© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 255/14 Struktur und Aufgaben der ständigen Ausschüsse Ein Vergleich zwischen dem Deutschen Bundestag, der französischen Assemblée nationale und dem britischen House of Commons Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 255/14 Seite 2 Struktur und Aufgaben der ständigen Ausschüsse Ein Vergleich zwischen dem Deutschen Bundestag, der französischen Assemblée nationale und dem britischen House of Commons Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 255/14 Abschluss der Arbeit: 05.02.2015 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Die nachfolgenden Informationen über die Struktur und die Aufgaben der ständigen Ausschüsse der Parlamente von Frankreich und Großbritannien beruhen auf einer Anfrage des Verfassers an die wissenschaftlichen Dienste der Parlamente von Frankreich und Großbritannien über das Europäische Zentrum für parlamentarische Wissenschaft und Dokumentation (EZPWD) – EZPWD- Anfrage Nr. 2683 der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 3. November 2014. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 255/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einrichtung und Besetzung der ständigen Ausschüsse 4 1.1. Praxis im Deutschen Bundestag 4 1.2. Praxis in der französischen Assemblée nationale 5 1.3. Praxis im britischen House of Commons 5 2. Aufgaben der ständigen Ausschüsse 6 2.1. Praxis im Deutschen Bundestag 6 2.2. Praxis in der französischen Assemblée nationale 7 2.3. Praxis im britischen House of Commons 7 3. Ämter und Funktionen in den ständigen Ausschüssen 8 3.1. Praxis im Deutschen Bundestag 8 3.2. Praxis in der französischen Assemblée nationale 8 3.3. Praxis im britischen House of Commons 9 4. Beratung von Gesetzentwürfen in den Ausschüssen 9 4.1. Praxis im Deutschen Bundestag 9 4.2. Praxis in der französischen Assemblée nationale 10 4.3. Praxis im britischen House of Commons 11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 255/14 Seite 4 1. Einrichtung und Besetzung der ständigen Ausschüsse 1.1. Praxis im Deutschen Bundestag Die ständigen Ausschüsse des Bundestages werden für jede Legislaturperiode neu konstituiert. Dabei hat der Bundestag nicht vollkommen freie Hand, denn einige Ausschüsse schreibt das Grundgesetz vor und die Einrichtung anderer wird in bestimmten gesetzlichen Formulierungen vorausgesetzt. Der Großteil der ständigen Ausschüsse wird aber als Spiegelbild der Regierung gebildet – in der Regel steht je einem Bundesministerium ein ständiger Ausschuss gegenüber. Eine Höchstzahl von Ausschüssen legt das Grundgesetz für den Bundestag nicht fest. In der 18. Wahlperiode hat der Bundestag folgende 23 ständige Ausschüsse gebildet: Den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, den Petitionsausschuss, den Auswärtigen Ausschuss, den Innenausschuss, den Sportausschuss, den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, den Finanzausschuss, den Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Energie, den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft, den Ausschuss für Arbeit und Soziales, den Verteidigungsausschuss, den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, den Ausschuss für Gesundheit, den Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur, den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, den Ausschuss für Tourismus , den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union, den Ausschuss für Kultur und Medien sowie den Ausschuss Digitale Agenda. Jeder Ausschuss kann zur Vorbereitung seiner Arbeit Unterausschüsse einsetzen. Diese werden entweder zur Beratung eines bestimmten Gesetzentwurfes oder eines besonderen Problems eingesetzt . Sie können auch für bestimmte Teilgebiete für die Dauer der gesamten Wahlperiode eingerichtet werden. Die Zahl der Mitglieder in den einzelnen Ausschüssen bestimmt sich nach der traditionellen Bedeutung