© 2014 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 249/13 Einzelfragen zur Annahme von Belohnungen und Geschenken durch Bedienstete und Amtsträger des Bundes Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 249/13 Seite 2 Einzelfragen zur Annahme von Belohnungen und Geschenken durch Bedienstete und Amtsträger des Bundes Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 249/13 Abschluss der Arbeit: 15. Januar 2014 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 249/13 Seite 3 1. Fragestellung Bis zu welchen Wertgrenzen sind Einladungen an Bedienstete und Amtsträger des Bundes zulässig ? Sind diese Wertgrenzen konkret bemessen oder ist die Angemessenheit solcher Einladungen Ermessenssache und leitet sich aus dem Amt oder Status des Eingeladenen ab? 2. Zusammenfassung Die Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen ist Bediensteten des Bundes gemäß § 71 Bundesbeamtengesetz (BBG)1 bzw. gemäß § 3 Abs. 2 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD)2 grundsätzlich verboten. Für die Beamten und Angestellten des Bundes gilt zusammenfassend Folgendes: Grundsätzliches Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken oder sonstigen Vorteilen ; eng begrenzte Ausnahmen vom Verbotsgrundsatz bedürfen der Genehmigung der obersten bzw. letzten obersten Dienstbehörde; Genehmigung von Ausnahmen nur in besonderen Fällen, in denen eine Gefährdung des Vertrauens in die uneigennützige Tätigkeit der Verwaltung von vornherein ausgeschlossen werden kann; die Verwaltungspraxis geht von einer allgemein erteilten Zustimmung in bestimmten üblichen , geringfügigen Fällen aus; gestattet werden bspw. die Annahme üblicher Bewirtung bei allgemeinen Veranstaltungen, an denen der öffentlich Bedienstete im Rahmen seiner Diensttätigkeit teilnimmt, die Annahme üblicher und nach allgemeiner Auffassung nicht zu beanstandender geringwertiger Aufmerksamkeiten, sowie die Teilnahme an Bewirtungen aus Anlass oder bei Gelegenheit dienstlicher Handlungen. Das Bundesministerium des Innern hat ein Rundschreiben zum Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken in der Bundesverwaltung erlassen. Die obersten Bundesbehörden können ergänzende bzw. weitergehende Anordnungen treffen, um besonderen Gegebenheiten in ihrem Geschäftsbereich Rechnung zu tragen. Mitglieder der Bundesregierung unterliegen gemäß § 6 Bundesministergesetz (BMinG)3 einer Anzeigepflicht gegenüber der Bundesregierung über Geschenke, die sie in Bezug auf ihr Amt erhalten. Für Beamte oder Richter des Bundes, die zum Mitglied der Bundesregierung ernannt werden, gilt der beamtenrechtliche Verbotsgrundsatz fort. Während der Amtszeit als Mitglied der 1 Bundesbeamtengesetz vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160), zul. geä. durch Art. 2 des Gesetzes vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3386). 2 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005, zul. geä. durch Änderungstarifvertrag Nr. 7 vom 31. März 2012, online abrufbar unter: www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Themen/OED_Verwaltung/Oeffentlicher_Dienst/TVoeD/Tarifvertraege/TVoeD .pdf;jsessionid=4639090B356A76CA9214DC5F091D8E4A.2_cid295?__blob=publicationFile (7. Januar 2014). 3 Bundesministergesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 27. Juli 1971 (BGBl. I S. 1166), zul. geä. durch Art. 1 des Gesetzes vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2018). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 249/13 Seite 4 Bundesregierung ruhen zwar die Rechte und Pflichten des Beamten oder Richters, gemäß § 18 BMinG aber mit Ausnahme seiner Pflicht zur Amtsverschwiegenheit und des Verbots der Annahme von Belohnungen oder Geschenken. 3. Bestimmungen zur Annahme von Belohnungen, Geschenken oder sonstigen Vorteilen 3.1. Beamte § 71 Abs. 1 BBG enthält ein grundsätzliches Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken oder sonstigen Vorteilen: „Beamtinnen und Beamte dürfen, auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, keine Belohnungen, Geschenke oder sonstigen Vorteile für sich oder einen Dritten in Bezug auf ihr Amt fordern, sich versprechen lassen oder annehmen. Ausnahmen bedürfen der Zustimmung der obersten oder der letzten obersten Dienstbehörde. Die Befugnis zur Zustimmung kann auf andere Behörden übertragen werden.