© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 254/14 Parlamentarische Haushaltskontrolle Ein Vergleich zwischen dem Deutschen Bundestag, der französischen Assemblée nationale und dem britischen House of Commons Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 254/14 Seite 2 Parlamentarische Haushaltskontrolle Ein Vergleich zwischen dem Deutschen Bundestag, der französischen Assemblée nationale und dem britischen House of Commons Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 254/14 Abschluss der Arbeit: 04.02.2015 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Die nachfolgenden Informationen über die parlamentarische Haushaltskontrolle in Frankreich und Großbritannien beruhen auf einer Anfrage des Verfassers an die wissenschaftlichen Dienste der Parlamente von Frankreich und Großbritannien Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 254/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Parlamentarische Gremien zur Kontrolle des Haushaltsentwurfs der Regierung 4 1.1. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages 4 1.2. Der Ausschuss für Finanzen, allgemeine Wirtschaft und Haushaltskontrolle der französischen Assemblée nationale 4 1.3. Die Fachausschüsse des britischen House of Commons 5 2. Ablauf der parlamentarischen Haushaltsberatungen 5 2.1. Haushaltsberatungen im Deutschen Bundestag 5 2.2. Haushaltsberatungen in der französischen Assemblée nationale 6 2.3. Haushaltsberatungen im britischen House of Commons 7 3. Parlamentarische Prüfung des Haushaltsvollzuges 8 3.1. Prüfung des Haushaltsvollzuges durch den Deutschen Bundestag 8 3.2. Prüfung des Haushaltsvollzuges durch die französische Assemblée nationale 9 3.3. Prüfung des Haushaltsvollzuges durch das britische House of Commons 10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 254/14 Seite 4 1. Parlamentarische Gremien zur Kontrolle des Haushaltsentwurfs der Regierung 1.1. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages Die Aufgabe, den jährlich von der Bundesregierung vorzulegenden Entwurf des Bundeshaushalts zu beraten, wird federführend vom Haushaltsausschuss des Bundestages wahrgenommen. Zudem hat der Ausschuss bei Finanzvorlagen (d.h. Vorlagen, die wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung oder ihres finanziellen Umfangs geeignet sind, auf die öffentlichen Finanzen des Bundes oder der Länder erheblich einzuwirken) deren Vereinbarkeit mit dem laufenden und den künftigen Haushalten zu prüfen. Weiter kann der Ausschuss auch Einfluss auf die konkrete Verwendung von Haushaltsmitteln nehmen. Der Haushaltsausschuss hat zwei Unterausschüsse eingesetzt, den Rechnungsprüfungsausschuss sowie den Ausschuss zu Fragen der Europäischen Union. Nach parlamentarischem Brauch kommt der Vorsitz im Haushaltsausschuss immer einem Mitglied der Opposition zu. Dem Vorsitzenden obliegt die Vorbereitung, Einberufung und Leitung der Ausschusssitzungen sowie die Durchführung der Ausschussbeschlüsse. Für die Beratung des Entwurfs des Haushaltsplans setzt der Ausschuss für jeden Einzelplan des Haushalts (diese entsprechen weitgehend den Geschäftsbereichen der Ministerien) Ausschussmitglieder von jeder Fraktion als Berichterstatter ein. Die Berichterstatter beschäftigen sich intensiv mit den finanziellen Vorstellungen des jeweiligen Ministeriums und führen dabei sog. Berichterstattergespräche mit den Ministerien. Zu besonders wichtigen Themenbereichen holt der Haushaltsausschuss in öffentlichen Anhörungen Stellungnahmen von Experten ein. 1.2. Der Ausschuss für Finanzen, allgemeine Wirtschaft und Haushaltskontrolle der französischen Assemblée nationale Die Hauptaufgabe des Finanzausschusses der Nationalversammlung besteht in