© 2019 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 252/19 Der Einsatz von Vertrauensleuten Verfassungsrechtliche Aspekte Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 2 Der Einsatz von Vertrauensleuten Verfassungsrechtliche Aspekte Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 252/19 Abschluss der Arbeit: 10. Dezember 2019 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Allgemeines Persönlichkeitsrecht 5 2.1. Schutzbereich 5 2.2. Eingriff 5 2.3. Schranke 6 2.3.1. Gesetzliche Grundlage 6 2.3.2. Verhältnismäßigkeit 7 2.3.2.1. Legitimes Ziel 7 2.3.2.2. Geeignetheit 8 2.3.2.3. Erforderlichkeit 8 2.3.2.4. Angemessenheit 8 2.3.2.4.1. Intimsphäre 8 2.3.2.4.2. Privatsphäre 9 2.3.2.4.3. Sozialsphäre 13 2.3.2.5. Richtervorbehalt 14 3. Sonderfälle 15 3.1. Abgeordnete 15 3.2. Unverletzlichkeit der eigenen Wohnung 15 3.3. Schutz von Ehe und Familie 16 4. Exemplarische Regelungen zur Gefahrenabwehr 17 5. Exemplarische Regelungen zur Strafverfolgung 20 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 4 1. Fragestellung Verdeckte Ermittler/Mitarbeiter sind eigene Mitarbeiter einer Sicherheitsbehörde, die unter einer ihnen verliehenen und auf Dauer angelegten Legende Informationen gewinnen.1 Demgegenüber sind Vertrauensleute Privatpersonen, deren planmäßige, dauerhafte Zusammenarbeit mit einer Sicherheitsbehörde nicht bekannt ist.2 Vertrauensleute unterstützen die Sicherheitsbehörden dabei, Straftaten aufzuklären oder zu verhindern , insbesondere durch Informationsgewinnung.3 Die Informationsgewinnung überwacht eine spezielle Dienststelle der Sicherheitsbehörde, die „VP-Führung“ (VP=Vertrauensperson).4 Vertrauensleute gewinnen Informationen, insbesondere indem sie das Verhalten der Zielperson in ihrem Umfeld beobachten, Äußerungen der Zielperson vermerken oder die Zielperson und Menschen in deren Umfeld unauffällig befragen:5 Ihr Einsatz ist „[…] langfristig angelegt und darauf ausgerichtet […], die V-Leute im Laufe der Zeit in eine Position zu steuern, die einen dauernden und möglichst optimalen Informationszugang ermöglicht“.6 Es stellt sich die Frage nach den verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für den Einsatz von Vertrauensleuten. Ferner stellt sich die Frage, ob exemplarisch ausgewählte Regelungen zu Vertrauensleuten diesen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen entsprechen (Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG), Strafprozessordnung (StPO), Bundeskriminalamtgesetz (BKAG)). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen nicht nur auf der Ebene der gesetzlichen Grundlagen einzuhalten sind, sondern auch bei deren Umsetzung in der Praxis. Die Umsetzung in der Praxis ist Frage des Einzelfalls, der nicht Gegenstand dieser Ausarbeitung ist. 1 Vgl. § 9a Abs. 1 S. 1 BVerfSchG. 2 Siehe hierzu etwa § 9b Abs. 1 S. 1 BVerfSchG. 3 Eisenberg, in: Eisenberg (Hrsg.), Beweisrecht der StPO, 10. Auflage 2017, Rn. 1035; Esser, Erforderlichkeit einer gesetzlichen Regelung für den Einsatz von V-Personen, in: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), Bericht der Expertenkommission, 2015, Anlagenband I – Gutachten, S. 45 ff., https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF/Anlage_1_StPO_Kommission.pdf;jsessionid =601F24533895AB65EA6720BD69D23D11.1_cid297?__blob=publicationFile&v=4. 4 Wesemann, in: MAH Strafverteidigung, 2. Auflage 2014, § 46 Betäubungsmittelstrafsachen, Rn. 168 5 Sellmeier/Blome, GSZ 2019, 196: „Diese Personen übermitteln dem BfV auftragsrelevante Informationen, zu denen sie auf Grund ihrer (beruflichen) Tätigkeit bzw. ihrer Kontakte zu Personen, Personengruppierungen oder Institutionen etc. Zugang haben oder sich verschaffen können.“ 6 Rose-Stahl, Recht der Nachrichtendienste, 2. Auflage 2006, S. 122 – zitiert nach Bergemann, in: Lisken/Denninger (Hrsg.), Handbuch des Polizeirechts, 6. Auflage 2018, H. Nachrichtendienste und Polizei, Rn. 85. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 5 2. Allgemeines Persönlichkeitsrecht 2.1. Schutzbereich Die Informationsgewinnung durch Vertrauensleute berührt das allgemeine Persönlichkeitsrecht: Es umfasst einen geschützten „Raum, in dem der Einzelne unbeobachtet sich selbst überlassen ist“.7 Das Bundesverfassungsgericht leitet dieses Recht ab aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Ein weiterer Aspekt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Es gewährleistet, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten selbst zu bestimmen:8 „[D]enn wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffenden Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, und wer das mögliche Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht einigermaßen abzuschätzen vermag, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden.“9 2.2. Eingriff Das Beobachten einer Person oder das Erheben von Informationen durch den Staat greifen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein. Dies können im Fall einer V-Person z. B. das Beobachten von Geschehnissen oder Notizen zu Äußerungen der Zielperson sein.10 Allerdings ist teilweise strittig, inwieweit ein Handeln einer V-Person als „staatlich“ anzusehen ist. Ein Teil der Literatur verneint einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (hier: Recht auf informationelle Selbstbestimmung), insofern der Einsatz der V-Person „über den reinen Akt der Informationsbeschaffung nicht“ hinausgeht.11 Nachvollziehbar ist dies, solange sich eine V-Person aus eigener Veranlassung an die Polizei wendet und wie ein Zeuge über einen Vorgang berichtet. Die Kommentierung bezeichnet diese mitunter in Abgrenzung zu V-Leuten als „Informanten“, d.h. „Personen, die, möglicherweise auch rein zufällig, Kontakt zu einem Beobachtungsobjekt haben 7 Beschluss vom 26. April 1994 – 1 BvR 1689/88, Rn. 20 (BVerfGE 90, 255 – Briefüberwachung) – Hervorhebung durch Autor. 8 Gercke, StV 2017, 615 (619). 9 BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 – 1 BvR 484/83 u.a., Rn. 154 (BVerfGE 65, 1 – Volkszählung). 10 Vgl. Hauck, in: Löwe/Rosenberg (Hrsg.), StPO, 26. Auflage 2014, § 110a Rn. 12; Pegel, in: Radtke/Hohmann (Hrsg.), StPO, 2011, § 110a, Rn. 23 – zitiert nach Esser, Erforderlichkeit einer gesetzlichen Regelung für den Einsatz von V-Personen, in: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Bericht der Expertenkommission , 2015, Anlagenband I – Gutachten, S. 45 ff. 11 Vgl. Wolter, in: Systematischer Kommentar zur StPO, 4. Auflage 2010, § 110a Rn. 3; Eschelbach, in: Satzger /Schluckebier/Widmaier, StPO, 2014, § 110a Rn. 11 – zitiert nach Esser, Erforderlichkeit einer gesetzlichen Regelung für den Einsatz von V-Personen, in: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Bericht der Expertenkommission, 2015, Anlagenband I – Gutachten, S. 45 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 6 und im Einzelfall oder gelegentlich in vertraulicher Weise einen konkreten Hinweis geben“.12 In diesem Fall ist die Informationsbeschaffung noch nicht „staatlich eingebunden“. Die Schwelle der „rein passiven Informationsgewinnung“13 dürfte aber überschritten sein, wenn eine V-Person in Zusammenarbeit mit dem Staat oder auf dessen Veranlassung tätig wird, um Informationen über die Zielperson zu gewinnen:14 „Eine gezielte, systematische oder heimliche Aufzeichnung vom Verhalten oder von Äußerungen des Betroffenen im Rahmen des Vertrauensleute-Einsatzes greift in das Privatleben des Betroffenen ein, auch dann, wenn solche Aufzeichnungen im öffentlichen Raum gemacht werden.