und dem Arbeitsanfall der einzelnen Ausschüsse. Steht die Anzahl der Sitze eines Ausschusses danach fest, erfolgt die Verteilung der Sitze in einem Ausschuss entsprechend dem Kräfteverhältnis der Fraktionen. Proportional zu ihrer Mandatszahl im Plenum des Bundestages hat jede Fraktion Anspruch auf eine bestimmte Zahl von Mitgliedern in den Ausschüssen. Welcher Abgeordnete in welchem Ausschuss tätig ist, entscheiden die Fraktionen. Abgeordneten, die weder einer Fraktion noch einer Gruppe angehören, teilt der Bundestagspräsident nach Anhörung einen Platz in einem Ausschuss zu. Ein Abgeordneter kann Mitglied mehrerer Ausschüsse sein. Sofern er ein ordentliches Mitglied des Ausschuss ist, verfügt er über ein Stimmrecht. Ist er ein stellvertretendes Mitglied, so kann er an einer Ausschusssitzung teilnehmen; er ist jedoch nur in Vertretung eines nicht anwesenden ordentlichen Mitgliedes seiner Fraktion stimmberechtigt. Abgeordnete, die weder einer Fraktion noch einer Gruppe angehören, verfügen im jeweiligen Ausschuss über ein Rede- und Antragsrecht , nicht jedoch über ein Stimmrecht. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 255/14 Seite 5 1.2. Praxis in der französischen Assemblée nationale Im Rahmen einer Verfassungsänderung im Jahr 2008 wurde die Höchstzahl von ständigen Ausschüssen von sechs auf acht je Parlamentskammer erhöht. Die Geschäftsordnung der Nationalversammlung , in der die Bezeichnungen und Zuständigkeitsbereiche der ständigen Ausschüsse geregelt sind, wurde entsprechend angepasst. Danach hat die Nationalversammlung folgende acht ständige Ausschüsse eingesetzt: Den Ausschuss für kulturelle Angelegenheiten und Bildung, den Ausschuss für wirtschaftliche Angelegenheiten, den Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, den Ausschuss für soziale Angelegenheiten , den Ausschuss für nationale Verteidigung und Streitkräfte, den Ausschuss für nachhaltige Entwicklung und Raumordnung, den Ausschuss für Finanzen, allgemeine Wirtschaft und Haushaltskontrolle sowie den Ausschuss für Verfassungsgesetze, Gesetzgebung und allgemeine Verwaltung der Republik. Die Einsetzung von Unterausschüssen ist nicht möglich. Häufig schaffen die Ausschüsse jedoch aus mehreren Abgeordneten bestehende Arbeitsgruppen, deren Aufgabe die Prüfung eines bestimmten Beratungsgegenstandes ist. Die maximale Mitgliederzahl der ständigen Ausschüsse beträgt ein Achtel der Mitglieder der Nationalversammlung , das auf die nächsthöhere Zahl aufgerundet wird. Zu Beginn einer Legislaturperiode und zu Beginn der ordentlichen Sitzungsperiode in jedem darauffolgenden Jahr werden die Mitglieder der ständigen Ausschüsse benannt. Die Anzahl der Sitze einer Fraktion in einem Ausschuss bestimmt sich nach dem Kräfteverhältnis im Plenum der Nationalversammlung. Welcher Abgeordnete einer Fraktion in welchem Ausschuss tätig ist, entscheiden die Fraktionen. Verbleiben nach dieser Verteilung noch freie Sitze, so werden diese mit Abgeordneten besetzt, die keiner Fraktion angehören. Wird dabei keine Einigkeit erzielt, werden die Sitze den Kandidaten mit dem höheren Lebensalter zuerkannt. Ein Abgeordneter kann nur Mitglied eines einzigen ständigen Ausschusses sein. Er kann jedoch auch an Sitzungen von Ausschüssen teilnehmen, denen er nicht angehört. 1.3. Praxis im britischen House of Commons Die Geschäftsordnung des House of Commons regelt, welche Ausschüsse eingerichtet werden. Eine formale Begrenzung der Zahl der ständigen Ausschüsse gibt es nicht. Es lassen sich zunächst zwei Obergruppen von Ausschüssen unterscheiden: Ständige Ausschüsse (Select Committees ) sowie Ausschüsse, die nur vorübergehend zu bestimmten Zwecken eingerichtet werden (General Committees, bis 2006 als Standing Committees bezeichnet). In der Gruppe der ständigen Ausschüsse lassen sich wiederum vier Arten von Ausschüssen unterscheiden . Die größte Gruppe bilden dabei die 19 Fachausschüsse, die