der federführenden Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes, der ihm von der Regierung vorgelegt wird. Gemäß der Geschäftsordnung der Nationalversammlung kann nur ein Abgeordneter einer Fraktion , die sich als der Opposition zugehörig erklärt hat, zum Vorsitzenden des Finanzausschusses gewählt werden. Neben dem Vorsitzenden des Ausschusses spielen der Generalberichterstatter (Rapporteur général) sowie die Sonderberichterstatter (Rapporteurs spéciaux) eine besondere Rolle im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung des Ausschusses. Dem Generalberichterstatter wird die Erstellung des Generalberichts über den Haushaltsgesetzentwurf sowie der Berichte über die Finanzberichtigungsgesetze und das Haushaltsabschlussgesetz übertragen. Der Generalberichterstatter prüft zudem den ersten Teil des Haushaltsgesetzentwurfs. Dieser ermächtigt zur Erhebung von Steuern, bewertet die öffentlichen Mittel und setzt Obergrenzen für die Ausgaben fest. Diesbezüglich legt der Generalberichterstatter dem Ausschuss die relevanten Änderungsanträge vor und vertritt später im Plenum der Nationalversammlung die Meinung des Ausschusses. Die detaillierte Prüfung der Ausgabenpositionen wird von den Sonderberichterstattern vorgenommen , die mit umfassenden Untersuchungsbefugnissen ausgestattet sind, einschließlich dem Recht auf Zugang zu allen Belegen. Die Sonderberichterstatter werden durch den Finanzausschuss im ersten Teil des Jahres ernannt und sind verantwortlich für die Überwachung der Durchführung des Haushalts in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich. Die Benennung der Sonderberichterstatter erfolgt gemäß der politischen Zusammensetzung der Nationalversammlung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 254/14 Seite 5 Ein Sonderberichterstatter kann den Finanzausschuss bitten, ihm eines seiner Mitglieder für die Ausübung der Kontrollaufgaben zur Seite zu stellen. Die übrigen Fachausschüsse ernennen sog. beratende Berichterstatter (Rapporteurs pour avis), die zuständig für die Prüfung der Haushaltsansätze sind, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen. Für die Prüfung des Haushaltsgesetzes von 2014 haben die Fachausschüsse 73 solcher Berichterstatter ernannt. 1.3. Die Fachausschüsse des britischen House of Commons Im House of Commons gibt es keinen Ausschuss, der speziell für die Prüfung des von der Regierung aufgestellten Haushaltsentwurfs zuständig ist. Diese Aufgabe wird vielmehr von den einzelnen Fachausschüssen (Departmental Select Committees), die jeweils einem Ministerium zugeordnet sind, wahrgenommen. Nach der Geschäftsordnung des House of Commons besitzen diese Ausschüsse die Aufgabe, die Ausgaben, die Verwaltung und Politik der wichtigsten Ministerien zu überprüfen. Damit gehört auch die Prüfung der Ausgabenpläne sowie der Haushaltsführung der Ressorts zu den Aufgaben der Fachausschüsse. Unterstützt werden die Ausschüsse dabei von der sog. Scrutiny Unit, die die Ausschüsse insbesondere bei der Haushalts- und Gesetzeskontrolle unterstützt und zu diesem Zweck bspw. Mittelansätze und Veröffentlichungen über die Haushalts- und Wirtschaftsführung prüft. Für die Bewilligung des Haushalts im Parlament ebenfalls von Bedeutung ist der Verbindungsausschuss (Liaison Committee), der sich aus den Vorsitzenden der einzelnen Fachausschüsse zusammensetzt und sich mit grundsätzlichen Angelegenheiten der Fachausschüsse befasst. In Bezug auf die Haushaltskontrolle ist es Aufgabe des Verbindungsausschusses, die Mittelansätze der Ministerien auszuwählen, die im Rahmen der Haushaltsdebatte im House of Commons (Estimate Days) diskutiert werden sollen. 