© 2019 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 251/19 Berücksichtigung substantieller Investments und beruflicher Qualifikationen im Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrecht Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 251/19 Seite 2 Berücksichtigung substantieller Investments und beruflicher Qualifikationen im Aufenthaltsund Staatsangehörigkeitsrecht Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 251/19 Abschluss der Arbeit: 16. Dezember 2019 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 251/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Aufenthaltsrecht 4 2.1. Berücksichtigung substantieller Investments 4 2.2. Berücksichtigung von Berufsqualifikationen 5 2.2.1. Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit 6 2.2.2. Änderungen durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz 7 3. Staatsbürgerschaft 9 4. Zulässigkeit ausländischer Investitionen 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 251/19 Seite 4 1. Fragestellung Gefragt wird nach den Möglichkeiten, aufgrund von Immobilienbesitz, Firmeneigentum oder sonstigen finanziellen Investitionen (sog. substantielle Investments) und beruflichen Qualifikationen einen Aufenthaltstitel in Deutschland oder die deutsche Staatsangehörigkeit zu erhalten. Ferner wird darauf eingegangen, ob und in welcher Weise Investitionen von Ausländern in Deutschland beschränkt sind. 2. Aufenthaltsrecht Nicht-EU-Staatsangehörige benötigen für einen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland einen Aufenthaltstitel. Das Aufenthaltsgesetz (AufenthG)1 unterscheidet zwei Grundformen: Die Aufenthaltserlaubnis (§ 7 AufenthG) als befristeter Aufenthaltstitel sowie die Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG) als unbefristeter Aufenthaltstitel. Gemäß § 5 AufenthG ist für die Erteilung von Aufenthaltstiteln in der Regel erforderlich, dass der Lebensunterhalt gesichert ist, die Identität und Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist, kein Ausweisungsgrund vorliegt, die Interessen der Bundesrepublik Deutschlands nicht beeinträchtigt oder gefährdet werden und sie im Besitz eines gültigen Passes sind. Darüber hinaus müssen die weiteren im AufenthG geregelten besonderen Voraussetzungen des jeweiligen Aufenthaltstitels vorliegen. Im Folgenden wird auf die im Zusammenhang mit substantiellen Investments und beruflichen Qualifikationen relevanten Regelungen eingegangen. 2.1. Berücksichtigung substantieller Investments Das deutsche Recht sieht keine speziell an die Voraussetzung substantieller Investments gebundenen befristeten oder unbefristeten Aufenthaltstitel vor. Nach § 21 AufenthG kann Ausländern ein auf bis zu drei Jahre befristeter Aufenthalt zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit erlaubt werden. Die Erteilung steht im Ermessen der zuständigen Behörde und setzt voraus, dass ein wirtschaftliches Interesse oder ein regionales Bedürfnis besteht, die Tätigkeit positive Auswirkungen auf die Wirtschaft erwarten lässt und die Finanzierung der Umsetzung durch Eigenkapital oder durch eine Kreditzusage gesichert ist. Die Beurteilung dieser Voraussetzungen richtet sich insbesondere nach der Tragfähigkeit der zugrundeliegenden Geschäftsidee , nach den unternehmerischen Erfahrungen des Ausländers, nach der Höhe des Kapitaleinsatzes , nach den Auswirkungen auf die Beschäftigungs- und Ausbildungssituation und nach dem Beitrag für Innovation und Forschung (§ 21 Abs. 1 S. 2 AufenthG). Dabei genügt für die Annahme eines allgemeinen wirtschaftlichen Interesses oder eines regionalen Bedürfnisses bereits die Prognose einer positiven wirtschaftlichen Auswirkung im Hinblick auf die allgemeine wirtschaftliche Struktur oder Versorgungslage