“15 Stellt eine V-Person z. B. „Nachfragen […] im Beobachtungsfeld“16 über die Zielperson an, liegt eine heimliche Befragung und damit ein Eingriff vor.17 2.3. Schranke „Staatliche Beeinträchtigungen der Privatsphäre […] müssen sich formell auf eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage stützen lassen […]. Im Übrigen muss die Ermächtigungsgrundlage selbst wie auch ihre Anwendung im Einzelfall dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen“.18 2.3.1. Gesetzliche Grundlage Neben einem ordnungsgemäß zustandegekommenen Gesetz ist verfassungsrechtlich insbesondere der Grundsatz der Normenklarheit von Belang, der Teil des Rechtsstaatsprinzips ist (Art. 20 Abs. 3 GG): „Die Normadressaten müssen zumindest im Wesentlichen erkennen können, mit welchen 12 Roth, in: Schenke/Graulich/Ruthig (Hrsg.), Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Auflage 2019, § 8 BVerfSchG Rn. 3 m.w.N. 13 Gercke, StV 2017, 615 (620) – Hervorhebung durch Autor; Singer, Die Kriminalpolizei, Ausgabe 3/2013, S. 7 (8); Di Fabio, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Stand März 2019, Art. 2 Rn. 176. 14 Vgl. Hauck, in: Löwe/Rosenberg (Hrsg.), StPO, 26. Auflage 2014, § 110a Rn. 13 – zitiert nach Esser, Erforderlichkeit einer gesetzlichen Regelung für den Einsatz von V-Personen, in: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz , Bericht der Expertenkommission, 2015, Anlagenband I – Gutachten, S. 45 ff.; Sellmeier/Blome, GSZ 2019, 196 (198): „Vielmehr stellen diese Maßnahmen materiell-rechtlich eine Informationsbeschaffung der Behörde dar“ (in Bezug auf entsprechende Fallgruppen). 15 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Bericht der Expertenkommission zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des allgemeinen Strafverfahrens und des jugendgerichtlichen Verfahrens, Empfehlungen, 2015, S. 82. https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF/Abschlussbericht_Reform _StPO_Kommission.pdf?__blob=publicationFile&v=2. 16 Singer, Die Kriminalpolizei, Ausgabe 3/2013, S. 7. 17 Di Fabio, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Stand März 2019, Art. 2 Rn. 176. 18 Di Fabio, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Stand März 2019, Art. 2 Rn. 133, 157, mit Nachweisen zur Rechtsprechung des BVerfG (Hervorhebung durch Autor). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 7 Rechtswirkungen sie zu rechnen haben.“19 In diesem Zusammenhang sind die mitunter langen Normen des Sicherheitsrechts und die auch für Juristen mitunter nur schwer zugänglichen Verweisungsketten grundsätzlich nicht unproblematisch. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich daher im Kontext der Brief- und Telefonüberwachung durch das Zollkriminalamt im Jahr 2004 kritisch geäußert: „Dieser Mangel an Normenklarheit bewirkt bei Überwachungsmaßnahmen im Planungsstadium und dort insbesondere beim Handeln unter Zeitdruck ein hohes Risiko, dass sich die Handelnden keine Rechenschaft mehr darüber geben, ob sich die beobachteten Indizien auf konkrete Straftatbestände beziehen lassen. […] Verweisungsketten können als solche in komplexen Regelungszusammenhängen gegenüber der als Alternative in Betracht kommenden Umschreibung aller Eingriffsvoraussetzungen in der Eingriffsnorm selbst durchaus vorzugswürdig sein. An Klarheit wird durch die Zusammenfassung in einer einzigen Norm nicht notwendig etwas gewonnen. Allerdings ist leichter zu erkennen, welche Tatbestandsmerkmale erheblich sind. Erreicht der Gesetzgeber die Festlegung des Normeninhalts aber – wie hier – nur mit Hilfe zum Teil langer, über mehrere Ebenen gestaffelter, unterschiedlich variabler Verweisungsketten , die bei gleichzeitiger Verzweigung in die Breite den Charakter von Kaskaden annehmen, leidet die praktische Erkennbarkeit der maßgebenden Rechtsgrundlage. Der Prüfvorgang wird dadurch fehleranfällig. Gerade in Eilfällen besteht eine gesteigerte Gefahr von Fehlentscheidungen der Verwaltung und der eingeschalteten Gerichte.“20 2.3.2. Verhältnismäßigkeit Ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Dies setzt voraus, dass der Eingriff ein legitimes Ziel in geeigneter, erforderlicher und angemessener Weise verfolgt.21 2.3.2.1. Legitimes Ziel Gefahrenabwehr und Strafverfolgung sind grundsätzlich legitime Ziele für den Einsatz von Vertrauensleuten . Das BVerfG hat entschieden, dass die „für die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland tätigen Behörden […] ohne den Einsatz sogenannter V-Leute nicht auskommen“ können.22 19 Herdegen, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Stand März 2019, Art. 79 Rn. 154. 20 BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 – 1 BvF 3/92 , juris Rn. 130 ff. (BVerfGE 110, 33 – Zollkriminalamt) – Hervorhebung durch Autor. 21 Grzeszick, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Stand März 2019, Art. 13 Rn. 107. 22 BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1981 – 2 BvR 215/81, Rn. 78 (BVerfGE 57, 250 – V-Mann). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 8 2.3.2.2. Geeignetheit Der Einsatz von Vertrauensleuten kann geeignet sein, Gefahren abzuwehren oder Straftaten zu verfolgen (z. B. „Bandenkriminalität“ und „Rauschgifthandel“23). 2.3.2.3. Erforderlichkeit Der Einsatz von Vertrauensleuten muss das mildeste unter gleich effektiven Mitteln sein. Kann die Sicherheitsbehörde die Informationen durch einen milderen Eingriff oder ohne Eingriff auf gleich effektive Weise erlangen, ist der Einsatz der V-Person nicht erforderlich. Dies ist Frage des Einzelfalls . 2.3.2.4. Angemessenheit Bei der Angemessenheit ist das Persönlichkeitsrecht mit den Rechtsgütern abzuwägen, denen der Eingriff dient. Die vom BVerfG entwickelte „Sphärentheorie“ unterscheidet Eingriffe in die Intimsphäre , Privatsphäre und Sozialsphäre.24 2.3.2.4.1. Intimsphäre Der Schutz der Intimsphäre sichert dem Grundrechtsträger einen unantastbaren Kern privater Lebensgestaltung zu. Dieser ist Teil der in Art. 1 Abs. 1 GG als „unantastbar“ verankerten Menschenwürde . Eingriffe in die Intimsphäre lassen sich daher generell nicht rechtfertigen.25 Das BVerfG spricht mitunter auch von einem unantastbaren „Kernbereich persönlicher Lebensgestaltung “: „Der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung ist strikt und darf nicht durch Abwägung mit den Sicherheitsinteressen nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes relativiert werden.“26 Wann ein Eingriff in die Intimsphäre oder in den Kernbereich privater Lebensgestaltung vorliegt, hängt vom Einzelfall ab. Abgrenzungskriterien sind für Gespräche der Gesprächspartner (Vertrauensverhältnis ), die Thematik des Gespräches und der Ort. So geht das BVerfG z. B. von Intimsphäre aus bei „höchstpersönlichem Gespräch mit Familienangehörigen und engen Vertrauten“.27 Auch liegt ein Eingriff in die Intimsphäre nahe, wenn eine V-Person mit der Zielperson ein sexuelles 23 BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1981 – 2 BvR 215/81, Rn. 78 (BVerfGE 57, 250 – V-Mann). 24 Ausführlich hierzu: Di Fabio, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Stand März 2019, Art. 2 Rn. 157 ff. 25 Di Fabio, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Stand März 2019, Art. 2 Rn. 158. 