Deutscher Bundestag Rechtsfragen zur Erforderlichkeit, Organisation und Arbeitsweise des Verfassungsschutzes im föderalen Verbund Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 – 244/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 244/12 Seite 2 Rechtsfragen zur Erforderlichkeit, Organisation und Arbeitsweise des Verfassungsschutzes im föderalen Verbund Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 244/12 Abschluss der Arbeit: 30. August 2012 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 244/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Erforderlichkeit eigenständiger Behörden zum Schutz der Verfassung 4 2.1. Vorhalten eines Verfassungsschutzes 4 2.1.1. Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG 4 2.1.2. Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 lit. b GG 4 2.1.3. Verfassungsentscheidung für „wehrhafte Demokratie“ 6 2.1.4. Zwischenfazit 7 2.2. Föderale und organisatorische Ausgestaltung 7 2.2.1. Maßgaben des Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG 7 2.2.2. Trennungsgebot 9 3. Erforderlichkeit nachrichtendienstlich arbeitender Behörden zum Schutz der Verfassung 11 4. Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutzbehörden und Polizeien 12 4.1. Grundsätzliches 12 4.2. Rechtliche Grundlagen im Einzelnen 13 4.3. Gemeinsame Informations- und Kooperationszentren 19 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 244/12 Seite 4 1. Einleitung Gefragt wird, ob das Grundgesetz das Vorhalten eigenständiger Behörden zum Schutz der Verfassung vorschreibt (dazu unter 2.). Darüber hinaus soll geklärt werden, ob es verfassungsrechtlich geboten ist, dass derartige Behörden in Bund und Ländern nachrichtendienstlich arbeiten (dazu unter 3.). Schließlich soll die operative und informationelle Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutzbehörden und Polizei beleuchtet werden (dazu unter 3.). 2. Erforderlichkeit eigenständiger Behörden zum Schutz der Verfassung 2.1. Vorhalten eines Verfassungsschutzes Zunächst ist zu klären, ob die Verfassung überhaupt die Wahrnehmung der Aufgabe Verfassungsschutz vorschreibt („Ob“ der Aufgabenwahrnehmung). 2.1.1. Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG Art. 87 Abs. 1 S. 2 des Grundgesetzes (GG)1 sieht vor, dass durch Bundesgesetz Zentralstellen unter anderem „zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes“ eingerichtet werden können. Damit wird – als Ausnahme zum Regelfall der Landeseigenverwaltung nach Art. 83 GG – dem Bund eine fakultative Verwaltungskompetenz verliehen. Die tatsächliche Bundeskompetenz hängt in Fällen nur fakultativ durch das Grundgesetz eingeräumter Kompetenzen davon ab, dass durch einfaches Bundesgesetz von der verfassungsrechtlich eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht wird. Anderenfalls verbleibt es nach Art. 83 GG bei der Alleinzuständigkeit der Länder. Ob und inwieweit von einer fakultativen Bundeskompetenz Gebrauch gemacht wird, liegt im Ermessen des Bundesgesetzgebers.2 Dies gilt nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG („können“) auch für mit Aufgaben des Verfassungsschutzes betraute Zentralstellen. Eine Pflicht zur Errichtung einer Bundesbehörde zum Schutz der Verfassung folgt aus dem – primär der föderalen Kompetenzabgrenzung dienenden – Art. 87 GG nicht. Das schließt allerdings nicht aus, dass sich aus anderweitigen Bestimmungen des Grundgesetzes eine materielle Verpflichtung zur organisatorischen Aufstellung einer Verfassungsschutzbehörde oder jedenfalls zur Wahrnehmung der Aufgabe „Verfassungsschutz“ ableiten lässt. 2.1.2. Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 lit. b GG Außerhalb des Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG findet der Verfassungsschutz noch an weiterer Stelle des Grundgesetzes, nämlich im Rahmen der Gesetzgebungskompetenzen, Erwähnung. Gemäß Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 lit. b GG hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebung über „die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes (Verfassungsschutz)“. Der Rege- 1 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Juli 2012 (BGBl. I S. 1478) geändert worden ist. 2 Vgl. Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, 64. Ergänzungslieferung 2012, Art. 87 Rn. 84. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 244/12 Seite 5 lungsgehalt der Kompetenztitel der Art. 70 ff. GG erschöpft sich - ebenso wie der der Art. 83 ff. GG, allerdings bezogen auf die Gesetzgebung - zwar grundsätzlich darin, die gliedstaatliche Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern vorzunehmen. In Einzelfällen kann ihnen jedoch auch materielle Bedeutung zukommen, und zwar dann, wenn sie zum Ausdruck bringen, dass das Grundgesetz die prinzipielle Zulässigkeit oder eine Verpflichtung zur Wahrnehmung einer bestimmten Aufgabe voraussetzt.3 So könnte es hier liegen: Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 lit. b GG verleiht dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz zur Regelung der föderalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes. Der Bedeutungsgehalt könnte sich darin erschöpfen , dass der Bund eine Zusammenarbeit regeln darf, sofern Bund und Länder überhaupt auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes tätig werden. Die Bestimmung könnte aber weitergehend auch so zu verstehen sein, dass Bund und Länder auch tatsächlich auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes tätig sein müssen, da es anderenfalls kein Substrat für die Regelung der Zusammenarbeit gäbe und die Gesetzgebungskompetenz zu deren Regelung folglich leerliefe. Ob der Kompetenzbestimmung ein derartiger materieller Gehalt anhaftet, wird im Schrifttum kontrovers diskutiert. Ein Teil des Schrifttums lehnt dies unter Berufung auf den bloßen Kompetenzcharakter der Norm ab.4 Weiter wird darauf hingewiesen, dass von der Gesetzgebungskompetenz auch dann Gebrauch gemacht werden könne, wenn erst mit dem Gesetz kooperationsfähige Verfassungsschutzbehörden aufgestellt würden. Die Bestimmung fordere nicht, dass diese bereits vor einer zu regelnden Zusammenarbeit unterhalten werden. Daher sei Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 lit. b GG auch kein isoliertes Gebot zur Errichtung eines Verfassungsschutzes zu entnehmen.5 Ein solches Gebot wird überwiegend allerdings auf andere Gründe gestützt (dazu 2.1.3). Überwiegend wird der Kompetenznorm im Schrifttum hingegen ein materieller Gehalt beigemessen . Das Grundgesetz erkläre in Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 lit. b GG den Verfassungsschutz zur staatlichen Aufgabe.6 Die Bestimmung setze voraus, dass Bund und Länder jeweils eigene Verfassungsschutzbehörden errichteten7 und sei insoweit nicht nur Kompetenznorm, sondern „zugleich materiell-rechtliche Absicherung der Institution des administrativen Verfassungsschutzes “.8 Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 lit. b GG beinhalte eine „institutionelle Garantie des Verfassungsschutzes “.9 Denn eine Zusammenarbeit setze, selbst wenn sie nicht geregelt werde, die Existenz von Verfassungsschutzbehörden als Institution voraus. Auch die Länder seien danach 3 So etwa die Zulässigkeit der friedlichen Nutzung der Kernenergie, vgl. BVerfGE 53, 30 (56); allgemein BVerfGE 120, 1 (27). 