im Inland oder der Region. Hat der Ausländer die Planungen für seine selbständige Tätigkeit erfolgreich verwirklicht und ist sein Lebensunterhalt und der seiner Angehörigen durch ausreichende Einkünfte gesichert, kann 1 Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet, in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch Art. 1 und 6 Zweites Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1294). Weitere Änderungen durch Art. 1 und 54 Abs. 2 Fachkräfteeinwanderungsgesetz vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307) treten erst ab März 2020 in Kraft und werden, soweit vorliegend relevant, ergänzend angeführt. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 251/19 Seite 5 ihm bereits drei Jahre nach Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erteilt werden (§ 21 Abs. 4 AufenthG). Mit Wirkung zum 1. März 2020 enthält § 21 Abs. 4 S. 2 AufenthG-neu zusätzlich einen Verweis auf § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AufenthG-neu, sodass Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unter Berücksichtigung der Schwere oder der Art des Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder der vom Ausländer ausgehenden Gefahr unter Berücksichtigung der Dauer des bisherigen Aufenthalts und dem Bestehen von Bindungen im Bundesgebiet der Erteilung nicht entgegenstehen dürfen. 2.2. Berücksichtigung von Berufsqualifikationen Der 4. Abschnitt des 2. Kapitels des AufenthG sieht Aufenthaltstitel zum Zweck der Ausübung unselbstständiger Tätigkeiten vor. Diese sind überwiegend abhängig von beruflichen Qualifikationen . Eine allgemeine Begrenzung auf Berufe mit erhöhter Nachfrage (sogenannte Mangelberufe) besteht dabei nicht. § 18 AufenthG bildet den Grundtatbestand für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen zum Zwecke der Ausübung von Beschäftigungen, für die eine berufliche Qualifikation vorausgesetzt wird sowie für sonstige Beschäftigungen. Voraussetzung für die Erteilung ist gemäß § 18 Abs. 2 S. 1 grundsätzlich die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit (BA), sofern diese nicht aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen oder nach der Beschäftigungsverordnung (BeschVO) entbehrlich ist. Eine Aufenthaltserlaubnis für eine Beschäftigung, die keine berufliche Qualifikation erfordert, kann erteilt werden, wenn dies aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen oder nach der BeschVO mit Zustimmung der BA zulässig ist, § 18 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 AufenthG. Der Zugang zu Beschäftigungen, die eine berufliche Qualifikation voraussetzen und nicht unter die spezielleren Regelungen des AufenthG fallen, darf gemäß § 18 Abs. 4 S. 1 nur für die in der BeschVO zugelassenen Berufsgruppen und – soweit nach § 18 Abs. 2 S. 1 erforderlich – ebenfalls nur mit Zustimmung der BA erteilt werden. Abs. 4 S. 2 AufenthG ermöglicht in begründeten Einzelfällen die Erteilung eines Aufenthaltstitels für Beschäftigungen mit qualifizierter Berufsausbildung, wenn an der Beschäftigung ein öffentliches, insbesondere ein regionales, wirtschaftliches oder arbeitsmarktpolitisches Interesse besteht. Darüber hinaus sieht das AufenthG folgende besondere Aufenthaltstitel im Zusammenhang mit beruflichen Qualifikationen vor: – § 16 Abs. 4 – Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach erfolgreichem Studienabschluss in Deutschland zum Zweck der Arbeitsplatzsuche, – § 18a – Aufenthaltserlaubnis für durch Hochschulabschluss oder Berufsausbildung qualifizierte Geduldete zum Zweck der Beschäftigung, – § 18b – Niederlassungserlaubnis für Absolventen deutscher Hochschulen, – § 18c – Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitsplatzsuche für qualifizierte Fachkräfte, – § 