AUSARBEITUNG Thema: Der Gottesbezug in den Verfassungen der EU-Mitgliedstaaten , der EU-Beitrittskandidaten und in den Verfassungen der 16 Bundesländer Fachbereich III Verfassung und Verwaltung Tel.: Bearbeiter: Abschluss der Arbeit: 21. Oktober 2003 Reg.-Nr.: WF III - 240/03 Ausarbeitungen von Angehörigen der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung des einzelnen Verfassers und der Fachbereichsleitung . Die Ausarbeitungen sind dazu bestimmt, das Mitglied des Deutschen Bundestages , das sie in Auftrag gegeben hat, bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 2 - Inhaltsverzeichnis Seite 1. Zusammenfassung 4 2. Der Gottesbezug in den Verfassungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union 4 2.1. Belgien 4 2.2. Dänemark 4 2.3. Finnland 5 2.4. Frankreich 5 2.5. Griechenland 5 2.6. Irland 6 2.7. Italien 7 2.8. Luxemburg 7 2.9. Niederlande 7 2.10. Österreich 7 2.11. Portugal 7 2.12. Schweden 7 2.13. Spanien 8 2.14. Vereinigtes Königreich (Großbritannien) 8 3. Der Gottesbezug in den Verfassungen der Beitrittskandidaten zur Europäischen Union 8 3.1. Bulgarien 8 3.2. Zypern 8 3.3. Estland 8 3.4. Lettland 8 3.5. Litauen 9 3.6. Malta 9 3.7. Polen 9 3.8. Rumänien 9 3.9. Slowakische Republik 9 3.10. Slowenien 9 3.11. Tschechien 10 3.12. Ungarn 10 - 3 - 4. Der Gottesbezug in den Verfassungen der 16 Länder der Bundesrepublik Deutschland 10 4.1. Baden-Württemberg 10 4.2. Bayern 10 4.3. Berlin, Brandenburg 11 4.4. Bremen, Hamburg 11 4.5. Hessen, Mecklenburg-Vorpommern 11 4.6. Niedersachsen 11 4.7. Nordrhein-Westfalen 12 4.8. Rheinland-Pfalz 12 4.9. Saarland 12 4.10. Sachsen 12 4.11. Sachsen-Anhalt 13 4.12. Schleswig-Holstein 13 4.13. Thüringen 13 - 4 - 1. Zusammenfassung Von den derzeitigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union weisen die Verfassungen Dänemarks, Griechenlands, Irlands, Englands und der Bundesrepublik Deutschlands ausdrücklich einen Gottesbezug auf. Teilweise wird der Gottesbezug nur indirekt deutlich , etwa wenn auf eine bestimmte Konfession (Finnland: evangelisch-lutherische Kirche ) oder die Bekräftigung eines Amtseides durch eine religiöse Beteuerung (Niederlande , Österreich) erfolgt bzw. erfolgen kann. Die Verfassungen der Beitrittskandidaten zur EU enthalten teilweise nur konkludent einen Gottesbezug , etwa durch Nennung einer bestimmten Religion, die in einem Staat bestimmend ist (Malta: Hinweis auf die römisch-katholisch-apostolische Kirche), durch die Möglichkeit der Anrufung Gottes bei Ableistung des Amtseides (Rumänien) oder durch die Nennung von Heiligen, die einen Staat maßgebend mitgeprägt haben (Slowakische Republik: Heilige Slawenapostel Cyrillus und Methodius). Abgesehen von den Stadtstaaten Berlin, Bremen, Hamburg sowie des Landes und Schleswig-Holstein beziehen sich alle Verfassungen der sog. "alten" Bundesländer auf Gott. In der Verfassung des Saarlandes findet sich ein direkter Gottesbezug in den Erziehungszielen für die Jugend. Von den Landesverfassungen der fünf "neuen" Länder, die sämtlich über eine Präambel verfügen, weisen ausdrücklich nur Sachsen-Anhalt und Thüringen eine Bezugnahme auf Gott auf. Allerdings sieht die Verfassung des Freistaates Sachsen vor, den Amtseid der Mitglieder der Staatsregierung durch die Anrufung Gottes zu bekräftigen. 