jeweils einem Ministerium zugeordnet sind. Daneben existieren weitere Fachausschüsse, die ressortübergreifende Aufgabengebiete besitzen. Diese sind teilweise als sog. Gemischte Ausschüsse (Joint Committees) eingerichtet, die sich aus Mitgliedern sowohl des House of Commons als auch des House of Lords zusammensetzen. Einen regionalen Bezug besitzen die Ausschüsse der dritten Gruppe, die sog. Großen Ausschüsse (Grand Committees), in denen die Mitglieder des House of Commons die Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 255/14 Seite 6 Möglichkeit haben, solche Angelegenheiten zu erörtern, die ihren Wahlkreis betreffen. Entsprechende Ausschüsse bestehen für Schottland, Wales und Nord-Irland. Die vierte Gruppe bilden die Ausschüsse, die sich mit den internen Angelegenheiten des House of Commons, wie beispielsweise der Geschäftsordnung, befassen. Eine besondere Stellung besitzt schließlich der Verbindungsausschuss (Liaison Committee), der sich mit grundsätzlichen Angelegenheiten der ständigen Ausschüsse befasst und deren Tätigkeit beaufsichtigt. Die Vorsitzenden der meisten ständigen Ausschüsse sind Mitglieder dieses Verbindungsausschusses. Die Gruppe der General Committees – also der Ausschüsse, die nur vorübergehend für einen bestimmten Zweck eingerichtet werden – besteht in erster Linie aus den Public Bill Committees. Solche Ausschüsse werden zur Prüfung und Beratung der Gesetzentwürfe, die in das Parlament eingebracht werden, eingerichtet und tragen den Namen des jeweiligen Gesetzes. Bei besonders wichtigen und umstrittenen Gesetzen kann der Gesetzentwurf zur Beratung auch dem Plenarausschuss (Committee of the whole House) zugewiesen werden, in dem der Entwurf im Detail von allen Mitgliedern des House of Commons diskutiert werden kann. Ob ein Ausschuss einen Unterausschuss einrichten kann, bestimmt sich nach den Vorschriften der Geschäftsordnung über die Einrichtung des jeweiligen Ausschusses. Alle ständigen Fachausschüsse besitzen eine solche Befugnis. Die Zahl der Sitze in den einzelnen Ausschüssen wird nach einer bestimmten Formel berechnet. Die General Committees bestehen mindestens aus 16 und maximal 50 Mitgliedern, die ständigen Ausschüsse aus mindestens elf Mitgliedern. Die Sitzverteilung in den einzelnen Ausschüssen richtet sich in der Regel nach der Anzahl der Sitze, die eine bestimmte Partei im House of Commons erlangt hat. Hinsichtlich der meisten Ausschüsse des House of Commons entscheidet der Auswahlausschuss (Committee of Selection) darüber, welcher Abgeordnete Mitglied in welchem Ausschuss wird. Die Anträge auf Mitgliedschaft von Abgeordneten in ständigen Ausschüssen werden nach entsprechenden Verhandlungen zwischen den Parteien eingebracht. 2. Aufgaben der ständigen Ausschüsse 2.1. Praxis im Deutschen Bundestag In der Geschäftsordnung des Bundestages werden die ständigen Ausschüsse als „vorbereitende Beschlussorgane des Bundestages“ bezeichnet. In den sog. Gesetzgebungsausschüssen werden die Gesetzentwürfe des jeweiligen Bereichs erörtert und vom federführenden Ausschuss in eine Fassung gebracht, die vom Plenum des Bundestages so beschlossen werden kann. Über die sog. Beschlussempfehlung des Ausschusses stimmt das Plenum des Bundestages – meist nach erneuter Debatte – ab. Andere Ausschüsse, wie der Petitionsausschuss und der Geschäftsordnungsausschuss , nehmen spezifische Aufgaben außerhalb der Gesetzgebung wahr. In der Regel erhalten die Ausschüsse ihren Beratungsgegenstand vom Bundestagsplenum zugewiesen . Die Ausschüsse können aber auch auf eigene Initiative hin tätig werden. Aufgrund ihres Selbstbefassungsrechts können sie Themen aus ihrem Geschäftsbereich ohne Überweisung durch den Bundestag beraten und sich von den Ministerien über Gesetzgebungsvorhaben informieren lassen. Die Ausschüsse können auch öffentliche Anhörungen von Interessenverbänden und Experten anberaumen. Ausschussberatungen aufgrund