© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 254/18 Fragen zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 254/18 Seite 2 Fragen zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 254/18 Abschluss der Arbeit: 10. Juli 2018 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 254/18 Seite 3 1. Einleitung Gefragt wird nach den Gründen für den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit. Dabei soll insbesondere erörtert werden, ob folgende Aspekte für den Staatsangehörigkeitsverlust relevant sind: – die Art des Staatsangehörigkeitserwerbs und die Dauer der deutschen Staatsangehörigkeit, – die Vermeidung der Staatenlosigkeit und – die Begehung von Terror- oder anderen schweren Straftaten. Für den Fall, dass die Begehung von Terror- oder anderen schweren Straftaten nach geltendem Recht keine Gründe für den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit darstellen, wird nach entsprechenden Gesetzesvorhaben gefragt. 2. Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit Nach Art. 16 Abs. 1 S. 2 GG darf der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird. Ein Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit ist nach Art. 16 Abs. 1 S. 1 GG unzulässig. Einfachgesetzlich sind die Gründe für den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit abschließend in § 17 Abs. 1 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) aufgeführt. Danach geht die deutsche Staatsangehörigkeit in folgenden Fällen verloren: – durch Entlassung (§§ 18 bis 24 StAG), – durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit (§ 25 StAG), – durch Verzicht (§ 26 StAG), – durch Annahme als Kind durch einen Ausländer (§ 27 StAG), – durch Eintritt in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates (§ 28 StAG), – durch Erklärung (§ 29 StAG) oder – durch Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes (§ 35 StAG). Für Mehrstaater kommen folgende Verlustgründe in Betracht: – Erklärung: der optionspflichtige Mehrstaater entscheidet sich durch Erklärung für die ausländische Staatsangehörigkeit, – Verzicht: der Mehrstaater verzichtet auf die deutsche Staatsangehörigkeit, Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 254/18 Seite 4 – Streitkräfteeintritt: der Mehrstaater tritt freiwillig und ohne Zustimmung des Bundesverteidigungsministeriums in die Streitkräfte des ausländischen Staates ein, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Deutsche Staatsangehörige ohne weitere ausländische Staatsangehörigkeit können die deutsche Staatsangehörigkeit grundsätzlich nur im Zusammenhang mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit verlieren, und zwar dann, wenn sie – nach Beantragung des Erwerbs einer ausländischen Staatsangehörigkeit und Zusicherung der Verleihung dieser Staatsangehörigkeit ihre Entlassung aus der deutschen Staatsangehörigkeit beantragen, wobei die Entlassung als nicht erfolgt gilt, wenn die zugesicherte ausländische Staatsangehörigkeit nicht innerhalb eines Jahres nach der Aushändigung der Entlassungsurkunde erworben wurde, – eine andere, selbst beantragte ausländische Staatsangehörigkeit erwerben, – als Minderjährige durch einen Ausländer als Kind angenommen werden und hierdurch die Staatsangehörigkeit des Annehmenden erhalten. Die Verlusttatbestände des § 17 Abs. 1 StAG unterscheiden nicht nach der Art des Staatsangehörigkeitserwerbs (z.B. Geburt, Einbürgerung) oder nach der Dauer des Staatsangehörigkeitsbesitzes. Der Verlustgrund der Rücknahme kommt jedoch allein für den Fall einer Einbürgerung in Betracht. Bei der Einbürgerung kann der Verlust der Staatsangehörigkeit durch Rücknahme der Einbürgerung eintreten, wenn die Einbürgerung rechtswidrig war und durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für den Erlass der Einbürgerung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme darf weiterhin nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach der Bekanntgabe der Einbürgerung erfolgen. Ferner steht der Rücknahme der Einbürgerung in der Regel nicht entgegen, dass der Betroffene dadurch staatenlos wird (§ 35 Abs. 2 StAG). 3. Terrorismusbekämpfung Bisher ist der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit wegen der Begehung einer Terrorstraftat oder einer anderen schweren Straftat gesetzlich nicht vorgesehen. Laut Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 12. März 2018 ist jedoch ein Verlusttatbestand bei Mehrstaatern im Zusammenhang mit der Terrorismusbeteiligung geplant. Hierzu heißt es konkret: „Wir werden einen neuen Verlusttatbestand in das Staatsangehörigkeitsgesetz einfügen, wonach Deutsche, die eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen, die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren können, wenn ihnen die konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen einer Terrormiliz im Ausland nachgewiesen werden kann.“ Zum Stand des Gesetzesvorhabens antwortete die Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage Mitte Mai 2018 wie folgt: „In der Bundesregierung ist noch keine Meinungsbildung über die Ausgestaltung der im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vereinbarten Einfügung eines neuen Verlusttatbestandes in das Staatsangehörigkeitsgesetz erfolgt.“ ***