2. Der Gottesbezug in den Verfassungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union1 2.1. Belgien In der "Koordinierten Verfassung Belgiens"2 findet sich kein Gottesbezug. 2.2. Dänemark Die Verfassung des Königreichs Dänemark3 enthält in Kapitel VII, das die "Verfassung der Volkskirche" durch Gesetz festlegt (§ 66), in § 67 den folgenden Wortlaut: 1 Der Darstellung liegen die Texte "Verfassungen der EU-Mitgliedstaaten" (herausgegeben von Adolf Kimmel), 5. Auflage, München 2001 zugrunde 2 Vom 17. Februar 1994, zuletzt geändert am 7. Mai 1999 3 Vom 5. Juni 1953 - 5 - "Die Bürger haben das Recht, sich in Gemeinschaften zusammenzuschließen, um Gott auf die Weise zu dienen, die ihrer Überzeugung entspricht; es darf jedoch nichts gelehrt oder unternommen werden, was gegen die Sittlichkeit oder gegen die öffentliche Ordnung verstößt." § 68 bestimmt, dass niemand verpflichtet ist, persönlich Beiträge zu einer anderen als der von ihm selbst befolgten Art der Gottesverehrung zu leisten. Im Folgenden (§§ 69, 70) wird festgelegt, dass die Verhältnisse der von der Volkskirche abweichenden Glaubensgemeinschaften näher durch Gesetz geregelt werden. Ferner : niemand kann u.a. wegen seines Glaubens von bürgerlichen oder politischen Rechten ausgeschlossen werden oder sich der Erfüllung der allgemeinen Bürgerpflichten entziehen.4 2.3. Finnland Finnlands Grundgesetz5 weist keinen Gottesbezug auf. Das 6. Kapitel (§ 76) des Grundgesetzes weist jedoch auf die Organisation und Verwaltung der evangelischlutherischen Kirche hin, die gesetzlich näher festgelegt sind. 2.4. Frankreich Die Verfassung der Republik Frankreich6 kennt als "klassisches" Beispiel eines laizistischen Staates (strikte Trennung von Staat und Religion) keinerlei Gottesbezug. 2.5. Griechenland Die Verfassung der Republik Griechenland7 wird mit folgenden Worten eingeleitet: "Im Namen der Heiligen Wesensgleichen und Unteilbaren Dreifaltigkeit..." Der II. Abschnitt der Verfassung, der die Beziehungen zwischen Staat und Kirche näher regelt, bestimmt in Artikel 3 Abs. 1: "Vorherrschende Religion in Griechenland ist die der Östlich-Orthodoxen Kirche Christi. Indem sie als Haupt unseren Herrn Jesus Christus anerkennt, bleibt die orthodoxe Kirche Griechenlands in ihrem Dogma mit der Großen Kirche in Konstantinopel und jeder anderen Kirche Christ des gleichen Bekenntnisses unzertrennlich verbunden und bewahrt wie jene unerschütterlich die heiligen apostolischen und die von den Konzilen aufgestellten Kanones sowie die Heiligen Überlieferungen . Sie ist autokephal und wird geleitet von der Heiligen Synode der sich im Amte befindlichen Bischöfe und der aus deren Mitte hervorgehenden Dauern- 4 Ähnlich die Regelung in Kap. VIII § 71 Abs. 1 der Verfassung 5 Beschlossen am 11. Juni 1999, in Kraft getreten am 11. März 2000 6 Vom 4. Oktober 1958, zuletzt geändert am 8. Juli 1999 7 Beschlossen von dem 5. Verfassungsändernden Parlament am 9. Juni 1975 und in Kraft getreten am 11. Juni 1975, zuletzt geändert am 12. März 1986 - 6 - den Heiligen Synode, die sich nach den Bestimmungen der Grundordnung der Kirche zusammensetzt unter Beachtung der Vorschriften..." Art. 13 der Verfassung Griechenlands enthält den Grundsatz der