ihren Entscheidungen oder Anordnungen nicht nachgekommen wird. Eine Zwangshaft für Beamte ist in der Rechtsprechung allerdings unbekannt . § 137 Strafgesetzbuch sieht vor, dass jeder Beamte, der einer Anordnung, einem Haftbefehl oder einem Befehl eines Gerichts nicht nachkommt, eines Vergehens schuldig ist und mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren verurteilt werden kann. ***