2. Ablauf der parlamentarischen Haushaltsberatungen 2.1. Haushaltsberatungen im Deutschen Bundestag Der vom Bundesminister der Finanzen aufgestellte Entwurf des Haushaltsplans wird von der Bundesregierung als Entwurf des Haushaltsgesetzes beschlossen. Der Entwurf des Haushaltsgesetzes wird (zur Beteiligung der Länder) dem Bundesrat zugeleitet und gleichzeitig beim Bundestag eingebracht. Dies hat nach der Bundeshaushaltsordnung vor dem Beginn des Haushaltsjahres, in der Regel spätestens in der ersten Sitzungswoche des Bundestages nach dem 1. September zu erfolgen. Der Bundesrat nimmt innerhalb von sechs Wochen Stellung. Die Stellungnahme wird dem Bundestag gemeinsam mit einer Gegenäußerung der Bundesregierung übermittelt. Parallel zur Beratung im Bundesrat findet im Bundestag die erste Lesung zum Entwurf des Haushaltsgesetzes statt. In seiner Haushaltsrede trägt der Bundesminister der Finanzen die Überlegungen der Bundesregierung vor, die der Gestaltung des Haushaltsausschusses zugrunde liegen. Abgeordnete der im Bundestag vertretenen Parteien nehmen dazu grundsätzlich Stellung. Anschließend wird die Gesetzesvorlage dem Haushaltsausschuss überwiesen. Der Haushaltsausschuss prüft die Ansätze und beschließt ggf. Änderungsvorschläge. Eine Mitberatung durch die einzelnen Fachausschüsse findet grundsätzlich nicht statt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 254/14 Seite 6 In der zweiten Lesung im Bundestag legt der Haushaltsausschuss das Ergebnis seiner Beratungen dem Plenum vor. Damit beginnt die Beratung der Einzelpläne, die der Bundestag einzeln zu beurteilen hat. In der dritten Lesung wird nach Erledigung von Änderungsanträgen zu den Einzelplänen und nach Beschlussfassung über Entschließungsanträge das Haushaltsgesetz vom Bundestag verabschiedet. Sodann wird das beschlossene Haushaltsgesetz nochmals dem Bundesrat zugeleitet . Wenn der Bundesrat mit dem Gesetzesbeschluss nicht einverstanden ist, kann er den Vermittlungsausschuss anrufen. Schlägt dieser eine Änderung der Gesetzesvorlage vor, muss der Bundestag hierüber erneut beschließen. Danach hat der Bundesrat noch die Möglichkeit Einspruch einzulegen, den der Bundestag allerdings mit entsprechender Mehrheit zurückweisen kann. 2.2. Haushaltsberatungen in der französischen Assemblée nationale Der Prozess der Aufstellung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes fällt in den Aufgabenbereich der Regierung. Unter der Aufsicht des Premierministers erarbeitet der für Finanzen zuständige Minister den Haushaltsgesetzentwurf, der im Ministerrat überprüft wird. In begrenztem Maße ist jedoch auch das Parlament an der Aufstellung des Haushaltsgesetzentwurfs beteiligt, indem es eine Orientierungsdebatte über den Staatshaushalt abhält, die in der Regel im Juni stattfindet. Grundlage für diese Debatte ist ein Regierungsbericht über die Entwicklung der nationalen Wirtschaft und der öffentlichen Finanzen. Ebenfalls eingebunden in die Vorbereitung der Orientierungsdebatte sind der Finanzausschuss sowie der Rechnungshof. Der Haushaltsgesetzentwurf muss zunächst der Nationalversammlung vorgelegt werden, die nach der Verfassung insoweit Vorrang gegenüber dem Senat besitzt. Die Vorlage muss dabei vor dem ersten Dienstag im Oktober des Jahres, welches dem betreffenden Haushaltsjahr vorangeht, erfolgen . Vor der Erörterung des Gesetzentwurfs im Plenum der Nationalversammlung wird dieser in den zuständigen Ausschüssen geprüft (hierzu sogleich). In Abweichung zum gewöhnlichen Gesetzgebungsverfahren wird der Gesetzentwurf im Plenum nicht in der von den Ausschüssen beschlossenen Fassung, sondern in der ursprünglichen, von der Regierung eingebrachten Fassung beraten. Nach der Verfassung muss das Gesetzgebungsverfahren innerhalb genau