26 BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 – 1 BvR 966/09, Rn. 124 (BVerfGE 141, 220 – BKAG) – Hervorhebung durch Autor. 27 BVerfG, Urteil vom 3. März 2004 – 1 BvR 2378/98, juris Rn. 369 (BVerfGE 109, 279 – Großer Lauschangriff); Gercke, StV 2017, 615 (619). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 9 Verhältnis eingeht, nur um an Informationen zu gelangen.28 Hierzu dürfte auch „die gezielte Anbahnung eines Liebesverhältnisses [gehören], das zur Gewinnung von Informationen ausgenutzt werden soll (‚Romeo-Fälle‘).“29 Höchstpersönliche Aufzeichnungen in einem Tagebuch können auch der Intimsphäre angehören, während hingegen „Angaben [in einem Tagebuch] über die Planung bevorstehender oder Berichte über begangene Straftaten, […] [die] in einem unmittelbaren Bezug zu konkreten strafbaren Handlungen [stehen], […] dem unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung nicht“ angehören.30 2.3.2.4.2. Privatsphäre Die Privatsphäre unterscheidet sich von der Intimsphäre durch ihren Sozialbezug.31 Für einen Eingriff in die Privatsphäre müssen überwiegende Belange des Gemeinwohls vorliegen.32 Nach der vorgenannten Rechtsprechung des BVerfG gehören hierzu die „innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland“ und die „Bekämpfung besonders gefährlicher Kriminalität, wie etwa der Bandenkriminalität und des Rauschgifthandels“.33 Maßnahmen wie der Einsatz einer V-Person zur längerfristigen Observation können intensiv in die Privatsphäre eingreifen. Hierbei kann auch ins Gewicht fallen, dass Vertrauensleute Informationen mitbekommen können, deren Kenntnisnahme nicht zum Auftrag der Ermittlungsbehörde gehört.34 Ferner fangen V-Leute „nicht nur auf, was die Betroffenen zufällig absondern. Vielmehr kann die eingesetzte Person aktiv fragen, die Kommunikation steuern oder in sonstiger Weise Einfluss nehmen.“35 Ihr Einsatz ist „[…] langfristig angelegt und darauf ausgerichtet […], die V-Leute im 28 Vgl. für den Fall eines Verdeckten Ermittlers: Rachor/Graulich, in: Lisken/Denninger (Hrsg.), Handbuch des Polizeirechts, 6. Auflage 2018, E. Das Polizeihandeln, Rn. 742. 29 Beschluss vom 13. Mai 1996 – GSSt 1/96, Rn. 49 (BGHSt 42, 139): Beispiel für „rechtsstaatliche Grenzen“. 30 Beschluss vom 14. September 1989 – 2 BvR 1062/87, Rn. 30 (BVerfGE 80, 367); kritisch zu der daher letztlich fragwürdigen Einteilung in Sphären: Hoppe, Persönlichkeitsschutz durch Haftungsrecht, 2001, S. 79 (unter Hinweis auf BVerfGE 6, 389 (433), wonach sexuelle Betätigung eine „besondere Form der Kommunikation“ und daher nicht vom absoluten Schutz der Intimsphäre erfasst sei). 31 Di Fabio, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Stand März 2019, Art. 2 Rn. 159. 32 Beschluss vom 8. März 1972 – 2 BvR 28/71, Rn. 45 (BVerfGE 32, 373 – Ärztliche Schweigepflicht); Di Fabio, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Stand März 2019, Art. 2 Rn. 159. 33 BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1981 – 2 BvR 215/81, Rn. 78 (BVerfGE 57, 250 – V-Mann). 34 Für den Fall des BND: Gusy, in: Schenke/Graulich/Ruthig (Hrsg.), Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Auflage 2019, § 5 BNDG Rn. 13. 35 Bergemann, in: Lisken/Denninger (Hrsg.), Handbuch des Polizeirechts, 6. Auflage 2018, H. Nachrichtendienste und Polizei, Rn. 85 (Hervorhebung durch Autor). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 10 Laufe der Zeit in eine Position zu steuern, die einen dauernden und möglichst optimalen Informationszugang ermöglicht“.36 Denkbar ist ein „zeitlich unbegrenzter Einsatz“, der sowohl „bezogen auf die V-Person als auch auf die überwachte Zielperson“ ein Leben lang dauern kann.37 Mit diesen Überlegungen geht einher, dass das BVerfG in seinem Urteil zum BKAG „das Ausnutzen von Vertrauen durch Verdeckte Ermittler oder Vertrauenspersonen“ als „sehr schwerwiegenden Grundrechtseingriff“ bezeichnet hat, der „nach Maßgabe einer im Einzelfall vorzunehmenden Prüfung der Verhältnismäßigkeit – verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein“ kann.38 Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stellt nach Auffassung des BVerfG aber gesteigerte Anforderungen für tief in die Privatsphäre reichende Überwachungsmaßnahmen sowohl auf der Ebene des Gesetzes als auch der Verwaltungspraxis:39 „Befugnisse, die tief in das Privatleben hineinreichen, müssen auf den Schutz oder die Bewehrung hinreichend gewichtiger Rechtsgüter begrenzt sein, setzen voraus, dass eine Gefährdung dieser Rechtsgüter hinreichend konkret absehbar ist, dürfen sich nur unter eingeschränkten Bedingungen auf nichtverantwortliche Dritte aus dem Umfeld der Zielperson erstrecken, verlangen überwiegend besondere Regelungen zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung sowie einen Schutz von Berufsgeheimnisträgern, unterliegen Anforderungen an Transparenz, individuellen Rechtsschutz und aufsichtliche Kontrolle und müssen mit Löschungspflichten bezüglich der erhobenen Daten flankiert sein.“40 Hierzu hat das BVerfG im BKAG-Urteil insbesondere ausgeführt: – Definition der Eingriffsschwelle und der geschützten Rechtsgüter: „Die Erhebung von Daten durch heimliche Überwachungsmaßnahmen mit hoher Eingriffsintensität ist im Bereich der Gefahrenabwehr zum Schutz der genannten Rechtsgüter grundsätzlich nur verhältnismäßig, wenn eine Gefährdung dieser Rechtsgüter im Einzelfall hinreichend konkret absehbar ist und der Adressat der Maßnahmen aus Sicht eines verständigen Dritten den objektiven Umständen nach in sie verfangen ist […].“41 – Nichtverantwortliche Dritte: „Der Zugriff auf informationstechnische Systeme und die Wohnraumüberwachung dürfen sich unmittelbar nur gegen diejenigen als Zielperson richten, die für die drohende oder dringende Gefahr verantwortlich sind […]. Diese Maßnahmen dringen so tief in die Privatsphäre ein, dass sie auf weitere Personen nicht 36 Rose-Stahl, Recht der Nachrichtendienste, 2. Auflage 2006, S. 122 – zitiert nach Bergemann, in: Lisken/Denninger (Hrsg.), Handbuch des Polizeirechts, 6. Auflage 2018, H. Nachrichtendienste und Polizei, Rn. 85. 37 Bergemann, in: Lisken/Denninger (Hrsg.), Handbuch des Polizeirechts, 6. Auflage 2018, H. Nachrichtendienste und Polizei, Rn. 85. 38 BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 – 1 BvR 966/09, juris Rn. 160 (BVerfGE 141, 220 – BKAG). 39 Graulich, in: Schenke/Graulich/Ruthig (Hrsg.), Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Auflage 2019, § 9b BVerfSchG Rn. 6. 40 BVerfG, Urteil vom 20. April 2016, 1 BvR 966/09, Leitsatz 1b (BVerfGE 141, 220 – BKAG) – Hervorhebung durch Verfasser. 41 BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 – 1 BvR 966/09, juris Rn. 109 (BVerfGE 141, 220 – BKAG). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 11 ausgedehnt werden dürfen. Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist allerdings, wenn die gegen die Verantwortlichen angeordneten Maßnahmen, soweit unvermeidbar, auch Dritte miterfassen […]. In Betracht kommt insoweit eine Befugnis zur Überwachung von Personen aus dem Umfeld einer Zielperson, etwa von – näher einzugrenzenden – Kontaktpersonen oder Nachrichtenmittlern. Solche Befugnisse rechtfertigen sich aus der objektiven Natur der Gefahrenabwehr und der Wahrheitsermittlung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren . Ihre Erstreckung auf Dritte steht unter strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen und setzt eine spezifische individuelle Nähe der Betroffenen zu der aufzuklärenden Gefahr oder Straftat voraus. Hierfür reicht es nicht schon, dass sie mit einer Zielperson überhaupt in irgendeinem Austausch stehen. Vielmehr bedarf es zusätzlicher Anhaltspunkte , dass der Kontakt einen Bezug zum Ermittlungsziel aufweist und so eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Überwachungsmaßnahme der Aufklärung der Gefahr dienlich sein wird […].“ – Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung: „Bei der Prüfung, ob die Wahrscheinlichkeit einer Erfassung höchstprivater Situationen besteht, sind im Interesse der Effektivität des Kernbereichsschutzes Vermutungsregeln zugrunde zu legen […]. Danach gilt die Vermutung, dass Gespräche, die in Privaträumen mit Personen des besonderen persönlichen Vertrauens […] geführt werden, dem Kernbereich privater Lebensgestaltung unterfallen und nicht überwacht werden dürfen […]. Besteht danach die Wahrscheinlichkeit, dass eine Überwachungsmaßnahme in den Kernbereich privater Lebensgestaltung eindringt, ist die Maßnahme zu unterlassen.“42 – Schutz von Berufsgeheimnisträgern: Verfassungsgemäß ist eine Regelung, die die „Überwachung von Berufsgeheimnisträgern grundsätzlich nicht strikt, sondern nur nach Maßgabe einer Abwägung im Einzelfall ausschließt, und ein strikteres Überwachungsverbot […] nur für einen kleinen Personenkreis vorgesehen ist, für den der Gesetzgeber besonderen Schutzbedarf sieht […]. Bei der […] vorzunehmenden Abwägung sind die Grundrechte der Betroffenen angemessen zu gewichten.“43 – Auskunftsrechte mit der Möglichkeit anschließenden subjektiven Rechtsschutzes: „Vom Grundsatz her ist ein Auskunftsrecht in § 19 BDSG [Bundesdatenschutzgesetz] anerkannt […]“;44 „Eine verhältnismäßige Ausgestaltung der Überwachungsmaßnahmen verlangt im Lichte des Art. 19 Abs. 4 GG außerdem, dass die Betroffenen nach Benachrichtigung in zumutbarer Weise eine gerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle erwirken können […]“;45 „Die von der Verfassung geforderte Eröffnung nachträglichen Rechtsschutzes im Falle der unrechtmäßigen Überwachung ergibt sich aus Verwaltungsprozessrecht […]. Ansprüche 42 BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 – 1 BvR 966/09, juris Rn. 198 f. (BVerfGE 141, 220 – BKAG). 43 BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 – 1 BvR 966/09, juris Rn. 256 (BVerfGE 141, 220 – BKAG). 44 BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 – 1 BvR 966/09, juris Rn. 264 (BVerfGE 141, 220 – BKAG). 45 BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 – 1 BvR 966/09, juris Rn. 138 (BVerfGE 141, 220 – BKAG). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 12 auf Wiedergutmachung lassen sich auf die zivilrechtlichen Grundsätze zur Entschädigungspflicht bei schweren Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht stützen […].“46 – Aufsichtliche Kontrolle: „Zwar ist nach den Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes eine Kontrolle durch die Bundesdatenschutzbeauftragte eröffnet und verfügt diese insoweit auch über ausreichende Befugnisse […]. Es fehlt jedoch an einer hinreichenden gesetzlichen Vorgabe zu turnusmäßigen Pflichtkontrollen, deren Abstand ein gewisses Höchstmaß, etwa zwei Jahre, nicht überschreiten darf […]. Auch fehlt es an einer umfassenden Protokollierungspflicht , die es ermöglicht, die jeweiligen Überwachungsmaßnahmen sachhaltig zu prüfen […].“47 – Berichtspflichten: „Zur Gewährleistung von Transparenz und Kontrolle bedarf es schließlich einer gesetzlichen Regelung von Berichtspflichten. […] Sie sind erforderlich und müssen hinreichend gehaltvoll sein, um eine öffentliche Diskussion über Art und Ausmaß der auf diese Befugnisse gestützten Datenerhebung, einschließlich der Handhabung der Benachrichtigungspflichten und Löschungspflichten, zu ermöglichen und diese einer demokratischen Kontrolle und Überprüfung zu unterwerfen […].“48 – Löschung von Daten: „Die Daten sind nach Erfüllung des der Datenerhebung zugrundeliegenden Zwecks zu löschen […]“;49 „Löschungsprotokolle dienen der Ermöglichung der späteren Nachvollziehbarkeit und Kontrolle. Die Frist ihrer Aufbewahrung muss demnach so bemessen sein, dass die Protokolle bei typisierender Betrachtung nach der Benachrichtigung der Betroffenen und im Rahmen der nächsten periodisch anstehenden Kontrolle durch die Datenschutzbeauftragte noch vorliegen […].“50 46 BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 – 1 BvR 966/09, juris Rn. 265 (BVerfGE 141, 220 – BKAG). 47 BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 – 1 BvR 966/09, juris Rn. 141 – sic (BVerfGE 141, 220 – BKAG). 48 BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 – 1 BvR 966/09, juris Rn. 142 f. (BVerfGE 141, 220 – BKAG). 49 BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 – 1 BvR 966/09, juris Rn. 270 (BVerfGE 141, 220 – BKAG). 50 BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 – 1 BvR 966/09, juris Rn. 272 (BVerfGE 141, 220 – BKAG). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 13 Das BKAG-Urteil betrifft Vorschriften aus dem Bereich der Gefahrenabwehr. Inwieweit vorstehende Ausführungen auf den Bereich der Strafverfolgung in ihren wesentlichen Grundgedanken entsprechend übertragbar sind, ist umstritten.51 Bislang liegt keine Rechtsprechung des BVerfG zur Übertragbarkeit der Grundgedanken des BKAG-Urteils auf die Nachrichtendienste vor. Der an der Entscheidung beteiligte Verfassungsrichter Masing hat hierzu angemerkt: „Dabei ist klarzustellen, dass das BVerfG in jener Entscheidung selbstverständlich allein über die Befugnisse des BKAG entschieden hat. Es hat sich dabei aber auf rechtlich abstraktere Maßstäbe gestützt und musste dies. Diese Maßstäbe sind in der Entscheidung erkennbar verschieden allgemein formuliert und umfassen weithin auch Aussagen zu den Voraussetzungen heimlicher Überwachungsmaßnahmen allgemein. Sie führen dabei eine lange Rechtsprechung sowohl zum repressiven als auch zum präventiven Sicherheitsrecht zusammen und sind nicht zuletzt auch auf Entscheidungen gestützt, die sich ausdrücklich auf Nachrichtendienste beziehen .“52 Diese Aussage ließe sich dahingehend interpretieren, dass die Maßstäbe aus dem BKAG-Urteil ungeachtet der auf das BKAG begrenzten Rechtskraft des Urteils grundsätzlicher Natur sind. Gleichwohl hat Masing aber ausdrücklich offenlassen, „welche Konsequenzen sich aus der Anwendung dieser Maßstäbe für die verfassungsrechtliche Beurteilung von vor dem BVerfG angegriffenen Normen, bestimmten Befugnisse der Nachrichtendienste, ergeben“.53 2.3.2.4.3. Sozialsphäre Die Sozialsphäre umfasst den Lebensbereich des Einzelnen, der sich von der Umwelt nicht abschirmen lässt.54 Hierzu gehört z. B. das Verhalten in einem (öffentlichen) Rechtsstreit. Eingriffe belasten Betroffene relativ gering, weshalb auch die Anforderungen an die Rechtfertigung gering sind.55 So sind z. B. wahre Tatsachenbehauptungen über Vorgänge aus der Sozialsphäre (z. B. einem 51 Gegen Übertragbarkeit siehe nur: Unterreitmeier, GSZ 2018, 1 (5): „Insgesamt betrachtet, erweisen sich folglich Nachrichtendienste als das im Vergleich zur Polizei grundrechtsschonendere Instrument der Gefahrerforschung. […] Sollte der Maßstab des BKAG-Urteils