© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 241/15 Bekenntnisregelungen und Integrationspflichten im Asylrecht aus verfassungsrechtlicher Sicht Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 241/15 Seite 2 Bekenntnisregelungen und Integrationspflichten im Asylrecht aus verfassungsrechtlicher Sicht Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 241/15 Abschluss der Arbeit: 10.11.2015 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 241/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Asylrechtliche Schutzstatus 4 2.1. Internationaler und nationaler Schutz 4 2.2. Bedeutung des nationalen Schutzes 5 2.3. Prüfungsmaßstäbe 5 3. Bekenntnis zu den „Grundwerten des Staates“ 6 3.1. Inhalt der Bekenntnisregelung 6 3.2. Bestimmtheitsgrundsatz 7 3.3. Art. 16a Abs. 1 GG 9 3.3.1. Politische Verfolgung 9 3.3.2. Schranken 10 3.3.3. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 10 4. Pflicht zur Teilnahme an Integrationskursen 12 5. Verfassungsänderung 13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 241/15 Seite 4 1. Fragestellung Es wird die Frage gestellt, ob es rechtlich möglich wäre, den Erwerb und den Verlust der asylrechtlichen Schutzstatus über die bestehenden Voraussetzungen hinaus von Bedingungen abhängig zu machen, die sich auf die Achtung der „Grundwerte des Staates“ beziehen. Konkret geht es um die gesetzliche Regelung folgender Maßnahmen: – Bekenntnis zu den „Grundwerten des Staates“ als Voraussetzung für die Anerkennung als Asylberechtigter und als Flüchtling sowie Verlust der Rechtsstellung bei Zuwiderhandlungen („gröbliche Verstöße gegen das Anerkenntnis der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“), – Pflicht der asylrechtlich Schutzberechtigten zur Teilnahme an Integrationskursen und Verlust der asylrechtlichen Schutzstatus bei schuldhafter Nichtteilnahme. 2. Asylrechtliche Schutzstatus 2.1. Internationaler und nationaler Schutz Bei den asylrechtlichen Schutzstatus kann man zwischen dem internationalen und dem nationalen Schutz unterscheiden. Der internationale Schutz knüpft terminologisch an die EU-Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU) an und umfasst die dort geregelten Schutzstatus des Flüchtlings im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (Art. 9 ff. Richtlinie 2011/95/EU) sowie den international subsidiär Schutzberechtigten (Art. 15 ff. Richtlinie 2011/95/EU). Diese Schutzstatus sind in das Asylgesetz (AsylG)1 integriert worden; insofern regelt § 3 AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und § 4 AsylG den internationalen subsidiären Schutz. Zum nationalen Schutz gehören der verfassungsrechtlich gebotene Schutz des Asylberechtigten (Art. 16a Abs. 1 GG, § 2 AsylG) sowie der Schutz des einfachgesetzlich geregelten national subsidiär Schutzberechtigten. Rechtsgrundlage für den national subsidiären Schutz sind die in den § 60 Abs. 5 und 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) enthaltenen Abschiebungsverbote.2 Die genannten Abschiebungsverbote sind zwar im Aufenthaltsgesetz geregelt, doch sind sie in der Regel im Rahmen des Asylverfahrens zu prüfen (§ 24 Abs. 2 AsylG), wenn die Asylberechtigung, die Flüchtlingseigenschaft und der internationale subsidiäre Schutzstatus nicht greifen. Von den asylrechtlichen Schutzstatus zu unterscheiden ist die Rechtsstellung von Geduldeten. Geduldete verfügen nicht über einen asylrechtlichen Schutzstatus. Geduldete sind vollziehbar Ausreisepflichtige, deren Abschiebung nach § 60a AufenthG vorübergehend ausgesetzt wurde. Bei Geduldeten kann es sich um vormals abgelehnte Asylbewerber handeln. Die Duldung knüpft aber nicht spezifisch an das Asylverfahren an, sondern regelt allgemein die Aussetzung der Abschiebung von vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern. Die Vorschriften über die Duldung fallen damit nicht unter die hier angestrebte Änderung der „Asylgesetzgebung“. Auch andere humanitäre Aufenthaltstitel, die außerhalb eines Asylverfahrens erteilt werden können, z.B. nach § 25 1 Mit Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes wurde das Asylverfahrensgesetz in Asylgesetz umbenannt, Art. 1 Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz, BGBl. I 2015, 1722. 