19 – Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte, Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 251/19 Seite 6 – § 19a – Blaue Karte EU für befristeten bzw. unbefristeten Aufenthalt hochqualifizierter Nicht-EU-Bürger, – § 19b – ICT-Karte für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer, – § 19c – kurzfristige Mobilität für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer, – § 19d – Mobiler-ICT-Karte, – § 20 – Forschung, – § 20a – kurzfristige Mobilität für Forscher, – § 20b – Aufenthaltserlaubnis für mobile Forscher. Schließlich eröffnet § 7 Abs. 1 S. 3 AufenthG auch die Möglichkeit, Ausländern eine Aufenthaltserlaubnis zu Zwecken zu gewähren, die nicht im Aufenthaltsgesetz bestimmt sind. In der Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz wird der Fall eines vermögenden Ausländers, der sich in Deutschland niederlassen möchte, um hier von seinem Vermögen zu leben, ausdrücklich angeführt.2 Die Erteilung steht im Ermessen der Behörde. Die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG müssen vorliegen. 2.2.1. Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit Sofern das AufenthG oder die BeschVO nichts anderes bestimmt, ist für die Erteilung von Aufenthaltstiteln zum Zwecke der Beschäftigung die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit (BA) erforderlich, § 39 Abs. 1 AufenthG. Eine wesentliche Voraussetzung für die Zustimmung der BA zur Erteilung von Aufenthaltstiteln zum Zwecke der Beschäftigung bildet die sog. Vorrangprüfung. Diese muss ergeben, dass keine deutschen oder diesen gleichgestellten oder sonst nach dem Recht der EU bevorrechtigten ausländischen Arbeitnehmer zur Verfügung stehen (§ 39 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. b AufenthG). Unter den in der BeschVO bestimmten Voraussetzungen ist eine Zustimmung der BA in folgenden Fällen nicht erforderlich: – Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte, Blaue Karte EU, Aufenthaltserlaubnisse für inländische Hochschulabsolventen (§ 2 BeschVO), – Aufenthaltstitel für bestimmte Führungskräfte (§ 3 BeschVO), – Aufenthaltstitel für bestimmte Tätigkeiten in Wissenschaft, Forschung und Entwicklung (§ 5 BeschVO), – Aufenthaltstitel für Absolventinnen und Absolventen deutscher Auslandsschulen (§ 7 BeschVO), 2 Bundesministerium des Innern, Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz vom 26. Oktober 2009, Nr. 7.1.3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 251/19 Seite 7 – Aufenthaltstitel zum Zweck der Beschäftigung bei Vorbeschäftigungszeiten oder längerem Voraufenthalt (§ 9 BeschVO). Zudem enthalten die § 2 Abs. 2 und §§ 3, 4, 6, 10, 11 BeschV Erleichterungen für die Zustimmung der BfA zur Erteilung von Aufenthaltstiteln für besonders qualifizierte Fachkräfte. So wird beispielsweise bei den Mangelberufen Naturwissenschaftler, Mathematiker und Ingenieure, Ärzte, akademische und vergleichbare Fachkräfte in der Informations- und Kommunikationstechnologie (§ 2 Abs. 2 BeschVO), bei bestimmten leitenden Angestellten und Spezialisten (§ 4 BeschVO), bei qualifizierten Ausbildungsberufen (§ 6 BeschVO), bei internationalem Personalaustausch und Auslandsprojekten (§ 10 BeschVO) sowie bei Sprachlehrern und Spezialitätenköchen (§ 11 BeschVO) auf eine Vorrangprüfung verzichtet. Die BeschVO sieht darüber hinaus etliche weitere Erleichterungen vor. So kommt es bei der Zustimmung zur Erteilung eines Aufenthaltstitels an ausländische Hochschulabsolventen zur Ausübung einer ihrer Qualifikation entsprechenden Beschäftigung nicht auf ein Mindesteinkommen an (§ 2 Abs. 3 BeschVO). Zudem können gemäß § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BeschVO ausgebildete Fachkräfte ohne Hochschulabschluss einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten, wenn die BA für den entsprechenden Beruf oder die entsprechende Berufsgruppe differenziert nach regionalen Besonderheiten festgestellt hat, dass die Besetzung der offenen Stellen mit ausländischen Bewerbern arbeitsmarkt- und integrationspolitisch verantwortbar ist.3 Die BA veröffentlicht eine entsprechende Positivliste.4 Sie kann dabei Engpässe berücksichtigen, bedarfsabhängige Zulassungsquoten festlegen oder die Zulassung auf bestimmte Herkunftsländer begrenzen. 2.2.2. Änderungen durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz Durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz wurde mit Wirkung zum 1. März 2020 insbesondere der 4. Abschnitt des 2. Kapitels des AufenthG umstrukturiert und teilweise inhaltlich geändert.5 Ein wesentliches Ziel der Änderungen sollte die Erleichterung der Migration für Fachkräfte mit qualifizierter Berufsausbildung sein.6 § 18 Abs. 2 AufenthG-neu formuliert zunächst allgemeine Voraussetzungen, welche für die Erteilung von erwerbsbezogenen Aufenthaltstiteln vorliegen müssen. Demnach ist künftig stets erforderlich , dass ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegt, die Bundesagentur für Arbeit außer in den festgesetzten Ausnahmefällen zugestimmt hat, soweit dies erforderlich ist, eine Berufsausübungserlaubnis erteilt wurde oder zugesagt ist und eine Berufsqualifikation vorliegt, soweit der jeweilige Aufenthaltstitel dies voraussetzt. Dem genannten Zweck entsprechend führt § 18 Abs. 2 AufenthGneu eine neue Definition der Fachkraft ein, von der nicht nur Personen mit deutscher, anerkannter oder gleichwertiger akademischer Ausbildung erfasst werden, sondern auch Personen mit einer deutschen oder gleichwertigen ausländischen Berufsausbildung. Diese können unter den Voraus- 3 Dazu Marx, Aufenthalts-, Asyl- und Flüchtlingsrecht, 6. Auflage 2017, § 3 Rn. 49. 4 Bundesagentur für Arbeit, Positivliste- Ausbildungsberufe; Stand September 2019, abrufbar unter: https://www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba015465.pdf (zuletzt abgerufen am 12. Dezember 2019). 5 Dazu Wendel, Die Neukodifikation der Erwerbsmigration, ZG 2019, S. 216 ff. 6 BT-Drs. 19/8285 S. 2. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 251/19 Seite 8 setzungen der §§ 18a, 18b Abs. 1 AufenthG-neu in Verbindung mit § 18 AufenthG-neu einen Aufenthaltstitel zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung für maximal vier Jahre erhalten. Hat der Ausländer das 45. Lebensjahr überschritten, ist gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG-neu ein festgesetztes Mindestgehalt erforderlich. Einer Fachkraft mit Berufsausbildung kann ab 1. März 2020 zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung, zu der ihre erworbene Qualifikation sie befähigt, eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18a AufenthG-neu erteilt werden. Die Erteilung von Arbeitserlaubnissen für Fachkräfte mit akademischer Ausbildung ist dann in § 18b AufenthG-neu geregelt. Nach der Gesetzesbegründung sollen Fachkräfte nicht nur in Berufen tätig werden können, „die einen Hochschulabschluss voraussetzen , sondern auch in Berufen, die im bestehenden fachlichen Kontext üblicherweise Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzen, die in der Regel in einer qualifizierten Berufsausbildung erworben werden. Damit wird akademischen Fachkräften der Berufseinstieg auch unterhalb ihrer Qualifikation ermöglicht. Grundsätzlich sollte es jedoch das Ziel sein, dass auch diese akademischen Fachkräfte langfristig einen der Qualifikation angemessenen Arbeitsplatz haben, was angesichts des Fachkräftemangels in der Bundesrepublik Deutschland von Bedeutung ist.“7 § 18c Abs. 1 AufenthG-neu enthält einen allgemeinen Tatbestand für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis für Fachkräfte. Demnach besteht ein Anspruch, wenn Ausländer seit vier Jahren im Besitz eines Aufenthaltstitels nach §§ 18a, 18b und 18d AufenthG-neu sind, einen entsprechenden Arbeitsplatz innehaben, diesbezüglich Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung oder vergleichbare Leistungen nachweisen können, über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen und die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 4-6, 8 und 9 AufenthG-neu vorliegen. Die Möglichkeiten für Absolventen (§ 18c Abs. 1 S. 2 AufenthG-neu), Inhaber einer Blauen-Karte-EU (§ 18c Abs. 2 AufenthG-neu) und Hochqualifizierte (§ 18c Abs. 3 AufenthG-neu), schon früher eine Niederlassungserlaubnis zu erhalten, bleiben zusätzlich bestehen. Unabhängig von einer Qualifikation als Fachkraft können Ausländern künftig nach dem in § 19c AufenthG-neu geregelten Grundtatbestand Aufenthaltserlaubnisse zum Zwecke der Ausübung von Beschäftigungen, für die eine berufliche Qualifikation vorausgesetzt wird sowie für sonstige Beschäftigungen, erteilt werden. Einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Arbeitssuche können Ausländer ab 1. März 2020 unter den Voraussetzungen des § 20 AufenthG-neu erhalten. Eine Erweiterung gegenüber der aktuellen Fassung besteht insofern, als das gemäß § 20 Abs. 1 AufenthG-neu auch Fachkräften mit Berufsausbildung ein Aufenthaltstitel erteilt werden kann, soweit sie über der angestrebten Tätigkeit entsprechende deutsche Sprachkenntnisse verfügen. Die Erteilung kann jedoch durch Verordnung für bestimmte Berufe ausgeschlossen werden, § 20 Abs. 1 S. 2 AufenthG-neu. Anders als in der aktuellen Gesetzesfassung ist es Arbeitsuchenden nach § 20 Abs. 1 S. 4 AufenthG-neu erlaubt, bis zu 10 Stunden einer Probebeschäftigung nachzugehen, zu deren Ausübung die erworbene Qualifikation befähigt. Die Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitsplatzsuche kann für Ausländer verlängert werden, die zuvor einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Ausbildung oder Forschung innehatten. 7 BT-Drs. 19/8285, S. 98. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 251/19 Seite 9 3. Staatsbürgerschaft Einen an die Voraussetzung substantieller Investments gebundenen Erwerb der Staatsangehörigkeit kennt das deutsche Recht nicht. Auch an berufliche Qualifikationen kann der Erwerb der Staatsangehörigkeit jedenfalls nicht unmittelbar geknüpft werden. Gemäß § 3 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)8 wird die deutsche Staatsangehörigkeit im Wesentlichen erworben: - durch Geburt, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt (§ 4 Abs. 1 StAG), oder durch Annahme als Kind (Adoption) durch einen Deutschen (§ 6 StAG), - durch Geburt in Deutschland als Kind ausländischer Eltern, wenn ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht hat (§ 4 Abs. 3 StAG) oder - durch Einbürgerung von Ausländern auf Antrag (§§ 8 bis 16, 40b und 40c StAG). Ausländer haben gemäß § 10 StAG einen Anspruch auf Einbürgerung, wenn sie über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht in Deutschland verfügen, seit mindestens acht Jahren gewöhnlich und rechtmäßig in Deutschland leben, über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen, einen Einbürgerungstest bestanden haben, für sich und ihre Familienangehörigen ohne Sozialhilfe und Arbeitslosengeld den Lebensunterhalt sichern können, nicht wegen einer Straftat verurteilt sind, sich zum deutschen Grundgesetz bekennen und ihre bisherige Staatsangehörigkeit aufgeben oder verlieren. Von den genannten Voraussetzungen für die Einbürgerung von Ausländern kann abgewichen werden. Nach § 10 Abs. 3 StAG kann die notwendige Aufenthaltsdauer bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen auf sechs Jahre verkürzt werden. Dies ist etwa möglich, wenn der Ausländer seit Jahren in Deutschland ehrenamtlich bei einer gemeinnützigen Organisation oder einem Verein engagiert ist.9 Neben der beschriebenen sog. Anspruchseinbürgerung gibt es auch die Möglichkeit einer Einbürgerung auf der Grundlage einer Ermessensentscheidung der Behörde. Gemäß § 8 StAG kann ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn er handlungsfähig oder gesetzlich vertreten ist, nicht wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt ist, eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat und für sich und seine Familienangehörigen ohne Sozialhilfe und Arbeitslosengeld den Lebensunterhalt sichern kann. 8 Staatsangehörigkeitsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 102-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 44 des Gesetzes vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307). 9 Bundesministerium des Innern, Vorläufige Anwendungshinweise vom 1. Juni 2015 zum Staatsangehörigkeitsgesetz , Nr. 10.3.1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 251/19 Seite 10 Auch die Ermessenseinbürgerung setzt in der Regel acht Jahre rechtmäßigen Aufenthalt des Ausländers im Inland voraus.10 Es können Einbürgerungserleichterungen gewährt werden, wenn die Einbürgerung in einem besonderen öffentlichen Interesse liegt. Dies ist etwa der Fall, „wenn der Einbürgerungsbewerber durch die Einbürgerung für eine Tätigkeit im deutschen Interesse, insbesondere im Bereich der Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft, Kunst, Kultur, Medien, des Sports oder des öffentlichen Dienstes […] gewonnen oder erhalten werden soll“11. Zwar führen die eingangs genannten Faktoren nicht automatisch zu einem Einbürgerungsanspruch, sie können sich jedoch im Rahmen des behördlichen Ermessens positiv auf die Einbürgerungsentscheidung auswirken . 4. Zulässigkeit ausländischer Investitionen Die Freiheit des Kapitalverkehrs ist auf europarechtlicher Ebene in Kapitel 4 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) geregelt. Art. 63 AEUV bestimmt, dass grundsätzlich alle Beschränkungen des grenzüberschreitenden Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten sind. Beschränkungen sind nur nach Maßgabe von Art. 64 und 65 AEUV zulässig.12 Insbesondere können steuerrechtliche Ungleichbehandlungen nach Art. 65 Abs. 1 lit. a AEUV zulässig sein. Art. 65 Abs. 2 AEUV stellt zudem klar, dass nach den Verträgen der Europäischen Union zulässige Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit unberührt bleiben, diese also nicht deshalb unwirksam sind, weil sie gleichzeitig die Kapitalverkehrsfreiheit beschränken. Nach Art. 65 Abs. 1 lit. b Variante 3 AEUV können die Mitgliedstaaten auch Maßnahmen ergreifen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind. Ab dem 11. Oktober 2020 gilt zudem die Direktinvestitionsverordnung, die einen einheitlichen europäischen Rechtsrahmen für die Überprüfung von Direktinvestitionen aus Drittländern aus Gründen der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung vorgibt.13 Nach § 1 Außenwirtschaftsgesetz ist der Kapitalverkehr mit fremden Wirtschaftsgebieten grundsätzlich frei. Es bestehen keine generellen Verbote ausländischer Investitionen für bestimmte Sektoren (bspw. Energie, Telekommunikation, Medien, Infrastruktur oder Agrarwirtschaft). Aller- 10 Bundesministerium des Innern, Vorläufige Anwendungshinweise vom 1. Juni 2015 zum Staatsangehörigkeitsgesetz, Nr. 8.1.2.2 und Nr. 8.1.2.3. 11 Bundesministerium des Innern, Vorläufige Anwendungshinweise vom 1. Juni 2015 zum Staatsangehörigkeitsgesetz, Nr. 8.1.3.5 (Hervorhebung nur hier). 