tatsächlich unmodifiziert auf die Nachrichtendienste erstreckt werden, hätte dies weitreichende Folgen für die deutsche Sicherheitsarchitektur. Die Nachrichtendienste könnten dann mit eingriffsintensiven Mitteln nicht mehr Informationen beschaffen, als die Polizei selbst“; für Übertragbarkeit: Bäcker, Verfassungsbeschwerde vom 21. Juli 2017 gegen das Bayerische Verfassungsschutzgesetz, https://freiheitsrechte .org/home/wp-content/uploads/2017/08/Beschwerdeschrift-Bayrisches-VS-Gesetz-anonymisiert.pdf: „Auf der Grundlage des Urteils zum BKA-Gesetz, das die verfassungsrechtlichen Anforderungen an präventivpolizeiliche Überwachungsermächtigungen präzisiert und konsolidiert hat, lassen sich die Maßstäbe auch für Ermächtigungen im Nachrichtendienstrecht weiter schärfen“; so wohl auch Graulich, in: Schenke/Graulich/Ruthig (Hrsg.), Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Auflage 2019, § 9b BVerfSchG Rn. 6: „Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stellt für tief in die Privatsphäre reichende Überwachungsmaßnahmen deshalb an eine wirksame Ausgestaltung dieser Kontrolle sowohl auf der Ebene des Gesetzes als auch der Verwaltungspraxis gesteigerte Anforderungen“ (unter Verweis auf das BKAG-Urteil). 52 Masing, GSZ 2018, 6 (Hervorhebung durch Autor). 53 Masing, GSZ 2018, 6 [sic]. 54 Di Fabio, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Stand März 2019, Art. 2 Rn. 160. 55 Di Fabio, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Stand März 2019, Art. 2 Rn. 160. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 14 öffentlichen Rechtsstreit) grundsätzlich hinzunehmen.56 Dementsprechend dürften die Anforderungen an die Angemessenheit eines Einsatzes von Vertrauensleuten zur Informationsbeschaffung in der Sozialsphäre der Zielperson geringer sein, als in der Privatsphäre. 2.3.2.5. Richtervorbehalt Im BKAG-Urteil hat das BVerfG das Fehlen eines Richtervorbehalts für Überwachungsmaßnahmen unter „Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten [als] unzureichend“ kritisiert: Das „BKAG sieht einen Richtervorbehalt unmittelbar für die erstmalige Anordnung der Maßnahme nur beim Einsatz Verdeckter Ermittler vor […]. […] Demgegenüber ist eine unabhängige Kontrolle verfassungsrechtlich aber unverzichtbar, wenn […] Vertrauenspersonen eingesetzt werden. Diese Maßnahmen dringen unter Umständen so tief in die Privatsphäre ein, dass deren Anordnung einer unabhängigen Instanz, etwa einem Gericht, vorbehalten bleiben muss. Insoweit reicht es nicht, die Anordnung der Maßnahmen zunächst der Sicherheitsbehörde selbst zu überlassen und die disziplinierende Wirkung wegen des Erfordernisses einer richterlichen Entscheidung erst für deren Verlängerung – möglicherweise auf der Grundlage der so gewonnenen Erkenntnisse – vorzusehen.“57 § 45 Abs. 3 S. 1 BKAG sieht nunmehr einen Richtervorbehalt vor.58 Inwieweit sich das vom BVerfG festgestellte Erfordernis des Richtervorbehalts für das BKA auf Nachrichtendienste übertragen lässt, ist strittig.59 Das wohl gewichtigste Argument für einen Richtervorbehalt dürfte sein, dass der Einsatz von Vertrauensleuten nach § 45 Abs. 5 S. 3 BKAG „auf höchstens einen Monat zu befristen“ ist. § 9b BVerfSchG hingegen enthält keine zeitliche Begrenzung. Dies kann zu einem intensiveren Eingriff führen, wie z. B. einer lebenslangen Beobachtung durch eine V-Person. Davon abgesehen lässt sich schwerlich argumentieren, dass Richtervorbehalte für das BVerfSchG systemfremd sind (§ 9 Abs. 2 S. 3 und S. 4 sehen einen Richtervorbehalt vor für das Abhören in Wohnungen). 56 BVerfG, Beschluss vom 29. Juni 2016 – 1 BvR 3487/14 (NJW 2016, 3362 – Wahre Tatsachenbehauptungen). 57 BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 – 1 BvR 966/09, juris Rn. 172-174 (BVerfGE 141, 220 – BKAG) – Hervorhebung durch Autor. 58 Eingefügt durch das Gesetz zur Neugestaltung des Bundeskriminalamtsgesetzes vom 8. Juni 2017 (BGBl. I 2017 S. 1354). 59 Gegen Richtervorbehalt: Blome/Sellmeier, DÖV 2016, 881 (883): „(Nicht überzeugende) Forderungen nach einem Richtervorbehalt“; Gärditz, EuGRZ 2018, 6 (17 ff.); Graulich, in: Schenke/Graulich/Ruthig (Hrsg.), Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Auflage 2019, § 9b BVerfSchG Rn. 3; grundsätzlich fehlenden Richtervorbehalt akzeptierend: Gusy, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Auflage 2018, Art. 104 Rn. 39; Unterreitmeier, GSZ 2018, 1 (5); für Richtervorbehalt : Förster, ZRP 2012, 123 (bereits vor dem Erlass des BKAG-Urteils): „Der Verfassungsschutz hätte von seiner Einbeziehung in das System richterlicher Vorabkontrolle schwerwiegender staatlicher Eingriffe große Vorteile zu erwarten“; wohl auch Scharmer, StV 2016, 323 (329): „durch die Nutzung nachrichtendienstlich erhobener Informationen [kann] bewusst […] der Richtervorbehalt zum Einsatz von verdeckten Ermittlern aus § 110b Abs. 2 StPO umgangen“ werden; offengelassen bzw. nicht angesprochen von Masing, GSZ 2018, 6; Sellmeier/Blome, GSZ 2019, 196. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 15 3. Sonderfälle In Einzelfällen kann die Informationsbeschaffung durch Vertrauensleute insbesondere auch nachfolgende verfassungsrechtliche Aspekte berühren:60 3.1. Abgeordnete Nach § 9b Abs. 2 S. 2 BVerfSchG dürfen Personen nicht als Vertrauensleute „angeworben und eingesetzt werden, die […] Mitglied des Europäischen Parlaments, des Deutschen Bundestages, eines Landesparlaments oder Mitarbeiter eines solchen Mitglieds sind“. Die Kommentierung führt hierzu aus: „Hierdurch wird der herausgehobenen verfassungsrechtlichen Stellung der Mandatsträger (für den Deutschen Bundestag aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG) Rechnung getragen. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht die Beobachtung von Abgeordneten unter engen Voraussetzungen als verfassungsrechtlich zulässig erachtet. Davon zu unterscheiden ist jedoch die Anwerbung und Tätigkeit als Quelle. Dieser Selbstverständlichkeit hat das Gesetz nunmehr Ausdruck verliehen.“61 3.2. Unverletzlichkeit der eigenen Wohnung Art. 13 Abs. 1 GG schützt den räumlich gegenständlichen Bereich der Privatsphäre. Das BVerfG betont dabei ausdrücklich den Zusammenhang mit der Menschenwürdegarantie.62 Damit fallen unter den Tatbestand der Wohnung alle privaten Wohnzwecken gewidmeten Räumlichkeiten, in denen der Mensch das Recht hat, in Ruhe gelassen zu werden.63 Die durch eine V-Person täuschungsbedingt erlangte Einwilligung zum Betreten der Wohnung ist nach vielfach vertretener Auffassung ein Grundrechtseingriff.64 Auf diesem Standpunkt steht auch die Expertenkommission des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz: „Eine 60 Zu weiteren Fallbeispielen, wie z. B. heimliche Tonaufzeichnungen, siehe Sellmeier/Blome, GSZ 2019, 196 (201): „Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel durch Vertrauensleute der Nachrichtendienste ist der Einsatz eines nachrichtendienstlichen Mittels durch den Nachrichtendienst selbst.“ 61 Blome/Sellmeier, DÖV 2016, 881 (884); siehe hierzu auch WD 3 - 3000 - 220/19, „Informationsgewinnung von Abgeordnetenmitarbeitern durch den Verfassungsschutz“, S. 5. 62 BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 2015 – 2 BvR 2718/10, juris Rn. 56 (BVerfGE 139, 245). 63 BVerfG, Urteil vom 3. März 2004 – 1 BvR 2378/98 u. 1 BvR 1084/99, Rn. 104 (BVerfGE 109, 279 – Großer Lauschangriff ); Beschluss vom 5. Mai 1987 – 1 BvR 1113/85, Rn. 29 (BVerfGE 75, 318 – Sachverständiger). 