© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 245/13 Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung Aktuelle Rechtslage Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 245/13 Seite 2 Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung Aktuelle Rechtslage Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 245/13 Abschluss der Arbeit: 16. Januar 2014 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 245/13 Seite 3 1. Einleitung 4 2. Gemeinsamkeiten in den Voraussetzungen der unterschiedlichen Einbürgerungstatbestände 4 2.1. Rechtmäßiger gewöhnlicher Aufenthalt im Inland 5 2.2. Straffreiheit 5 2.3. Fähigkeit, für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen 6 2.4. Ausschlusstatbestand gem. § 11 StAG 7 3. Anspruchseinbürgerung gem. § 10 StAG 7 4. Ermessenseinbürgerung 8 4.1. Soll-Einbürgerung gem. § 9 StAG und § 10 Abs. 2 StAG 8 4.2. Kann-Einbürgerung 8 5. Parlamentarische Initiativen seit 1998 9 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 245/13 Seite 4 1. Einleitung Die Voraussetzungen zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit werden im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)1 geregelt. Der Vollzug des Gesetzes und damit die Einbürgerung fällt in die Zuständigkeit der Länder. Um eine einheitliche Auslegung des Gesetzes und somit eine bundeseinheitliche Anwendungspraxis der Einbürgerung zu gewährleisten, erließ das Bundesministerium des Innern (BMI) die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsgesetz (StAR-VwV)2. Diese bezieht sich jedoch nur auf das Staatsangehörigkeitsgesetz in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung. Im übrigen orientiert sich die Verwaltungspraxis der Länder an den vom BMI erlassenen unverbindlichen Vorläufigen Anwendungshinweisen (AH- BMI)3 für das geänderte Staatsangehörigkeitsgesetz. Im Folgenden werden daher die gesetzlichen Voraussetzungen in ihrer Konkretisierung durch die AH-BMI dargestellt. Die Ausarbeitung befasst sich ausschließlich mit dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung. Das Gesetz unterscheidet zwei Arten der Einbürgerung, die sich hauptsächlich in ihrer Rechtsfolge unterscheiden: In § 10 StAG ist die Anspruchseinbürgerung normiert; danach hat der Einbürgerungsbewerber einen gesetzlichen Anspruch auf Einbürgerung, wenn er alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. §§ 8, 9, 13 und 14 StAG sind Tatbestände der Ermessenseinbürgerung; sie gewähren der Behörde einen, je nach Regelung abgestuften, Ermessensspielraum . 2. Gemeinsamkeiten in den Voraussetzungen der unterschiedlichen Einbürgerungstatbestände Die Einbürgerung erfolgt nur auf Antrag des Einbürgerungsbewerbers. Hierfür muss er handlungsfähig im Sinne des § 80 Aufenthaltsgesetz (AufenthG)4 sein, also mindestens das 16. Lebensjahr vollendet haben und geschäftsfähig im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)5 sein (§ 8 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 StAG). Die Einbürgerung wird erst mit Überreichung der Einbürgerungsurkunde wirksam (§ 16 StAG). Zu den gemeinsamen, im Wesentlichen inhaltsgleichen Voraussetzungen zählen der rechtmäßige gewöhnliche Aufenthalt im Inland, die Straffreiheit und die Fähigkeit des Einbürgerungsbewerbers , für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen. Zudem darf kein Ausschlussgrund nach § 11 StAG gegeben sein. 1 Staatsangehörigkeitsgesetz, RGBl. 1913, 583, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 28. August 2013, BGBl. I, S. 3458. 