Deutscher Bundestag Schutz vor Piraten durch private Sicherheitsdienste Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 - 258/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 258/11 Seite 2 Schutz vor Piraten durch private Sicherheitsdienste Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 - 258/11 Abschluss der Arbeit: 4. August 2011 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 258/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Zusammenfassung 4 2. Fragestellung und Hintergrund 5 3. Anspruch auf Schutz 5 4. Einsatz privater Sicherheitsdienste 6 4.1. Gewerbeordnung 6 4.2. Rechtliche Stellung an Bord 7 4.3. Befugnisse privater Sicherheitsdienste 8 5. Führen von Waffen durch private Sicherheitsdienste 9 6. Haftung des Kapitäns 10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 258/11 Seite 4 1. Zusammenfassung Der Einsatz privater Sicherheitsdienste auf Handelsschiffen, die unter deutscher Flagge fahren, ist nicht verboten. Ihnen kann eine Erlaubnis zum Führen von Waffen nach dem Waffengesetz erteilt werden. Der Erwerb von Kriegswaffen ist hingegen grundsätzlich verboten und wird nur im Ausnahmefall genehmigt. Derartige Genehmigungen werden privaten Unternehmen jedoch grundsätzlich nicht erteilt. Private Sicherheitsdienste haben keine eigenständigen Eingriffsbefugnisse, sie dürfen Angriffe nur in Wahrnehmung der sog. Jedermannsrechte, insbesondere der Notwehr, abwehren. Nach dem Seemannsgesetz unterstehen private Sicherheitsdienste der Anordnungsbefugnis und Schiffsgewalt des Kapitäns, d.h. nur der Kapitän darf Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren anordnen . In der Praxis könnten Konflikte entstehen, wenn Kapitän und privater Sicherheitsdienst die Gefährdungslage und die erforderlichen Maßnahmen unterschiedlich einschätzen. Sollten bei dem Einsatz privater Sicherheitsdienste Zivilisten (z.B. Besatzungsmitglieder) zu Schaden kommen, könnte eine straf- und/oder zivilrechtliche Haftung des Kapitäns wegen fahrlässigen Handelns in Betracht kommen, etwa wenn er fahrlässig falsche Anweisungen gegeben hat. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 258/11 Seite 5 2. Fragestellung und Hintergrund Im ersten Halbjahr 2011 hat sich Anzahl der Piratenangriffe auf deutsche Schiffe im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 100 auf 163 erhöht. Die Anzahl der Kaperungen durch Piraten ist hingegen von 27 auf 21 gesunken.1 Der Verband deutscher Reeder fordert von der Bundesregierung die Ergreifung von Maßnahmen zum verbesserten Schutz deutscher Schiffe vor Piratenangriffen , bspw. den Einsatz von Marinesoldaten oder Bundespolizisten auf deutschen Handelsschiffen .2 Am 20. Juli 2011 hat der Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, Hans- Joachim Otto, auf dem sog. Antipiratengipfel im Bundeswirtschaftsministerium verlautbart, eine Begleitung durch Soldaten oder Polizisten sei logistisch unmöglich. Die Bundesregierung wolle aber eine Zertifizierung für private Sicherheitsdienste prüfen, die auf Schiffen eingesetzt werden .3 Vor diesem Hintergrund stellen sich folgende Fragen: Besteht eine einklagbare Schutzverantwortung Deutschlands für deutsche Schiffe, die von Piraterie bedroht sind? Auf welchen gesetzlichen Grundlagen können private Sicherheitsdienste an Bord gehen? Muss für das Führen von Kriegswaffen durch private Sicherheitsdienste das Waffenrecht geändert werden? Welche Bestimmungen bestehen hierzu im Gewerberecht? Wie ist die Haftung für Kapitäne, wenn Zivilisten beim Einsatz privater Sicherheitsdienste gegen Piraterie an Bord von Handelsschiffen zu Schaden kommen? 