4 Vgl. Kunig, in: von Münch/Kunig, GG, Band 2, 6. Aufl. 2012, Art. 73 Rn. 44. 5 Vgl. Uhle, in: Maunz/Dürig, GG, 64. Ergänzungslieferung 2012, Art. 73 Rn. 241. 6 Vgl. Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, 64. Ergänzungslieferung 2012, Art. 87 Rn. 136. 7 Vgl. Gröpl, Die Nachrichtendienste im Regelwerk der deutschen Sicherheitsverwaltung, 1993, S. 88. 8 Vgl. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band 1, 2. Aufl. 1984, S. 223. 9 Vgl. Heintzen, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Band 2, 6. Aufl. 2010, Art. 73 Rn. 115. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 244/12 Seite 6 „zur Einrichtung eines effektiven Verfassungsschutzes“ verpflichtet und dürften ihre Verfassungsschutzbehörden nicht abschaffen.10 Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich zum materiell-rechtlichen Gehalt des Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 lit. b GG bisher, soweit ersichtlich, nicht ausdrücklich geäußert. Im Beschluss zum NPD-Verbotsverfahren finden sich allerdings – wenn auch nur im Sondervotum – implizite Hinweise , die für die zitierte Literatur sprechen. So ist die Rede von einer „verfassungsrechtliche[n] Verpflichtung staatlicher Stellen, verfassungswidrige Bestrebungen zu ermitteln und gegebenenfalls gegen diese vorzugehen (vgl. Art. 73 Nr. 10b, Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG)“11 und einen „Auftrag “ staatlicher Stellen „zum Verfassungsschutz“.12 Obwohl diese Aussagen einem Sondervotum entstammen, legt die Formulierung des Sondervotums insgesamt nahe, dass nicht der verfassungsrechtliche Auftrag zum Verfassungsschutz als solcher Objekt des Dissenses ist, sondern die sich daraus ergebenen Folgen. 2.1.3. Verfassungsentscheidung für „wehrhafte Demokratie“ Zudem wird vertreten, dass auch der Verfassungsentscheidung für eine sogenannte wehrhafte bzw. streitbare Demokratie,13 die insbesondere in Art. 9 Abs. 2 GG (Verbot verfassungswidriger Vereinigungen), Art. 18 GG (Verwirkung von Grundrechten) und Art. 21 Abs. 2 GG (Verbot verfassungswidriger Parteien), aber auch in Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 lit. b GG14 zum Ausdruck kommt, ein Gebot zur Errichtung eines Verfassungsschutzes zu entnehmen sei. Der Verfassungsschutz sei ein „wichtiger Baustein“15 , ein „Grundpfeiler“16 und „institutioneller Ausdruck“17 der Verfassungsentscheidung für eine wehrhafte Demokratie.18 Die materielle Grundentscheidung für die wehrhafte Demokratie bedeute zugleich eine „institutionelle Sicherung des Verfassungsschutzes “, da Erstere ohne Letzteren kaum effektiv zu gewährleisten sei.19 Auch das Bundesverfassungsgericht hat den Verfassungsschutz in einen Zusammenhang mit der wehrhaften Demokratie gestellt. An die im „Abhörurteil“ getroffene Feststellung, dass die Ent- 10 Vielmehr seien sie zu einer Mindestausstattung ihrer Dienste mit Eingriffsbefugnissen verpflichtet, vgl. Heintzen, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Band 2, 6. Aufl. 2010, Art. 73 Rn. 111, 115. 11 BVerfGE 107, 339 (390) – Sondervotum der Richter Sommer, Jentsch, Di Fabio und Mellinghoff. 12 BVerfGE 107, 339 (391) – Sondervotum der Richter Sommer, Jentsch, Di Fabio und Mellinghoff. 13 Hierzu bereits BVerfGE 28, 36 (48 f.); 30, 1 (19 f.); 39, 334 (349). 14 BVerwG, Urteil vom 21. Juli 2010 – 6 C 22/09 – juris, Rn. 24. 15 Vgl. Burgi, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Band 3, 6. Aufl. 2010, Art. 87 Rn. 50. 16 Vgl. Schmalenbach, Administrativer Verfassungsschutz: Bürger unter Beobachtung, in: Thiel, Wehrhafte Demokratie , 2003, S. 415 ff. (S. 445). 17 Vgl. Becker, Die wehrhafte Demokratie des Grundgesetzes, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Band 7, 1. Aufl. 1992, § 167 Rn. 67. 18 Vertiefend zum Zusammenhang zwischen streitbarer Demokratie und Verfassungsschutz Werthebach/Droste-Lehnen, Der Verfassungsschutz – ein unverzichtbares Instrument der streitbaren Demokratie, DÖV 1992, 514. 19 Vgl. Uhle, in: Maunz/Dürig, GG, 64. Ergänzungslieferung 2012, Art. 73 Rn. 241. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 244/12 Seite 7 scheidung für eine „streitbare Demokratie“ eine Grundentscheidung der Verfassung darstelle, schließt folgender Satz an: „Für die Aufgabe des Verfassungsschutzes sieht das Grundgesetz ausdrücklich eine eigene Institution vor, das Verfassungsschutzamt (vgl. Art. 73 Ziff. 10, Art. 87 Abs. 1 GG)“.20 2.1.4. Zwischenfazit Die überwiegende Auffassung nimmt eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Unterhaltung von Verfassungsschutzbehörden an. Diese Annahme einer institutionellen Garantie stützt sich auf verschiedene dogmatische Begründungen (zum Teil auf die Erwähnung in Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 lit. b GG, zum Teil auf die Verfassungsentscheidung für die wehrhafte Demokratie). Das „Ob“ des Betreibens eines Verfassungsschutzes dürfte danach im Sinne einer verfassungsrechtlichen Pflicht zu beantworten sein, und zwar sowohl für den Bund als auch für die Länder. Dies bedeutet freilich nicht, dass das Grundgesetz jedes Land zur Vorhaltung einer separaten Verfassungsschutzbehörde verpflichtet. Eine Länderzusammenarbeit dürfte vielmehr nach allgemeinen Grundsätzen zulässig sein.21 2.2. Föderale und organisatorische Ausgestaltung Soweit gefragt wird, ob die Verfassung „eigenständige Behörden“ zum Schutz der Verfassung vorschreibt, wirft dies die Frage auf, welche organisationsrechtlichen Vorgaben das Grundgesetz für die Wahrnehmung der Staatsaufgabe „Verfassungsschutz“ enthält. 