festgelegter Fristen ablaufen. So darf die erste Lesung in der Nationalversammlung nicht länger als 40 Tage und die im Senat nicht länger als 20 Tage dauern. Für den Wechsel zwischen den Kammern sind 10 Tage vorgesehen. Ist das gesamte Verfahren der ersten Lesung im Parlament nach 70 Tagen nicht abgeschlossen, so kann die Regierung den Haushalt auf dem Verordnungswege feststellen. Hinsichtlich des Gesetzgebungsverfahrens ist zwischen dem ersten Teil des Gesetzentwurfs, der sich mit den Einnahmen beschäftigt, und dem zweiten Teil des Gesetzentwurfs, der die Ausgaben des Staates zum Gegenstand hat, zu differenzieren: Das Verfahren in Bezug auf den ersten Teil des Haushaltsgesetzentwurfs ähnelt dem für herkömmliche Gesetze geltenden Verfahren. Unter Leitung des Generalberichterstatters werden im Finanzausschuss Änderungsanträge erörtert. Die Plenardebatte findet in der Woche nach der Beratung des Entwurfs im Ausschuss statt und wird von der Konferenz der Präsidenten der Nationalversammlung organisiert. Die Diskussion im Plenum beginnt mit einer grundsätzlichen Debatte , im Rahmen derer die Regierung, der Generalberichterstatter, der Vorsitzende des Finanzausschusses , die Fraktionssprecher sowie einzelne Abgeordnete das Wort ergreifen. Die Diskussion der einzelnen Artikel folgt den üblichen Vorschriften. Die Plenardebatte dauert für gewöhnlich zwischen fünf und sechs Sitzungstagen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 254/14 Seite 7 Die Beratung des zweiten Teils des Haushaltsgesetzentwurfs, der die Ausgabenseite betrifft, folgt nicht den gewohnten Regeln. Vor der Plenardebatte über die Haushaltsansätze tagen die sog. erweiterten Ausschüsse. Bei diesen handelt es sich um Zusammenschlüsse des Finanzausschusses mit anderen betroffenen Ausschüssen. Die Regierung nimmt an den Sitzungen der erweiterten Ausschüsse teil, die wie die Plenarsitzungen öffentlich abgehalten werden. Im Rahmen der erweiterten Ausschüsse haben die Berichterstatter und die Mitglieder des Parlaments die Möglichkeit , die Minister zu den Einzelhaushaltsplänen zu befragen und Änderungsanträge zu beraten. Die Zuordnung der Einzelpläne zu den Ausschüssen nimmt der Finanzausschuss vor. Die sich an die Beratung in den Ausschüssen anschließende Erörterung des zweiten Teils des Gesetzentwurfs im Plenum lässt sich in fünf Phasen gliedern: Sie besteht aus einer Einführung durch die Regierung , Reden der Sonder- sowie der beratenden Berichterstatter, Reden der Fraktionssprecher, einer Frage- und Antwortphase, der Erörterung von Änderungsanträgen sowie der Abstimmung über die Einzelhaushaltspläne. Das Verfahren schließt mit einer förmlichen Abstimmung über den gesamten Haushaltsgesetzentwurf. Da das beschleunigte Verfahren auf den Haushaltsgesetzentwurf angewandt wird, findet in beiden Kammern nur je eine Lesung statt. Zur Prüfung der zwischen den Kammern strittigen Vorschriften wird ein gemeinsamer Ausschuss von Nationalversammlung und Senat einberufen. Wird dort eine Einigung erzielt, kann der Haushaltsgesetzentwurf zur Abstimmung in den beiden Kammern gestellt werden. Die dabei erteilte Zustimmung beendet das Verfahren zwischen den Kammern und hat die endgültige Verabschiedung des Haushaltsgesetzentwurfs zur Folge. Scheitert das Verfahren in dem gemeinsamen Ausschuss oder wird die von ihm erarbeitete Fassung des Gesetzentwurfs von einer der beiden Kammern zurückgewiesen, so findet eine weitere Lesung des Gesetzentwurfs in den beiden Kammern statt. Bleiben die Meinungsverschiedenheiten bestehen, so fordert die Regierung die Nationalversammlung auf, eine endgültige Entscheidung in einer letzten Lesung zu treffen. Vor seiner Verkündung wird das Haushaltsgesetz für gewöhnlich dem Verfassungsgericht (Conseil constitutionnel) zur Stellungnahme vorgelegt. 