© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 258/16 Die Wahl der Richter des Bundesverfassungsgerichts Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 258/16 Seite 2 Die Wahl der Richter des Bundesverfassungsgerichts Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 258/16 Abschluss der Arbeit: 6. Dezember 2016 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 258/16 Seite 3 1. Fragestellung Gefragt wurde nach dem Verfahren der Wahl der Richter des Bundesverfassungsgerichts. Insbesondere soll erläutert werden, welche Rolle das Parlament bei der Richterwahl spielt, welche Mehrheiten dabei für die Wahl der zu berufenden Richter erforderlich sind und ob die Wahl geheim erfolgt. 2. Die Wahl der Richter des Bundesverfassungsgerichts 2.1. Rechtliche Grundlagen der Verfassungsrichterwahl Auf der Ebene des Verfassungsrechts schreibt Art. 94 Grundgesetz (GG)1 vor, dass die Bundesverfassungsrichter je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt werden. Einfachgesetzlich konkretisiert das Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG)2 diese Regelung des Grundgesetzes. Nach § 2 BVerfGG besteht das Bundesverfassungsgericht aus zwei Senaten, für die je acht Richter gewählt werden. Von den je acht Richtern der zwei Senate werden gemäß § 2 Absatz 3 BVerfGG je drei aus dem Kreis der Richter an den obersten Gerichtshöfen des Bundes gewählt. Alle Kandidaten für das Verfassungsrichteramt müssen ein Mindestalter von 40 Jahren erreicht haben, die Wählbarkeit zum Bundestag besitzen und zum Richteramt befähigt sein. Sie können weder dem Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung, noch den entsprechenden Organen eines Landes angehören. Die Richter werden auf zwölf Jahre gewählt; die Altershöchstgrenze ist das 68. Lebensjahr. Zur Sicherung ihrer Unabhängigkeit ist eine Wiederwahl ausgeschlossen, § 4 BVerfGG. Das Bundesministerium der Justiz führt eine ständig zu aktualisierende Liste mit den für das Verfassungsrichteramt geeigneten Bundesrichtern sowie eine Liste mit den Vorschlägen der Fraktionen, der Bundesregierung oder der Landesregierungen. Diese Listen sind nicht bindend, werden den Wahlorganen von Bundesrat und Bundestag jedoch vor einer Wahl zugeleitet. 2.2. Praktische Ausgestaltung In der Praxis teilen Bundestag und Bundesrat die Wahl der Richter des Bundesverfassungsgerichts wie nachfolgend beschrieben auf: Der Bundestag wählt je Senat zwei Bundesrichter sowie zwei sonstige Mitglieder. Der Bundesrat wählt einen Bundesrichter sowie drei sonstige Mitglieder. Bei der Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten wechseln sich die Bundesorgane gemäß § 9 BVerfGG ab.3 1 Abzurufen in deutscher und englischer Sprache unter: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/index.html (zuletzt abgerufen am 5. Dezember 2016). 2 Abzurufen in deutscher und englischer Sprache unter: http://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Verfahren /Rechtsquellen/rechtsquellen_node.html (zuletzt abgerufen am 5. Dezember 2016). 3 Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Die Wahl von Richtern des Bundesverfassungsgerichts, Aktueller Begriff Nr. 37/06, abrufbar unter https://www.bundestag .de/blob/189672/b56ac462bac28ad61cf0d3fa011f77f4/die_wahl_von_richtern_des_bundesverfassungsgerichts -data.pdf (zuletzt abgerufen am 5. Dezember 2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 258/16 Seite 4 2.3. Wahlverfahren im Bundestag Die Wahl der vom Bundestag zu berufenden Richter des Bundesverfassungsgerichts ist in § 6 BVerfGG geregelt. Danach werden die Richter durch das Plenum des Bundestages auf Vorschlag des sog. Wahlausschusses gewählt. Der Wahlausschuss wird zu Beginn jeder Wahlperiode eingesetzt und besteht aus zwölf Mitgliedern des Bundestages, die auf Vorschlag der Fraktionen nach den Regeln der Verhältniswahl vom Bundestag gewählt werden. Entfallen im Wahlausschuss auf einen Kandidaten für das Richteramt am Bundesverfassungsgericht mindestens acht Stimmen der Mitglieder des Wahlausschusses, wird der Kandidat dem Plenum des Bundestages zur Wahl vorgeschlagen . Die Wahl des Kandidaten im Plenum erfolgt ohne Aussprache und mit verdeckten Stimmzetteln. Gewählt ist ein Kandidat durch das Plenum, wenn er eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Bundestages auf sich vereinigt. 2.4. Wahlverfahren im Bundesrat Die Wahl der vom Bundesrat zu berufenden Richter des Bundesverfassungsgerichts ist in § 7 BVerfGG geregelt. Die zu berufenden Richter werden nach einem Beschlussvorschlag einer Findungskommission gewählt. Erforderlich ist eine Zweidrittelmehrheit der Stimmen des Bundesrates, nicht nur der abgegebenen Stimmen. Im Übrigen gelten die allgemeinen Beschlussregeln des Bundesrates. Das Wahlverfahren des Bundesrates ist damit einschließlich der Abstimmung öffentlich . Dabei wird grundsätzlich durch Handaufheben, auf Verlangen eines Landes durch Aufruf der Länder abgestimmt. ***