© 2020 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 260/20 Maßnahmen gegen Gefährder Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 260/20 Seite 2 Maßnahmen gegen Gefährder Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 260/20 Abschluss der Arbeit: 19. November 2020 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 260/20 Seite 3 1. Ergebnis – Eine Legaldefinition des Gefährderbegriffes existiert nicht. Die Bundesregierung definiert als Gefährder „eine Person, zu der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des § 100a Strafprozessordnung, begehen wird“ [Hervorhebung nur hier]. – Die geltende Rechtslage sieht eine Fülle von Eingriffsgrundlagen vor, auf die im Umgang mit Gefährdern zugegriffen werden kann. Dazu gibt es sowohl Regelungen im Bundes- als auch im Landesrecht. – Das Sicherheitsrecht sieht Maßnahmen zur Gefahrerforschung, wie bspw. Maßnahmen zur verdeckten Informationsbeschaffung (Abhörmaßnahmen innerhalb und außerhalb von Wohnungen, Überwachung der Telekommunikation etc.) sowie imperative Maßnahmen wie bspw. die elektronische Aufenthaltsüberwachung („elektronische Fußfessel“) und den vorbeugenden Gewahrsam vor. – Das Aufenthaltsrecht sieht für (ausländische) Gefährder eine beschleunigte Abschiebung vor. – Nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz kann Gefährdern die Einbürgerung versagt werden. Gefährdern kann zudem der Pass versagt oder entzogen werden, um eine Ausreise zur Ausbildung in einem „Terrorcamp“ zu unterbinden. – Nach den jüngsten Anschlägen in Europa werden vermehrt strengere Maßnahmen gegenüber Gefährdern gefordert. Die EU-Kommissionschefin von der Leyen hat eine Agenda zur Terrorismusbekämpfung für Dezember 2020 angekündigt. – Diskutiert werden aktuell insbesondere folgende Maßnahmen, die zum Teil auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen: Ausweitung der Quellen-Telekommunikationsüberwachung, vorbeugende Inhaftierung von Gefährdern und Strafbarkeit der Sympathiewerbung für terroristische Vereinigungen. 2. Begriff des Gefährders Das Bundeskriminalamt geht aktuell von ca. 700 Gefährdern (Islamisten, Rechtsextreme, Linksextreme ) in Deutschland aus.1 Eine Legaldefinition des Gefährderbegriffs existiert allerdings nicht. 1 Zahl der Gefährder in Deutschland gestiegen, zdf.de vom 31. Oktober 2020, https://www.zdf.de/nachrichten/politik /extremismus-gefaehrder-100.html; Bewarder/Lutz/Naumann, Minister rechnen mit mehr als 100 rechtsextremen Gefährdern, WELT-Online vom 19. Juni 2020, https://www.welt.de/politik/deutschland/article209931591/IMK-in- Erfurt-Zahl-der-rechtsextremen-Gefaehrder-steigt.html, (Stand hier und für die folgenden Verlinkungen jeweils 19. November 2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 260/20 Seite 4 Die Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Landeskriminalämter und des Bundeskriminalamtes hat im Jahr 2004 eine Definition beschlossen, die von der Bundesregierung und verschiedenen Sicherheitsbehörden der Länder verwendet wird: „Gefährder ist eine Person, zu der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des § 100a StPO (Strafprozessordnung), begehen wird.“2 3. Maßnahmen gegenüber Gefährdern nach geltender Rechtslage 3.1. Maßnahmen im Sicherheitsrecht Für die Terrorismusbekämpfung gilt im Polizeirecht eine geteilte Zuständigkeit des Bundeskriminalamts (BKA) und der Landespolizeien. Das Bundeskriminalamtgesetz (BKAG) regelt in den §§ 38 ff. verschiedene Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus. Neben dem Polizeirecht kommen auch Eingriffsgrundlagen aus dem Strafverfahrensrecht zum Tragen, wenn ein Anfangsverdacht besteht, dass eine Straftat bereits begangen oder in strafbarer Weise versucht wurde. 