2 Vgl. dazu Tiedemann, Flüchtlingsrecht (2015), 28, der insoweit nicht von der Verleihung eines Status, sondern einer „singulären Rechtsposition“ des Abschiebungsverbotes spricht. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 241/15 Seite 5 Abs. 2 AufenthG (sog. Kontingentflüchtlinge) sind nicht Teil des Asylrechts und hier daher nicht zu berücksichtigen. 2.2. Bedeutung des nationalen Schutzes In der Praxis kommt dem nationalen Schutz (Asylberechtigte, national subsidiär Schutzberechtigte) gegenüber dem internationalen Schutz eine untergeordnete Bedeutung zu. Der Bedeutungsverlust des Asylrechts aus Art. 16a Abs. 1 GG beruht insbesondere darauf, dass einerseits die Rechtsstellung des Asylberechtigten derjenigen des Flüchtlings entspricht (§ 2 Abs. 1 AsylG), andererseits aber die Voraussetzungen für die Flüchtlingsanerkennung weniger streng sind.3 Da der Asylantrag nach § 13 Abs. 2 AsylG grundsätzlich den Antrag auf internationalen und auf nationalen Schutz umfasst, führt die Ablehnung der Asylberechtigung nicht schon zur Ablehnung des Asylantrags, vielmehr wird stets auch die Zuerkennung von internationalem Schutz geprüft.4 Auch die Voraussetzungen der internationalen und der nationalen subsidiären Schutzberechtigung weisen zahlreiche Überschneidungen auf, so dass der nachrangig zu prüfenden nationalen subsidiären Schutzberechtigung (§ 31 Abs. 3 AsylG) eine geringere Bedeutung zukommt.5 2.3. Prüfungsmaßstäbe Soweit die Vorschläge den Erwerb und den Verlust der internationalen Schutzstatus (Flüchtlinge, international subsidiär Schutzberechtigte) betreffen und in den Regelungsbereich der EU-Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU) fallen, sind vorrangig die unionsrechtlichen Vorgaben zu beachten. Vorliegend ist allein auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben für eine Änderung der asylrechtlichen Vorschriften einzugehen. Dementsprechend soll sich die Prüfung hier auf die nicht der EU-Qualifikationsrichtlinie unterfallenden Maßnahmen beschränken. Dazu gehören das Bekenntniserfordernis für die Anerkennung der Asylberechtigung (Ziff. 3),6 die Pflicht zur Teilnahme an Integrationskursen für asylrechtlich Schutzberechtigte sowie die Regelung von Sanktionen für national Schutzberechtigte (Ziff. 4).7 3 Zu den Voraussetzungen der Asylberechtigung und der Flüchtlingseigenschaft vgl. Wissenschaftliche Dienste (WD 3 – 3000 – 220/15), Verfahrens- und Prüfungsschritte im Asylverfahren, 9 ff. 4 Die obligatorische Prüfung auch des national subsidiären Schutzes im Rahmen des Asylverfahrens folgt aus § 24 Abs. 2 AsylG. 5 Verdrängt wird der national subsidiäre Schutz durch den international subsidiären Schutz aber nicht, vgl. BVerwGE 146, 12. 6 Zum Bekenntnis als Voraussetzung für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vgl. das Gutachten des Fachbereichs PE 6, Europa (PE 6 – 3000 – 129/15). 7 Zum Verlust des internationalen Schutzes bei „Verstößen gegen das Anerkenntnis“ sowie bei schuldhafter Nichtteilnahme an Integrationskursen vgl. das Gutachten des Fachbereichs PE 6, Europa (Fn. 6). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 241/15 Seite 6 3. Bekenntnis zu den „Grundwerten des Staates“ 3.1. Inhalt der Bekenntnisregelung Der Vorschlag sieht vor, dass die Asylberechtigung nur gewährt wird, wenn der Asylsuchende, der ansonsten die Voraussetzungen des Asylrechts aus Art. 16a Abs. 1 GG erfüllt, eine schriftliche Erklärung abgibt, in der er sich „verbindlich“ zu den „Grundwerten des Staates“ bekennt. Die Abgabe des Bekenntnisses soll dabei nicht an den Besuch eines Integrationskurses anknüpfen, sondern als eine schon im Asylverfahren zu erfüllende Voraussetzung für die Gewährung der Asylberechtigung ausgestaltet sein. Der Inhalt des Bekenntnisses ist noch nicht konkret festgelegt. Das Bekenntnis zu den „Grundwerten des Staates“ soll u.a. das Gewaltmonopol