2.2.1. Maßgaben des Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG Ausgangspunkt ist Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG. Dass damit als Ausnahme zum Regelfall der Landeseigenverwaltung nach Art. 83 GG dem Bund eine fakultative Verwaltungskompetenz verliehen wird, wurde bereits dargestellt (s.o. 2.1.1.). Von dieser hat der Bund durch Erlass des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG)22 Gebrauch gemacht. Die einfachgesetzliche Ausgestaltung der fakultativen Verwaltungskompetenz ist zunächst durch die Gesetzgebungskompetenz begrenzt, da nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG die Gesetzgebungskompetenzen des Bundes die äußerste Grenze für dessen Verwaltungskompetenzen bilden.23 Anderenfalls würde der Bund Landesrecht vollziehen, was nach dem Grundgesetz 20 BVerfGE 30, 1 (19 f.). 21 Das ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen die Einrichtung von Verfassungsschutzbehörden, die für mehrere Länder zuständig sind. Problematisch im Hinblick auf das Verbot einer sogenannten Dritten Ebene der Bundesstaatlichkeit wäre allerdings die bundesweite Zusammenlegung aller Landesämter. Zu den Voraussetzungen und Grenzen administrativer Zwischenländerzusammenarbeit vgl. Nettesheim, Wettbewerbsföderalismus und Grundgesetz, in: Brenner/Huber/Möstl, Der Staat des Grundgesetzes, Festschrift für Peter Badura, 2004, S. 363 ff. sowie Wahlen, Maritime Sicherheit im Bundesstaat, 2012, S. 144 ff. 22 Bundesverfassungsschutzgesetz vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2970), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2576) geändert worden ist. 23 BVerfGE 12, 205 (229); 15, 1 (16); 78, 374 (386); 102, 167 (174); ebenso BVerwGE 110, 9 (14). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 244/12 Seite 8 schlechterdings ausgeschlossen ist (Art. 30 GG).24 Das bedeutet vorliegend, dass Verfassungsschutzbehörden des Bundes auf eine Koordinierung der Bund-Länder-Zusammenarbeit beschränkt sind, da auch die Gesetzgebungskompetenz des Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 lit. b GG nur für die „Zusammenarbeit“ gilt.25 Neben dem kompetenzbegründenden föderalen Primärgehalt des Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG sind der Norm auch kompetenzbeschränkende Organisationsvorgaben zu entnehmen. Mit Ausnahme des Grenzschutzes dürfen die in Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG beschriebenen Aufgaben nur in der Organisationsform der Zentralstelle wahrgenommen werden. Damit wird das im Rahmen des Art. 86 GG ansonsten bestehende Organisationsermessen der Bundesregierung bei der Behördeneinrichtung eingeschränkt. Zentralstellen sind Behörden der bundesunmittelbaren Verwaltung, die keinen Verwaltungsunterbau haben. Mittel- und Unterbehörden dürfen nicht eingerichtet werden.26 Zentralstellen sind keine selbständigen Bundesoberbehörden. Im Gegensatz zu diesen besitzen sie keine Vollkompetenz zur Erledigung einer Sachaufgabe. Ihre Verwaltungskompetenz ist vielmehr auf Koordinierungsaufgaben beschränkt.27 Dies schließt zwar, wie das BVerfG festgestellt hat, nicht aus, in den Bereichen des Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG eine Bundesoberbehörde zu errichten, wenn zugleich die Voraussetzungen des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG vorliegen.28 Eine Sperrwirkung besteht insoweit nicht. Dies spielt aber für den Verfassungsschutz keine Rolle, da es bereits an einer über die Zusammenarbeit hinausgehenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes fehlt, die Tatbestandsvoraussetzung des Art. 87 Abs. 3 GG ist.29 Danach ist jedenfalls die Errichtung einer eigenständigen Oberbehörde zu Zwecken des Verfassungsschutzes ausgeschlossen,30 ebenso die Errichtung von Mittel- und Unterbehörden. Im Schrifttum nur am Rande behandelt und nicht eindeutig beantwortet wird die Frage, wie die Zentralstellen im Übrigen organisiert sein müssen. Insbesondere ist fraglich, ob sie selbständige Verwaltungseinheiten bilden müssen oder sie in die Ministerialstruktur eingegliedert werden dürfen. Die Verfassungsschutzämter mehrerer Bundesländer sind als Abteilungen der Landesinnenministerien organisiert. Für die Verfassungsrechtslage im Bund lässt sich hieraus allerdings nichts ableiten. Zum Teil wird der Behördentyp der Zentralstellen als „nichtministerielle Verwaltungsstufe “31 bzw. als „einem Bundesministerium nachgeordnet“32 bezeichnet. Auch findet 24 BVerfGE 12, 205 (221); 21, 312 (325). 25 Vgl. Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, 64. Ergänzungslieferung 2012, Art. 87 Rn. 118. 26 Vgl. Suerbaum, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, 15. Edition 2012, Art. 87 Rn. 23; Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, 64. Ergänzungslieferung 2012, Art. 87 Rn. 115. 27 BVerfGE 110, 33 (51); Hermes, in: Dreier, GG, Band 3, 2. Aufl. 2008, Art. 87 Rn. 47; Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, 64. Ergänzungslieferung 2012, Art. 87 Rn. 118, 120; Gusy, Die Zentralstellenkompetenz des Bundes, DVBl. 1993, 1117 (1121). 28 BVerfGE 110, 33 (49, 51). 29 Vgl. Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, 64. Ergänzungslieferung 2012, Art. 87 Rn. 118, 120. 30 Die gleichwohl getroffene Bezeichnung des Bundesamts für Verfassungsschutz als Bundesoberbehörde in § 2 Abs. 1 S. 1 BVerfSchG wird verfassungskonform im Sinne einer Zentralstelle verstanden, vgl. Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, 64. Ergänzungslieferung 2012, Art. 87 Rn. 146. 31 Vgl. Becker, Zentralstellen gemäß Art. 87 Abs. 1 GG, DÖV 1978, 551 (555). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 244/12 Seite 9 sich die Auffassung, dass Zentralstellen im Unterschied zu Bundesoberbehörden gerade nicht Teil einer obersten Bundesbehörde sein können, sondern als „verselbständigte Stellen durch eine gewisse Ausgliederung gekennzeichnet sind“.33 Dies spräche für eine zwingende organisatorische Eigenständigkeit der Zentralstellen. Andere Stimmen in der Literatur meinen, dass die Zentralstellen aufgrund der föderalen Eigenart ihrer Aufgabe (Koordination von Landes- und Bundesverwaltung ) zwar einer „gewissen Selbständigkeit“ bedürften. Dies hindere jedoch nicht daran, die Zentralstellen an die Ministerialstruktur anzubinden, soweit eine hinreichende personelle und organisatorische Trennung erfolgt.34 Vorgeschlagen wird dazu eine selbständige Abteilung eines Bundesministeriums.35 Da der Begriff der Zentralstelle verfassungsrechtlich kaum konturiert ist, wird man dem Gesetzgeber ein gewisses Ausgestaltungsermessen bei der Organisation der Zentralstellen zubilligen können.36 Insoweit dürfte nichts gegen eine organisatorische Zusammenfassung einer Zentralstelle mit einem Bundesministerium sprechen, solange deren funktionelle Beschränkungen und Besonderheiten beachtet werden. Diese bestehen, wie dargestellt, zum einen darin, dass Zentralstellen keinen Behördenunterbau haben dürfen. Bei einer Integration der Zentralstelle in eine oberste Bundesbehörde oder in eine Bundesoberbehörde mit Unterbau wäre sicherzustellen, dass die Bereiche der Zentralstelle organisatorisch hiervon getrennt bliebe. Zum anderen stehen lediglich der Zentralstelle, nicht aber den obersten Bundesbehörden koordinationsrechtliche Weisungsrechte gegenüber den Ländern und Eingriffsbefugnisse gegenüber Bürgern zu.37 Auch dies gebietet eine gewisse organisatorische Eigenständigkeit im Falle einer Integration der Zentralstelle in ein Ministerium. 