12 Zur Frage der Vereinbarkeit eines möglichen Verbots des Immobilienerwerbs durch ausländische Investoren mit dem Unionsrecht vgl. die Ausarbeitung des Fachbereichs Europa des Deutschen Bundestages vom 25. September 2019, „Immobilienerwerb durch ausländische Investoren. Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht“, PE 6 - 3000 - 088/19, abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/669166/edfe94a0c4b60b946b6dec808e89dd87/PE-6- 088-19-pdf-data.pdf (zuletzt abgerufen am 12. Dezember 2019). 13 Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2019 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union, ABl. EU 2019, Nr. L 79 I/1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 251/19 Seite 11 dings kann nach der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) in bestimmten Einzelfällen eine Investitionsprüfung 14 stattfinden. Die AWV unterscheidet zwischen einer „sektorübergreifenden“ (§§ 55 - 59) und einer „sektorspezifischen“ (§§ 60 - 62) Prüfung. Eine sektorspezifische Prüfung kann eingeleitet werden, wenn ein Ausländer unmittel- oder mittelbar die Kontrolle über mindestens 10 Prozent der Stimmrechte an einem inländischen Unternehmen erwirbt, welches unter in § 60 Abs. 1 S. 1 AWG fällt. Dazu zählen Hersteller und Entwickler von Kriegswaffen und anderen militärischen Schlüsseltechnologien, von besonders konstruierten Motoren oder Getrieben für gepanzerte Kettenfahrzeuge und von Produkten mit IT-Sicherheitsfunktionen , die für die Verarbeitung staatlicher Verschlusssachen genutzt werden. Auch Anteilserwerbe an Unternehmen, die bestimmte militärische Güter gemäß Ausfuhrliste15 herstellen oder entwickeln, unterfallen der sektorspezifischen Prüfung. „Die sektorübergreifende Prüfung erfasst grundsätzliche alle Erwerbsvorgänge, durch die ein Unionsfremder unmittel- oder mittelbar die Kontrolle über mindestens 25 Prozent der Stimmrechte an einem inländischen Unternehmen erwirbt. Gehört das inländische Unternehmen einem besonders sicherheitsrelevanten Bereich an (z.B. Betreiber kritischer Infrastrukturen), liegt die Aufgreifschwelle bei 10 Prozent der Stimmrechte. Unionsinterne Erwerbe werden nur insoweit erfasst, als sie der Umgehung der Investitionsprüfung dienen.“16 Laut Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie wurden im Jahr 2018 78 Übernahmen inländischer Unternehmen durch ausländische Investoren geprüft. Soweit dabei relevante Sicherheitsrisiken festgestellt worden seien, habe diesen in nahezu allen Fällen durch vertragliche Vereinbarungen abgeholfen werden können. Die formelle Untersagung eines Erwerbs sei bislang noch nicht erforderlich gewesen.17 *** 14 Vgl. dazu auch den Sachstand der Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages vom 27. Februar 2018 zum Thema: Aspekte der nationalen Sicherheit bei ausländischen Investitionen in Deutschland, WD 5 - 3000 - 024/18, abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/549338/e9f4c133c62f833c97ab5578ccb62c28/WD-5- 024-18-pdf-data.pdf (zuletzt abgerufen am 12. Dezember 2019). 15 Ausfuhrliste - Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Dezember 2018[1], BAnz AT 28.12.2018 V1. 16 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, FAQ zu Investitionsprüfungen nach der Außenwirtschaftsverordnung (AWV), Stand 13. Mai 2019, abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/F/faqzur -aussenwirtschaftsrechtlichen-investitionspruefung.pdf?__blob=publicationFile&v=4 (zuletzt abgerufen am 12. Dezember 2019) (Hervorhebung nur hier). 17 Vgl. Informationen auf der Homepage des BMWi, Artikel zu „Außenwirtschaftrecht. Investitionsprüfung“, abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Aussenwirtschaft/investitionspruefung.html (zuletzt abgerufen am 12. Dezember 2019).