© 2019 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 257/19 Zulässigkeit eines Elternwahlrechts Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 257/19 Seite 2 Zulässigkeit eines Elternwahlrechts Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 257/19 Abschluss der Arbeit: 20. November 2019 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 257/19 Seite 3 1. Fragestellung Die Dokumentation stellt Materialien zur Verfassungsmäßigkeit eines Wahlrechts, das Eltern eine zusätzliche Stimmabgabe ermöglicht, zusammen. Ein solches Elternwahlrecht wird anhand von zwei Modellen diskutiert: Zum einen wird ein Kinderwahlrecht von Geburt an (oder ab einem bestimmten Alter) vorgeschlagen, das bis zum Eintritt der Volljährigkeit von den Eltern stellvertretend wahrgenommen wird. Zum anderen wird ein originär den Eltern zustehendes Wahlrecht diskutiert, bei dem diese abhängig von der Anzahl ihrer Kinder zusätzliche Stimmen erhalten. In der juristischen Literatur werden beide Modelle weit überwiegend als verfassungswidrig beurteilt. Dabei wird überwiegend vertreten, dass ein Elternwahlrecht wegen eines Verstoßes gegen das Demokratieprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG auch nicht durch Verfassungsänderung eingeführt werden könnte. Im Bundestag wurde die Einführung eines Wahlrechts von Geburt an in der 15.1 und der 16. Wahlperiode 2 aufgrund von fraktionsübergreifenden Anträgen diskutiert. 2. Literatur zur verfassungsrechtlichen Bewertung eines Elternwahlrechts 2.1. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Fragen zum Wahlrecht von Geburt an, WD 3 - 3000 - 157/17 Anlage 1 Die Ausarbeitung befasst sich mit beiden diskutierten Modellen und wertet dazu eine Vielzahl von Quellen aus. Sie merkt zunächst an, dass das Modell des originären Elternwahlrechts in der juristischen Literatur nicht mehr vertreten werde. Dieses Modell werde unstreitig als unvereinbar mit dem Prinzip der Gleichheit der Wahl aus Art. 38 Abs. 1 GG angesehen. Da dieser Grundsatz auch ein Teil des Demokratieprinzips aus Art. 20 Abs. 1 GG sei, könne ein originäres Elternwahlrecht wegen der in Art. 79 Abs. 3 verankerten Ewigkeitsgarantie auch nicht durch Verfassungsänderung eingeführt werden. In Bezug auf das stellvertretende Elternwahlrecht wird zunächst angemerkt, dass dafür eine Änderung von Art. 38 Abs. 2 GG notwendig wäre, da das Wahlalter herabgesetzt werden müsste. Anschließend stellt die Ausarbeitung den Streitstand zu der Frage dar, ob eine solche Verfassungsänderung mit Art. 79 Abs. 3 GG vereinbar wäre. 2.2. Strohmeier, Familienwahlrecht reloaded: Ein nicht mehr ganz neuer Vorschlag erneut auf der Agenda – und dem Prüfstand, in: ZPol 2016, S. 3 ff. Anlage 2 Der Aufsatz kommt zu dem Ergebnis, dass sowohl das originäre Elternwahlrecht als auch das Stellvertreterwahlrecht verfassungswidrig wären. Das originäre Elternwahlrecht verstoße gegen das Prinzip der Gleichheit der Wahl aus Art. 38 Abs. 1 GG. Einem stellvertretenden Wahlrecht stehe das in Art. 38 Abs. 2 GG festgelegte Wahlalter entgegen. Beide Modelle könnten wegen einer Verletzung des Demokratieprinzips nicht durch eine Änderung des Grundgesetzes eingeführt werden. 1 BT-Drs. 15/1544; BT-Plenarprotokoll 15/102, S. 9269 ff. sowie 15/178, S. 16838 ff. 2 BT-Drs 16/9868; BT-Plenarprotokoll 16/227, S. 25247 ff. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 257/19 Seite 4 2.3. Schroeder, Familienwahlrecht und Grundgesetz, in: JZ 2003, S. 917 ff. Anlage 3 Der Autor erläutert zunächst, dass das Modell des originären Elternwahlrechts nicht weiter verfolgt werde, da Mehrstimmenrechte für Eltern gegen den Grundsatz der Wahlgleichheit aus Art. 38 Abs. 1 GG verstießen. In Bezug auf das Stellvertreterwahlrecht, für dessen Einführung eine Grundgesetzänderung erforderlich sei, formuliert der Autor erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. 2.4. Holste, Wahlrecht von Geburt an: Demokratie auf Abwegen?, in: DÖV 2005, S. 110 ff. Anlage 4 Der Autor befasst sich mit dem Modell des stellvertretenden Wahlrechts und wertet es als Verstoß gegen das Demokratieprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG. ***