2 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht vom 13. Dezember 2000, GMBI 2001, S. 122. 3 Vorläufige Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Staatsangehörigkeitsgesetz in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 5. Februar 2009, Anlage zu dem BMI-Rdschr. an die Innenministerien der Länder vom 17. April 2009. 4 Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I, S. 162), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 6. September 2013 (BGBl. I, S. 3556). 5 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I, S. 42, 2909; 2003 I, S. 738), zuletzt geändert durch Artikel 4 Abs. 5 des Gesetzes vom 1. Oktober 2013 (BGBl. I, S. 3719). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 245/13 Seite 5 2.1. Rechtmäßiger gewöhnlicher Aufenthalt im Inland Voraussetzung ist, dass der Einbürgerungsbewerber seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt ununterbrochen seit acht Jahren in der Bundesrepublik Deutschland hat (§ 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 S. 1 StAG). Er muss also eine eigene Wohnung in der erklärten Absicht unterhalten, sich nicht nur vorübergehend dort aufhalten zu wollen, 8.1.1 StAR-VwV. Allerdings lassen Auslandsaufenthalte diese Voraussetzung nicht entfallen, wenn sich der Lebensmittelpunkt nicht grundsätzlich verschiebt und gewisse Fristen eingehalten werden, § 12b StAG. Grundsätzlich sollte der Auslandsaufenthalt nicht länger als sechs Monate währen. Jedoch sieht das Gesetz auch Ausnahmeregelungen vor, § 12b Abs. 1 S. 2 und 3 StAG. Der Aufenthalt ist rechtmäßig, wenn der Einbürgerungsbewerber einen Aufenthaltstitel im Sinne des § 4 Abs. 1 AufenthG besitzt. Bestimmte ausländische Staatsangehörige sind von diesem Aufenthaltstitelerfordernis jedoch ausgenommen, insbesondere EU-Bürger, die bereits aufgrund der Freizügigkeit aufenthaltsberechtigt sind, 4.3.1.2 AH-BMI. 2.2. Straffreiheit Eine Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn der Einbürgerungsbewerber wegen einer schweren Straftat verurteilt wurde oder gegen ihn mangels Schuldfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wurde (§ 8 Abs. 1 Nr. 2, § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 StAG, 10.1.1.5 AH-BMI). Erfasst sind auch ausländische Urteile, wenn die Tat in Deutschland strafbar wäre, das ausländische Verfahren rechtsstaatlich war und das Strafmaß verhältnismäßig ist, § 12a Abs. 2 StAG. Dass all diese Anforderungen an das Strafurteil eingehalten wurden, muss grundsätzlich die deutsche Behörde darlegen und beweisen. Lediglich bei Urteilen aus anderen EU-Mitgliedsstaaten muss der Einbürgerungsbewerber beweisen, dass diese Anforderungen nicht eingehalten wurden.6 Den Auswirkungen strafrechtlicher Urteile auf die Einbürgerung sind jedoch sowohl zeitliche, als auch sachliche Grenzen gesetzt: In zeitlicher Hinsicht können Straftaten nur berücksichtigt werden, solange sie nicht aus dem Bundeszentralregister gestrichen werden müssen, §§ 51, 46, 45 Bundeszentralregistergesetz (BZRG).7 Hierfür bestimmt das Gesetz eine Frist, die von der Schwere der Tat abhängig ist. Die kürzeste Frist beträgt fünf Jahre, beispielsweise für Verurteilungen zu Freiheitsstrafen von nicht mehr als drei Monaten, wenn keine Vorstrafen vorlagen, § 46 Abs. 1 Nr. 1b BZRG. In sachlicher Hinsicht setzt § 12a StAG eine Grenze: Demnach hindern Verurteilungen wegen geringfügiger Straftaten die Einbürgerung nicht. Maßstab hierfür ist die Schwere der Strafe, da sich in ihr immer die Schwere der Schuld widerspiegelt. Grundsätzlich gilt die Grenze von 90 Tagessätzen Geldstrafe bzw. drei Monaten Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt worden sein muss, § 12a Abs. 1 Nr. 2 und 3 StAG. Sollte die Bewährungszeit noch nicht abgelaufen sein, besteht für die 6 Hailbronner, in: Hailbronner/Renner/Maaßen (Fn. Fehler! Textmarke nicht definiert.) § 12a Rn. 19. 