“ Die Vorschrift unterstreicht in besonderer Weise die Dienstpflicht des Beamten, Belohnungen, Geschenke und sonstige Vorteile in Bezug auf sein Amt zurückzuweisen. Sie fußt auf den grundlegenden Pflichten des Beamten zu unbestechlicher und uneigennütziger Dienstausübung, die zu den Säulen des Berufsbeamtentums gehören.4 „Belohnungen, Geschenke oder sonstige Vorteile“ sind Vorteile wirtschaftlicher oder nichtwirtschaftlicher Art, die dem Beamten von einem Dritten unmittelbar oder mittelbar gewährt werden, ohne dass der Beamte darauf einen Anspruch hat. In der Literatur werden bspw. das unentgeltliche Überlassen von Gebrauchsgegenständen, Spenden, Einladungen zu Bewirtungen, Übernachtungen, Urlaubsreisen, Jagdgesellschaften als solche Vorteile eingeordnet. Weiterhin gehören hierzu auch vertragliche Leistungen, wie z.B. zinsgünstige Darlehen, verbilligter Einkauf, überhöhte Vergütungen für Nebentätigkeiten sowie auch mit wissenschaftlichen Ehrungen verbundene Geldpreise.5 Regelungsgegenstand des Verbots aus § 71 Abs. 1 BBG ist die Gewährung von Vorteilen in Bezug auf das Amt des Beamten. Der tatbestandliche Zusammenhang mit dem vom Beamten wahrgenommenen Amt ist hergestellt, wenn sich der Vorteilsgeber nach den konkreten Umständen davon leiten lässt, dass der Beamte Inhaber des betreffenden Amtes ist oder war.6 Ein besonders deutlicher Amtsbezug ist bspw. gegeben, wenn der Vorteilsgeber sich durch die Vorteilsgewährung das allgemeine Wohlwollen des Beamten bei seiner dienstlichen Tätigkeit sichern wollte.7 Amtsbezogen sind insbesondere Vorteile, die dem Beamten bei der Vorbereitung von Amtshand- 4 Plog/Wiedow, Kommentar zum BBG, § 71 BBG, Rn. 5 ff. 5 Battis, Bundesbeamtengesetz, § 71 BBG, Rn. 4. 6 BVerwGE 100, 172. 7 Plog/Wiedow, vgl. Fn. 4 Rn. 17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 249/13 Seite 5 lungen, z. B. bei Erörterungsterminen oder Besprechungen, von einem Verfahrensbeteiligten, etwa durch Einladung zu Mahlzeiten oder Übernachtungen, gewährt werden. Die Zustimmung zu einer Ausnahme vom Verbotsgrundsatz des § 71 Abs. 1 BBG kann durch die zuständige oberste Dienstbehörde erteilt werden. Dies ist ausschließlich in besonderen Fällen möglich, in denen die Gefährdung des Vertrauens in die uneigennützige Tätigkeit der Verwaltung von vornherein ausgeschlossen ist. Als Beispiel wird in der Literatur ein Wissenschaftspreis einer unabhängigen privaten oder öffentlichen Institution genannt.8 Gegenstand einer Zustimmung kann naturgemäß lediglich die Annahme eines Vorteils sein. Das Fordern oder das Sich-Versprechen-Lassen eines Vorteils durch den Beamten verstößt bereits gegen dessen Pflicht zum uneigennützigen Handeln gemäß § 61 Abs. 1 BBG.9 Die Erteilung der Zustimmung durch die oberste Dienstbehörde steht in ihrem pflichtgemäßen Ermessen; sie darf sie nur erteilen, wenn nicht zu besorgen ist, dass die Annahme der Zuwendung die unparteiische Amtsführung des Beamten beeinträchtigen oder bei Außenstehenden auch nur den Anschein der Befangenheit erwecken könnte. Die Zustimmung darf mit der Auflage erteilt werden, die Zuwendung an den Dienstherrn oder z. B. eine soziale Einrichtung (teilweise) weiterzugeben. Die obersten Dienstbehörden können eine generelle Zustimmung zur Annahme geringwertiger Geschenke unter der Bedingung erteilen, dass jede Annahme unverzüglich anzuzeigen ist. Maßgebliche Hinweise hierfür ergeben sich - ungeachtet der zwischenzeitlich eingetretenen Rechtsänderung durch die Neuordnung des Dienstrechts der Beamten im Jahre 2009 sowie den Abschluss des neuen Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen im Jahre 2005 - aus dem Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern zum Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken in der Bundesverwaltung vom 8. November 2004.10 Die obersten Dienstbehörden können ergänzende bzw. weitergehende Anordnungen treffen, insbesondere um speziellen Gegebenheiten in ihren Geschäftsbereichen oder einzelnen Verwaltungszweigen gerecht zu werden. So hat beispielsweise auch die Verwaltung des Deutschen Bundestages mit der Hausverfügung Nr. 6/200611 vom 21. Juli 2006 von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Beide Anordnungen definieren eine Wertgrenze von 25 Euro bis zu der der Annahme geringfügiger Aufmerksamkeiten, wie z.B. Werbeartikel einfacher Art allgemein zugestimmt wird. Darüber 8 Battis, vgl. Fn. 5 Rn. 7. 9 Plog/Wiedow, vgl. Fn. 4 Rn. 15. 