64 Bejahend: Gercke StV 2017, 615 (620) m.w.N; Maluga, Tatprovokation Unverdächtiger durch V-Leute, 2006, S. 141 f.; für den Fall eines verdeckten Ermittlers: Rachor/Graulich, in: Lisken/Denninger (Hrsg.), Handbuch des Polizeirechts , 6. Auflage 2018, E. Das Polizeihandeln, Rn. 741; Kunig, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, 6. Auflage 2012, Art. 13 Rn. 19; verneinend: Sellmeier/Blome, GSZ 2019, 196 (198): „Indes scheidet der Eingriff in Art. 13 I GG wegen der vorhandenen Zustimmung der Zielperson als Grundrechtsinhaber aus“; Soiné, NStZ 2013, 83 (86); für verdeckte Ermittler: Kluckert/Fink, in: BeckOK, 41. Ed. 15. Mai 2019, GG, Art. 13 Rn. 11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 16 spezielle gesetzliche Regelung ist daher notwendig, […] wenn die V-Person – auch mit dessen Einverständnis – die Wohnung des Betroffenen betritt.“65 Ferner hat das BVerfG in seiner Entscheidung zum „großen Lauschangriff“ festgestellt, dass eine akustische Wohnraumüberwachung nur soweit zulässig ist, wie sie nicht in den Kernbereich persönlicher Lebensgestaltung eingreift und damit die Menschenwürde verletzt.66 Teilweise wird daher vertreten, dass das bloße Betreten einer Privatwohnung durch eine V-Person den Wesensgehalt des Art. 13 GG tangiert und daher nicht zu rechtfertigen ist.67 Andere Stimmen sprechen sich dafür aus, einem solchen Fall ausnahmsweise durch ein Beweisverwertungsverbot (statt einem Beweiserhebungsverbot) zu begegnen.68 Folgt man dieser Auffassung, gelten für die Rechtfertigung des Eingriffs die besonderen Anforderungen des Art. 13 Abs. 2-7 GG.69 3.3. Schutz von Ehe und Familie Der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG umfasst das ungestörte Zusammenleben in Ehe und Familie nach familiärer Eigengesetzlichkeit und einen geschlossenen, autonomen Lebensbereich, der vor staatlicher Ausforschung geschützt sein kann.70 Dabei stellt der Schutz der Kommunikation innerhalb von Ehe und Familie den Kernbestand des Grundrechts dar.71 Das BVerfG führt hierzu aus: „Ein gewichtiger Anhaltspunkt für die Menschenwürderelevanz des Gesprächsinhalts ist die Anwesenheit von Personen des höchstpersönlichen Vertrauens. Der Einzelne konstituiert seine Persönlichkeit in erster Linie im Wechselspiel mit anderen, also in der Kommunikation . Ehe und Familie haben insoweit für die Kommunikation im höchstpersönlichen Bereich, gerade auch im Intimbereich, eine besondere Bedeutung. So fußt eine in der ehelichen Vertrautheit besonders leicht mögliche thematisch unbegrenzte Kommunikation mit dem Ehepartner auf der Erwartung, dass der Vorgang nicht von Außenstehenden zur Kenntnis 65 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Bericht der Expertenkommission zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des allgemeinen Strafverfahrens und des jugendgerichtlichen Verfahrens, Empfehlungen, 2015, S. 83. 66 BVerfG, Urteil vom 3. März 2004 – 1 BvR 2378/98 u. 1 BvR 1084/99, Leitsatz 2 und 6 (BVerfGE 109, 279 – Großer Lauschangriff). 67 Maluga, Tatprovokation Unverdächtiger durch V-Leute, 2006, S. 142. 68 Gercke, StV 2017, 615 (620). 69 Siehe hierzu WD 3 - 3000 - 214/19, Zu einer künftigen Regelung des heimlichen Betretens von Wohnungen zur Vorbereitung technischer Überwachung, S. 6 ff., https://www.bundestag.de/resource/blob/670608/0d6159a9aeddd 36869de7af98b06c91b/WD-3-214-19-pdf-data.pdf. 70 von Coelln, in: Sachs (Hrsg.), GG, 8. Auflage 2018, Art. 6 Rn. 22. 71 Gercke, StV 2017, 615 (620). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 17 genommen werden kann. Nichts anderes gilt für Gespräche mit anderen engsten Familienangehörigen , etwa Geschwistern und Verwandten in gerader Linie, insbesondere wenn sie im selben Haushalt leben.“72 In diese Vertraulichkeit können Vertrauensleute eingreifen, wenn sie Gespräche zwischen Ehegatten mithören. Der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG bestimmt insoweit einen Sonderfall des unantastbaren Kerns privater Lebensgestaltung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).73 Der Bundesgerichtshof hat für den Fall des heimlichen Mithörens eines Gespräches zwischen Ehegatten in deren Wohnung festgestellt: „Die Unterhaltung zwischen Eheleuten in der ehelichen Wohnung ist diesem unantastbaren Bereich zuzurechnen. Mit der Menschenwürde lässt es sich nicht vereinbaren, wenn der Staat das Recht für sich in Anspruch nehmen könnte, die im engsten Familienkreis geführten Gespräche zu kontrollieren. Wenn man die Zulässigkeit einer derart weitgehenden Überwachung anerkennen wollte, so wäre nicht einzusehen, warum sie auf die Fälle des Mithörens durch Telefoneinrichtungen beschränkt sein sollte, sondern müsste auch beim Einsatz von typischen Abhörgeräten statthaft sein. Damit würde aber kein Raum innerhalb des privatesten Lebensbereichs übrigbleiben, wo Ehepartner sicher sein könnten, dass ihre Gespräche nicht überwacht werden. Die Möglichkeit, Empfindungen, Gefühle, Ansichten oder Eindrücke von Erlebnissen zum Ausdruck zu bringen, ohne der Angst ausgesetzt zu sein, dass staatliche Behörden die Unterhaltung überwachen, wäre dann unerträglich behindert . Auch für den sonstigen vertrauensvollen Gedankenaustausch zwischen den Ehepartnern würde das zutreffen. Dies würde eine schwere Beeinträchtigung der menschlichen Würde bedeuten. Ferner würde den Betroffenen durch eine solche Maßnahme aber auch weitgehend der ‚Innenraum‘ verweigert, der ihnen um der freien und der selbstverantwortlichen Entfaltung ihrer Persönlichkeit willen verbleiben sollte.“74 4. Exemplarische Regelungen zur Gefahrenabwehr Im Bereich der Gefahrenabwehr finden sich regelmäßig gesetzliche Grundlagen für den Einsatz von Vertrauensleuten. Für die Nachrichtendienste ist § 9b Abs. 1 BVerfSchG ein Beispiel, im Bereich des Polizeirechts § 45 Abs. 2 Nr. 4 BKAG.75 72 Urteil vom 3. März 2004 – 1 BvR 2378/98 u. 1 BvR 1084/99, Rn. 146 (BVerfGE 109, 279 – Großer Lauschangriff) – Hervorhebung durch Autor. 73 Vgl. Gercke, StV 2017, 615 (620). 74 BGH, Urteil vom 16. März 1983 – 2 StR 775/82, juris Rn. 21 (BGHSt 31, 296) – Hervorhebung durch Autor. 75 Weitere Beispiele auf Bundesebene: § 5 BND-Gesetz; § 5 MAD-Gesetz (Gesetz über den militärischen Abschirmdienst ); § 28 Abs. 2 Nr. 3 Bundespolizeigesetz. Beispiel Länder: § 38 Polizeiaufgabengesetz Bayern; § 19 Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 18 Beide Vorschriften sehen im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht insbesondere folgende Vorkehrungen vor: – Definition der konkreten Gefährdung erheblicher Rechtsgüter: § 9 Abs. 1 S. 1 BVerfSchG, § 45 Abs. 1 S. 1 BKAG; – Unbeteiligte Dritte: § 45 Abs. 1 S. 2 BKAG (nur wenn Drittbetroffenheit unvermeidbar und Dritter nicht Ziel der Maßnahme), § 9b Abs. 4 S. 4 BVerfSchG (wenn unvermeidbar); – Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung: BVerfSchG – nicht ausdrücklich geregelt,76 § 45 Abs. 7 BKAG; – Schutz von Berufsgeheimnisträgern: BVerfSchG und BKAG– nicht ausdrücklich geregelt;77 – Auskunftsrechte und Rechtsschutz: § 74 BKAG (Benachrichtigung bei verdeckten und eingriffsintensiven Maßnahmen), § 84 BKAG (Rechte der betroffenen Person), § 9 Abs. 3 Nr. 1 BVerfSchG (Mitteilung bei intensiven Maßnahmen), § 15 BVerfSchG (Auskunftsanspruch über gespeicherte Daten); – Aufsichtliche Kontrolle: § 26a BVerfSchG, § 69 BKAG; – Berichtspflichten: § 9 Abs. 3 Nr. 2 BVerfSchG, § 9b Abs. 1 S. 2 BVerfSchG, § 88 BKAG; – Löschung von Daten: § 9 Abs. 2 S. 8, Abs. 4 S. 6, § 12 BVerfSchG, § 45 Abs. 7 BKAG, § 79 BKAG. Einen Richtervorbehalt sieht § 9b BVerfSchG nicht vor (siehe zu dieser Problematik die Ausführungen unter Nr. 2.3.2.5). Es ist darauf hinzuweisen, dass § 9b BVerfSchG selbst nicht alle Details regelt. Nach seinem Abs. 2 S. 4 gilt: „Die Mittel nach Satz 1 [u. a. Einsatz von Vertrauensleuten] sind in einer Dienstvorschrift zu benennen, die auch die Zuständigkeit für die Anordnung solcher Informationsbeschaffungen und das Nähere zu Satz 3 regelt. Die Dienstvorschrift bedarf der Zustimmung des Bundesministeriums des Innern, das das Parlamentarische Kontrollgremium unterrichtet.