2.2.2. Trennungsgebot Eine andere Frage ist, inwieweit eine Verfassungsschutzbehörde des Bundes als Zentralstelle mit Polizeibehörden zusammengefasst werden könnte. Neben den oben genannten Restriktionen könnte einer organisatorischen Zusammenfassung von Verfassungsschutz- und Polizeibehörden das Trennungsgebot entgegenstehen. Dieses besatzungsrechtlich kurz vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes mit dem sogenannten „Polizeibrief“ der westalliierten Militärgouverneure vom 14. April 194938 verhängte Gebot besagt, 32 Vgl. Jestaedt, in: Umbach/Clemens, GG, Band 2, 1. Aufl. 2002, Art. 87 Rn. 87; Suerbaum, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, 15. Edition 2012, Art. 87 Rn. 23. 33 Vgl. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band 2, 1. Aufl. 1980, S. 826. 34 Vgl. Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, 64. Ergänzungslieferung 2012, Art. 87 Rn. 116. 35 Vgl. Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, 64. Ergänzungslieferung 2012, Art. 87 Rn. 116. 36 So auch Gusy, Die Zentralstellenkompetenz des Bundes, DVBl. 1993, 1117 (1126). 37 Vgl. Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, 64. Ergänzungslieferung 2012, Art. 87 Rn. 116. 38 Dort heißt es unter Ziffer 2: „The Federal Government will also be permitted to establish an agency to collect and disseminate information concerning subversive activities directed against the Federal Government. This agency shall Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 244/12 Seite 10 dass staatliche Stellen, die zur nachrichtendienstlichen Informationsbeschaffung befugt sind, nicht zugleich exekutive Polizeibefugnisse zur Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung haben dürfen .39 Die zwingende Wirkung des alliierten Trennungsgebots endete mit dem Inkrafttreten des Deutschlandvertrages am 5. Mai 1955, der das Besatzungsregime in der Bundesrepublik beendete . Danach konnte und kann das Trennungsgebot nur noch Geltung beanspruchen, wenn und soweit es in der Rechtsordnung der Bundesrepublik verankert ist. Einfachgesetzlich findet sich das Trennungsgebot in § 8 Abs. 3 BVerfSchG wieder, der dem Bundesamt für Verfassungsschutz polizeiliche Befugnisse ausdrücklich versagt und auch diesbezügliche Amtshilfeersuchen gegenüber polizeilichen Stellen ausschließt. Organisatorisch flankiert wird diese funktionelle Beschränkung durch die organisatorische Regelung des § 2 Abs. 1 S. 3 BVerfSchG, wonach das Bundesamt keiner polizeilichen Dienststelle angegliedert werden darf. Ob dem Trennungsgebot jedoch auch Verfassungsrang zukommt, die einfachgesetzlichen Bestimmungen also änderungsfest sind, ist Gegenstand einer lebhaften Kontroverse im Schrifttum.40 Während ein Teil der Literatur meint, das Trennungsgebot habe über Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG Eingang in das Grundgesetz gefunden41 oder sei Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips,42 bestreiten andere den Verfassungsrang des Trennungsgebots.43 Das BVerfG hat die Frage eines verfassungsrechtlichen Trennungsgebotes in der Entscheidung zur Aufgabenübertragung auf den Bundesgrenzschutz ausdrücklich offen gelassen. Es hat allerdings in Erwägung gezogen, dass das Rechtsstaatsprinzip , das Bundesstaatsprinzip und der Schutz der Grundrechte es verbieten könnten, bestimmte Behörden zu verschmelzen oder mit bestimmten Aufgaben zu betrauen. Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Polizeibrief hält es das Gericht für naheliegend, dass Zentralstellen für Zwecke des Verfassungsschutzes angesichts ihrer andersartigen Aufgaben und Befugnisse nicht mit einer Vollzugspolizeibehörde zusammengelegt werden dürften.44 Das BVerfG scheint danach das Trennungsgebot jedenfalls insoweit als verfassungsrechtlich determiniert anzusehen, als es die Trennung von Verfassungsschutz- und Vollzugspolizeibehörden have no police authority.“, zitiert nach Ronellenfitsch, Abschied vom Trennungsgebot, in: Verfassungsschutz in der freiheitlichen Demokratie, 2011, S. 71 ff. (S. 76). 39 Vgl. Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, 64. Ergänzungslieferung 2012, Art. 87 Rn. 142; zu den Einzelheiten des Trennungsgebots und seinen verschiedenen Bedeutungsfacetten vgl. Gusy, Das gesetzliche Trennungsgebot zwischen Polizei und Verfassungsschutz, Die Verwaltung 1991, 467. 40 Zu den vorgetragenen Argumenten vgl. Ronellenfitsch, Abschied vom Trennungsgebot, in: Verfassungsschutz in der freiheitlichen Demokratie, 2011, S. 71 ff. 41 Vgl. Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, 64. Ergänzungslieferung 2012, Art. 87 Rn. 143. 42 Vgl. Schmalenbach, Administrativer Verfassungsschutz, in: Thiel, Wehrhafte Demokratie, 2003, S. 415 ff. (S. 436). 43 Vgl. Nehm, Das nachrichtendienstrechtliche Trennungsgebot und die neue Sicherheitsarchitektur, NJW 2004, 3289 (3290 f.); differenzierend Ronellenfitsch, Abschied vom Trennungsgebot, in: Verfassungsschutz in der freiheitlichen Demokratie, 2011, S. 71 ff. 44 BVerfGE 97, 198 (217). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 244/12 Seite 11 vorschreibt. Auch insoweit kommt es jedoch letztlich auf das konkrete Verständnis des mit diversen Bedeutungsfacetten aufgeladenen Begriffs an. Denn eine Aufgaben- und Befugnistrennung schließt nicht zwingend eine organisatorische Zusammenfassung verschiedener Dienste unter einem Behördendach aus,45 zumal das BVerfG die gebotene Trennung ausdrücklich mit den unterschiedlichen Aufgaben und Befugnissen begründet hat. 3. Erforderlichkeit nachrichtendienstlich arbeitender Behörden zum Schutz der Verfassung Die zweite Frage zielt darauf ab, ob die mit der verfassungsrechtlich gebotenen Staatsaufgabe „Verfassungsschutz“ („Ob“ der Aufgabenerfüllung, siehe oben 2.) betrauten Behörden von Verfassungs wegen auch mit bestimmten Befugnissen zur Aufgabenerfüllung ausgestattet werden müssen („Wie“ der Aufgabenerfüllung). Das BVerfG hat – konkret im Hinblick auf die Befugnisse des Verfassungsschutzes – betont, dass es nicht Sinn einer Verfassung sein kann, staatlichen Organen eine Aufgabe zu stellen, ihnen aber dann die Mittel vorzuenthalten, die zur Erfüllung ihres Verfassungsauftrags nötig sind.46 Mit dem verfassungsrechtlichen Auftrag zur Unterhaltung eines Verfassungsschutzes geht also ein verfassungsrechtliches Gebot einher, die damit betrauten Behörden mit den erforderlichen Mitteln auszustatten. Zu den erforderlichen Mitteln gehört insbesondere auch ein Mindestbestand rechtlicher Mittel in Gestalt von Befugnissen. Ohne die erforderlichen Befugnisse wäre eine Aufgabe eine leere Hülse und würde die Aufgabenzuweisung ad absurdum geführt. Fraglich ist insoweit, ob „nachrichtendienstliche Mittel“ erforderlich zur Erfüllung der Sachaufgabe sind. Dies hängt davon ab, was unter dem Begriff verstanden wird.47 Das BVerfSchG definiert diesen Begriff im Gegensatz zu einigen landesrechtlichen Regelungen nicht. § 5 Abs. 2 Verfassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalens regelt die Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde, indem er katalogartig bestimmte Maßnahmen „als nachrichtendienstliche Mittel“ zulässt. Dabei handelt es sich durchgehend um verdeckte, heimliche Maßnahmen, was auch die abschließende Katalogziffer 12 mit der Formulierung „weitere vergleichbare Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung“ zum Ausdruck bringt. Die entsprechende Befugnisnorm des § 8 Abs. 2 BVerfSchG ist weniger konkret, zielt aber in dieselbe Richtung: „Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung, wie den Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährspersonen, Observationen , Bild- und Tonaufzeichnungen, Tarnpapiere und Tarnkennzeichen anwenden.“ Der gemeinsame Nenner dieser Befugnisnormen ist die Heimlichkeit der Informationsbeschaffung . In diesem Sinne verstanden, wird man nachrichtendienstliche Mittel wohl für erforderlich halten müssen. Denn das BVerfG hat in der genannten Entscheidung argumentiert, dass gegen die Verfassungsordnung gerichtete Gruppen meist im Geheimen und unter Tarnung arbeiten. Diesen 45 Zu den verschiedenen Inhalten des Trennungsgebotes vgl. Schmalenbach, Administrativer Verfassungsschutz, in: Thiel, Wehrhafte Demokratie, 2003, S. 415 ff. (S. 432). 46 BVerfGE 30, 1 (20); ebenso Burgi, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Band 3, 6. Aufl. 2010, Art. 87 Rn. 51. 47 Zu dem schillernden Begriff vgl. Schmalenbach, Administrativer Verfassungsschutz, in: Thiel, Wehrhafte Demokratie , 2003, S. 415 ff. (S. 437). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 244/12 Seite 12 Gruppen gegenüber könne ein Verfassungsschutz nur wirksam arbeiten, wenn seine Überwachungsmaßnahmen grundsätzlich geheim seien und auch blieben.48 4. Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutzbehörden und Polizeien Verfassungsschutzbehörden und andere Sicherheitsbehörden arbeiten in vielfältiger Weise zusammen . Im Folgenden sollen die rechtlichen Grundlagen dieser Zusammenarbeit sowie überblicksartig einige konkrete Beispiele und Formen für eine Zusammenarbeit zwischen Polizei und Verfassungsschutz dargestellt werden. 4.1. Grundsätzliches Da die Aufgabenverteilung zwischen Polizei und Verfassungsschutz mitunter nicht trennscharf abzugrenzen ist, kommt es in bestimmten Bereichen zu einer Überschneidung der Aufgabenfelder .49 Dies macht eine Zusammenarbeit notwendig. Und auch vor dem Hintergrund des Trennungsgebots (siehe 2.2.2) ist eine Kooperation erforderlich. Weil den Verfassungsschutzbehörden selbst keine exekutiven Befugnisse und Mittel zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung zustehen, sind sie darauf angewiesen, ihre Erkenntnisse den zuständigen Stellen bei Polizei und Staatsanwaltschaft zugänglich zu machen, um diesen die Reaktion auf drohende Gefahren und begangene Straftaten zu ermöglichen.50 Vor diesem Hintergrund bedeutet Zusammenarbeit vor allem Informationsaustausch . Die gegenseitige Bereitstellung von Informationen bezeichnet man als informationelle Zusammenarbeit oder Informationshilfe. Diese erfolgt im Wege der Eigeninitiative oder auf Ersuchen. Dabei finden die allgemeinen datenschutzrechtlichen Grundsätze und verfassungsrechtlichen Vorgaben Beachtung. Als Folge des Trennungsgebots besitzt der Verfassungsschutz keine polizeilichen Befugnisse oder Weisungsbefugnisse und darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen , zu denen er selbst nicht befugt ist. Dies ist einfachgesetzlich für das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) geregelt in § 8 Abs. 3 HS 2 BVerfSchG. Entsprechende Bestimmungen existieren für die Landesämter für Verfassungsschutz.51 48 BVerfGE 30, 1 (18 f.); ausdrücklich zur Erforderlichkeit nachrichtendienstlicher Mittel das Sondervotum im NPD- Verbotsverfahren BVerfGE 107, 339 (391). 49 Beispiele dazu bei Nehm, Kay: Das nachrichtendienstliche Trennungsgebot und die neue Sicherheitsarchitektur, NJW 2004, S. 3289 (3292 ff.). 50 Nehm, Kay: Das nachrichtendienstliche Trennungsgebot und die neue Sicherheitsarchitektur, NJW 2004, S. 3289 (3293); König, Marco: Trennung und Zusammenarbeit von Polizeien und Nachrichtendiensten, 2005, S. 224. 51 Beispielsweise: § 5 Abs. 3a LVSG BW; § 8 Abs. 3 LVerfSchG Rheinland-Pfalz; § 3 Abs. 4 HESVerfSchG; § 2 Abs. 3 SVerfSchG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 244/12 Seite 13 4.2. Rechtliche Grundlagen im Einzelnen Wie unter 4.1 bereits erwähnt, ist die Informationshilfe wichtigster Aspekt der Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutzbehörden und Polizei. Auf bundesgesetzlicher Ebene ist die Informationsübermittlung sowohl von als auch zu den Verfassungsschutzbehörden geregelt in den §§ 18-23 BVerfSchG. Für die Übermittlung von Informationen an die Verfassungsschutzbehörden des Bundes oder der Länder durch Polizeibehörden ist Grundlage insbesondere der § 18 BVerfSchG. Dieser differenziert zwischen Informationen, für die eine grundsätzliche Übermittlungspflicht besteht, § 18 Abs. 1 BVerfSchG, und solchen, deren Übermittlung im Ermessen der Polizeibehörden steht, § 18 Abs. 2 BVerfSchG: In den Fällen des § 18 Abs. 1 BVerfSchG sind die Polizeibehörden verpflichtet , das Bundesamt für Verfassungsschutz oder die Verfassungsschutzbehörden der Länder zu unterrichten. In den Fällen des § 18 Abs. 2 BVerfSchG können die