Religionsfreiheit und das Verbot des Proselytismus (= Abwerbung eines orthodoxen Gläubigen für eine andere Konfession). Art. 105 führt ins Einzelne gehende Bestimmungen über den Heiligen Berg Athos auf. 2.6. Irland Bedeutsam im Rahmen der Aufgabenstellung ist die Präambel in der Verfassung der Republik Irland.8 Sie hat folgenden Wortlaut: "Im Namen der Allerheiligsten Dreifaltigkeiten, von der alle Autorität kommt und auf die, als unserem letzten Ziel, alle Handlungen sowohl der Menschen wie der Staaten ausgerichtet sein müssen, anerkennen Wir, das Volk von Irland, in Demut alle unsere Verpflichtungen gegenüber unserem göttlichen Herrn, Jesus Christus, der unseren Vätern durch Jahrhunderte der Heimsuchung hindurch beigestanden hat..." Art. 31 Abs. 4 der Verfassung bestimmt, dass jedes Mitglied des Staatsrates bei dessen erster Sitzung, an der es teilnimmt, folgende Erklärung abgibt und sie unterzeichnet: "In Gegenwart des allmächtigen Gottes verspreche und erkläre ich feierlich und aufrichtig, dass ich meine Pflichten als Mitglied des Staatsrates treu und gewissenhaft erfüllen werde." Die Verfassung sieht eine "neutrale" Erklärung ohne die Anrufung Gottes vor.9 Art. 34 Abs. 5 Nr. 1 und 2 bestimmt, dass jeder nach der Verfassung ernannte Richter folgende Erklärung mündlich und schriftlich in Gegenwart des Präsidenten und der Richter der obersten Gerichte abzugeben hat: "In Gegenwart des allmächtigen Gottes verspreche und erkläre ich feierlich und aufrichtig, dass ich das Amt des obersten Richters (oder welches Amt es sein mag) gegenüber jedermann ordnungsgemäß und treu, nach bestem Wissen und Können, ohne Furcht oder Begünstigung, Zuneigung oder Böswilligkeit ausüben will und dass ich die Verfassung und die Gesetze einhalten will. Gott möge mich führen und mir bestehen." Auch hier sieht die Verfassung eine "neutrale" Erklärung nicht vor. Art. 40 Abs. 6 Nr. 1 lit. a) Satz 3 bestimmt, dass u.a. Veröffentlichungen oder Äußerungen gotteslästerlichen Inhalts Vergehen sind, die nach dem Gesetz bestraft werden. Art. 44 der Verfassung behandelt eingehend die Religion. Zitiert sei Abs. 1: 8 Vom 1. Juli 1937, zuletzt geändert am 2. April 1999 9 Vgl. etwa Art. 56 Satz 2 Grundgesetz - 7 - "Der Staat anerkennt, dass dem allmächtigen Gott die Huldigung öffentlicher Verehrung gebührt. Er erweist seinem Namen Ehre und achtet und ehrt die Religion." Die Verfassung Irlands schließt mit den Worten: "Zur Ehre Gottes und zum Ruhme Irlands." 2.7. Italien Die Verfassung der Republik Italien10 enthält keinen Gottesbezug. 2.8. Luxemburg Die Verfassung des Großherzogtums Luxemburg11 enthält ebenfalls keinen Gottesbezug ; das gilt auch für den Eid des Großherzogs bei der Thronbesteigung (Art. 5), der Mitglieder der Abgeordnetenkammer (Art. 57) und der Zivilbeamten (Art. 110). 2.9. Niederlande Die Verfassung des Königreichs der Niederlande12 kennt keinen Gottesbezug. Lediglich in den Zusatzartikeln der Verfassung, hier: Art. 44, ist der Eid festgelegt, den der Regent abzulegen hat und der mit den Worten schließt: "So wahr mir Gott, der Allmächtige helfe!". Erlaubt ist auch die Formel: "Das gelobe ich!". Dasselbe gilt für den Eid des Königs auf die Verfassung (Art. 53) und das Gelöbnis des Vorsitzenden der Generalstaaten und von dessen Mitgliedern (Art. 54). 