“ 76 Vgl. Mallmann, in: Schenke/Graulich/Ruthig (Hrsg.), Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Auflage 2019, § 9 BVerfSchG Rn. 19. 77 Vgl. für das BKAG Schenke, in: Schenke/Graulich/Ruthig (Hrsg.), Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Auflage 2019, § 45 BKAG Rn. 4, mit Verweis auf § 28 BPolG, welcher ebenso keine gesonderte Regelung zu Berufsgeheimnisträgern enthält; zum BVerfSchG enthält der genannte Kommentar keinen Eintrag zu Amts- oder Berufsgeheimnisträgern im Sachregister. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 19 Die Dienstvorschrift ist offenbar als Verschlusssache eingestuft. Daher sind der Inhalt der Dienstvorschrift sowie die darin aufgezählten Mittel „nicht öffentlich bekannt“.78 Insgesamt enthalten § 9b BVerfSchG und § 45 BKAG mit zwei Ausnahmen zu allen wesentlichen Punkten Regelungen, die sich aus der Rechtsprechung des BVerfG zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ergeben. Dies gilt auch, insoweit man das BKAG-Urteil des BVerfG in Übereinstimmung mit einem Teil der Literatur für Nachrichtendienste als grundsätzlichen Maßstab anlegt. In Bezug auf den Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung enthält das BVerfSchG im Unterschied zum BKAG keine ausdrückliche Regelung. Ferner enthalten beide Gesetze keine ausdrücklichen Bestimmungen zum Schutz von Berufsgeheimnisträgern. Auf der einen Seite lässt sich argumentieren, dass sich beide Schutzaspekte durch eine verfassungskonforme Anwendung berücksichtigen lassen. Auf der anderen Seite dürfte es die rechtssichere Lösung darstellen, eine Regelung vorzusehen. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass ein im Netz veröffentlichter , dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat zugeschriebener „Entwurf eines Gesetzes zur Harmonisierung des Verfassungsschutzrechts“79 (im Folgenden: „Entwurf BVerfSchG“) in § 9a Abs. 2 den Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung und von Berufsgeheimnisträgern ausdrücklich vorsieht. Ein Richtervorbehalt ist für den Einsatz von Vertrauenspersonen soweit ersichtlich nicht vorgesehen. In Bezug auf den Grundsatz der Normenklarheit (siehe oben 2.3.1) liegt eine Aussage des BVerfG zu den vielfach komplexen Vorschriften der geltenden Fassung des BVerfSchG soweit ersichtlich nicht vor.80 Bei § 9b BVerfSchG sowie § 45 BKAG hält sich der Umfang der Verweisungen in Grenzen. Ein Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit liegt jedenfalls bei abstrakter Betrachtung eher nicht vor. Unabhängig davon dürfte sich die Mehrzahl der verfassungsrechtlichen Fragen bei der Anwendung der gesetzlichen Vorschriften ergeben. Insoweit müssten die Sicherheitsbehörden bei der Planung, Anordnung und Durchführung die Rechtsprechung insbesondere des BVerfG beachten und nötigenfalls Vorschriften verfassungskonform auslegen. 78 Graulich, Vorlesungsskript SS 2017, S. 5, https://kaiser.rewi.hu-berlin.de/doc/lehre_graulich_alt/Vorlesung _5_18052017.pdf; Spitzer, Die Nachrichtendienste Deutschlands und die Geheimdienste Russlands: ein Vergleich, 2010, S. 112. In der Kommentierung zu § 9b BVerfSchG finden sich bemerkenswerterweise keine Ausführungen zu dieser Dienstvorschrift (Graulich, in: Schenke/Graulich/Ruthig (Hrsg.), Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Auflage 2019, § 9b BVerfSchG). 79 https://netzpolitik.org/2019/wir-veroeffentlichen-den-gesetzentwurf-seehofer-will-staatstrojaner-fuer-den-verfassungsschutz /#Referentenentwurf-Bundesverfassungsschutzgesetz (Hervorhebung durch Autor). 80 Beschwerde der fehlenden Normenklarheit des BVerfSchG nicht aufgegriffen in: BVerfG, Beschluss vom 17. September 2013 – 2 BvR 2436/10, juris Rn. 127 (BVerfGE 134, 141 – Beobachtung von Abgeordneten): „Die notwendige Bestimmtheit fehlt aber nicht schon deshalb, weil eine Norm auslegungsbedürftig ist“; siehe auch BVerfG, Urteil vom 27. Februar 2008 – 1 BvR 370, 595/07, juris Rn. 208 ff. (BVerfGE 120, 274 – Online-Durchsuchungen) zur fehlenden Normenklarheit des Verfassungsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen aufgrund unbestimmter Begriffe. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 20 5. Exemplarische Regelungen zur Strafverfolgung Der Gesetzgeber hat bisher von einer speziellen Regelung für den Einsatz von Vertrauensleuten im Ermittlungsverfahren abgesehen.81 Folgende weitere Regelungen kommen als Grundlage für das Handeln von Vertrauensleuten im Ermittlungsverfahren in Betracht: Die gemeinsamen „Richtlinien“ der Justizminister/-senatoren und der Innenminister/-senatoren der Länder „für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren“ (RiStBV) enthalten in Anlage D „Richtlinien über die Inanspruchnahme von Informanten sowie über den Einsatz von Verdeckten Ermittlern im Rahmen der Strafverfolgung“. Sie enthalten, im Gegensatz zur Strafprozessordnung, detaillierte Vorgaben für den Einsatz von Vertrauensleuten (und Informanten). Allerdings sind die RiStBV keine gesetzliche Regelung, sondern lediglich eine Verwaltungsrichtlinie. Zudem hat sie der Bund nicht umgesetzt.82 Eine analoge Anwendung der Regelung für Verdeckte Ermittler (§ 110a StPO) ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht möglich, da die für eine analoge Anwendung notwendige Regelungslücke nicht vorliegt.83 Umstritten ist, ob die folgende Generalklausel des § 163 Abs. 1 StPO eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage darstellt:84 „Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes haben Straftaten zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten. Zu diesem Zweck sind sie befugt, alle Behörden um Auskunft zu ersuchen, bei Gefahr im Verzug auch, die Auskunft zu verlangen, sowie Ermittlungen jeder Art vorzunehmen, soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln.“ Für die Staatsanwaltschaft findet sich eine entsprechende Ermächtigung in § 161 Abs. 1 StPO. Beide Vorschriften ermächtigen Strafverfolgungsbehörden zu den erforderlichen Ermittlungsmaßnahmen , worunter grundsätzlich auch Vertrauensleute fallen können. Die §§ 161 und 163 StPO 81 Esser, Erforderlichkeit einer gesetzlichen Regelung für den Einsatz von V-Personen, in: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Bericht der Expertenkommission, 2015, Anlagenband I – Gutachten, S. 45 (47). 82 Engelstätter, in: BeckOK StPO, 35. Ed. 1. Oktober 2019, RiStBV Anlage D Rn. 1. 83 BGH, Urteil vom 22. Februar 1995 – 3 StR 552/94, NStZ 1995, 513; so auch Gercke, StV 2017, 615 (622). 