7 Bundeszentralregistergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1984 (BGBl. I, S. 1229, 1985 I, S. 195), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 6. September 2013 (BGBl. I, S. 3556). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 245/13 Seite 6 zuständige Behörde ein Ermessen, ob sie den Einbürgerungsantrag ablehnt oder lediglich aussetzt, 12a.1.1.3 AH-BMI. Bei mehreren Verurteilungen zu solch geringfügigen Strafen werden diese in der Regel zusammengezählt , wobei ein Tagessatz Geldstrafe einem Tag Freiheitsstrafe entspricht, § 12a Abs. 1 S. 2 StAG. Die so erhaltene Summe darf wiederum die soeben dargestellte Erheblichkeitsschwelle des § 12a Abs. 1. S. 1 StAG nicht überschreiten, um unbeachtlich im Sinne des § 12a StAG zu sein. Ist diese Grenze nur geringfügig überschritten, d.h. nicht mehr als 21 Tagessätze Geldstrafe oder drei Wochen Freiheitsstrafe, ist der Einbürgerungsbehörde ein Ermessensspielraum gegeben, 12a.1.3 AH-BMI.8 Sie entscheidet, ob eine günstige Sozialprognose für den Einbürgerungsbewerber besteht, also aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit, dass er in Zukunft nicht mehr straffällig wird, eine Einbürgerung weiterhin möglich sein soll. Neben den soeben beschriebenen Ausnahmeregelungen, die das Strafmaß betreffen, führen bestimmte gerichtliche Maßnahmen ebenfalls nicht zum Ausschluss der Einbürgerung. So sind Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel nach dem Jugendgerichtsgesetz (JGG)9 unbeachtlich, § 12a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StAG. Des Weiteren sieht § 12a Abs. 1 S. 4 StAG vor, dass die Behörde im Einzelfall entscheiden kann, ob eine Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 61 Nr. 5 oder 6 Strafgesetzbuch (StGB)10 außer Betracht bleibt, d.h. wenn das Gericht die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet oder ein Berufsverbot verhängt hat. In das Ermessen sind insbesondere die Dauer der Maßnahme, die Folgen der Tat und die Sozialprognose des Einbürgerungsbewerbers gegeneinander abzuwägen, 12a.1.4 AH-BMI. Während eines laufenden Ermittlungsverfahrens im Rahmen der Strafverfolgung ist gemäß § 12a Abs. 3 StAG das Einbürgerungsverfahren bis zur Rechtskraft des Urteils auszusetzen, da die Behörde nicht zur Einbürgerung verpflichtet sein soll, solange noch die Begehung gewichtiger Straftaten im Raum steht. 2.3. Fähigkeit, für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen Der Einbürgerungsbewerber muss gem. § 8 Abs. 1 Nr. 3 bzw. § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StAG unterhaltsfähig sein. Er muss also aus eigener Erwerbstätigkeit, eigenem Vermögen oder einem bestehenden und durchsetzbaren Unterhaltsanspruch gegen einen leistungsfähigen Dritten für den eigenen Lebensunterhalt und den seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen sorgen können, ohne auf einen Anspruch auf Unterhalt aus öffentlichen Mitteln angewiesen zu sein, 8.1.1.4 StAR-VwV, 8.1.1.4 AH-BMI. Auch eine ausreichende soziale Absicherung gegen Krankheit, Pflegebedürftigkeit , Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und für das Alter sind hiervon umfasst, 8.1.1.4 AH-BMI. 8 Zur Geringfügigkeit als unbestimmten Rechtsbegriff, der vollumfänglich der gerichtlichen Überprüfung unterliegt, vgl. BVerwG, 5 C 5/11, Urteil vom 20. März 2012, juris - Rn. 12. 