10 Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 8. November 2004, online abrufbar unter: http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Themen/OED_Verwaltung/Korruption_Sponsoring/RS_V erbot_Annahme_Belohnungen.pdf?__blob=publicationFile (6. Januar 2014) 11 Hausverfügung Nr. 6/2006 des Direktors DBT zur Annahme von Belohnungen und Geschenken durch Bundesbedienstete , im Intranet des Bundestages verfügbar unter: http://www.bundestag.btg/ButagVerw/Z/V/1- 2/Dienstvereinbarungen_und_Richtlinien/Annahme_von_Belohnungen_und_Geschenken.pdf (6. Januar 2014). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 249/13 Seite 6 hinaus werden besonders gelagerte Fälle bestimmt, bei denen „von einer stillschweigend erteilten Zustimmung ausgegangen werden“12 kann. Die genannten Anordnungen sind beigefügt als Anlagen 1 und 2. 3.2. Angestellte Der für den Beamtenbereich in § 71 BBG kodifizierte Verbotsgrundsatz ist für die Arbeitnehmer des Bundes auch im Tarifrecht verankert worden; ihm wird hier eine gleichfalls grundlegende Bedeutung beigemessen.13 Der für die Arbeitnehmer des Bundes geltende Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst enthält in § 3 Abs. 2 folgende Verbotsbestimmung: „Die Beschäftigten dürfen von Dritten Belohnungen, Geschenke, Provisionen oder sonstige Vergünstigungen in Bezug auf ihre Tätigkeit nicht annehmen. Ausnahmen sind nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich. Werden den Beschäftigten derartige Vergünstigungen angeboten, haben sie dies dem Arbeitgeber unverzüglich anzuzeigen.“ Die Durchführung des Verbots und des Zustimmungsverfahrens entspricht dem für den Beamtenbereich beschriebenen Verfahren. 3.3. Mitglieder der Bundesregierung § 5 Abs. 3 BMinG bestimmt, dass aktive und ehemalige Mitglieder der Bundesregierung verpflichtet sind, Geschenke, die sie in Bezug auf ihr Amt erhalten, anzuzeigen. Adressat dieser Mitteilung ist die Bundesregierung, die über die Verwendung der Geschenke entscheidet. Die Vorschrift trägt einerseits der geübten Praxis Rechnung, wonach in exponierten politischen Positionen insbesondere auf internationaler Ebene Geschenke üblich sind. Andererseits sollen Mitglieder der Bundesregierung – ähnlich dem beamtenrechtlichen Grundsatz aus § 71 BBG – keine Geschenke in Bezug auf ihr Amt behalten, um unerwünschte Bindungen zu vermeiden und weil diese Geschenke zumeist im Grunde dem vom Regierungsmitglied repräsentierten Staat zuzurechnen sind. Daher dürfen Mitglieder der Bundesregierung zwar Geschenke ohne Genehmigung annehmen, haben aber der Bundesregierung hierüber Mitteilung zu machen.14 Für Beamte oder Richter des Bundes, die zum Mitglied der Bundesregierung ernannt werden, gilt der beamtenrechtliche Verbotsgrundsatz hinsichtlich der Annahme von Geschenken fort. § 18 Abs. 1 BMinG bestimmt, dass ein Beamter oder Richter mit seiner Ernennung zum Mitglied der Bundesregierung, aus seinem zuvor wahrgenommenen Amt ausscheidet und seine Rechte und Pflichten aus diesem Amtsverhältnis ruhen. Ausgenommen hiervon sind seine Pflicht zur 12 Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 8. November 2004, vgl. Fn. 10 Abschnitt IV. 13 Plog/Wiedow, vgl. Fn. 4 Rn. 10. 14 Busse, Bundesministergesetz, § 5 BMinG, Fn. 6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 249/13 Seite 7 Amtsverschwiegenheit und das Verbot der Annahme von Belohnungen oder Geschenken. Letzteres gilt auch für Mitglieder der Bundesregierung, die vor ihrer Ernennung Mitglieder des Deutschen Bundestages und zuvor Beamte oder Richter waren. Mit der Annahme des Bundestagsmandats durch Beamte oder Richter ruhen nach § 5 Abs. 1 S. 1 Abgeordnetengesetz (AbgG) deren Rechte und Pflichten aus ihrem zuvor wahrgenommenen Amtsverhältnis. Doch auch hiervon sind die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit und das Verbot der Annahme von Belohnungen oder Geschenken ausgenommen. Für die Anwendung des Verbotsgrundsatzes aus § 71 BBG hinsichtlich der Annahme von Belohnungen oder Geschenken durch Regierungsmitglieder kommt es aber bereits tatbestandlich darauf an, dass die Belohnung, das Geschenk oder der sonstige Vorteil in Bezug auf das oder die vor der Mitgliedschaft in der Bundesregierung wahrgenommene Amt bzw. Ämter zugewendet werden . Für die in Bezug auf das Regierungsamt zugewendeten Belohnungen oder Geschenke findet die Bestimmung des § 5 Abs. 3 BMinG Anwendung.