des Staates, die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie die Achtung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung umfassen. Als Vorbild für den Inhalt des Bekenntnisses könnten die in anderen Zusammenhängen verwendeten Bekenntnisklauseln dienen, z.B. die in § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) als Einbürgerungsvoraussetzung vorgesehene Erklärung („…wenn er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt…“).8 Die freiheitliche demokratische Grundordnung umfasst nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts „die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung , die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition“.9 Im Folgenden wird ein solches Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zugrunde gelegt. Da nicht nur eine Erklärung über die Kenntnis der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gefordert wird, sondern ein Bekenntnis zu ihr, bedarf es einer gewissen Zustimmung und Identifikation . Ob und inwieweit die „Wahrhaftigkeit“ des Bekenntnisses auch schon Gegenstand des Asylverfahrens sein soll, ist unklar.10 Das Bekenntniserfordernis geht nach dem vorliegenden Vorschlag jedenfalls über eine Bekundung der Zustimmung zur und Identifikation mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung weit hinaus. Es soll nämlich eine „verbindliche Erklärung“ darstellen , die im Fall von Zuwiderhandlungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung („Verstoß gegen das Vereinbarte“) den Verlust der Rechtsstellung („Verwirkung des Gastrechts“) zur Folge hat. Im Verhältnis zu den geltenden Verlustgründen, insbesondere zum Verlust der Asylberechtigung durch Verwirkung (Art. 18 GG) und Widerruf (§ 73 Abs. 1 S. 1, § 3 Abs. 2 und 4 8 Zu Bekenntnisklauseln im Zusammenhang mit der Vergabe von Fördermitteln vgl. Ingold, „Extremismusklauseln“ bei der Vergabe öffentlicher Fördermittel, DÖV 2015, 13 ff.; Wissenschaftliche Dienste, Bekenntnisklausel im Zuwendungsbereich (WD 3 - 3000 - 505/10). 9 BVerfGE 2, 1, 13. 10 Wahrhaftigkeitsanforderungen werden z.B. an das Bekenntnis im Rahmen der Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 StAG gestellt, vgl. Hailbronner, in: Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht (5. Aufl., 2010), Rn. 15 zu § 10. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 241/15 Seite 7 AsylG, § 60 Abs. 8 AufenthG) sowie dem Verlust der Aufenthaltserlaubnis durch Ausweisung (§ 51 Abs. 1 Nr. 5, §§ 53 ff. AufenthG) würde der Bekenntnisverstoß einen eigenen Verlustgrund darstellen. 3.2. Bestimmtheitsgrundsatz Die Bekenntnisregelung müsste den rechtsstaatlich geforderten Bestimmtheitsanforderungen genügen, Art. 20 Abs. 3 GG.11 Zum rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot führt das Bundesverfassungsgericht aus: „Es (erg. das Bestimmtheitsgebot) soll sicherstellen, dass der demokratisch legitimierte Parlamentsgesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen über Grundrechtseingriffe und deren Reichweite selbst trifft, dass Regierung und Verwaltung im Gesetz steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden und dass die Gerichte die Rechtskontrolle durchführen können. Ferner sichern Klarheit und Bestimmtheit der Norm, dass der Betroffene die Rechtslage erkennen und sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann (…). Der Gesetzgeber hat Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs hinreichend bereichsspezifisch, präzise und normenklar festzulegen (…).“12 Die Anforderungen an die Bestimmtheit hängen dabei insbesondere von der Bedeutung für die Grundrechte ab. Die Bestimmtheitsanforderungen sind dabei umso strenger, je intensiver der Grundrechtseingriff ist.13 Das Gebot der Bestimmtheit schließt die Verwendung von Generalklauseln , unbestimmten oder wertausfüllungsbedürften Begriffen jedoch nicht aus. Zu beachten ist aber, dass sich „mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normzusammenhanges oder aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Norm gewinnen lässt (…).