9 Jugendgerichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1874 (BGBl. I, S. 3427), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 26. Juni 2013 (BGBl. I, S. 1805). 10 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I, S. 3322), zuletzt geändert durch Art. 5 Abs. 18 des Gesetzes vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I, S. 3799). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 245/13 Seite 7 Öffentliche Mittel im Sinne dieser Vorschrift sind das Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II)11 und die Sozialhilfe nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB XII)12, 8.1.1.4 AH-BMI. Hingegen ist die Inanspruchnahme anderer, nur befristet gewährter Sozialleistungen , wie Wohngeld oder Krankengeld, bei einer günstigen Zukunftsprognose nicht schädlich, 8.1.1.4 AH-BMI. 2.4. Ausschlusstatbestand gem. § 11 StAG Nach § 11 StAG ist eine Einbürgerung zwingend ausgeschlossen, wenn der Einbürgerungsbewerber sich staatsfeindlich verhält. Dies kann zum einen gegeben sein, wenn tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, dass er gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland agiert – unter Umständen entgegen der von ihm nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StAG abgegeben Erklärung, eine solche Aktivität nicht zu betreiben. Zum anderen darf kein Ausweisungsgrund nach § 54 Nr. 5 oder 5a AufenthG vorliegen, d. h. es darf kein Verdacht auf eine terroristische Aktivität des Einbürgerungsbewerbers bestehen oder auf Gewaltanwendung im Zusammenhang mit öffentlichpolitischen Aktivitäten. 3. Anspruchseinbürgerung gem. § 10 StAG Sollte der Einbürgerungsbewerber sämtliche Voraussetzungen des § 10 StAG erfüllen und kein Ausschluss nach § 11 StAG gegeben sein, so muss die Behörde ihm die deutsche Staatsangehörigkeit erteilen. Neben den bereits beschriebenen Voraussetzungen muss der Einbürgerungsbewerber eine formelle Erklärung abgeben, dass er sich nicht gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland richtet und ausreichende Deutschkenntnisse des Niveaus B 1 und Kenntnisse zur Rechts- und Gesellschaftsordnung vorweisen. Letztere werden durch den sogenannten Integrationstest geprüft, 10.1.1.7 AH-BMI. Zudem muss er seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgeben. Allerding sieht § 12 StAG Ausnahmen vor, in denen die Aufgabe der alten Staatsangehörigkeit wegen Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit nicht verlangt wird, beispielsweise wenn das Recht des ausländischen Staates ein Ausscheiden aus der bisherigen Staatsangehörigkeit nicht vorsieht.13 Besonderheiten bzgl. der Voraussetzung des gewöhnlichen rechtmäßigen Aufenthalts im Inland ergeben sich in zweierlei Hinsicht. Zum einen kann die notwendige Mindestaufenthaltsdauer von acht Jahren sich unter bestimmten Umständen verkürzen: So sieht § 10 Abs. 3 StAG einen Aufenthalt von sieben Jahren als ausreichend an, wenn der Einbürgerungsbewerber erfolgreich an einem Integrationskurs teilgenommen hat. Bei besonderen Integrationsleistungen, wie bei- 11 Zweites Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I, S. 850, 2094), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 7. Mai 2013 (BGBl. I, S. 1167). 12 Zwölftes Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe – (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I, S. 3022, 3023), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 1. Oktober 2013 (BGBl. I, S. 3733). 