2.3. Haushaltsberatungen im britischen House of Commons In Bezug auf die Haushaltsberatungen im House of Commons ist zunächst zwischen dem „Budget Cycle“ und dem „Supply Cycle“ zu differenzieren. Der Begriff des „Budget Cycle“ beschreibt den parlamentarischen Prozess der Genehmigung der Erhebung von Steuern. Er wird geprägt von der Haushaltsrede (Budget Speech) des Schatzkanzlers im House of Commons, in der dieser die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Nation bewertet und ausführlich die erforderlichen Steuererhebungen erläutert. Die Vorschläge hinsichtlich der Steuererhebung durchlaufen das parlamentarische Verfahren in Form eines Finanzgesetzes (Finance Bill). Das Gesetz wird dabei nicht nur vom House of Commons als Ganzem, sondern auch von einem speziell für das Gesetz eingerichteten Ausschuss (Public Bill Committee) sowie vom Finanzausschuss des House of Commons (Treasury Select Committee) geprüft. Im Gegensatz dazu regelt der „Supply Cycle“ die Genehmigung der Ausgaben der Regierung durch das Parlament für das Haushaltsjahr (1. April bis 31. März). Der Haushaltsentwurf durchläuft dabei als „Supply and Appropriation Act“ das Gesetzgebungsverfahren im House of Commons . Teilweise enthält die Geschäftsordnung des House of Commons spezielle Vorgaben für die Beratung des Haushaltsentwurfs. So müssen die Haushaltsvorlagen beispielsweise mindestens 14 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 254/14 Seite 8 Tage vor ihrer Erörterung in der Haushaltsdebatte des House of Commons eingereicht werden. Die Genehmigung des Haupthaushaltes durch das House of Commons muss zudem bis zum 5. August erfolgen. Nach der Durchführung der ersten und zweiten Lesung im Plenum des House of Commons werden die Mittelansätze des Haushaltsentwurfs im Rahmen der Ausschussphase (Committee stage) an die verschiedenen Fachausschüsse, die thematisch jeweils einem Ministerium zugeordnet sind, überwiesen. Jeder Fachausschuss prüft dann detailliert die Mittelansätze des ihm zugeordneten Ministeriums. Die Ausschüsse können dabei die Ministerien um weitere Informationen bitten , ggf. die Minister und Beamten bezüglich einzelner Aspekte der Haushaltsvorlage befragen. Die abschließenden Feststellungen fassen die Ausschüsse in Berichten zusammen, die vom House of Commons veröffentlicht werden. Nach Abschluss der Prüfungen in den einzelnen Ausschüssen entscheidet der Verbindungsausschuss (Liaison Committee), welche Mittelansätze im Rahmen der dreitägigen Haushaltsdebatte (Estimate Days) im House of Commons erörtert werden . Zu den im Rahmen der Haushaltsdebatte im Plenum aufgebrachten Fragen nimmt der jeweilige Fachminister Stellung. Nachdem über die im Plenum erörterten Mittelansätze einzeln abgestimmt wurde, stimmt das House of Commons ohne Aussprache mittels eines Beschlusses über die übrigen Mittelansätze ab. Dabei kann das House of Commons keine Ausgaben beschließen, die über das von der Regierung beantragte Maß hinausgehen. Die Befugnis zur Reduzierung der von der Regierung beantragten Ausgaben steht dem House of Commons hingegen zu. Im Anschluss an die Abstimmung wird der Haushaltsentwurf an das House of Lords überwiesen. Abgeschlossen wird das Gesetzgebungsverfahren durch die Erteilung königlicher Zustimmung für das Gesetz. 3. Parlamentarische Prüfung des Haushaltsvollzuges 3.1. Prüfung des Haushaltsvollzuges durch den Deutschen Bundestag Der Haushaltskreislauf schließt sich mit der Entscheidung des Parlaments über die Entlastung der Regierung für ihre Haushaltsführung. Zum Zwecke der parlamentarischen Prüfung des Haushaltsvollzuges hat der Bundesminister der Finanzen dem Bundestag über alle Einnahmen und Ausgaben sowie über das Vermögen und die Schulden im Laufe des nächsten Rechnungsjahres Rechnung zu legen. Hierauf gestützt stellt er für die Bundesregierung den Entlastungsantrag. Eine Beratung dieses Antrages im Bundestag erfolgt jedoch erst, wenn der Bundesrechnungshof seine Bemerkungen zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes dem Bundestag zugeleitet hat. In diesen Bemerkungen fasst der Bundesrechnungshof das Ergebnis seiner Prüfung zusammen, soweit es für die Entlastung der Bundesregierung von Bedeutung sein kann. Damit ist der Inhalt der Bemerkungen in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich auf das Haushaltsjahr beschränkt, für das die Entlastung begehrt wird. Die Bemerkungen des Bundesrechnungshofes und der Entlastungsantrag der Regierung werden an den Haushaltsausschuss überwiesen, der sie wiederum an den Rechnungsprüfungsausschuss als seinen Unterausschuss überweist. Für jeden Einzelplan des Haushalts wird dabei im Rechnungsprüfungsausschuss jeweils ein Berichterstatter ernannt. In den Sitzungen des Rechnungsprüfungsausschusses werden die Bemerkungen des Bundesrechnungshofes in Anwesenheit von Vertretern der betreffenden Ressorts, des Bundesfinanzministeriums und des Bundesrechnungshofes behandelt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 254/14 Seite 9 Zum Abschluss seiner Prüfung erstellt der Rechnungsprüfungsausschuss eine Beschlussempfehlung , die über den Haushaltsausschuss an das Plenum des Bundestages geleitet wird. Auf der Grundlage dieser Beschlussempfehlung und nach kurzer Aussprache entscheidet dann das Plenum über die Entlastung der Bundesregierung für das entsprechende Haushaltsjahr. Die Verweigerung der Entlastung der Bundesregierung ist noch nicht vorgekommen, hätte jedoch auch nur politische und keine rechtlichen Auswirkungen. 3.2. Prüfung des Haushaltsvollzuges durch die französische Assemblée nationale In Frankreich genehmigt die Nationalversammlung den Haushaltsvollzug der Regierung durch den Erlass des Haushaltsabschlussgesetzes. Dieses stellt abschließend die Haushaltseinnahmen und -ausgaben fest. Das entsprechende Gesetzgebungsverfahren folgt grundsätzlich den allgemeinen Regelungen. Allerdings muss das Haushaltsabschlussgesetz bis zum 1. Juni des auf das Haushaltsjahr nachfolgenden Jahres eingebracht werden und der Gesetzentwurf über den kommenden Haushalt darf in der Nationalversammlung nicht diskutiert werden, bevor die erste Lesung des Haushaltsabschlussgesetzes des vorangegangenen Jahres stattgefunden hat. Die Aufgabe der Prüfung des Haushaltsvollzuges wird im Rahmen der französischen Nationalversammlung in erster Linie durch den Finanzausschuss wahrgenommen. Eine bedeutende Rolle für die Kontrolltätigkeit spielen dabei die Berichte, die der Rechnungshof (Cour des comptes) dem Ausschuss vorlegt. So veröffentlicht der Rechnungshof einen Bericht über die Ausführung des Haushaltsgesetzes, einen jährlichen Bericht zur Lage der öffentlichen Finanzen sowie ggf. Sonderberichte . In dem Bericht über die Ausführung des Haushalts kommentiert der Rechnungshof die Ausgaben unter Bezugnahme auf die Vorgaben des vom Parlament verabschiedeten Haushalts . Der Bericht enthält darüber hinaus Informationen über Verletzungen von Haushaltsvorschriften . Der Finanzausschuss prüft den Bericht des Rechnungshofes über die Ausführung des Haushaltsgesetzes sowie die Rechnungsunterlagen, die ihm vorgelegt werden. Zu diesen Unterlagen zählen unter anderem Gegenüberstellungen von Ausgaben und Haushaltsmitteln eines jeden Ministeriums . Für die Prüfung dieser Unterlagen ernennt der Finanzausschuss sog. Sonderberichterstatter, die