3. Anspruch auf Schutz Ein einfachgesetzlich geregelter Anspruch auf Schutzmaßnahmen für deutsche Schiffe, die sich in internationalen Gewässern befinden, besteht nicht. Allerdings folgt aus dem objektiv-rechtlichen Gehalt der Grundrechte eine Pflicht des Staates, sich schützend und fördernd vor die jeweiligen Rechtsgüter zu stellen.4 Dies gilt bspw. auch für das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, das durch Piratenangriffe gefährdet wird. 1 Angaben des Koordinators der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, Hans-Joachim Otto, vgl. Regelung für Söldner auf hoher See, Tageszeitung vom 21. Juli 2011, abrufbar unter: http://www.taz.de/Antipiratengipfel-in-Berlin/!74914/ 2 Sicherheitssherrifs sollen Frachtschiffe schützen, Die Welt vom 20. Juli 2011, abrufbar unter: http://www.welt.de/wirtschaft/article13498344/Sicherheitssheriffs-sollen-Frachtschiffeschuetzen .html 3 Regelung für Söldner auf hoher See, (Fn. 1). 4 BVerfGE 53, 30, 57. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 258/11 Seite 6 Wie der Staat seiner Schutzpflicht für das Leben und die Gesundheit nachkommt, steht in seinem Ermessen. Das Grundgesetz gibt den staatlichen Schutz zwar als Ziel vor, nicht aber seine Ausgestaltung im Einzelnen. Dem Staat kommt bei der Erfüllung seiner Schutzpflicht ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Die staatliche Schutzpflicht gebietet nicht, alle denkbaren Schutzmaßnahmen zu treffen.5 Als Mindestmaß der Schutzverpflichtung ist nach der Rechtsprechung des BVerfG jedoch das sog. Untermaßverbot zu beachten. Ein Verstoß gegen die staatliche Schutzpflicht liegt danach nur vor, wenn Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen wurden oder die getroffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen.6 Eine Verletzung der Schutzpflicht für Leben und Gesundheit der Schiffsbesatzungen ist danach nicht anzunehmen. Der Staat hat bereits Maßnahmen ergriffen, die nicht völlig ungeeignet oder unzulänglich erscheinen. Hierzu zählen die Beteiligung an der Operation Atalanta sowie die rechtlichen Möglichkeiten für einen Einsatz privater Sicherheitsdienste (s. 4). Eine Verpflichtung zum Einsatz von Bundespolizisten oder Soldaten dürfte hingegen nicht bestehen. 4. Einsatz privater Sicherheitsdienste Im deutschen Recht gibt es keine Regelungen, die einen Einsatz privater Sicherheitsdienste auf Schiffen verbieten.7 Reeder können daher private Sicherheitsdienste verpflichten, um ihre Schiffe besser gegen Piraten zu schützen. Nachfolgend werden kurz die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Tätigkeit privater Sicherheitsdienste skizziert, insbesondere hinsichtlich ihrer Stellung an Bord sowie der Grenzen der erlaubten Abwehrmaßnahmen. 4.1. Gewerbeordnung Private Sicherheitsdienste bedürfen nach § 34a Abs. 1 Gewerbeordnung (GewO)8 einer Erlaubnis zur Ausübung des Bewachungsgewerbes. Außerdem müssen die eingesetzten Mitarbeiter eine Sachkundeprüfung vor der Industrie- und Handelskammer nachweisen, sofern sie Kontrollgänge 5 BVerfGE 96, 56, 64; Brinktrine, Der Einsatz privater Sicherheitsdienste zum Schutz vor Piraterie und maritimen Terrorismus, in Stober: Der Schutz vor Piraterie und maritimen Terrorismus zwischen internationaler , nationaler und unternehmerischer Verantwortung, 2010, S. 44. 6 BVerfGE 77, 170, 215; BVerfGE 88, 203, 254. 7 Vgl. Bericht der Bundesregierung – Angriffe durch Piraten auf Handelsschiffe, Ausschussdrucksache 17(15)178, S. 7; König/Salomon, Private Sicherheitsdienste auf Handelsschiffen – Rechtliche Implikationen , PiraT ‐ Arbeitspapiere zur Maritimen Sicherheit Nr. 2, März 2011, S. 27 f.; abrufbar unter: http://www.maritimesecurity.eu/fileadmin/content/news_events/workingpaper/PiraT_Arbeitspapier _Nr2_2011_Koenig-Salomon.pdf 8 Gewerbeordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I S. 202), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Juli 2011 (BGBl. I S. 1341) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 258/11 Seite 7 im öffentlichen Verkehrsraum oder in Hausrechtsbereichen mit tatsächlich öffentlichem Verkehr durchführen, zum