13 S. hierzu auch , Doppelte Staatsbürgerschaft – Aktuelle Rechtslage, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, WD 3 – 3000 – 162/13, 2013. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 245/13 Seite 8 spielsweise hervorragender Deutschkenntnisse, die über das vom Gesetz vorgeschriebene Niveau hinausgehen, kann sich die Aufenthaltszeit auf sechs Jahre verkürzen, § 10 Abs. 3 S. 2 StAG. Ob diese Erleichterung gewährt wird, steht im Ermessen der Behörde, 10.3.1. AH-BMI. Zum anderen sieht § 10 Abs. 1 Nr. 2 StAG vor, dass der Einbürgerungsbewerber im Zeitpunkt der Antragstellung ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder eine qualifizierte Aufenthaltserlaubnis besitzen muss, 10.1.1.2.a) AH-BMI. Eine qualifizierte Aufenthaltserlaubnis liegt dann vor, wenn sie zu einem Zweck erteilt wurde, der grundsätzlich zu einem dauerhaften Aufenthalt in Deutschland führen kann.14 Dieses Erfordernis besteht zusätzlich zu der Voraussetzung des rechtmäßigen, dauerhaften Inlandsaufenthalts, bei dem auch ein nur vorübergehender Aufenthaltstitel im Rahmen des achtjährigen Aufenthalts genügt (s.o.). Ebenso ist die Voraussetzung der Unterhaltsfähigkeit insofern erleichtert, als der Bezug von Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe die Einbürgerung nicht hindert, soweit der Einbürgerungsbewerber ihn nicht zu vertreten hat, beispielsweise nach einer betriebsbedingten Kündigung und intensiver Jobsuche. vgl. § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Alt. 2 StAG, 10.1.1.3 AH-BMI. 4. Ermessenseinbürgerung 4.1. Soll-Einbürgerung gem. § 9 StAG und § 10 Abs. 2 StAG § 9 und § 10 Abs. 2 StAG regeln die Einbürgerung der Angehörigen, um eine einheitliche deutsche Staatsangehörigkeit in Ehe bzw. Lebenspartnerschaft herzustellen. In diesen Fällen liegt die Entscheidung über die Einbürgerung im Ermessen der Behörde. Allerdings ist dieses Ermessen „gelenkt “: Die Einbürgerung darf nur ausnahmsweise dann versagt werden, wenn schwerwiegende Gründe entgegenstehen. Ein Beispiel für solch eine Ausnahme wäre eine Scheinehe, 9.0 AH-BMI. § 10 Abs. 2 StAG regelt die Einbürgerung des Ehegatten und der Kinder des Einbürgerungsbewerbers , der gemäß § 10 StAG einen Anspruch auf die Erteilung der deutschen Staatsbürgerschaft hat. Mit Ausnahme der rechtmäßigen Aufenthaltsdauer von acht Jahren müssen diese Familienmitglieder die Voraussetzungen des § 10 StAG erfüllen. § 9 StAG regelt hingegen die Einbürgerung von Ehegatten und Lebenspartnern deutscher Staatsangehöriger. Diese müssen die Voraussetzungen des § 8 StAG erfüllen und sich in die deutschen Lebensverhältnisse einordnen. Hiervon ist nach 9.1.2. AH-BMI auszugehen, wenn der Einbürgerungsbewerber seit drei Jahren im Inland lebt und die Ehe bzw. Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Somit ist die Mindestaufenthaltsdauer für Ehegatten bzw. Lebenspartner Deutscher kürzer als die in § 8 StAG. 4.2. Kann-Einbürgerung Diese Form der Einbürgerung räumt der Einbürgerungsbehörde ein weites Ermessen ein. Sie kann die Einbürgerung gewähren, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind und ein öffentli- 14 http://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Bundesregierung/BeauftratefuerIntegration/Staatsangehoerigkeit/ anspruchseinbuergerung/_node.htm#doc133996bodyText1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 245/13 Seite 9 ches Interesse an der Einbürgerung besteht. Ermessensgesichtspunkte