jeweils für die verschiedenen Bereiche der öffentlichen Ausgaben zuständig sind. Diese Sonderberichterstatter sind mit umfassenden Untersuchungs- und Kontrollbefugnissen ausgestattet. In diesem Zusammenhang werden unter anderem Fragenkataloge an die jeweiligen Ministerien versandt. Im Rahmen der Prüfung des Rechnungshofberichts durch den Ausschuss wird auch dem Präsidenten des Rechnungshofes ein Fragenkatalog vorgelegt. Der Präsident beantwortet diesen persönlich in einer Anhörung vor dem Ausschuss. Gelegentlich lädt der Ausschuss auch den Finanz- bzw. den Haushaltsminister ein, um mit ihm Aspekte, die in den Berichten des Rechnungshofes kritisiert werden, zu erörtern. Die Arbeit des Finanzausschusses mündet in der Erstellung des allgemeinen Berichts über den Abschluss der Rechnung. Im Anschluss an die Prüfung des Haushaltsabschlussgesetzes im Ausschuss folgt die entsprechende Debatte im Plenum der Nationalversammlung. Abschließend wird das Gesetz von der Nationalversammlung verabschiedet. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 254/14 Seite 10 3.3. Prüfung des Haushaltsvollzuges durch das britische House of Commons Die Aufgabe der Prüfung des Haushaltsvollzuges wird im Wesentlichen vom Rechnungshof (National Audit Office) sowie vom Rechnungsprüfungsausschuss des House of Commons (Committee of Public Accounts) wahrgenommen. Der Präsident des Rechnungshofes ist dabei Beauftragter des House of Commons und in seiner Person sind die Rechnungsprüfungs- und Kontrollrechte vereint. Die Mitarbeiter führen diese Aufgaben in seinem Auftrag durch. Der Rechnungshof überprüft die Jahresabschlüsse aller Ministerien der Zentralregierung, der Regierungsbehörden sowie weiterer Behörden und erstattet dem Parlament über die Ergebnisse Bericht . Die Stellungnahmen des Rechnungshofes werden gemeinsam mit dem Rechnungsabschluss der geprüften Stelle veröffentlicht. Darüber hinaus untersucht der Rechnungshof im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsstudien, inwieweit Projekte, Programme und Initiativen der Regierung umgesetzt wurden. Er veröffentlicht ca. 60 dieser Studien pro Jahr und gibt in diesen auch Empfehlungen , wie Dienstleistungen verbessert werden können. Die Ergebnisse seiner Tätigkeit fasst der Rechnungshof in Jahresberichten zusammen. Mit den Erkenntnissen des Rechnungshofes befasst sich im House of Commons in erster Linie der Rechnungsprüfungsausschuss, dessen Vorsitzender stets ein führendes Mitglied der Opposition ist. Der Ausschuss berät im Jahr über ca. 50 Berichte des Rechnungshofes (sowohl Rechnungsprüfungsberichte als auch Wirtschaftlichkeitsstudien) und kann auch die sog. Accounting Officers zur Befragung vorladen. Bei diesen handelt es sich um führende Beamte der Regierung, die vom Finanzministerium speziell zu dem Zweck ernannt werden, den sorgsamen Umgang mit den öffentlichen Geldern sicherzustellen. Gelegentlich treten auch Minister der Regierung vor dem Ausschuss auf. Die Ausschussanhörungen sind grundsätzlich öffentlich. Der Rechnungsprüfungsausschuss kann zudem detaillierte Empfehlungen gegenüber der Regierung aussprechen, zu denen die Regierung innerhalb einer festgelegten Frist Stellung nehmen muss. Beanstandungen des Rechnungshofes bzw. des Rechnungsprüfungsausschusses besitzen jedoch keine unmittelbare rechtliche Wirkung. Einmal im Jahr werden im House of Commons die Ergebnisse der Tätigkeit des Rechnungsprüfungsausschusses in einer Plenarsitzung des House of Commons erörtert. Im Rahmen der Aussprache wird dabei eine Auswahl der Ausschussberichte geprüft. Das House of Commons trifft jedoch keine formelle Entlastungsentscheidung für die Regierung hinsichtlich ihrer Haushaltsführung .