Polizeibehörden das Bundesamt für Verfassungsschutz oder die Verfassungsschutzbehörde des Landes informieren. § 18 Abs. 3 BVerfSchG regelt Übermittlungsersuchen durch die Verfassungsschutzbehörde(n) des Bundes und der Länder. Die Übermittlung von Informationen an Polizeibehörden regeln insbesondere die §§ 19- 21 BVerfSchG. § 19 Abs. 1 BVerfSchG enthält dabei eine allgemeine Übermittlungsregelung, die das Bundesamt für Verfassungsschutz zur Übermittlung personenbezogener Daten an inländische öffentliche Stellen befugt. § 20 BVerfSchG regelt Fälle der Informationsübermittlung, bei denen Anhaltspunkte für Delikte im Bereich des Staats- und Verfassungsschutzes vorliegen. In diesen Fällen übermittelt das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen an die Polizeibehörden, § 20 Abs. 1 BVerfSchG. Ferner regelt § 20 Abs. 2 BVerfSchG Übermittlungsersuchen der Polizeien an das Bundesamt für Verfassungsschutz in Bereich der Staatsschutzdelikte. Die nach § 20 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BVerfSchG dem Bundesamt für Verfassungsschutz obliegenden Pflichten gelten gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 BVerfSchG auch für die Verfassungsschutzbehörden der Länder im Verhältnis zu den Polizeibehörden. In den Verfassungsschutzgesetzen der Länder finden sich darüber hinaus weitere Regelungen für die Informationsübermittlung. Diese betreffen u.a. die Informationsübermittlung zwischen der Landespolizei und der Landesverfassungsschutzbehörde desselben Bundeslandes: Bundesland Regelungen Bayern Art. 12 – 14 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz52 Baden-Württemberg §§ 9, 10 Gesetz über den Verfassungsschutz in Baden-Württemberg53 52 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 1997 (GVBl S. 70), BayRS 12-1-I, zuletzt geändert durch Art. 11 Parlamentarisches Kontrollgremium-Gesetz vom 8. Nobember 2010 (GVBl S. 722). 53 Gesetz über den Verfassungsschutz in Baden-Württemberg (Landesverfassungsschutzgesetz - LVSG) in der Fassung vom 5. Dezember 2005 (GBl. 2006 S. 1). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 244/12 Seite 14 Bundesland Regelungen Berlin §§ 18, 21, 22, 27 Gesetz über den Verfassungsschutz in Berlin54 Brandenburg §§ 13, 14, 16, 17 Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg55 Bremen §§ 17, 18, 20, 21 Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Bremen56 Hamburg §§ 12, 14, 19 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz57 Hessen §§ 8, 10, 11 Gesetz über das Landesamt für Verfassungsschutz58 Mecklenburg- Vorpommern §§ 20, 24 Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Mecklenburg- Vorpommern59 Niedersachsen §§ 14, 15, 17, 18 Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Niedersachsen 60 Nordrhein-Westfalen §§ 16-18 Gesetz über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen61 Rheinland-Pfalz §§ 13, 14 Landesverfassungsschutzgesetz62 54 Gesetz über den Verfassungsschutz in Berlin (Verfassungsschutzgesetz Berlin - VSG Bln) in der Fassung vom 5. Juni 2001(GVBl. S. 235), BRV 12-1, zuletzt geändert durch Art. I Zweites ÄndG vom 1. Dezember 2010 (GVBl. S. 534). 55 Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg (Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG) vom 5. April 1993 (GVBl. I S. 78), Sa BbgLR 12-01, zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndG vom 12. Januar 2010 (GVBl. INr. 1 S. 1). 56 Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Bremen (Bremisches Verfassungsschutzgesetz - BremVerfSchG) vom 28. Februar 2006 (Brem.GBl. S. 87), Sa BremR 12-b-1, zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndG vom 12. Juni 2012 (Brem.GBl. S. 269). 57 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) vom 7. März 1995 zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Februar 2009. 58 Gesetz über das Landesamt für Verfassungsschutz vom 19. Dezember 1990 (GVBl. I S. 753), GVBl. II 18-3, zuletzt geändert durch § 32 SicherheitsüberprüfungsG vom 28. September 2007 (GVBl. I S. 623). 59 Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Mecklenburg-Vorpommern (Landesverfassungsschutzgesetz - LVerfSchG M-V) vom 11. Juli 2001 (GVOBl. M-V S. 261), GS Meckl.-Vorp. Gl. Nr.12-4, zuletzt geändert durch Art. 2 G zur Änd. von Verfassungsschutz-Vorschriften vom 28. Januar 2009 (GVOBl. M-V S. 82). 60 Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Niedersachsen (Niedersächsisches Verfassungsschutzgesetz - NVerfSchG -) in der Fassung vom 6. Mai 2009 (Nds. GVBl. S. 154), GVBl. Sb 12000 03, zuletzt geändert durch Art. 5 G zur Neuregelung des Versammlungsrechts vom 7. Oktober 2010 (Nds. GVBl. S. 465). 61 Gesetz über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen (Verfassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalen - VSG NRW -) vom 20. Dezember 1994 (GV. NW. 1995 S. 28), SGV. NRW. 12, zuletzt geändert durch Art. 1 Zweites ÄndG vom 17. Juli 2012 (GV. NRW. S. 294). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 244/12 Seite 15 Bundesland Regelungen Saarland §§ 15, 17 Saarländisches Verfassungsschutzgesetz63 Sachsen §§ 10, 11, 12, 12a Gesetz über den Verfassungsschutz im Freistaat Sachsen64 Sachsen-Anhalt §§ 16, 17, 18, 19 Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Sachsen- Anhalt65 Schleswig-Holstein §§ 19, 23 Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Schleswig-Holstein66 Thüringen §§ 12-14 Thüringer Verfassungsschutzgesetz67 In den Polizeigesetzen sind außerdem allgemeine Informationsaustauschregelungen im Verhältnis zu „anderen Behörden“ enthalten.68 62 Landesverfassungsschutzgesetz (LVerfSchG) vom 6. Juli 1998, letzte berücksichtigte Änderung: §§ 10c, 18 und 19 geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (GVBl. S. 427). 63 Saarländisches Verfassungsschutzgesetz (SVerfSchG) vom 24. März 1993 (Amtsbl. S. 296), Gesetz Nr. 1309 / BS Saar Nr. 12-1, zuletzt geändert durch Art. 1 Abs. 1 G zur Verl. d. Geltungsdauer von Vorschr. vom 26. Oktober 2010 (Amtsbl. I S. 1406). 64 Gesetz über den Verfassungsschutz im Freistaat Sachsen (Sächsisches Verfassungsschutzgesetz - SächsVSG) vom 16. Oktober 1992 (SächsGVBl. S. 459), BS Sachsen 12-1, zuletzt geändert durch Art. 1 Zweites ÄndG vom 28. April 2006 (SächsGVBl. S. 129). 65 Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt (VerfSchG-LSA) in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. April 2006 (GVBl. LSA S. 236), 12.1, zuletzt geändert durch § 1 Drittes ÄndG vom 13. Juni 2012 (GVBl. LSA S. 187). 