“14 Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit der Bekenntnisregelung ergeben sich nicht schon im Hinblick auf die bloße Abgabe des Bekenntnisses als Voraussetzung für die Gewährung der Asylberechtigung . Diese Voraussetzung ließe sich in Anlehnung an den bereits erwähnten § 10 Abs. 1 Nr. 1 StAG hinreichend bestimmt regeln. Problematisch ist aber die Regelung des Bekenntnisverstoßes. Dabei ist der Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung – wie oben ausgeführt – hinreichend bestimmt.15 Unklar ist aber, welche konkreten Handlungs- und Unterlassungspflichten aus dem Bekenntnis folgen sollen. Die Regelung des Bekenntnisverstoßes könnte zunächst darauf gerichtet sein, Bestrebungen zu 11 Zum rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot vgl. Sachs, in: Sachs, GG (7. Aufl., 2014), Rn. 126. 12 BVerfGE 124, 274, 316. 13 BVerfGE 86, 288, 311. 14 BVerfGE 86, 288, 311. 15 Siehe oben unter Ziff. 3.1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 241/15 Seite 8 ahnden, die auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung abzielen. Soweit diese Bestrebungen in kämpferisch-aggressiver Weise erfolgen, könnten allerdings bereits geltende Normen greifen, nämlich die Verwirkung des Asylgrundrechts nach Art. 18 GG sowie die Regelungen zur Ausweisung. Nach § 54 Abs. 1 Nr. 5a i.V.m. § 56 Abs. 1 AufenthG16 wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn er „die freiheitliche demokratische Grundordnung (…) gefährdet“. Für eine Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in diesem Sinne müssen die Handlungen einen konkreten Bezug zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung haben.17 Zu beachten ist ferner, dass die bloße Ablehnung in Wahrnehmung der Meinungs- oder Glaubensfreiheit eine solche Gefährdung nicht schon auslösen kann. Vielmehr muss die freiheitliche demokratische Grundordnung in „aggressiver Weise bekämpft werden“.18 Denkbar wäre auch, dass sich der Bekenntnisverstoß auf die allgemeine Gesetzestreue beziehen soll, insbesondere hinsichtlich strafrechtlicher Vorschriften, so dass gesetzeswidriges Verhalten als bekenntniswidriges Verhalten den Verlust der Rechtsstellung zur Folge haben würde. Allerdings bestehen auch insoweit bereits Regelungen, die die Begehung bestimmter Straftaten mit dem Verlust der Rechtsstellung ahnden, z.B. nach § 53, § 56 Abs. 1 AufenthG19. Schließlich könnte man annehmen, der Bekenntnisverstoß solle gerade solche Verhaltensweisen umfassen, die sich – unterhalb der Schwelle der bereits geltenden Normen – als eine Form der Missachtung der von der freiheitlichen demokratischen Grundordnung umfassten Rechtsgüter und als Integrationsdefizite erweisen. Welche Handlungs- und Unterlassungspflichten konkret aus dem Bekenntnis folgen sollen, bleibt bei der bloßen Verknüpfung von Bekenntnis und Bekenntnisverstoß offen. Auch lässt sich die geforderte Bekenntniskonformität nicht durch Auslegung ermitteln. Die freiheitliche demokratische Grundordnung begründet als solche keine verfassungsunmittelbare (Umsetzungs-)Verpflichtung für die Bürger; vielmehr umfasst sie gerade auch das Recht, gegen die von ihr umfassten Werte einzutreten, solange diese Ablehnung nicht auf eine aggressiv-kämpferische Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet ist.20 Angesichts der schweren Grundrechtsbetroffenheit , nämlich des Verlusts der Asylberechtigung, müssten die geforderten Handlungs- und Unterlassungspflichten aber hinreichend klar erkennbar sein. Soweit die Bekenntnisregelung zur Wahrung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verpflichtet und Zuwiderhandlungen 16 Ab dem 1. Januar 2016 gilt die vergleichbare Regelung des § 53 Abs. 3, § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG n.F. 17 Vgl. VG Göttingen, Urteil vom 08.01.2013, 3 A 168/11, Rn. 15. 18 VG Göttingen, Urteil vom 08.01.2013, 3 A 168/11, Rn. 15. 