dieses Selbstbefassungsrechts haben sich zu einem Instrument der laufenden Kontrolle des Parlaments gegenüber der Regierung entwickelt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 255/14 Seite 7 2.2. Praxis in der französischen Assemblée nationale Als die wesentlichen Arbeitsgremien der Nationalversammlung besitzen die ständigen Ausschüsse eine Doppelfunktion: Zum einen sind sie im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zuständig für die Vorbereitung der Debatten im Plenum der Nationalversammlung. Seit der Verfassungsreform von 2008 ist im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens die Überweisung eines Gesetzentwurfes an einen ständigen Ausschuss der Regelfall und die Einrichtung eines eigens zu diesem Zweck eingesetzten Ausschusses die Ausnahme. Gleichzeitig wurde mit der Verfassungsreform die Rolle der Ausschüsse im Gesetzgebungsverfahren gestärkt. Das Plenum der Nationalversammlung befasst sich nun grundsätzlich nicht mehr mit der Fassung des Gesetzentwurfes, in der dieser anfänglich in die Nationalversammlung eingebracht wurde, sondern mit der von dem federführenden Ausschuss beschlossenen Fassung. Dies hat zur Folge, dass die Änderungsvorschläge des Ausschusses nicht mehr im Plenum vorgestellt, diskutiert und angenommen werden müssen, sondern bereits Bestandteil des Gesetzentwurfes geworden sind. Zum anderen haben die ständigen Ausschüsse nach der Geschäftsordnung der Nationalversammlung die Aufgabe, die Nationalversammlung so zu unterrichten, dass diese ihre Kontrollaufgabe bezüglich der Politik der Regierung wahrnehmen kann. In diesem Zusammenhang ist die Durchführung von Anhörungen – insbesondere die Befragung von Ministern – zu einem bewährten Arbeitsmittel der ständigen Ausschüsse geworden. 2.3. Praxis im britischen House of Commons Nach der Geschäftsordnung des House of Commons werden die Fachausschüsse eingesetzt, um die Ausgaben, die Verwaltung und die Politik der einzelnen Ministerien zu kontrollieren. Die Prüfung und Beratung von Gesetzentwürfen fällt dagegen im Wesentlichen in den Aufgabenbereich der – nur vorübergehend eingerichteten – General Committees. Der Verbindungsausschuss (Liaison Committee) hat darüber hinaus verschiedene Kernaufgaben der Fachausschüsse herausgearbeitet. Das Gesamtziel der Fachausschüsse besteht danach darin, die Ministerien für ihre Politik und Entscheidungen rechenschaftspflichtig zu halten und das Parlament bei der Kontrolle der Bereitstellung öffentlicher Gelder und der Gesetzesprüfung zu unterstützen. Dazu gehört unter anderem die Kontrolle der Ministerien in Hinblick auf ihre Strategie , ihre politischen Vorschläge sowie ihre Ausgaben. Auch die Besetzung wichtiger Ämter sowie die Umsetzung von Gesetzen durch ein Ministerium unterliegen der Kontrolle der Fachausschüsse . Abgesehen von seltenen Fällen, in denen das House of Commons einen bestimmten Verhandlungsgegenstand an einen Fachausschuss überweist, können diese innerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches frei entscheiden, mit welcher Thematik sie sich beschäftigen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 255/14 Seite 8 3. Ämter und Funktionen in den ständigen Ausschüssen 3.1. Praxis im Deutschen Bundestag Jeder ständige Ausschuss besteht aus einem Vorsitzenden, einem Stellvertreter sowie einer bestimmten Anzahl von Mitgliedern, die wiederum je einen Stellvertreter haben. Die Verteilung der Vorsitze in den Ausschüssen erfolgt proportional nach der Fraktionsstärke im Bundestag, wobei sich die Fraktionen auf die Details der Verteilung im Ältestenrat des Bundestages einigen. Kommt es dort zu keiner Einigung, wird ein spezielles mathematisches Verfahren angewendet. Dem Vorsitzenden eines Ausschusses obliegt die Vorbereitung, Einberufung und Leitung der Ausschusssitzungen sowie die Durchführung der Ausschussbeschlüsse. Für jeden Verhandlungsgegenstand des Ausschusses