66 Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Schleswig-Holstein (Landesverfassungsschutzgesetz – LVerfSchG) vom 23. März 1991 (GVOBl. Schl.-H. S. 203), GS Schl.-H. II, Gl.Nr. 12-2, zuletzt geändert durch Art. 2 G zur Änd. des LandesdatenschutzG und des LandesverfassungsschutzG vom 11. Januar 2012 (GVOBl. Schl.-H. S. 78. 67 Thüringer Verfassungsschutzgesetz (ThürVSG) vom 29. Oktober 1991 (GVBl. S. 527), BS Thür 12-1, zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndG vom 21. Dezember 2011 (GVBl. S. 530). 68 Beispielsweise in: § 10 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (BKAG) vom 7. Juli 1997 (BGBl. I S. 1650), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 21. Juli 2012 (BGBl. I S. 1566) geändert worden ist; Art. 40 Abs. 3, 4 des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (PAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. September 1990 (GVBl S. 397), BayRS 2012-1-1-I, zuletzt geändert durch § 14 G zur Anpassung an das Neue Dienstrecht vom 20. Dezember 2011 (GVBl S. 689); § 44 Abs. 2 des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG) vom 14. April 1992 in der Fassung vom 11. Oktober 2006 (GVBl. S. 930), zuletzt geändert durch Artikel V des Gesetzes über das öffentliche Glücksspiel vom 15. Dezember 2007 (GVBl. S. 604); § 22 Abs. 2, 5 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) in der Fassung vom 14. Januar 2005(GVBl. I Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 244/12 Seite 16 Eine spezialgesetzlichen Regelung der Informationsübermittlung zwischen Bundeskriminalamt und Verfassungsschutzbehörde(n) des Bundes und der Länder für den Aufgabenbereich der Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus ist § 20v BKAG. Zudem enthält das Bundeskriminalamtsgesetz in § 9a die Befugnis zur Errichtung projektbezogener gemeinsamer Dateien des Bundeskriminalamts mit den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder. Diese Möglichkeit der Errichtung einer gemeinsamen Datei sieht das Bundesverfassungsschutzgesetz in § 22a BVerfSchG auch zwischen dem Bundesamt für Verfassungsschutz und den Polizeibehörden des Bundes und der Länder vor. Als einziges Bundesland regelt Baden-Württemberg ausdrücklich in § 48a des Polizeigesetzes die Errichtung gemeinsamer Dateien von Landeskriminalamt und den Polizeidienststellen des Landes und dem Landesamt für Verfassungsschutz. Mit dem Gesetz zur Errichtung einer standardisierten zentralen Antiterrordatei von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten von Bund und Ländern (Antiterrordateigesetz - ATDG69) vom 22. Dezember 2006 wurde überdies die Möglichkeit der Errichtung und Nutzung gemeinsamer Dateien von Nachrichtendiensten und Polizei zur Abwehr terroristischer Gefahren geschaffen. Die darauf beruhende zentrale gemeinsame Antiterrordatei wurde am 30. März 2007 freigeschaltet . Einen Sonderfall der Zusammenarbeit regelt der § 10 BPolG70. Dieser ermöglicht, dass die Bundespolizei Verfassungsschutzaufgaben auf dem Gebiet der Funktechnik und funkbetrieblichen Auswertung für das Bundesamt für Verfassungsschutz auf dessen Anforderung hin wahrnimmt, soweit der Funkverkehr nicht dem Fernmeldegeheimnis unterliegt. Es handelt sich hierbei um eine Form der Organleihe.71 Weitere Regelungen diesbezüglich trifft die „Dienstanweisung über die Verwendung der Bundespolizei zur Unterstützung des Bundesamtes für Verfassungsschutz auf dem Gebiet der Funktechnik gem. § 10 des BPol-Gesetzes“.72 S. 14), GVBl. II 310-63, zuletzt geändert durch Art. 1 G zur Änd. des Hessischen Gesetzes über die öffentl. Sicherheit und Ordnung und and. G vom 14. Dezember 2009 (GVBl. I S. 635); § 28 Abs. 1,3, § 30 des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juli 2003 (GV. NRW. S. 441), SGV. NRW. 205, zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndG vom 9. Februar 2010 (GV. NRW. S. 132). 69 Antiterrordateigesetz vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3409), das durch Artikel 5 des Gesetzes vom 26. Februar 2008 (BGBl. I S. 215) geändert worden ist. 70 Bundespolizeigesetz vom 19. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2978, 2979), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 21. Juli 2012 (BGBl. I S. 1566) geändert worden ist. 71 Malmberg, Karl Magnus in: Drewes, Michael/Malmberg, Karl Magnus/Walter, Bernd, Bundespolizeigesetz, 4. Auflage , 2010, § 10 Rn. 3. 72 Hinweis unter: Malmberg, Karl Magnus in: Drewes, Michael/Malmberg, Karl Magnus/Walter, Bernd, Bundespolizeigesetz , 4. Auflage, 2010, § 10 Rn. 13. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 244/12 Seite 17 Einige Beispiele für untergesetzliche Regelungen auf Länderebene der Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutzbehörden und Polizeien sind: Bundesland Regelung Regelungsinhalt Baden- Württemberg Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG)73 Regelt den Vollzug der Informationsübermittlungsregeln des § 43 Abs. 2 Baden- Württembergischen Polizeigesetzes. Danach erfolgen Übermittlungen an das Landesamt für Verfassungsschutz, denen kein Ersuchen zugrunde liegt, ausschließlich durch das Landeskriminalamt. Unmittelbare Übermittlungen – auch nachrichtlicher Art – von Polizeidienststellen an das Landesamt für Verfassungsschutz haben zu unterbleiben . Übermittlungen an das Landesamt für Verfassungsschutz, denen ein Ersuchen zugrunde liegt, erfolgen unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 LVSG unmittelbar durch die ersuchte Polizeidienststelle . Sowohl das Ersuchen als auch die zu übermittelnden Informationen sind durch den jeweiligen Absender nachrichtlich dem Landeskriminalamt zuzuleiten, soweit es zu dessen Aufgabenerfüllung erforderlich ist (§§ 42, 41 sowie §§ 11, 13 DVO PolG). Bayern Richtlinien des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über den Informationsaustausch in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes (IVS- Richtlinien)74 Regelt den Vollzug der Informationsübermittlungsregeln des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes . 73 Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG) vom 18. Juli 1997 – 3-1101.2/13 - (GABl. S. 406) BWGültV Sachgebiet 2050. Abrufbar unter: http://beckonline .beck.de/?vpath=bibdata%2Fges%2FBW_VwV_112409%2Fcont%2FBW_VwV_112409.htm . 74 Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 4. Januar 1993 Az.: IF3-2002-1/39, (AllMBl 1993 S. 51). Abrufbar unter: http://beck-online.beck.de/?bcid=Y-100-G-BayVwV96479 . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 244/12 Seite 18 Bundesland Regelung Regelungsinhalt Bayern Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des Polizeiaufgabengesetzes75 33.1 legt fest, dass der Einsatz bestimmter nachrichtendienstlicher Mittel mit dem Landesamt für Verfassungsschutz abzustimmen ist, wenn die Gefahrenlage auch den Verfassungsschutz tangiert. Hessen Gemeinsamer Runderlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport und des Hessischen Ministeriums der Justiz über Richtlinien zur Zusammenarbeit von Polizei, Justiz und Verfassungsschutz bei der Beobachtung der organisierten Kriminalität 76 Regelt die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der organisierten Kriminalität. Ziel ist eine Erhöhung des Informationsaufkommens über Organisierte Kriminalität, die Zusammenführung der Informationen und Koordination der Arbeit durch regelmäßigen Informationsaustausch zwischen den Behörden , gemeinsame Besprechungen, anlassbezogene Abstimmung von Arbeitsschwerpunkten , die Veranstaltung (regelmäßiger) Arbeitstagungen und die gemeinsame Erstellung von Lagebildern. Saarland Richtlinien des Ministeriums für Inneres und Sport im Einvernehmen mit dem Ministerium der Justiz zur Ausführung der Vorschriften des Saarländischen Verfassungsschutzgesetzes über die Koordinierung der Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz mit Sicherheitsbehörden und Strafverfolgungsbehörden bei der Beobachtung von Bestrebungen und Tätigkeiten der Organisierten Kriminalität (KoRiOK) vom 1. September 200277 Nicht veröffentlicht 75 Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 28. August 1978, Az.: IC2-2808.1-1, geändert durch Bekanntmachungen vom 24. November 1983 (MABl S. 977), vom 11. Juli 1985 (MABl S. 340), vom 22. März 1989 (AllMBl S. 363), vom 12. April 1991 (AllMBl S. 196), vom 23. Dezember 1994 (AllMBl 1995 S. 27), vom 13. November 1998 (AllMBl S. 879) und vom 2. Dezember 2002 (AllMBl 2003 S. 4). Abrufbar unter: http://www.gesetzebayern .de/jportal/portal/page/bsbayprod.psml?showdoccase=1&doc.id=VVBY-VVBY000021193&doc.part=X&st=vv. 76 Gemeinsamer Runderlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport und des Hessischen Ministeriums der Justiz vom 25. November 2008 – LPP 12–Lo–22 g 04 45 – und – 4110–III/A 3–2008/6363–III/A – (StAnz. 2009 S. 127) – Gült.-Verz. 242 3100. Abrufbar unter: http://beck-online.beck.de/?bcid=Y-100-G-HESVwV153197. 77 Gültigkeit bis 9. September 2017. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 244/12 Seite 19 Bundesland Regelung Regelungsinhalt Schleswig- Holstein Ordnungsbehördliches und polizeiliches Vorgehen bei Veranstaltungen von Rechtsextremisten78 Trifft Regelungen bezüglich des Informationsaustausch über rechtsextremistische Vereinigungen und Versammlungen. Thüringen Richtlinien des Thüringer Innenministeriums im Einvernehmen mit dem Thüringer Justizministerium nach § 2 Abs. 1 Satz 6 des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes über die Koordinierung der Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz mit Sicherheitsbehörden und Strafverfolgungsbehörden bei der Beobachtung von Bestrebungen und Tätigkeiten der Organisierten Kriminalität (KoRiOK) vom 30. Dezember 200579 Nicht veröffentlicht 4.3. Gemeinsame Informations- und Kooperationszentren Hervorzuheben ist außerdem die Zusammenarbeit im Rahmen gemeinsamer Informations- und Kooperationszentren. Dazu gehören das Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus (GAR), das Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum Illegale Migration (GASiM), das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum sowie das Gemeinsame Internetzentrum (GIZ). Das Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration (GASiM) entstand aus dem Gemeinsamen Analyse- und Strategiezentrum Schleusungskriminalität (GASS) und ist ein behördenübergreifendes Informations- und Kooperationszentrum mit dem Ziel der Intensivierung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der illegalen Migration und ihrer Begleit- und Folgekriminalität .80 Mitarbeiter des Bundesministeriums des Innern (BMI), des Bundeskriminalamtes BKA), der Bundespolizei (BPol), des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, des Zolls (Finanzkontrolle Schwarzarbeit), des Bundesnachrichtendienstes (BND), des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und des Auswärtigen Amts sind vertreten. Die Einbindung der Länder wird angestrebt. 78 Erlass des Innenministeriums vom 27. Juni 2000, IV 232/IV 411, Amtsbl. Schl.-H. 2000 S. 494. Abrufbar unter: http://shvv.juris.de/shvv/vvsh-2180.1-0001.htm. 79 Gültigkeit bis 31. Dezember 2015. 80 BT-Drs. 16/2432; BT-Drs. 16/10007; BT-Drs. 16/8482, BT-Drs. 16/2420. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 244/12 Seite 20 In dem Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) arbeiten seit dem 14. Dezember 2004 das Bundesamt für Verfassungsschutz mit acht Bundesbehörden (u. a. BKA, BND, MAD, Bundespolizei ), den 16 Landeskriminalämtern und den 16 Landesverfassungsschutzämtern zusammen. Seit Januar 2007 gibt es ein Gemeinsames Internetzentrum (GIZ) mit Vertretern des Bundesamtes für Verfassungsschutz, des Bundeskriminalamtes, des Bundesnachrichtendienstes, des Militärischen Abschirmdienstes und der Generalbundesanwaltschaft zur Bekämpfung des islamistischen Terrorismus im Internet.81 Eine Länderbeteiligung ist möglich.82 Das Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus (GAR), eröffnet am 16. Dezember 2011, soll die Kooperation und Koordination der Sicherheitsbehörden bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus verbessern. Dafür entstehen unter dem Dach des GAR eine beim Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln angesiedelte nachrichtendienstliche Informations - und Analysestelle (NIAS) sowie eine polizeiliche Informations- und Analysestelle (PIAS), die beim Bundeskriminalamt in Meckenheim verortet ist. Im PIAS sind das Bundeskriminalamt , die Landeskriminalämter, die Bundespolizei, der Generalbundesanwalt sowie Europol vertreten. NIAS umfasst neben Vertretern des Bundesamtes für Verfassungsschutz Experten der Landesämter für Verfassungsschutz und des Militärischen Abschirmdienstes. Auch eine Einbindung des Bundesnachrichtendienstes ist möglich.83 ( ) ( ) ( ) 81 http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Themen/Sicherheit/Terrorismus/giz.pdf?__blob=publicationFile. 82 BT-Drs. 16/12089. 83 http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Kurzmeldungen/gar_handout.pdf;jsessionid= EEFE3FAF76C3E2F4F5BF15FA3527B97C.2_cid239?__blob=publicationFile.