84 Vgl. ausführlich zum Stand des Streits: Esser, Erforderlichkeit einer gesetzlichen Regelung für den Einsatz von V-Personen, in: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Bericht der Expertenkommission, 2015, Anlagenband I – Gutachten, S. 45 (47 ff.) und Gercke, StV 2017, 615 (622 ff.) m.w.N; Schmitt, in: Meyer-Goßner/ Schmitt (Hrsg.), StPO, 57. Aufl. 2014, § 110a Rn. 4a (zitiert nach Esser, ebenda). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 21 sind aber auf Maßnahmen von geringfügiger Eingriffsqualität begrenzt.85 Der Gesetzgeber selbst bezeichnete sie als „begrenzte Generalklauseln“.86 Der BGH hat 1995 entschieden, dass die §§ 161,163 StPO eine hinreichende Grundlage für den Einsatz von Vertrauensleuten darstellen. Vertrauensleute seien ihrer Natur nach Zeugen im Strafverfahren und keine Mitglieder der Strafverfolgungsbehörden.87 Der BGH hat sich allerdings mit der Frage des Gesetzesvorbehalts nicht ausdrücklich auseinandergesetzt. Das Grundgesetz oder Verfassungsrecht thematisiert der BGH nicht. Es findet sich lediglich ein pauschaler Hinweis auf den oben zitierten Beschluss des BVerfG.88 Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich der vom BGH zitierte Beschluss des BVerfG im Wesentlichen mit der Verwertbarkeit der Aussage einer V-Person befasst, nicht aber mit der etwaigen Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage. Ferner lag zum Zeitpunkt der Entscheidung des BGH das BKAG- Urteil des BVerfG aus dem Jahr 2016 noch nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, wieso die darin genannten Grundsätze im Wesentlichen nicht auch für strafrechtliche Ermittlungen entsprechend gelten sollen.89 Das BVerfG hat im BKAG-Urteil „das Ausnutzen von Vertrauen durch Verdeckte Ermittler oder Vertrauenspersonen“ als „sehr schwerwiegenden Grundrechtseingriff“ bezeichnet.90 Dies spricht dagegen, den Einsatz einer V-Person allein auf eine strafprozessuale Generalklausel stützen zu können, jedenfalls dann, wenn die V-Person in Zusammenarbeit mit dem Staat oder auf dessen Veranlassung tätig wird.91 Dementsprechend hat auch eine 2014-2015 tätige Expertenkommission des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zu Strafverfahren folgende Empfehlung abgegeben: „Für den Einsatz von Verbindungs- oder Vertrauenspersonen (Vertrauensleute) sollte eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden.“92 85 BGH, Beschluss vom 31. Januar 2007 – StB 18/06, NStZ 2007, 279 (281). 86 Vgl. BT-Drs. 14/484, S. 16 (Hervorhebung durch Autor). 87 BGH, Urteil vom 22. Februar 1995 – 3 StR 552/94, BGHSt 41, 42, Leitsatz. 88 BVerfGE 57, 250 – V-Mann (siehe schon oben Fn. 22, 23, 33). 89 Siehe hierzu schon oben Nr. 2.3.2.4.2 am Ende. 90 BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 – 1 BvR 966/09, juris Rn. 160 (BVerfGE 141, 220 – BKAG). 91 Siehe hierzu schon oben unter Nr. 2.2. 92 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Bericht der Expertenkommission zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des allgemeinen Strafverfahrens und des jugendgerichtlichen Verfahrens, Empfehlungen, 2015, S. 81 (Hervorhebung durch Autor). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 22 Die Expertenkommission führt zur Begründung insbesondere an:93 „Für die Schaffung einer eigenen Ermächtigungsgrundlage für den Einsatz von V-Personen spricht hingegen, dass Konstellationen denkbar sind, in denen in das Recht auf Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung im Sinne des Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 GG eingegriffen wird. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, genügt bereits die Grundrechtsgefährdung, um ein Handeln des Gesetzgebers zu rechtfertigen. Die erforderliche Regelungsdichte steigt mit zunehmender Eingriffstiefe, weil alle grundlegenden und wesentlichen Entscheidungen vom Gesetzgeber selbst getroffen werden müssen. Daher wird auch die Auffassung vertreten, dass der mit der Maßnahme verbundene Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen nicht auf die Ermittlungsgeneralklausel gestützt werden kann. Auch aus menschenrechtlicher Perspektive spricht viel für eine gesetzliche Regelung. Das Recht auf Privatleben wird durch Artikel 8 Absatz 1 EMRK [Europäische Menschenrechtskonvention] geschützt. Der EGMR [Europäische Gerichtshof für Menschenrechte] legt Artikel 8 EMRK weit aus und setzt die Eingriffsschwelle niedriger an als das Bundesverfassungsgericht. […] Eine spezielle gesetzliche Regelung ist daher notwendig, soweit die V-Person in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung oder andere Grundrechte eingreift und über den reinen Akt der Informationsbeschaffung hinausgeht. Dies ist etwa der Fall, wenn die V-Person in Täuschungsabsicht in die Privatsphäre des Betroffenen eindringt, um ihm auf diese Weise Informationen zum Zwecke der Strafverfolgung zu entlocken. Gleiches gilt, wenn die V-Person – auch mit dessen Einverständnis – die Wohnung des Betroffenen betritt. In diesem Fall unterscheidet sich das Handeln der V-Person nicht wesentlich von dem des Verdeckten Ermittlers. Für die Frage der Grundrechtsbindung macht es keinen Unterschied, ob eine Person von den Strafverfolgungsbehörden auf den Beschuldigten ‚angesetzt‘ wird oder lediglich als ‚freier Mitarbeiter‘ der Polizei agiert. Die Grundrechtsbindung wird allein durch die staatliche Einbindung der Aktivitäten der jeweiligen Personen ausgelöst. Beim Einsatz von V-Personen droht daher eine Umgehung der §§ 110a ff. StPO.“ In diesem Zusammenhang ist noch auf den Beschluss der „90. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister 2019“ vom 7. November 2019 hinzuweisen (TOP II. 8. „Einsatz von V-Personen – Rechtssichere Regelung“:94 „1. Die Justizministerinnen und Justizminister haben sich mit dem Einsatz von Verbindungsoder Vertrauenspersonen (V-Personen) im Strafverfahren befasst. Sie betonen die grundsätzliche Notwendigkeit dieses Einsatzes zur Bekämpfung besonders gefährlicher und schwer aufklärbarer Kriminalität. 2. Sie bitten die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, auf den Abschluss der bereits eingeleiteten Prüfung eines etwaigen gesetzgeberischen Handlungsbedarfs hinzuwirken 93 Ebenda, S. 82-83 (Hervorhebung durch Autor). 94 https://www.schleswig-holstein.de/DE/Schwerpunkte/JUMIKO2019/Downloads/191107_beschluesse/TO- PII_8.pdf?__blob=publicationFile&v=1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 252/19 Seite 23 und gegebenenfalls einen Gesetzentwurf zur Gewährleistung eines rechtssicheren Einsatzes von V-Personen vorzulegen.“ Problematisch erscheint im Hinblick auf den Grundsatz der Normenklarheit (siehe oben 2.3.1) das Fehlen einer speziellen Regelung für Ermittlungsverfahren. In seinem BKAG-Urteil hat das BVerfG im Jahr 2016 ausgeführt: „Alle angegriffenen Befugnisse sind zudem am Grundsatz der Normenklarheit und Bestimmtheit zu messen, der der Vorhersehbarkeit von Eingriffen für die Bürgerinnen und Bürger, einer wirksamen Begrenzung der Befugnisse gegenüber der Verwaltung sowie der Ermöglichung einer effektiven Kontrolle durch die Gerichte dient […].“95 Es sind schwerlich Gründe erkennbar, wie ein Einsatz von Vertrauensleuten auf Basis der §§ 161, 163 StPO für Bürger „vorhersehbar“ sein soll. *** 95 BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 – 1 BvR 966/09, juris Rn. 94 (BVerfGE 141, 220 – BKAG) – Hervorhebung durch Autor.