3.1.1. Maßnahmen zur Gefahrerforschung bzw. Informationsbeschaffung Unter die Gefahrerforschungsmaßnahmen fallen bspw. die im BKAG geregelten polizeilichen Maßnahmen zur verdeckten Informationsbeschaffung, wie etwa Abhörmaßnahmen innerhalb und außerhalb von Wohnungen (§ 45 Abs. 2 Nr. 2 b) und § 46 BKAG) oder die Überwachung der Telekommunikation (§ 51 BKAG). Viele Polizeigesetze der Länder sehen vergleichbare Eingriffsgrundlagen für verdeckte Informationseingriffe vor.3 Hervorzuheben ist die unter Behördenleiter- und Richtervorbehalt stehende Eingriffsgrundlage für die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ), mit der bspw. verschlüsselte Kommunikation über Messenger-Dienste (WhatsApp, Telegram etc.) überwacht werden kann. Zur Durchführung der Quellen-TKÜ wird typischerweise eine Spionagesoftware („Staatstrojaner“) in das zu durchsuchende System eingebracht, mit der die Daten noch vor der Verschlüsselung ausgeleitet werden. Gemäß § 51 Abs. 2 BKAG ist eine Überwachung ausschließlich der laufenden Telekommunikation möglich. Gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 BKAG bedarf es keiner konkreten Gefahr. Es reicht, dass bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Person innerhalb eines übersehbaren Zeitraums auf eine zumindest ihrer Art nach konkretisierten Weise eine Straftat nach § 5 Abs. 1 S. 2 BKAG begehen wird. Auch die Strafprozessordnung (StPO) sieht die Möglichkeit einer Quellen-TKÜ vor, die unter Richtervorbehalt steht. Gemäß § 100a Abs. 1 S. 2 und S. 3 StPO können im Fall eines Anfangsverdachts 2 Siehe auch Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Legaldefinition des Begriffs „Gefährder“, WD 3 - 3000 - 046/17. 3 Ausführlicher dazu siehe Brodowski/Jahn/Schmitt-Leonardy, GSZ 2017, 10 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 260/20 Seite 5 einer in § 100a Abs. 2 StPO näher bestimmten schweren Straftat sowohl die laufende Kommunikation überwacht werden als auch bestimmte bereits übertragene Inhalte (abgeschlossener) Kommunikation. 3.1.2. Maßnahmen zur Gefahrenbeseitigung (imperative Maßnahmen) Zu den imperativen Maßnahmen zählt beispielsweise die elektronische Aufenthaltsüberwachung („elektronische Fußfessel“) nach § 56 BKAG. Auch die Gefährderansprache ist hier zu nennen. Gemäß § 57 BKAG kann das BKA zudem eine Person vorübergehend (höchstens 4 Tage) in Gewahrsam nehmen, wenn dies unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung von Straftaten nach § 5 Abs. 1 S. 2 BKAG zu verhindern. Eine Besonderheit im Landesrecht bildet Art. 17 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Art. 20 Nr. 3 Bayerisches Polizeiaufgabengesetz (BayPAG). Nach dieser Regelung ist auch ein längerfristiger Gewahrsam bei wiederholter richterlicher Anordnung möglich. Voraussetzung für diesen Gewahrsam kann auch die Nichtbefolgung einer Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung sein. Für Untersuchungshaft ist ein dringender Verdacht einer Straftat erforderlich. In Ausnahmefällen sind Vorbereitungshandlungen zu einer Straftat bereits strafbar, wie bei der Verabredung zu einem Verbrechen (§ 30 Abs. 2 StGB). Auch die bloße Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ist strafbewehrt (§§ 129a, 129b StGB). Grundsätzlich ist Untersuchungshaft nur bei Flucht- oder Verdunkelungsgefahr zulässig (§ 112 Abs. 2 StPO). Für terroristische und andere schwere Straftaten gilt dies jedoch nicht (§ 112 Abs. 3 StPO). 3.2. Aufenthaltsrecht Weitere Eingriffsgrundlagen gegenüber ausländischen Gefährdern sind im Aufenthaltsrecht geregelt . Gemäß § 58a Abs. 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde gegen einen Ausländer aufgrund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Ausweisung eine Abschiebungsanordnung erlassen. Diese Abschiebungsanordnung ist sofort vollziehbar; einer Abschiebungsandrohung bedarf es nicht. Zur Sicherung der Abschiebung kann ein Richter Sicherungshaft anordnen. § 58a AufenthG ist auf EU-Ausländer nicht anwendbar, vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG. Diese können aber gemäß § 6 Abs. 5 Freizügigkeitsgesetz ihr Aufenthaltsrecht verlieren, wenn von ihnen eine terroristische Gefahr ausgeht. § 56a Abs. 1 AufenthG regelt die Möglichkeit einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung („elektronische Fußfessel“) für ausländische Gefährder. 3.3. Staatsangehörigkeitsrecht Gefährdern kann nach den Voraussetzungen des § 11 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) die Einbürgerung versagt werden, soweit tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Eine einmal erfolgte Einbürgerung kann dagegen nicht aufgehoben oder Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 260/20 Seite 6 rückgängig gemacht werden, wenn entsprechende Bestrebungen erst nach der Einbürgerung unternommen werden. Ein Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ist allerdings gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 28 Abs. 1 Nr. 2 StAG möglich, wenn sich ein Deutscher an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland konkret beteiligt, es sei denn, er würde sonst staatenlos. Die Einstufung als Gefährder allein reicht für den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nicht aus. Nach § 7, § 8 Passgesetz bzw. § 6a Personalausweisgesetz kann Gefährdern mit deutscher Staatsangehörigkeit der Pass und/oder Personalausweis versagt oder entzogen werden, um so die Ausreise terrorverdächtiger Personen zu verhindern und auf diese Weise zu unterbinden, dass diese nach einer Ausbildung in einem sog. Terrorcamp wieder nach Deutschland zurückkehren, um dort terroristische Anschläge zu verüben.4 4. Aktuelle Diskussion von Maßnahmen gegenüber Gefährdern Nach den aktuellen Anschlägen werden auf nationaler5 und auf europäischer Ebene6 vermehrt strengere Maßnahmen gegenüber Gefährdern gefordert. EU-Kommissionschefin von der Leyen kündigte eine Agenda zur Terrorismusbekämpfung für Dezember 2020 an. Im Mai 2021 soll eine Strategie zur Reform des Schengen-Raums vorgestellt werden.7 Hervorzuheben sind die Forderungen nach einer Ausweitung der Quellen-TKÜ: So hat das Bundeskabinett Ende Oktober 2020 den Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Verfassungsschutzrechts beschlossen.8 Darin ist vorgesehen, auch Geheimdiensten die Quellen-TKÜ zu erlauben.9 Zudem sollen Mobilfunk- und Internetanbieter und andere Firmen verpflichtet werden, im Auftrag der deutschen Nachrichtendienste heimlich Überwachungssoftware auf die Geräte von Verdächtigen zu schleusen.10 Medienberichten zufolge bereitet der EU-Ministerrat eine Resolution vor, in der eine gesetzliche Grundlage für die Zugriffsmöglichkeit der Ermittlungsbehörden auf verschlüsselte Kommunikation via Messenger-Dienste gefordert wird. In der Presse wird berichtet, dass 4 Kulick, AöR 2018, 206 f. 5 Siehe bspw. CSU will Gefährder isolieren, Welt am Sonntag vom 8. November 2020, 8; Terroristen sind geübt in der Manipulation, Die Welt vom 11. November 2020, 4. 6 Siehe bspw. Macron und Kurz gegen Islamisten, Frankfurter Allgemeine vom 11. November 2020, 2. 7 Es geht um den Schutz der Außengrenze, Tagesschau vom 10. November 2020, https://www.tagesschau.de/ausland /europa-anti-terror-strategie-101.html. 8 Pressemitteilung des BMI vom 21. Oktober 2020, https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen /DE/2020/10/novelle-verfasschungsschutzrecht.html. 9 Der Tagesspiegel vom 21. Oktober 2020, https://www.tagesspiegel.de/politik/trojaner-wird-aufs-handy-gespieltgeheimdienste -sollen-whatsapp-chats-mitlesen-duerfen-wie-funktioniert-das/26295852.html. 10 Spiegel Online vom 9. Juli 2020, https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/verfassungsschutzreform-firmensollen -beim-installieren-von-staatstrojanern-helfen-a-8fd775f1-f3f6-42f4-a9bb-c1c36b2afb8b. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 260/20 Seite 7 als Überwachungsmethode geplant sei, die Messenger-Dienste zu verpflichten, den Ermittlungsbehörden einen Generalschlüssel zur Verfügung stellen, mit dem der Datenverkehr decodiert werden könne.11 Der Einsatz eines Generalschlüssels wird vielfach als gefährliches Einfallstor für Hacker und Cyber-Kriminelle und damit als eine Gefährdung der gesamten IT-Sicherheit kritisiert.12 Die Frage, ob die Bundesregierung mit dem Einsatz von Staatstrojanern die staatliche Schutzpflicht aus dem Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verletzt, liegt dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vor.13 In jedem Fall sind bei der Neuregelung der Quellen-TKÜ die Maßstäbe zu beachten, die das Bundesverfassungsgericht für die staatliche Online-Durchsuchung aufgestellt hat: Insbesondere müssen die Rechtsgrundlagen im Einzelfall verhältnismäßig begrenzt sein und der Kernbereich privater Lebensgestaltung ist zu schützen.14 Weiter wird auch wieder über eine vorbeugende Inhaftierung von Gefährdern diskutiert15, die bereits seit einiger Zeit Gegenstand der Debatten ist.16 Die derzeitigen Möglichkeiten werden insbesondere mit Blick auf Gefährder mit deutscher Staatsbürgerschaft für nicht ausreichend erachtet, da für den polizeirechtlichen Gewahrsam eine unmittelbare Gefahr vorliegen muss und dieser nach § 57 BKAG für höchstens für vier Tage angeordnet werden kann. Eine Absenkung der Eingriffsschwelle wurde vereinzelt – etwa in Bayern im Jahr 201717 – erwogen. Dies ist auf vehementen Widerspruch in der Literatur gestoßen.18 Höchstrichterlich geklärt ist die Frage mangels Umsetzung solcher Vorschläge bisher nicht. Es bestehen jedoch erhebliche Zweifel an der Verfassungskonformität eines derart einschneidenden Grundrechtseingriffs (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG).19 Es bestehen zudem Bedenken 11 Frankfurter Neue Presse vom 11. November 2020, https://www.fnp.de/deutschland/whatsapp-messenger-datenschutz -verschluesselung-eu-politik-polizei-verbrechen-chats-ermittlungen-nicola-beer-zr-90096922.html. 12 Siehe nur Focus online vom 10. November 2020, https://www.focus.de/digital/internet/terror-in-europa-eu-faellt -in-alte-muster-zurueck-und-will-den-ueberwachungsstaat_id_12641185.html; Legal Tribune Online vom 21. Oktober 2020, https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/kabinett-staatstrojaner-geheimdienste-verfassungsschutz -bnd-mad-quellen-ueberwachung-messenger-bverfg-verfassungsbeschwerde/. 13 Zu den aktuellen Verfassungsbeschwerden siehe Pressemeldung der Gesellschaft für Freiheitsrechte vom 20. Mai 2017, https://freiheitsrechte.org/trojaner/; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss), BT Drs. 19/20713, 5 f. 14 BVerfGE 120, 274 (Ls 2 und 3); BVerfGE 141, 220 (309, Rn. 229). 15 Islamistische Attentate: Innenminister wollen über Präventivhaft sprechen, RND vom 5. November 2020, https://www.rnd.de/politik/islamistische-attentate-innenminister-wollen-uber-praventivhaft-sprechen- JY6AC22RIFCF7KD3UBL4ZIM3VU.html. 16 Kubiciel, ZRP 2017, 57. 17 Siehe Waechter, NVwZ 2018, 458. 18 Enders, DÖV 2019, 205 m.w.N.; Welzel/Ellner, DÖV 2019, 211 (217); anders jedoch Kubiciel, ZRP 2017, 57; Leisner-Egensperger, DÖV 2018, 677. 19 Welzel/Ellner, DÖV 2019, 211 (217) m.w.N.; vgl. auch Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), 7. Aufl. 2018, Art. 2 Rn. 247; Di Fabio, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Stand: 91. EL April 2020, Bd. I, Art. 2 Abs. 2 S. 2 Rn. 83. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 260/20 Seite 8 an der Vereinbarkeit mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK),20 die bei der Auslegung der Grundrechte zu berücksichtigen ist.21 Bei einer Verlängerung oder Aufhebung der gesetzlichen Höchstdauer gilt es, Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG i.V.m. Art. 104 Abs. 2 GG zu beachten. Aus Art. 104 Abs. 2 GG ergibt sich keine zwar keine ausdrückliche Höchstdauer für den richterlich angeordneten Gewahrsam; Grenzen können sich jedoch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben.22 Aktuell wird zudem eine Strafbarkeit der Sympathiewerbung für terroristische Vereinigungen gefordert.23 Seit 2002 ist gem. § 129a Abs. 5 S. 2 StGB nur das Werben für Mitglieder oder Unterstützer einer terroristischen Vereinigung strafbar, das allgemeine Werben für diese Vereinigungen dagegen straflos.24 Eine Wiedereinführung der Strafbarkeit, wie immer wieder vorgeschlagen wurde25, müsste insbesondere der Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) sowie dem Bestimmtheitsgebot (Art. 103 Abs. 2 GG) Rechnung tragen. *** 20 Welzel/Ellner, DÖV 2019, 211 (219) m.w.N. 21 BVerfGE 111, 307, (Ls. 1); BVerfG NVwZ 2016, 1079 (1080 f.). 22 Vgl. dazu BVerfGE 109, 190 (220). 23 CSU will Gefährder isolieren, Welt am Sonntag vom 8. November 2020, 8. 24 Sternberg-Lieben/Schittenhelm, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30. Aufl. 2019, § 129 Rn. 14. 25 Gesetzesantrag des Landes Hessen vom 15. November 2007, BR-Drs. 827/07; Antrag des Freistaates Bayern vom 7. Oktober 2014, BR-Drs. 396/2/14; Gesetzesantrag des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11. September 2019, BR-Drs. 421/19; Bundesministerium des Innern, Geplante Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit in Deutschland, 11. August 2016, S. 13; weitere Vorschläge bei Engelstätter/Maslow, GSZ 2018, 138.