19 Ab dem 1. Januar 2016 gilt die vergleichbare Regelung des § 53 Abs. 3, § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG n.F. 20 BVerfGE 124, 300, 330: „In den Art. 9 Abs. 2, Art. 18 und Art. 21 Abs. 2 GG legte er (erg. der Parlamentarische Rat) fest, dass nicht schon die Verbreitung verfassungsfeindlicher Ideen als solche die Grenze der freien politischen Auseinandersetzung bildet, sondern erst eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (…). Entsprechend gewährleistet Art. 5 Abs. 1 und 2 GG die Meinungsfreiheit als Geistesfreiheit unabhängig von der inhaltlichen Bewertung ihrer Richtigkeit, rechtlichen Durchsetzbarkeit oder Gefährlichkeit (…). Art. 5 Abs. 1 und 2 GG erlaubt nicht den staatlichen Zugriff auf die Gesinnung, sondern ermächtigt erst dann zum Eingriff, wenn Meinungsäußerungen die rein geistige Sphäre des Für-richtig-Haltens verlassen und in Rechtsgutverletzungen oder erkennbar in Gefährdungslagen umschlagen.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 241/15 Seite 9 mit dem Verlust der Asylberechtigung sanktioniert, dürfte sie den Anforderungen an den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz nicht genügen.21 3.3. Art. 16a Abs. 1 GG Ferner könnte das Bekenntniserfordernis gegen das Asylgrundrecht aus Art. 16a Abs. 1 GG verstoßen. 3.3.1. Politische Verfolgung Nach Art. 16a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Den Begriff der politischen Verfolgung hat das Bundesverfassungsgericht in Anlehnung an den Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention konkretisiert, ihn im Ergebnis aber enger gefasst als den Flüchtlingsbegriff. Politische Verfolgung im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG ist danach grundsätzlich staatliche Verfolgung .22 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Verfolgung dann eine politische , „wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen.“23 Die Verfolgungshandlung muss an ein asylerhebliches Merkmal anknüpfen: „Nicht jede gezielte Verletzung von Rechten, die etwa nach der Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland unzulässig ist, begründet schon eine asylerhebliche politische Verfolgung. Erforderlich ist, dass die Maßnahme den von ihr Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen soll. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin ‚wegen‘ eines Asylmerkmals erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (…).“24 Ferner sind der Zeitpunkt der Verfolgung sowie die Schutzbedürftigkeit des Asylsuchenden zu beachten.25 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Schutz des Asylgrundrechts aber von vornherein für politische Straftäter, die ihre politische Überzeugung unter Einsatz terroristischer Mittel betätigt haben, insbesondere unter Einsatz gemeingefährlicher Waffen oder durch 21 Eine vergleichbare Problematik folgt aus dem Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 3 AsylG. Danach ist der Flüchtlingsstatus ausgeschlossen, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Ausländer „den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat“. Ob die Anwendung dieser Vorschrift auf die Asylberechtigung eine hinreichend bestimmte Nachzeichnung der verfassungsimmanenten Schranken des Art. 16a GG darstellt, hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich offengelassen. Einer Klärung dieser Frage bedurfte es nicht, da mit der Anwendung des § § 3 Abs. 2 Nr. 3 AsylG auch auf die Asylberechtigung die Richtlinienvorgabe aus Art. 12 Abs. 2 RL 2011/95 EU umgesetzt worden ist, BVerwG NVwZ 2011, 1450, 1454 f. 22 BVerfGE 80, 315. 23 BVerfGE 80, 315. 24 BVerfGE 80, 315, 335 (Hervorhebung nicht im Original). 25 Vgl. dazu Will, in: Sachs, GG (7. Aufl., 2014), Rn. 29 ff., 44 ff. zu Art. 16a. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 241/15 Seite 10 Angriffe auf das Leben Unbeteiligter, ausgeschlossen.26 Dieser Terrorismusvorbehalt knüpft an ein grundsätzlich missbilligtes Verhalten im Herkunftsstaat an. Das Erfordernis, sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes zu bekennen, folgt daraus aber nicht. 3.3.2. Schranken Fraglich ist, ob das Bekenntniserfordernis von den Schranken des Art. 16a Abs. 1 GG gedeckt wäre. Ausdrücklich beschränkt wird das Asylgrundrecht durch die Regelungen in Art. 16a Abs. 2-5 GG. Diese Schranken können jedoch nicht als Grundlage für das Bekenntniserfordernis dienen, da sie an die fehlende Schutzbedürftigkeit bei Einreise aus einem sicheren Drittstaat (Art. 16a Abs. 2 GG), an die vermutete Verfolgungssicherheit bei Asylsuchenden aus sicheren Herkunftsstaaten (Art. 16a Abs. 3 GG) sowie an Regelungen in völkerrechtlichen Verträgen (Art. 16a Abs. 5 GG) anknüpfen, nicht aber an die Einstellung des Asylsuchenden zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Ob das Asylgrundrecht darüber hinaus verfassungsimmanenten Schranken unterliegt, ist umstritten. Es wird vertreten, dass das Asylgrundrecht nur durch die Regelungen in Art. 16a Abs. 2-5 GG sowie durch Verwirkung nach Art. 18 GG einschränkbar ist. Der Verfassungsgesetzgeber habe insoweit eine abschließende Regelung des Asylrechts geschaffen, die keine weiteren Schranken zu Gunsten von anderen Verfassungsgütern zulasse.27 Nach anderer Auffassung, insbesondere auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, unterliegt das Grundrecht auf Asyl auch sog. verfassungsimmanenten Schranken.28 Die Anforderungen an die Einschränkbarkeit des Asylgrundrechts sind dabei allerdings hoch. Als verfassungsimmanente Schranken kommen nur solche Rechtsgüter in Betracht, die Verfassungsrang haben.29 Ferner muss die Einschränkung des Asylgrundrechts insbesondere den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügen. Dabei fällt die Schutzbedürftigkeit des Asylsuchenden/Asylberechtigten besonders ins Gewicht fällt.30 3.3.3. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Zweck des Bekenntnisses ist der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Diese sowie die von ihr erfassten Rechtsgüter haben Verfassungsrang und können somit als verfassungsimmanente Schranken des Asylgrundrechts herangezogen werden. Das Bekenntniserfordernis müsste zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ein geeignetes, erforderliches und angemessenes Mittel darstellen. Erhebliche Zweifel bestehen schon im Hinblick auf die Eignung. Die Abgabe des Bekenntnisses müsste den Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zumindest fördern. Dagegen könnte man vorbringen, dass die Asylsuchenden noch während des Asylverfahrens keine ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache und 26 BVerfG, Beschl. V. 12. 3. 2008 – 2 BvR 378/05 m.w.N. 27 Will (Fn. 25), Rn. 82 zu Art. 16a; v. Arnauld, in: v. Münch/Kunig, GG (6. Aufl., 2012), Rn. 32 zu Art. 16a m.w.N. 28 BVerwGE 49, 202, 208 ff.; BVerwG NVwZ 1999, 1346, 1347 f.; Randelzhofer, in: Maunz/Dürig, GG (Stand: März 2007), Rn. 129 f. zu Art. 16a; Bergmann, Das immanent beschränkte Asylgrundrecht, ZAR 2005, 137 ff. m.w.N. 29 BVerfGE 28, 243, 261. 30 BVerwGE 49, 202, 209. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 241/15 Seite 11 Rechtsordnung und somit auch kein ausreichendes Verständnis für die Bedeutung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erwerben konnten, so dass die Abgabe des Bekenntnisses kaum Ausdruck einer Zustimmung zur und Identifikation mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sein würde. Auch wird man einem Bekenntnis, das in einer Notsituation für die Gewährung der Asylberechtigung abgegeben wird, wohl nicht zwingend ein hohes Maß an Wahrhaftigkeit entnehmen können. Hält man ein solches Bekenntnis gleichwohl für geeignet, den Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu fördern – dem Gesetzgeber kommt insoweit ein weiter Einschätzungsspielraum zu – und hält man es wegen fehlender gleich wirksamer alternativer Mittel auch für erforderlich, kommt es im Rahmen der Angemessenheit darauf an, ob der zu erreichende Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung die Beeinträchtigung des Asylgrundrechts aufwiegt. Die Schutzbedürftigkeit des Asylberechtigten fällt dabei besonders ins Gewicht.31 Die geltenden Rechtsnormen berücksichtigen die besondere Schutzbedürftigkeit der Asylberechtigten u.a. bei den die Asylberechtigung ausschließenden Gründen und den Ausweisungstatbeständen. Ausgeschlossen ist die Asylberechtigung, wenn der Asylsuchende aus „schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist“, § 30 Abs. 4 AsylG, § 60 Abs. 8 AufenthG.32 Solch hohen Anforderungen an die konkrete Gefährlichkeit des Asylsuchenden stellt auch der im Januar 2016 in Kraft tretende § 53 AufenthG zur Ausweisung von Asylberechtigten und Flüchtlingen. Diese können nach § 53 AufenthG n.F. nur ausgewiesen werden, wenn „ das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist“. Diese hohen Anforderungen an die Gefährlichkeit des Asylberechtigten bringt auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung zum Ausdruck: „Die Abschiebung von Asylberechtigten in ein Verfolgungsland kann immer nur als ultima ratio in Betracht kommen. Dementsprechend sind schon die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 AuslG [jetzt § 60 Abs. 8 AufenthG] eng auszulegen. Sie erfordern, dass der Asylberechtigte eine schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder die Allgemeinheit bedeutet. Dabei genügt hinsichtlich der ersten Alternative nicht, dass schwerwiegende Gründe für die Annahme vorliegen, der Asylberechtigte sei als ‚eine Gefahr für die Sicherheit anzusehen‘. Es muss vielmehr festgestellt sein, dass er eine solche (schwerwiegende) Gefahr darstellt. Bei der zweiten Alternative kann nicht allein deswegen angenommen werden, der Asylberechtigte bedeute eine (schwerwiegende) Gefahr für die Allgemeinheit, ‚weil er wegen eines besonders schweren Verbrechts rechtskräftig verurteilt‘ worden ist, sondern es muss eine Wiederholungsgefahr hinzukommen.“33 31 BVerwGE 49, 202, 209. 32 Zur Anwendbarkeit der Ausschlussgründe für die Flüchtlingseigenschaft auch auf die Asylberechtigung vgl. Wissenschaftliche Dienste (Fn. 3), 14. 33 BVerwGE 49, 202, 209 f., Hervorhebungen nicht im Original; siehe auch BVerwG NVwZ 1999, 1346, 1347 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 241/15 Seite 12 Diesen Maßstäben wird das Bekenntniserfordernis nicht gerecht. Es stellt gerade nicht auf konkrete und schwerwiegende Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung durch den Asylsuchenden ab, sondern soll pauschal für alle Asylsuchenden gelten. Damit kann das Bekenntniserfordernis allenfalls auf eine rein abstrakte Gefahr rekurrieren. Der bloß abstrakten Gefahr, die von (noch) nicht integrierten Ausländern ausgehen könnte, steht dabei die besonders schwere Betroffenheit des Asylsuchenden durch die politische Verfolgung im Herkunftsstaat gegenüber. Überdies dürfte es die Zumutbarkeitsgrenze überschreiten, Personen ein Bekenntnis abzufordern, dass sie zum Zeitpunkt des Asylverfahrens inhaltlich nicht überblicken und dass sie in ihrer Notlage faktisch nicht ablehnen können. In dieser Hinsicht unterscheidet sich das vorliegende Bekenntnis erheblich von dem Bekenntniserfordernis zum Zweck der Einbürgerung (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 StAG). Letzteres schließt an einen bereits erfolgten Integrationsprozess des Einbürgerungsbewerbers an und trifft den Einbürgerungsbewerber nicht in einer Notlage, sondern lässt ihm eine freie Wahl. Nach alledem wäre das Bekenntniserfordernis wegen Verstoßes gegen Art. 16a Abs. 1 GG nicht durch einfaches Gesetz umsetzbar. 4. Pflicht zur Teilnahme an Integrationskursen Vorliegend wird ferner vorgeschlagen, die asylrechtlich Schutzberechtigten zur Teilnahme an Integrationskursen zu verpflichten sowie die schuldhafte Nichtteilnahme mit dem Verlust der Rechtsstellung zu sanktionieren. Im Wesentlichen entspricht dieser Vorschlag bereits der geltenden Rechtslage. Eine Pflicht zur Teilnahme an Integrationskursen ist in § 44a AufenthG geregelt. Nach § 44a Abs. 1 Nr. 1 AufenthG sind Ausländer zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet, wenn sie nach § 44 AufenthG einen Anspruch auf Teilnahme haben und sich nicht zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen können. Anspruchsberechtigt nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 c) AufenthG sind Asylberechtigte , Flüchtlinge und international subsidiär Schutzberechtigte. Darüber hinaus können Ausländer zur Teilnahme an Integrationskursen bei Leistungsbezug nach dem zweiten Sozialgesetzbuch (§ 44a Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) sowie bei besonderer Integrationsbedürftigkeit (§ 44a Abs. 1 Nr. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 3 Integrationsverordnung) verpflichtet werden. Die Pflicht zur Teilnahme an Integrationskursen kann damit auch national subsidiär Schutzberechtigte treffen. Ausgenommen von der Teilnahmepflicht sind nach § 44a Abs. 2 AufenthG Ausländer, die sich im Bundesgebiet in einer beruflichen oder sonstigen Ausbildung befinden, die die Teilnahme an vergleichbaren Bildungsangeboten im Bundesgebiet nachweisen oder deren Teilnahme auf Dauer unmöglich oder unzumutbar ist. Inhaltlich umfasst der Integrationskurs nach § 43 Abs. 3 AufenthG einen Basis- und Aufbausprachkurs sowie einen Orientierungskurs zur Vermittlung von Kenntnissen der Rechtsordnung, der Kultur und der Geschichte in Deutschland. Die Schaffung strengerer Vorschriften zur Teilnahmepflicht an Integrationskursen, die z.B. die Teilnahmepflicht bei einfacher Verständigung in deutscher Sprache nicht ausschließen oder auf eine besondere Integrationsbedürftigkeit verzichten, begegnet keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Vorschriften müssten dabei insbesondere unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausgestaltet sein. Weniger gesetzgeberischer Handlungsspielraum besteht allerdings bei der Sanktionierung der schuldhaften Nichtteilnahme an den Integrationskursen mit dem Verlust der Rechtsstellung. Nach § 8 Abs. 3 AufenthG ist zwar die Pflicht zur ordnungsgemäßen Teilnahme am Integrationskurs bei der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zu berücksichtigen, ggf. auch mit der Folge der Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 241/15 Seite 13 Nichtverlängerung der Aufenthaltserlaubnis (§ 8 Abs. 3 S. 3 AufenthG), doch gilt die Berücksichtigung gerade nicht für die asylrechtlich Schutzberechtigten, § 3 Abs. 4 AufenthG. Diese Privilegierung der asylrechtlich Schutzberechtigten entspricht ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit, die sich im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung durchsetzt. Wie oben bereits dargestellt lässt das Asylgrundrecht Einschränkungen nur bei konkreten und schwerwiegenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung zu.34 Auch dürfte die Betroffenheit der national subsidiär Schutzberechtigten durch einen Verlust ihrer Rechtsstellung schwerer wiegen als die Beeinträchtigung der mit der Teilnahmepflicht verfolgten Integrationsinteressen. 5. Verfassungsänderung Man könnte erwägen, durch eine Änderung des Art. 16a GG die gesetzgeberischen Handlungsspielräume zu erweitern und die Integrationsbereitschaft/Integrationsbemühungen/Integrationsleistungen als Schranken des Asylgrundrechts zu regeln. Dass solche Schranken die nach Art. 79 Abs. 3 GG änderungsfesten Grundsätze der Art. 1 und 20 GG berühren würde, ist nicht ersichtlich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsrechts käme sogar eine Abschaffung des Asylgrundrechts ohne Verstoß gegen Art. 79 Abs. 3 GG in Betracht.35 Eine solche Verschärfung des Asylgrundrechts könnte sich aber nicht zugleich auf die Flüchtlingseigenschaft beziehen, welche den vorrangigen unionsrechtlichen Vorgaben unterliegt. Ist der Gesetzgeber aus unionsrechtlichen Gründen daran gehindert, die Voraussetzungen für die Flüchtlingseigenschaft zu verschärfen, würden sich Verschärfungen zum Erwerb und Verlust der Asylberechtigung praktisch nicht auswirken. Denn bei der Nichtgewährung oder beim Verlust der Asylberechtigung würde stets die Flüchtlingseigenschaft als (gleichwertiger) alternativer asylrechtlicher Schutzstatus zur Verfügung stehen. Ende der Bearbeitung 34 Zum internationalen Schutz vgl. das Gutachten des Fachbereichs PE 6 (Fn. 6). 35 BVerfGE 94, 49.