2.10. Österreich Das Bundesverfassungs-Gesetz der Republik Österreich13 kennt keinen Gottesbezug. Lediglich Art. 62 Abs. 2 und Art. 70 Abs. 1 Satz 1 lassen eine religiöse Beteuerung für das Gelöbnis des Bundespräsidenten, des Bundeskanzlers und der Mitglieder der Bundesregierung zu. 2.11. Portugal Die Verfassung der Republik Portugal14 hat keinen Gottesbezug. 2.12. Schweden Der Text der Verfassung des Königreichs Schweden15 weist keinen Gottesbezug auf. 10 Vom 27. Dezember 1947, zuletzt geändert am 20. Januar 2000 11 Vom 17. Oktober 1868, zuletzt geändert am 2. Juni 1999 12 Vom 17. April 1983, zuletzt geändert am 10. Juli 1995 13 Vom 10. November 1920, in der Fassung vom 7. Dezember 1929, zuletzt geändert am 13. August 1999 14 Vom 2. April 1976, zuletzt geändert am 20. September 1997 15 Vom 1. Januar 1975, zuletzt geändert am 1. Januar 1995 - 8 - 2.13. Spanien Die Verfassung des Königreichs Spanien16 hat keinen Gottesbezug. 2.14. Vereinigtes Königreich (Großbritannien) Großbritannien besitzt als einziges EU-Mitglied keine Verfassungsurkunde. Dieser Umstand hat fälschlich dazu geführt anzunehmen, Großbritannien habe keine geschriebene Verfassung. Allerdings ist die britische Verfassung nur teilweise schriftlich fixiert; die Verfassungstexte sind nicht in einem einzelnen Dokument nieder gelegt, sie sind im Laufe der Jahrhunderte vielmehr gewachsen. So enthält etwa die Magna Charta Libertatum (1215) mehrfach ausdrückliche Bezugnahmen auf Gott (etwa Einleitung und Nr. 1). 3. Der Gottesbezug in den Verfassungen der Beitrittskandidaten zur Europäischen Union17 3.1. Bulgarien Die Verfassung der Republik Bulgarien18 kennt keinen Gottesbezug. In Art. 13 (Religionsfreiheit ) wird in Abs. 3 lediglich erwähnt, dass die traditionelle Religion in Bulgarien das östlich-orthodoxe Glaubensbekenntnis ist. 3.2. Zypern Die Republik Zypern enthält in ihrer Verfassung19 ebenfalls keinen Gottesbezug. Sie macht allerdings z.B. in Art. 2 Abs. 1 und 3, Unterabsatz 4, umfangreiche Ausführungen zu den beiden religiösen Gruppen ("religious groups"): griechisch-orthodoxe und türkisch-moslemische Bürger. 3.3. Estland Der estländischen Verfassung20 ist ein Gottesbezug unbekannt. 3.4. Lettland Die Verfassung Lettlands21 enthält keinen Gottesbezug. 16 Vom 29. Dezember 1978, zuletzt geändert am 27. August 1992 17 http://www.verfassungen.de/eu 18 Vom 12. Juli 1991 19 Vom 16. August 1960 20 Vom 28 Juli 1992, http://www.oefre.unibe.ch/law/iel/en00000_html 21 Vom 7. August 1992, zuletzt geändert am 30. April 2002 - 9 - 3.5. Litauen Die Verfassung der Republik Litauen22 kennt ebenfalls keinen Gottesbezug. Allerdings ist in Art. 43 eingehend die Religionsfreiheit geregelt und das Verhältnis zwischen Kirchen und Staat fest geschrieben. 3.6. Malta Die Verfassung der Republik Malta23 enthält keinen ausdrücklichen Gottesbezug, betont jedoch in Kapitel I Abschnitt 2 Absatz 1, dass die Religion auf Malta die römischkatholisch -apostolische ist. Deren Bischöfe hätten das Recht und die Pflicht zu verkünden , welche Grundsätze der Glaubenslehre entsprechen und welche damit unvereinbar sind (Abs. 2). Römisch-katholisch-apostolischer Religionsunterricht ist an den Schulen verbindliches Fach (Abs. 3). Allerdings sieht der Amtseid für den Präsidenten, den Premierminister, den Minister und andere hohe Amtsträger eine Eidesformel vor, die fakultativ eine religiöse Bekräftigung ("So help me God") enthalten kann. 3.7. Polen Die Verfassung der Republik Polen24 sieht keinen Gottesbezug vor. 3.8. Rumänien Die Verfassung der Republik Rumänien25 enthält keinen Gottesbezug. Allerdings hat der zum Präsidenten gewählte Kandidat in gemeinsamer Sitzung von Abgeordnetenkammer und Senat seinen Amtseid abzugeben, der mit den Worten endet: "So wahr mir Gott helfe!". Ein Absehen von dieser religiösen Beteuerung sieht die Verfassung (Art. 82 Abs. 2) nicht vor. Dasselbe gilt für den Amtseid des Premierministers, der Minister und der anderen Mitglieder der Regierung (Art. 103 Abs. 1 i.V.m. Art. 82 Abs. 2). 3.9. Slowakische Republik Die Verfassung der Slowakischen Republik26 erwähnt zwar in der Präambel u.a. das "geistige Erbe der Heiligen Cyrillus und Methodius", der Slawenapostel, sieht aber im Übrigen von einem Gottesbezug ab. 3.10. Slowenien Die Verfassung der Slowenischen Republik27 enthält keinen Gottesbezug. 22 Vom 25. Oktober 1992, http://www./rkt.lt/konst/eng/constitution.html 23 Vom 13. Dezember 1974, http://www.erdkunde-online.de/verfassungen/malta.pdf 24 Vom 2. April 1997, http://www.verfassungen.de/eu 25 Vom 21. November 1991, http://www.verfassungen.de/eu 26 Vom 1. September 1992, zuletzt ergänzt vom 11. April 2002, http://www.verfassungen.de/eu - 10 - 3.11. Tschechien Ein Gottesbezug findet sich in der Verfassung der Tschechischen Republik28 nicht. 3.12. Ungarn In der provisorischen Verfassung der Republik Ungarn29 ist ein Gottesbezug nicht enthalten . 4. Der Gottesbezug in den Verfassungen der 16 Länder der Bundesrepublik Deutschland30 4.1. Baden-Württemberg In einem "Vorspruch" enthält die Verfassung des Landes Baden-Württemberg31 einen Gottesbezug. Der "Vorspruch" hat folgenden Wortlaut:32 "Im Bewusstsein der Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, die Freiheit und Würde des Menschen zu sichern ..." In Art. 1 Abs. 1, Halbsatz 2 beruft sich die Verfassung auf die "Erfüllung des christlichen Sittengesetzes", Art. 3 Abs. 1 Satz 3 bestimmt, hinsichtlich der Feiertage sei die christliche Überlieferung zu wahren. Abschnitt II widmet die Art. 4 bis 10 der Religion und den Religionsgemeinschaften. In Art. 12 Abs. 1 ist als Erziehungsziel u.a. angegeben , die Jugend "in der Ehrfurcht vor Gott, im Geist der christlichen Nächstenliebe ..." zu erziehen. Im Amtseid (Art. 48 Satz 2) ist die religiöse Beteuerung "So wahr mir Gott helfe" vorgesehen ; sie kann allerdings entfallen (Art. 48 Satz 3). 4.2. Bayern Die Verfassung des Freistaates Bayern33 führt ohne nähere Kennzeichnung (z.B. Präambel u.ä.) zu Beginn aus: 27 Vom 23. Dezember 1991, http://www.verfassungen.de/eu 28 Vom 16. Dezember 1992, zuletzt geändert und in Kraft getreten am 1. März 2003, http://www.verfassungen.de/eu 29 Vom 20. August 1949, in der Fassung vom 24. August 1990, http://www.verfassungen.de/eu 30 Der folgenden Darstellung liegt die Textausgabe "Verfassungen der deutschen Bundesländer ...", herausgegeben von Christian Pestalozza, 7. Auflage (Stand: 1. April 2001), München 2001, zugrunde 31 Vom 11. November 1953 (GBl. S. 173), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Mai 2000 (GBl. S. 449). 32 Dazu im einzelnen: Werner Weinhold, Gott in der Verfassung - Studie zum Gottesbezug in Präambeltexten der deutschen Verfassungstexte des Grundgesetzes und der Länderverfassungen seit 1949 (Europäische Hochschulschriften, Reihe XXIII, Theologie, Band 723), Frankfurt/Main 2001, S. 40 ff. 33 Vom 8. Februar 1946 (GVBl. S. 333), in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1998 (GVBl. S. 991), http://rsw.beck.de - 11 - "Angesichts des Trümmerfeldes, zu dem eine Staats- und Gesellschaftsordnung ohne Gott, ohne Gewissen... geführt hat ..."34 Nach Art. 131 Abs. 2 gehört zu den obersten Bildungszielen u.a. die Ehrfurcht vor Gott. 4.3. Berlin, Brandenburg Die Verfassungen der Länder Berlin35 und Brandenburg36 kennen keinen Gottesbezug. 4.4. Bremen, Hamburg Die Stadtstaaten Bremen und Hamburg37 enthalten in ihren Verfassungen keinen Gottesbezug . 4.5. Hessen, Mecklenburg-Vorpommern Einen Gottesbezug weist die Verfassung des Landes Hessen38 nicht auf.39 Art. 56 Abs. 4 legt allerdings als einen der Erziehungsziele den selbständigen und verantwortlichen Dienst am Volk und der Menschheit u.a. durch Ehrfurcht und Nächstenliebe, also einen fundamentalen christlichen Wert, fest. Die Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern40 kennt keinen Gottesbezug.41 4.6. Niedersachsen Die Niedersächsische Verfassung42 enthält in der Präambel folgenden Wortlaut: "Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen hat sich das Volk von Niedersachsen durch seinen Landtag diese Verfassung gegeben ..."43 Art. 31 Satz 1 führt den Wortlaut des Amtseides für die Mitglieder der Landesregierung an, der keine religiöse Beteuerung vorsieht, allerdings in Satz 2 diese Möglichkeit ("So wahr mir Gott helfe") fakultativ vorsieht. 34 Vgl. Weinhold, Gott in der Verfassung, S. 42 ff. 35 Vom 23. November 1995 (GVBl. S. 779), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. April 1998 (GVBl. S. 82) 36 Vom 20. August 1992 (GVBl. S. 298), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. April 1999 (GVBl. S. 98) 37 Verfassung der Freien Hansestadt Bremen vom 21. Oktober 1947 (GBl. S. 251), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. Februar 2000 (GBl. S. 31); Hamburg: Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. Juni 1952 (GVBl. S. 117), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Juli 1996 (GVBl. S. 133) 38 Vom 1. Dezember 1946 (GVBl. S. 229), zuletzt ergänzt durch Gesetz vom 20. März 1991 (GVBl. S. 102) 39 Vgl. Weinhold, Gott in der Verfassung, S. 57 f. 40 Vom 23. Mai 1993 (GVBl. S. 372), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. April 2000 (GVBl. S. 158) 41 Weinhold, Gott in der Verfassung, S. 94 ff. 42 Vom 19. Mai 1993 (GVBl. S. 107), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. November 1997 (GVBl. S. 480) 43 Weinhold, Gott in der Verfassung, S. 58, 63 ff. - 12 - 4.7. Nordrhein-Westfalen In ihrer Präambel führt die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen44 aus: "In Verantwortung vor Gott und den Menschen, verbunden mit allen Deutschen, erfüllt von dem Willen, die Not der Gegenwart in gemeinschaftlicher Arbeit zu überwinden , dem inneren und äußeren Frieden zu dienen, Freiheit, Gerechtigkeit und Wohlstand für alle zu schaffen, haben sich die Männer und Frauen des Landes Nordrhein-Westfalen diese Verfassung gegeben:..."45 Art. 7 Abs. 1 gibt als Erziehungsziel u.a. "Ehrfurcht vor Gott" an. Der Amtseid der Mitglieder der Landesregierung (Art. 53 Satz 1) kann mit der religiösen Beteuerung "So wahr mir Gott helfe" geleistet werden (Satz 2). 4.8. Rheinland-Pfalz Die Verfassung von Rheinland-Pfalz46 beginnt in ihrem "Vorspruch" mit den Worten: "Im Bewusstsein der Verantwortung vor Gott, dem Urgrund des Rechts und aller menschlichen Gemeinschaft, ..."47 Der Amtseid der Mitglieder der Landesregierung sieht die üblich religiöse Bekräftigung vor (Art. 100 Abs. 1), allerdings ist die Benutzung der Eidesformel frei gestellt (Art. 100 Abs. 2 i.V.m. Art. 81 Abs. 3 Satz 2). 4.9. Saarland In der Verfassung des Saarlandes48 findet sich eine Bezugnahme auf Gott nicht zu Beginn (die Verfassung enthält keine Präambel), sondern in Art. 30. Danach ist die Jugend u.a. in der Ehrfurcht vor Gott und im Geist der christlichen Nächstenliebe zu erziehen. Für die Ablegung des Amtseides der Mitglieder der Landesregierung ist die übliche religiöse Beteuerung vorgesehen, auf die jedoch verzichtet werden kann. 4.10. Sachsen Die Verfassung des Freistaates Sachsen49 sieht für die Mitglieder der Staatsregierung vor, den Eid mit der bekannten religiösen Beteuerung zu bekräftigen. Ein ausdrücklicher Gottesbezug findet sich in der Verfassung nicht, allerdings bestimmt Art. 101 Abs. 44 Vom 28. Juni 1950 (GV-NW S. 127), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. November 1992 (GV- NW S. 448) 45 Vgl. Weinhold, Gott in der Verfassung, S. 49 ff. 46 Vom 18. Mai 1947 (VOBl. S. 209), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. März 2000 (GVBl. S. 65) 47 Dazu ausführlich Weinhold, Gott in der Verfassung, S. 44 ff. 48 Vom 15. Dezember 1947 (ABl. S. 1077), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. August 1999 (ABl. S. 1318) 49 Vom 27. Mai 1992 (GVBl. S. 243) - 13 - 1 als Erziehungsziel der Jugend u.a. die Erziehung zur "Nächstenliebe", einem tragenden Wert der christlichen Glaubenslehre. 4.11. Sachsen-Anhalt Die Präambel der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt50 beginnt mit folgenden Sätzen : "In freier Selbstbestimmung gibt sich das Volk von Sachsen-Anhalt diese Verfassung . Dies geschieht in Achtung der Verantwortung vor Gott und im Bewusstsein der Verantwortung vor den Menschen ..."51 Art. 66 Abs. 2 der Verfassung sieht vor, dem Amtseid der Mitglieder der Landesregierung die religiöse Bekräftigung "So wahr mir Gott helfe" hinzuzufügen. Der Amtseid kann auch ohne diese Bekräftigung geleistet werden. 4.12. Schleswig-Holstein Die Verfassung Schleswig-Holsteins52 weist keinen Gottesbezug auf. 4.13. Thüringen In ihrer Präambel weist die Verfassung des Freistaates Thüringen einen direkten Gottesbezug auf: "In dem Bewusstsein des kulturellen Reichtums...gibt sich das Volk des Freistaates Thüringen in freier Selbstbestimmung und auch in Verantwortung vor Gott diese Verfassung..." 50 Vom 16. Juli 1992 (GVBl. S. 600) 51 Weinhold, Gott in der Verfassung, S. 87 ff. 52 Vom 13. Juni 1990 (GVOBl. S. 393), geändert durch Gesetz vom 27. September 1998 (GVOBl. S. 280)