sind insbesondere die bisherige Integration des Einbürgerungsbewerbers, also seine Sprachkenntnisse, sein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und die Aufgabe seiner alten Staatsangehörigkeit, 8.1.2 AH-BMI. Von diesen Ermessensgrundsätzen kann aber zu Gunsten bestimmter Personengruppen abgewichen werden, 8.1.3 AH-BMI. Hierzu gehören unter anderem ältere oder kranke Personen, die aufgrund dieser Eigenschaften beispielsweise die deutsche Sprache nicht (ausreichend) erlernen können, 8.1.3.7 AH-BMI. Einbürgerungserleichterungen können aber auch bei einem besonderen öffentlichen Interesse gewährt werden, 8.1.3.5 AH-BMI. Ein solches kann insbesondere dann bestehen, wenn der Einbürgerungsbewerber eine wissenschaftliche, wirtschaftliche, künstlerische oder sportliche Tätigkeit ausübt, die für die Bundesrepublik Deutschland von besonderem Interesse ist, 8.1.3.5 AH-BMI. Im Bereich des Sports verringert sich die Mindestaufenthaltszeit im Inland auf drei Jahre, wenn der Sportler in einer deutschen Nationalmannschaft eingesetzt werden soll und auf lange Sicht mit einer sportlichen internationalen Karriere zu rechnen ist. Es gibt mehrere Ermessenseinbürgerungstatbestände: § 13 StAG regelt die Einbürgerung ehemaliger deutscher Staatsbürger, die im Ausland leben, einschließlich ihrer Kinder. § 14 StAG bestimmt die Voraussetzung zur Einbürgerung ausländischer Staatsangehöriger, die im Ausland leben und in besonderer Weise an die Bundesrepublik Deutschland gebunden sind. Der Grundtatbestand der Ermessenseinbürgerung ist in § 8 StAG normiert und greift ein, wenn keiner der zuvor genannten Einbürgerungstatbestände einschlägig ist.15 Im Unterschied zu der Anspruchseinbürgerung sieht § 8 Abs. 2 StAG eine „Härteklausel“ vor, nach der von dem Erfordernis der Straffreiheit bzw. der Unterhaltsfähigkeit abgesehen werden kann, wenn das öffentliche Interesse dies gebietet oder eine besondere Härte vermieden werden muss. Ein öffentliches Interesse ist in der Regel dann zu bejahen, wenn bereits ein anderer Ausnahmetatbestand , wie beispielsweise der bzgl. der Mehrstaatigkeit, gegeben ist, 8.2 AH-BMI. Eine besondere Härte ist in der Regel nur im Zusammenhang mit der Unterhaltsfähigkeit anzunehmen , 8.2 AH-BMI. Sie liegt dann vor, wenn sie den Einbürgerungsbewerber in völlig atypischer Weise beschwert, die so vom Gesetzgeber nicht bedacht worden ist, wenn also beispielsweise bereits die alte Staatsangehörigkeit aufgegeben wurde, 8.2 AH-BMI. 5. Parlamentarische Initiativen seit 1998 Im Folgenden werden die parlamentarischen Initiativen zur Änderung der Einbürgerungsvoraussetzungen seit 1998 aufgelistet. 15 Hailbronner, in: Hailbronner/Renner/Maaßen (Fn. Fehler! Textmarke nicht definiert.) § 8 Rn. 8 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 245/13 Seite 10 Fundstelle Initiator Art und Inhalt der Initiative Bearbeitungsstand Drs. 18/186 Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Antrag: Hinwirken auf einen Verzicht auf Versagung der Beibehaltungsgenehmigung bis zur endgültigen gesetzlichen Abschaffung der Optionspflicht noch nicht beraten BT-Drs. 18/185- Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Gesetzentwurf zur Änderung des StAG: v.a. Aufhebung der Optionspflicht noch nicht beraten BT-Drs. 17/14574 Bundesrat Gesetzentwurf: generelle Zulässigkeit der Beibehaltung der bisherigen Staatsangehörigkeit im Fall der Einbürgerung; Aufhebung der Optionspflicht erledigt durch Ablauf der Wahlperiode BT-Drs. 17/13488 Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Antrag: Abschaffung des Optionszwangs abgelehnt BT-Drs. 17/13312 Fraktion DIE LINKE. Antrag: „Für gleiche Rechte – Einbürgerungen erleichtern“: Änderung des StAG mit dem Ziel umfassender Einbürgerungserleichterungen abgelehnt BT-Drs. 17/12483 Fraktion der SPD Antrag: „Projekt Zukunft – Deutschland 2020 – Eine moderne Integrationspolitik für mehr Chancengleichheit“: Abschaffung der Optionspflicht; Anerkennung der doppelten Staatsbürgerschaft abgelehnt BT-Drs. 17/7654 Fraktion der SPD Gesetzentwurf: „Staatsangehörigkeitsrecht modernisieren – Mehrfache bzw. doppelte Staatsbürgerschaft ermöglichen “ und Erleichterung der Einbürgerungsvoraussetzungen abgelehnt BR-Drs. 538/11 Bundesrat Antrag: „Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes“: Abschaffung des Optionszwangs abgelehnt BT-Drs. 17/3411 Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Gesetzentwurf zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes : Erleichterung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit , insbesondere beim Erwerb durch Geburt im Inland, Wegfall der Optionsregelung, Verkürzung der erforderlichen Aufenthaltsdauer bei Einbürgerungen, Hinnahme von Mehrstaatigkeit und Vereinfachung bei Minderjährigen und Älteren abgelehnt BT-Drs. 17/2351 Fraktion DIE LINKE. Antrag: „Ausgrenzung beenden – Einbürgerungen umfassend erleichtern“: Verkürzung der Aufenthaltszeit, Akzeptierung von Mehrstaatigkeit, Einabgelehnt Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 245/13 Seite 11 Fundstelle Initiator Art und Inhalt der Initiative Bearbeitungsstand bürgerung unabhängig vom Sozialstatus , keine „Gesinnungsprüfung“, einfache Deutschkenntnisse, Freiwilligkeit und Kostenfreiheit von Staatsbürgerschaftskursen , Heraufsetzen der „Bagatellgrenze “ anrechnungsfrei bleibender Straftaten BR-Drs. 142/10 Baden- Württemberg Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Nordrhein- Westfalen Rheinland-Pfalz Antrag: Gesetz zur Änderung des StAG: Aufhebung der Optionspflicht Einbringung abgelehnt BT-Drs. 17/773 Fraktion der SPD Gesetzentwurf zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts : u.a. Ermöglichung der Mehrstaatigkeit abgelehnt BR-Drs. 647/08 Berlin Brandenburg Bremen Gesetzentwurf zur Änderung des StAG, insbesondere Aufhebung der Optionspflicht Einbringung abgelehnt BT-Drs. 16/10528 Bundesregierung Gesetz zur Änderung des StAG, insbesondere bzgl. Rücknahme der Einbürgerung verkündet am 05.02.2009 (BGBl. I 2009 Nr. 7 11.02.2009 S. 158) BT-Drs. 16/8183 Fraktion BÜND- NIS 90/ DIE GRÜNEN Antrag: „Integrationspolitik der Bundesregierung – Große Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit“: keine Einschränkung des Familiennachzugs, Ausweitung der Integrationskurse, Unterbindung des Gesinnungstests erledigt durch Ablauf der Wahlperiode BT-Drs. 16/5103 Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Antrag: „Für ein integrationsförderndes, menschenrechtskonformes und humanitär ausgewogenes Zuwanderungsgesetz“: insbesondere durch Erleichterung der Einbürgerung abgelehnt BT-Drs. 16/5107 Bundesrat Gesetzentwurf zur Änderung des StAG: Neugestaltung und Präzisierung der Anspruchseinbürgerung ; bundesweit einheitliche Einbürgerungsstandards, Integration als Einbürgerungsvoraussetzung , mündlicher u. schriftlicher Sprachtest , staatsbürgerliches Grundwissen, Herabsetzen der Bagatellgrenzen für Strafen , Belohnung besonderer Integrationsabgelehnt Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 245/13 Seite 12 Fundstelle Initiator