Schutz vor Ladendieben oder zur Bewachung im Einlassbereich von gastgewerblichen Diskotheken eingesetzt werden. Ein Sachkundenachweis für die Tätigkeit auf Schiffen zur Abwehr von Piratenangriffen ist gesetzlich bislang nicht vorgesehen. Die Bundesregierung prüft aber die Einführung einer Zertifizierung von Sicherheitsdiensten für diese Aufgaben.9 4.2. Rechtliche Stellung an Bord Das Seemannsgesetz (SeemG)10 regelt u.a. die Stellung des Kapitäns, die Rechtsverhältnisse der Besatzung sowie sonstiger im Rahmen des Schiffsbetriebs an Bord tätiger Personen. Letzterer Gruppe dürften die Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste zuzuordnen sein, da sie, ohne in einem Heuerverhältnis zu stehen, an Bord zur Sicherheit des Schiffsbetriebs tätig sind. Für sie folgt daher aus § 7 Abs. 2 SeemG, dass sie den Regelungen des SeemG hinsichtlich der Ordnung an Bord unterliegen. Diese wiederum sehen in § 106 SeemG eine besondere Stellung des Kapitäns vor, die sowohl durch privatrechtliche als auch öffentlich-rechtliche Elemente geprägt ist. §106 SeemG lautet: Stellung des Kapitäns (1) Der Kapitän ist der Vorgesetzte aller Besatzungsmitglieder (§ 3) und der sonstigen an Bord tätigen Personen (§ 7). Ihm steht die oberste Anordnungsbefugnis zu. (2) Der Kapitän hat für die Erhaltung der Ordnung und Sicherheit an Bord zu sorgen und ist im Rahmen der nachfolgenden Vorschriften und der sonst geltenden Gesetze berechtigt, die dazu notwendigen Maßnahmen zu treffen. (3) Droht Menschen oder dem Schiff eine unmittelbare Gefahr, so kann der Kapitän die zur Abwendung der Gefahr gegebenen Anordnungen notfalls mit den erforderlichen Zwangsmitteln durchsetzen; die vorübergehende Festnahme ist zulässig. Die Grundrechte des Artikels 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 und des Artikels 13 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes werden insoweit eingeschränkt. Kommt die Anwendung mehrerer Mittel in Frage, so ist tunlichst das Mittel zu wählen, das den Betroffenen am wenigsten beeinträchtigt. (4) Die Anwendung körperlicher Gewalt oder die vorübergehende Festnahme sind nur zulässig, wenn andere Mittel von vornherein unzulänglich erscheinen oder sich als unzulänglich erwiesen haben. Sie dürfen nur insoweit und so lange angewendet werden, als die Erfüllung der Aufgaben des Kapitäns im Rahmen der Absätze 2 und 3 dies erfordert. (5) Der Kapitän kann die Ausübung der sich aus den Absätzen 1 bis 4 ergebenden Befugnisse auf den Ersten Offizier des Decks- und den Ersten Offizier des Maschinendienstes innerhalb ihrer 9 (Fn. 1). 10 Seemannsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 9513-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 324 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 258/11 Seite 8 Dienstzweige übertragen, wenn er nicht in der Lage ist, sie selbst auszuüben. Jede Ausübung der Befugnisse ist spätestens innerhalb von vierundzwanzig Stunden dem Kapitän mitzuteilen. Die Übertragung soll den Besatzungsmitgliedern bekanntgegeben werden. (6) Der Kapitän hat Maßnahmen nach den Absätzen 3 und 4 und die Übertragung der Befugnisse nach Absatz 5 unter Darstellung des Sachverhalts in das Schiffstagebuch einzutragen. Aus § 106 Abs. 1 SeemG folgt, dass der Kapitän der Vorgesetzte der an Bord tätigen Personen ist, ihm also ein arbeitsrechtliches Direktionsrecht zusteht.11 Zugleich hat er die oberste Anordnungsbefugnis in Sachen der Ordnung und Sicherheit an Bord inne. Diese sog. Schiffsgewalt umfasst das Recht, Anordnungen zur Abwehr von Gefahren notfalls mit Zwangsmitteln durchzusetzen sowie körperliche Gewalt anzuwenden. Die Ausübung dieser Rechte hat hoheitlichen Charakter .12 Die Schiffsgewalt kann nach § 106 Abs. 6 SeemG nur eingeschränkt auf die ersten Offiziere übertragen werden, eine Übertragung auf andere Personen ist nicht vorgesehen. Die Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste müssten demnach den Anweisungen des Kapitäns Folge leisten und könnten etwaige Maßnahmen zur Piratenabwehr nicht eigenständig ergreifen. In der Praxis könnten sich Probleme ergeben, wenn der Kapitän und die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes die Gefahrenlage und/oder die Erforderlichkeit von Abwehrmaßnahmen unterschiedlich einschätzen.13 Da die Letztverantwortung gesetzlich beim Kapitän liegt, können die Sicherheitsdienste hinsichtlich der Erforderlichkeit von Maßnahmen zunächst nur beratend tätig werden und erst auf Anweisung des Kapitäns auch konkrete Abwehrmaßnahmen ergreifen.14 4.3. Befugnisse privater Sicherheitsdienste Private Sicherheitsdienste haben keine eigenen Eingriffsbefugnisse gegenüber Angreifern bzw. Störern, da sie keine hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen. Ihnen stehen nach § 34 a Abs. 5 GewO die sog. Jedermannsrechte wie Notwehr und Nothilfe sowie originäre und vom Auftraggeber übertragene Selbsthilferechte zu.15 Bezogen auf die Tätigkeit an Bord eines Schiffes dürfte insbesondere die Nothilfe nach § 32 Strafgesetzbuch (StGB)16 von Bedeutung sein. Danach handelt nicht rechtswidrig, wer sich gegen 11 Bemm/Lindemann, Seemannsgesetz, 3. Auflage, 1991, § 106 Rdnr. 4. 12 Bemm-Lindemann (Fn. 11), § 106 Rdnr. 7 ff; Hanses, Die rechtliche Stellung des Kapitäns auf deutschen Seeschiffen unter besonderer Berücksichtigung der historischen Entwicklung, 1983, S. 160 ff. 13 König/Salomon (Fn. 7), S. 34 f. weisen darauf hin, dass private Sicherheitsdienste bspw. ehemalige Marinesoldaten einsetzen könnten, die über mehr Erfahrung hinsichtlich der Abwehr von Angriffen auf Schiffen verfügen als zivile Kapitäne. 14 Vgl. König/Salomon (Fn. 7), S. 35. 15 Vgl. Brinktrine (Fn. 5), S. 48. 16 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 23. Juni 2011 (BGBl. I S. 1266) geändert worden ist Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 258/11 Seite 9 einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff auf sich (Notwehr) oder andere (Nothilfe) verteidigt und diese Verteidigungshandlung erforderlich ist. Ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff liegt vor, wenn er unmittelbar bevorsteht, gerade stattfindet oder noch fortdauert.17 Dies dürfte bezogen auf Piraten der Fall sein, wenn sich diese auf Schussdistanz einem Handelsschiff nähern.18 Zur Abwehr eines Piratenangriffs kann der Einsatz von Schusswaffen (auch mit Todesfolge) erforderlich sein.19 Dies bedarf jedoch einer Prüfung im jeweiligen Einzelfall. Überschreiten die Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste bewusst die Grenzen des Notwehrrechts , kommt eine Strafbarkeit wegen Körperverletzungs- bzw. Tötungsdelikten in Betracht. Sofern sie sich über das Vorliegen einer Notwehrlage irren, kommt eine Strafbarkeit aus Fahrlässigkeitsgesichtspunkten in Betracht.20 5. Führen von Waffen durch private Sicherheitsdienste Für den Umgang mit Waffen, die unter das Waffengesetz (WaffG)21 fallen, ist nach § 2 Abs. 2 WaffG eine Erlaubnis erforderlich. Dies betrifft die in Anlage 2 Abschnitt 2 zum WaffG genannten Waffen (z.B. Schusswaffen). Die Erteilung einer Erlaubnis setzt voraus, dass ein Bedürfnis für den Umgang mit Waffen glaubhaft gemacht wird, § 8 WaffG. Für Bewachungsunternehmen nach § 34a GewO wird nach § 28 WaffG ein Bedürfnis zum Erwerb , Besitz und Führen von Schusswaffen anerkannt, wenn glaubhaft gemacht wird, dass Bewachungsaufträge wahrgenommen werden oder werden sollen, die aus Gründen der Sicherung einer gefährdeten Person im Sinne des § 19 WaffG oder eines gefährdeten Objektes Schusswaffen erfordern. Dies dürfte bei der Bewachung eines Handelsschiffs, das durch gefährdete Gebiete fährt, anzunehmen sein. Private Sicherheitsdienste könnten daher bei Bewachungsaufgaben auf Handelsschiffen mit Waffen nach dem Waffengesetz ausgerüstet sein. Es stellt sich aber die Frage, ob diese Art der Bewaffnung zur Piratenabwehr geeignet ist.22 Denkbar wäre daher, private Sicherheitsdienste mit Kriegswaffen auszustatten. Dies ist jedoch rechtlich problematisch, da Kriegswaffen aufgrund ihrer Verwendungsmöglichkeiten besonderen Beschränkungen unterliegen. 17 BGH NJW 1973, 255. 18 König/Salomon (Fn. 7), S. 33. 19 König/Salomon (Fn. 7), S. 33. 20 König/Salomon (Fn. 7), S. 34. 21 Waffengesetz vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592; 2003 I S. 1957), das zuletzt durch Artikel 3 Absatz 5 des Gesetzes vom 17. Juli 2009 (BGBl. I S. 2062) geändert worden ist. 22 Näher hierzu König/Salomon (Fn. 7) S 30 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 258/11 Seite 10 Kriegswaffen unterfallen den Vorschriften des Kriegswaffenkontrollgesetzes (KrWaffG).23 Nach § 1 Abs. 1 KrWaffG erfasst der Begriff Kriegswaffe alle in der Anlage zum KrWaffG (sog. Kriegswaffenliste ) aufgeführten Gegenstände, Stoffe und Organismen (z.B. Maschinengewehre, Kanonen , Handgranaten). Für den Erwerb der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen ist nach § 2 Abs. 2 eine Genehmigung erforderlich. Dies gilt auch für die Beförderung von Kriegswaffen auf deutschen Schiffen, § 4 Abs. 2 KrWaffG. Auf die Erteilung derartiger Genehmigungen besteht nach § 6 Abs. 1 KrWaffG kein Anspruch. In der Praxis wird die Nutzung von Kriegswaffen durch Private offenbar grundsätzlich nicht genehmigt.24 Es wäre demnach rechtlich zwar grundsätzlich möglich, privaten Sicherheitsdiensten, Genehmigungen zum Erwerb der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen zu erteilen. Dies würde jedoch von der sonstigen Praxis abweichen. Ergänzend sei angemerkt, dass das Mitführen von Waffen auf deutschen Handelsschiffen Probleme beim Einlaufen in ausländische Häfen verursachen kann, da nach der dort jeweils geltenden nationalen Rechtsordnung bspw. das Einlaufen bewaffneter Schiffe verboten oder eine korrekte Anmeldung im Vorfeld erforderlich sein kann.25 6. Haftung des Kapitäns Eine strafrechtliche Haftung des Kapitäns für etwaige Schäden, die durch das Handeln eines Sicherheitsdienstes verursacht wurden, kommt grundsätzlich in Betracht, da der private Sicherheitsdienst auf Anweisung des Kapitäns tätig wird. Den Anknüpfungspunkt für eine Strafbarkeit können fahrlässige Pflichtverletzungen des Kapitäns bilden, bspw. eine fehlerhafte Einschätzung der Erforderlichkeit von Abwehrmaßnahmen und darauf aufbauende Anordnungen an den privaten Sicherheitsdienst. Hierdurch könnte sich ein Kapitän wegen fahrlässiger Körperverletzung bzw. Tötung strafbar machen. Diese Taten sind nach deutschem Strafrecht zu beurteilen, da dieses nach § 4 StGB auf Taten Anwendung findet, die auf Schiffen begangen werden, die berechtigt sind, die deutsche Flagge zu führen. Grundsätzlich kommt auch eine zivilrechtliche Haftung des Kapitäns für Schäden in Betracht, die durch das Handeln eines Sicherheitsdienstes entstanden sind. Auch insoweit wäre an fahrlässige Pflichtverletzungen des Kapitäns anzuknüpfen. 23 Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. November 1990 (BGBl. I S. 2506), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 6. Juni 2009 (BGBl. 2009 II S. 502) geändert worden ist. 24 Vgl. Antwort der Bundesregierung BT-Drs. 15/5824, S. 20. 25 Näher hierzu Oechsle/Pötschke, Piraterie – Rechtliche Risiken beim Einsatz privater Sicherheitsdienste in Ahlers/Vogel Jusletter, Februar 2011, S. 2, abrufbar unter http://www.ahlersvogel .de/tl_files/ahlers-vogel/pdfs/Jusletter_2011-02_Piraterie_Einsatz-privater- Sicherheitsdienste.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 258/11 Seite 11 Letztlich kann eine straf- oder zivilrechtliche Haftung des Kapitäns nur anhand der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls geprüft werden.