benennt der Vorsitzende einen oder mehrere Berichterstatter. Die Geschäftsordnung des Bundestages beschreibt mit dem Begriff der Berichterstattung eigentlich nur die Übermittlung der Erkenntnisse des Ausschusses an das Plenum . Es hat sich jedoch als zweckmäßig herausgestellt, wenn Berichterstatter eine Vorlage auf ihrem gesamten Weg durch den Ausschuss bis zurück ins Plenum betreuen und für deren Bearbeitung verantwortlich sind. Innerhalb des Ausschusses beurteilen die Berichterstatter als Erste eingebrachte Änderungsvorschläge und unterbreiten eigene Vorschläge. Neben den Vorsitzenden nehmen die Obleute eine Schlüsselstellung in den Ausschüssen ein: Jede Fraktion bestimmt für jeden Ausschuss einen sog. Obmann, der den Kurs der jeweiligen Fraktion in den einzelnen Ausschüssen maßgeblich mitbestimmt und Schlichtungsinstanz ist, wenn es bei Verhandlungen zu Konflikten kommt. Die ständigen Ausschüsse werden bei ihrer Aufgabenwahrnehmung durch die „Unterabteilung PA – Ausschüsse“ der Verwaltung des Bundestages in Form von Ausschusssekretariaten unterstützt . Jedem Ausschuss steht damit ein kleiner Mitarbeiterstab zur Verfügung, der unmittelbar nach den Weisungen und Anforderungen der Ausschussvorsitzenden die Ausschussarbeit administrativ , organisatorisch und fachlich betreut. 3.2. Praxis in der französischen Assemblée nationale Jeder Ausschuss wird von einem sog. Ausschussvorstand (Bureau) geleitet, welcher aus einem Vorsitzenden, vier Stellvertretern sowie vier Schriftführern besteht. Die Zusammensetzung eines solchen Vorstandes spiegelt die politische Zusammensetzung der Nationalversammlung wider. Die verschiedenen Ämter des Ausschussvorstandes werden jeweils einzeln in geheimer Wahl bestimmt . Übersteigt die Anzahl der Kandidaten für die jeweiligen Arten von Ämtern die Anzahl der zu besetzenden Sitze nicht, wird keine Wahl durchgeführt. Der Vorsitzende eines Ausschusses organisiert die Arbeit des Ausschusses und der Vorstand eines Ausschusses verfügt über alle Befugnisse, um die Beratungen innerhalb des Ausschusses zu regeln. Für jeden Gesetzentwurf der Regierung oder eines Abgeordneten ernennt ein Ausschuss eines seiner Mitglieder zum Berichterstatter (Rapporteur). Die Berichterstatter besitzen – anders als die Sonderberichterstatter des Finanzausschusses – grundsätzlich keine spezifischen Untersuchungsbefugnisse . Sie werden jedoch bei ihrer Tätigkeit von Parlamentsbeamten unterstützt. Den Berichterstattern sind insbesondere zwei Aufgabenbereiche zugewiesen: Die Erstellung eines Be- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 255/14 Seite 9 richts mit der Bewertung des Gesetzentwurfs sowie die Erarbeitung und Vorstellung von entsprechenden Änderungsvorschlägen. Zu diesem Zweck können die Berichterstatter auch Anhörungen durchführen, denen alle Ausschussmitglieder beiwohnen dürfen. Der Finanzausschuss ernennt darüber hinaus einen sog. Generalberichterstatter (Rapporteur général du budget). Für jeden ständigen Ausschuss wird ein Ausschusssekretariat eingerichtet, dass den Ausschuss in Bezug auf die ihm im Gesetzgebungsverfahren übertragenen Aufgaben unterstützt. Daneben stehen den Ausschüssen Parlamentsbeamte zur Verfügung, die sich unter anderem mit der Überprüfung von Gesetzen und mit Gesetzgebungsstudien beschäftigen. 3.3. Praxis im britischen House of Commons Für jeden Ausschuss wird eines seiner Mitglieder zum Ausschussvorsitzenden gewählt. Für die 19 Fachausschüsse sowie den Umweltauditausschuss, den ständigen Ausschuss für öffentliche Verwaltung, den Rechnungsprüfungsausschuss sowie den Geschäftsordnungsausschuss werden die Vorsitzenden vom House of Commons in geheimer Wahl gewählt. Vor der Durchführung der Wahl bringen die Parteien im House of Commons einen Antrag ein, in dem der Vorsitz der einzelnen Ausschüsse jeweils den verschiedenen Parteien zugeteilt wird. In den übrigen Ausschüssen erfolgt die Wahl des Vorsitzes – in der Regel bei der ersten Sitzung des Ausschusses – durch die Ausschussmitglieder. Die Vorsitzenden der General Committees – also der Ausschüsse, die nur vorübergehend (in der Regel für die Prüfung eines Gesetzentwurfes) bestehen – werden durch den Vorsitzenden des House of Commons (The Speaker) ernannt. Zu diesem Zweck stellt der Vorsitzende des House of Commons zu Beginn einer Legislaturperiode das sog. Vorsitzenden-Gremium (Chairmen’s panel) auf, dass aus zehn Abgeordneten besteht, die dann als Vorsitzende für die nicht-ständigen Ausschüsse zur Verfügung stehen. Die Unterabteilung Ausschüsse in der Abteilung Parlaments- und Ausschussdienste der Parlamentsverwaltung stellt allen ständigen Fachausschüssen des Parlaments und den meisten übrigen ständigen Ausschüssen ein Sekretariat sowie Beratungs-, Recherche- und Verwaltungsdienstleistungen zur Verfügung. Jedes Ausschusssekretariat wird in der Regel von einem Ausschusssekretär geleitet und besteht aus Mitarbeitern mit entsprechendem Fachwissen und Mitarbeitern, die allgemeine Verwaltungsdienstleistungen erbringen. Obwohl die Mitarbeiter naturgemäß eng mit dem Vorsitzenden des Ausschusses zusammenarbeiten, dient ihre Tätigkeit allen Mitgliedern des Ausschusses. Darüber hinaus besitzen die Ausschüsse die Befugnis, Fachberater zu ernennen, die nicht aus dem House of Commons, sondern von außerhalb des Parlaments stammen. 4. Beratung von Gesetzentwürfen in den Ausschüssen 4.1. Praxis im Deutschen Bundestag Nach der ersten Beratung eines Gesetzentwurfs im Plenum des Bundestages wird dieser durch das Plenum einem Ausschuss überwiesen. Eine entsprechende Vorlage kann dabei auch mehreren Ausschüssen zugewiesen werden. In diesem Fall muss jedoch ein federführender Ausschuss benannt werden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 255/14 Seite 10 Während die Diskussion im Plenum des Bundestages von eher grundsätzlichen Stellungnahmen geprägt ist, werden im Rahmen der Ausschussberatungen die unterschiedlichen politischen Vorstellungen der Fraktionen, nicht selten aber auch die Gemeinsamkeiten, sachbezogen herausgearbeitet . Die Beratung eines Gesetzentwurfes eines Ausschusses beginnt in der Regel damit, dass die Berichterstatter zunächst die grundsätzliche Haltung ihrer Fraktion darlegen. Anschließend wird auf Problempunkte hingewiesen und es werden Fragen an die Gegenseite, ggf. auch an die Bundesregierung gestellt. Die Berichterstatter können um die Prüfung bestimmter Aspekte oder die Durchführung sog. Berichterstattergespräche gebeten werden, in deren Rahmen geklärt wird, inwieweit Einigkeit besteht und wo Probleme liegen. An den Ausschussberatungen können grundsätzlich alle Abgeordneten sowie die Beauftragten von Bundesregierung und Bundestag teilnehmen. Zur Information über einen Gegenstand seiner Beratung kann ein Ausschuss öffentliche Anhörungen von Sachverständigen, Interessenvertretern und anderen Auskunftspersonen vornehmen. Abgeschlossen werden die Beratungen im Ausschuss durch die sog. Beschlussempfehlung des Ausschusses an das Plenum. Diese wird vom gesamten Ausschuss beschlossen und kann die Zustimmung oder Ablehnung oder sogar eine vollständige Änderung des Gesetzentwurfes zum Gegenstand haben. Nach der entsprechenden Abstimmung im Ausschuss unterzeichnen die Berichterstatter gemeinsam mit dem Ausschussvorsitzenden die Beschlussempfehlung und berichten im Plenum von dem Ablauf der Beratungen . Die Beratungen der Ausschüsse sind grundsätzlich nicht öffentlich, ein Ausschuss kann jedoch für einen bestimmten Verhandlungsgegenstand die Öffentlichkeit zulassen. Die Anhörungen der Ausschüsse werden überwiegend als öffentliche Sitzungen durchgeführt. 4.2. Praxis in der französischen Assemblée nationale Bevor die Nationalversammlung einen Gesetzentwurf im Plenum erörtert, wird dieser in einem Ausschuss geprüft und beraten. Der Präsident der Nationalversammlung überweist zu diesem Zweck den Gesetzentwurf an einen von ihm bestimmten federführenden Ausschuss. Wie bereits oben angesprochen, wird seit der Verfassungsreform von 2008 ein Gesetzentwurf im Regelfall an einen ständigen Ausschuss überwiesen. Die anderen Ausschüsse haben die Möglichkeit, als sog. beratende Ausschüsse dem federführenden Ausschuss ihre Vorschläge zuzuleiten. Für gewöhnlich beginnt das Verfahren mit einer allgemeinen Debatte, zu der manchmal auch die jeweils zuständigen Minister erscheinen. Sodann geht der Ausschuss zur Prüfung des Gesetzentwurfes und der entsprechenden Änderungsvorschläge über. In diesem Zusammenhang können auch Anhörungen durchgeführt werden. Auch Mitglieder anderer Ausschüsse können an den Beratungen eines Ausschusses teilnehmen und sich an der Diskussion beteiligen. Zudem nimmt in der Regel ein Mitglied der Regierung an den Beratungen im Ausschuss teil; insbesondere seitdem nach der Verfassungsänderung nun im Plenum die vom Ausschuss beschlossene Fassung des Gesetzentwurfes Grundlage der Beratung ist. In der späteren Plenardebatte kann die Regierung die Prüfung solcher Änderungsanträge ablehnen, die nicht zuvor dem Ausschuss vorgelegen haben. Das Verfahren im Ausschuss endet mit einer Abstimmung über den Gesetzentwurf und die entsprechenden Änderungsvorschläge. Mitglieder der Regierung können dieser Abstimmung nicht beiwohnen. In der darauf folgenden Plenarsitzung wird der Ausschuss durch seinen Vorsitzen- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 255/14 Seite 11 den sowie den Berichterstatter vertreten. Der Ausschussvorsitzende erläutert gegenüber dem Plenum die Auffassung des Ausschusses. In der Plenardebatte besitzen der Ausschussvorsitzende sowie der Berichterstatter gewisse Privilegien, insbesondere in Bezug auf ihr Rederecht. Darüber hinaus können sie unter anderem im Plenum eine Abstimmung beantragen sowie eine Vertagung der Debatte oder eine zweite Beratung verlangen. Nach der Geschäftsordnung besitzen die Vorstände der Ausschüsse die Befugnis, über die Öffentlichkeit der Aufgabenwahrnehmung ihres Ausschusses zu entscheiden. Danach werden insbesondere Anhörungen eines Ausschusses öffentlich durchgeführt. 4.3. Praxis im britischen House of Commons Die Beratung der Gesetzentwürfe in den Ausschüssen erfolgt in der Committee stage, die sich an die erste und zweite Lesung des Gesetzentwurfs im Plenum des House of Commons anschließt. Für jeden einzelnen Gesetzentwurf wird ein spezieller Ausschuss – ein Public Bill Committee – eingerichtet, in dem der Entwurf detailliert beraten wird. In einzelnen Fällen (etwa bei besonders kontrovers diskutierten Themen) wird ein Gesetzentwurf auch dem Plenarausschuss (Committee of the whole House) zur Beratung überwiesen. Im Ausschuss wird der Gesetzentwurf unter der Leitung des Ausschussvorsitzenden im Einzelnen erörtert. Das Verfahren der Beratung in den Ausschüssen folgt dabei ähnlichen Regeln, wie das der Beratung des Plenums des House of Commons. Die Ausschüsse haben die Befugnis, Stellungnahmen von Beamten oder Experten von außerhalb des Parlaments anzufordern oder diese zu Anhörungen vor dem Ausschuss einzuladen. Der Vorsitzende des Ausschusses wählt aus, welche aufgebrachten Änderungsvorschläge zur Diskussion im Ausschuss zugelassen werden. Abschließend stimmt der Ausschuss über den Gesetzentwurf und die entsprechenden Änderungsvorschläge ab. Dabei können nur Mitglieder des Ausschusses an der Abstimmung teilnehmen . Nach Abschluss der Prüfung des Gesetzentwurfs im Ausschuss teilt dieser in der Report stage dem Plenum des House of Commons die Ergebnisse seiner Beratungen und etwaige Änderungsvorschläge mit. Nach der Geschäftsordnung soll die Öffentlichkeit grundsätzlich zu den Sitzungen der General Committees zugelassen werden. Die Ausschüsse können diese jedoch bei geheimhaltungsbedürftigen Belangen im Einzelfall ausschließen.