Art und Inhalt der Initiative Bearbeitungsstand bemühungen durch Verkürzung der Mindestaufenthaltsdauer BT-Drs. 16/2650 Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Gesetzentwurf zur Änderung des StAG: Hinnahme von Mehrstaatigkeit, vereinfachter Erwerb bei Geburt im Inland, Verzicht auf das Optionsmodell abgelehnt BT-Drs. 16/1770 Fraktion DIE LINKE. Antrag: „Einbürgerungen erleichtern – Ausgrenzungen ausschließen“: Erleichterung der Einbürgerung abgelehnt BT-Drs. 16/356 Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Antrag: „So genannter Muslimtest in Baden-Württemberg – verfassungsrechtlich problematische Gesinnungstests beenden“: Abschaffung der Gesinnungsprüfung in Baden-Württemberg abgelehnt BT-Drs. 15/762 Fraktion der SPD; BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Antrag: „Bundeseinheitliche Praxis bei der Einbürgerung von Unionsbürgern herstellen – Hindernisse beseitigen“ erledigt durch Ablauf der Wahlperiode BT-Drs. 14/535 Fraktion der CDU/CSU Gesetzentwurf zur Neuregelung des Staatsangehörigkeitsrechts; erleichterte Einbürgerung, Vermeidung von Doppelstaatigkeit abgelehnt BR-Drs. 188/99 Bundesregierung Gesetzentwurf zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts: erleichterte Einbürgerung von Kindern ausländischer Eltern; Verkürzung der Mindestaufenthaltsdauer bei der Anspruchseinbürgerung ; Härtefallregelungen für die Doppelstaatigkeit abgelehnt BR-Drs. 196/99 Bundesrat Gesetzentwurf zur Neuregelung des Staatsangehörigkeitsrechts: Regelung der Zustimmungsvorbehalt des Bundesministeriums des Innern bei Ermessenseinbürgerungen , Vermeidung von Mehrstaatigkeit abgelehnt BT-Drs. 14/5654 Bundesregierung Gesetzentwurf zur Änderung des StAG Zusammenführung mit Drs. 14/5335 und 14/4537 und Annahme in geänderter Fassung16 16 Zuwanderungsgesetz, Bekanntmachung am 16. Januar 2003, BGBl. I 2003 Nr. 4 29.01.2003, S. 126a, durch Urteil des BVerfG 2 BvF 1/02 am 18.12.2002 für nichtig erklärt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 245/13 Seite 13 Fundstelle Initiator Art und Inhalt der Initiative Bearbeitungsstand BT-Drs. 14/5335 Fraktion der SPD; BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Gesetzentwurf zur Änderung des StAG Zusammenführung mit Drs. 14/5654 und 14/4537 und Annahme in geänderter Fassung BT-Drs. 14/4537 Fraktion der FDP Gesetzentwurf zur Änderung des StAG und des Ausländergesetzes Zusammenführung mit Drs. 14/5335 und 14/5654 und Annahme in geänderter Fassung BT-Drs. 14/4416 Fraktion der FDP Antrag: „Schlussoffensive für erleichterte Einbürgerung von Kindern“ für erledigt erklärt BT-Drs. 14/1757 Fraktion der SPD; BÜNDIS 90/ DIE GRÜNEN Antrag: „Einbürgerungsverfahren human gestalten – Einbürgerungshindernisse beseitigen“: Erleichterungen bzgl. Mehrstaatigkeit Annahme Erfolgte Gesetzesänderungen Gesetz vom 28. August 2007, BGBl. I 2007, Nr. 42 27.08.2007, S. 1970 Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union Gesetz vom 30. Juli 2004, BGBl. I 2004 Nr. 41 05.08.2004, S. 1950 Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) Gesetz vom 13. Mai 2004, BGBl. II 2004 Nr. 15 18.05.2004, S. 578 Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen vom 6. November 1997 über die Staatsangehörigkeit Bekanntmachung am 16. Januar 2003, BGBl. I 2003 Nr. 4 29.01.2003, S. 126a, Zuwanderungsgesetz Für nichtig erklärt durch Urteil des BVerfG – 2 BvF 1/02 – vom 18.12.2002 Gesetz vom 15. Juli 1999, BGBl. I 1999 Nr. 38 23.07.1999, S. 1618 Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts