© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 238/16 Rechtlicher Schutz des Begriffs der Petition Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 238/16 Seite 2 Rechtlicher Schutz des Begriffs der Petition Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 238/16 Abschluss der Arbeit: 2. November 2016 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 238/16 Seite 3 1. Fragestellung Es wurde nach der Möglichkeit eines urheberrechtlichen Schutzes des Begriffs der Petition gefragt. Der Vollständigkeit halber sollen im Folgenden neben dem Urheberrecht (s.u. 2.) auch Aspekte des gewerblichen Rechtsschutzes berücksichtigt werden, namentlich das Markenrecht (s.u. 3.) und das Lauterkeitsrecht (s.u. 4.). 2. Urheberrechtlicher Schutz Nach § 1 des Urheberrechtsgesetzes1 (UrhG) genießen die Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst Schutz nach der Maßgabe des UrhG. Schutzfähig sind nur Werke im Sinne des UrhG. Das Urheberrecht soll menschliche Schaffenstätigkeit im Kulturbereich ermöglichen und schützen.2 Der urheberrechtliche Schutz entsteht kraft Gesetzes mit Schaffung eines Werkes durch den Werkschaffenden (Urheber). Eine Anmeldung, Eintragung in ein bestimmtes Register oder eine sonstige (staatliche) Anerkennung des Urheberrechts ist nicht nötig. Ist ein Werk urheberrechtlich geschützt, so stehen grundsätzlich allein dem Urheber (dem Werkschaffenden) die Verwertungsrechte am Werk zu. Er darf beispielsweise darüber bestimmen, ob und auf welche Weise das Werk öffentlich zugänglich gemacht, vervielfältigt, abgebildet, verbreitet oder ausgestellt wird, vgl. §§ 15-24 UrhG. Dieses ausschließliche Recht des Urhebers wird teilweise eingeschränkt, etwa wenn Werke für Bildung oder Forschung verwendet werden oder wenn ein Werk zitiert werden soll. Werke im urheberrechtlichen Sinne sind nur persönliche geistige Schöpfungen, vgl. § 2 Abs. 2 UrhG. Sie sollen „durch ihren Inhalt und ihre Form etwas Neues und Eigentümliches darstellen“.3 Das Werk ist das Ergebnis eines persönlichen, menschlich-gestalterischen Schöpfungsprozesses und zeichnet sich durch einen gewissen geistigen Gehalt aus. Der Begriff der Petition erfüllt die nötigen urheberrechtlichen Voraussetzungen nicht. Das Wort ist nicht das Ergebnis einer schöpferischen Gestaltung eines Werkschaffenden. Es ist vielmehr ein im deutschen Sprachgebrauch seit langem verwendeter Begriff. Eine eigenständige Leistung eines bestimmten Werkschaffenden besteht nicht. Auch ein eigener, geistiger Gehalt des Wortes ist nicht erkennbar. Hierfür wäre die geistige Mitteilung eines im Werk enthaltenen Gedankenoder Gefühlsinhalts erforderlich.4 Hieran fehlt es beim Begriff der Petition. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass bei einzelnen Worten ein strenger Maßstab anzulegen ist. Sie können 1 Urheberrechtsgesetz vom 9. September 1965 (BGBl. I S. 1273), zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 4. April 2016 (BGBl. I S. 558). 2 Vgl. zu beiden Absätzen Pierson, in: Pierson/Ahrens/Fischer (Hrsg.), Recht des Geistigen Eigentums, 3. Auflage, 2014, S. 333 ff., dort zum Folgenden. 3 Begründung zum Entwurf des UrhG, BT-Drs. IV/270, S. 38. 4 Pierson, in: Pierson/Ahrens/Fischer (Hrsg.), Recht des Geistigen Eigentums, 3. Auflage, 2014, S. 335. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 238/16 Seite 4 nur dann urheberrechtlichen Schutz genießen, wenn die sprachliche Knappheit durch ein hohes Maß an gedanklichem Gehalt aufgewogen wird.5 3. Markenrechtlicher Schutz Das Markenrecht ist Teil des gewerblichen Rechtschutzes. Es dient dem Schutz geistigen Schaffens auf dem gewerblichen Gebiet.6 Es soll die Rechtsbeziehungen zwischen im Wirtschaftsverkehr tätigen Unternehmen regeln und deren berechtigtes Interesse an Marken und Kennzeichen schützen. Auf nicht-wirtschaftliche Tätigkeiten (wie z.B. an öffentliche Stellen gerichtete Petitionen) ist das Markenrecht nicht zugeschnitten. Die verwendeten Begrifflichkeiten (etwa „Unternehmen“ oder „Waren oder Dienstleistungen“) sind wirtschaftsrechtlich ausgelegt. Im Folgenden soll geprüft werden, ob der Begriff der Petition als geschäftliche Bezeichnung oder als Marke im Sinne des Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen7 (MarkenG) geschützt werden kann. 3.1. Petition als geschäftliche Bezeichnung Eine geschäftliche Bezeichnung umfasst nach § 5 MarkenG Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma8 oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens verwendet werden (Unternehmenskennzeichen) sowie Namen oder besondere Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken (Werktitel). Da der Begriff der Petition keinen Titel eines Werkes darstellt, kommt hier nur die Fallgruppe der Unternehmenskennzeichen in Betracht. Letztere setzt eine Benutzung des Zeichens im geschäftlichen Verkehr voraus.9 Eine solche liegt vor, wenn das Zeichen im Zusammenhang mit einer kommerziellen Tätigkeit verwendet wird, die auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichtet ist.10 Wenngleich 5 OLG Stuttgart, GRUR 1956, S. 481 (482); das LG Mannheim verneinte etwa den Schutz für das Werbewort „Heidelbär“, ZUM 1999, S. 659 (660); vgl. auch Schulze, in: Dreier/Schulze (Hrsg.), Urheberrechtsgesetz, Kommentar, 5. Auflage, 2015, § 2 Rn. 83. 6 Götting, Gewerblicher Rechtsschutz, 9. Auflage 2010, § 1 Rn. 1. 7 Markengesetz vom 25. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3082; 1995 I S. 156; 1996 I S. 682), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 4. April 2016 (BGBl. I S. 558). 8 Firma ist der Name eines Kaufmanns im Sinne des Handelsgesetzbuches, unter dem er Geschäfte betreibt, § 17 Handelsgesetzbuch . 9 Ingerl/Rohnke, Markengesetz, Kommentar, 3. Auflage, 2010, § 5 Rn. 12. 10 Mielke, in: Kur/v. Bomhard/Albrecht (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Markengesetz, Stand: 1. Oktober 2016, § 14 Rn. 54 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 238/16 Seite 5 der Begriff nicht zu eng zu fassen und beispielsweise eine Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich ist, sind dennoch jedenfalls rein politische oder amtliche Handlungen nicht erfasst.11 Vor diesem Hintergrund kann die Aufgabenwahrnehmung des Petitionsausschusses nicht als Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr angesehen werden, so dass auch der Begriff der Petition in diesem Zusammenhang nicht als geschäftliche Bezeichnung geschützt werden kann. 3.2. Petition als Marke Eine Marke ist ein Zeichen, das geeignet ist, Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens, also des Markeninhabers, von denen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden.12 Markenrechtlicher Schutz entsteht entweder durch Eintragung in das Markenregister oder wenn die Marke als sog. Benutzungsmarke oder notorisch bekannte Marke auch ohne Eintragung hinreichend bekannt ist, § 4 MarkenG. 3.2.1. Schutz durch Eintragung in das Markenregister Im Rahmen der Eintragung einer Marke in das Markenregister sind absolute Schutzhindernisse im Sinne des § 8 MarkenG zu prüfen. Liegt ein solches Schutzhindernis vor, ist eine Eintragung in das Markenregister ausgeschlossen. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sind Zeichen nicht schutzfähig, denen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft in diesem Sinne liegt vor, wenn das Zeichen geeignet ist, die bezeichnete Ware oder Dienstleistung einem konkreten Unternehmen zuzuordnen und die Ware oder Dienstleistung so von denen andere Unternehmen zu unterscheiden.13 Das Zeichen soll also auf die Herkunft von Ware oder Dienstleistung hinweisen. Der Begriff der Petition dürfte nicht die erforderliche Unterscheidungskraft in diesem Sinne besitzen . Der Bundesgerichtshof führt zu Wortmarken aus, es fehle dann an der Unterscheidungskraft , wenn es sich um ein in der Sprache so gebräuchliches Wort handele, dass es vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungstitel verstanden wird.14 Eine Petition ist laut Brockhaus eine „Bitte, Gesuch, besonders die Eingabe an Staatsoberhaupt, Volksvertretung und Behörde“.15 Der Begriff wird allgemein als Bezeichnung für eine Eingabe bei einer Stelle verwandt, 11 BGH, GRUR 2004, S. 241 (242). 12 Fischer, in: Pierson/Ahrens/Fischer (Hrsg.), Recht des Geistigen Eigentums, 3. Auflage, 2014, S. 210; Weiler, in: Kur/v. Bomhard/Albrecht (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Markengesetz, Stand: 1. Oktober 2016, § 1 Rn. 6. 13 Fischer, in: Pierson/Ahrens/Fischer (Hrsg.), Recht des Geistigen Eigentums, 3. Auflage, 2014, S. 221; Kur, in: Kur/v. Bomhard/Albrecht (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Markengesetz, Stand: 1. Oktober 2016, § 8 Rn. 60 f. 14 BGH, GRUR 2001, S. 56 (57). 15 https://deutscher-bundestag.brockhaus.de/enzyklopaedie/petition, zuletzt eingesehen am 26. Oktober 2016; vgl. auch die im Wesentlichen gleiche Definition des Dudens: https://www.munzinger.de/search/document?index=duden -d0&id=D000003241&type=text/html&query.key=SeE50zLi&template=/publikationen/duden /document.jsp#D00000121429, zuletzt eingesehen am 26. Oktober 2016. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 238/16 Seite 6 unabhängig davon, ob es sich um eine öffentliche Stelle (Deutscher Bundestag, Landesparlament, sonstige öffentliche Einrichtung) oder eine private Stelle handelt. Eine Herkunftsbeziehung im Sinne des Markengesetzes zwischen dem Begriff der Petition als Marke und einer bestimmten Institution als Markeninhaber dürfte der durchschnittliche Verbraucher kaum herstellen. Mangels Unterscheidungskraft liegt somit ein Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vor. Aus denselben Gründen greift auch das Eintragungshindernis aus § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, welches Marken verbietet, die lediglich die Art der angebotenen Leistung beschreiben. Dies soll den Gebrauch von in der Sprache üblichen Wörtern für alle Unternehmer ermöglichen.16 3.2.2. Schutz als Benutzungsmarke oder als notorisch bekannte Marke Ein Zeichen kann auch dadurch markenrechtlichen Schutz erlangen, dass es in den relevanten Verkehrskreisen einen hinreichenden Bekanntheitsgrad erlangt hat, § 4 Nr. 2 MarkenG. Unabhängig davon, ob der Begriff der Petition von dem erforderlichen Anteil in der Bevölkerung einem bestimmten Markeninhaber zugerechnet wird, setzt eine Benutzungsmarke eine Benutzung im geschäftlichen Verkehr voraus.17 Dass vorliegend der Begriff der Petition durch den Deutschen Bundestag nicht im geschäftlichen Verkehr verwendet wird, wurde bereits oben unter 3.1. dargelegt. Schließlich entsteht markenrechtlicher Schutz nach § 4 Nr. 3 MarkenG, wenn das Zeichen notorische Bekanntheit erlangt hat. Dies erfordert zwar keine Benutzung im geschäftlichen Verkehr im Inland, jedoch eine allgemeine Bekanntheit (regelmäßig nicht unter 50%) in allen angesprochenen Verkehrskreisen.18 Einen solchen Bekanntheitsgrad, der den Begriff der Petition gerade dem Deutschen Bundestag zuordnet, wird man nicht annehmen können. In Anbetracht der oben genannten Definition im Brockhaus kann bereits nicht davon ausgegangen werden, dass der Begriff der Petition von einem hinreichenden Teil der Bevölkerung als eine Eingabe bei einer staatlichen Stelle verstanden wird. Jedenfalls kommen aber auch im Kreise der staatlichen Stellen als Petitionsadressaten nicht nur der Deutsche Bundestag, sondern auch Landesparlamente und Behörden in Betracht, so dass es an der erforderlichen Zuordnung fehlt. 4. Schutz nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Der Vollständigkeit halber sei abschließend auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb19 (UWG) hingewiesen. Laut § 1 UWG dient das Gesetz dem Schutz der Verbraucher, Mitbewerbern 16 Kur, in: Kur/v. Bomhard/Albrecht (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Markengesetz, Stand: 1. Oktober 2016, § 8 Rn. 60. 17 Fischer, in: Pierson/Ahrens/Fischer (Hrsg.), Recht des Geistigen Eigentums, 3. Auflage, 2014, S. 213. 18 Fischer, in: Pierson/Ahrens/Fischer (Hrsg.), Recht des Geistigen Eigentums, 3. Auflage, 2014, S. 213. Teilweise wird eine Bekanntheit von 60-70% gefordert, so etwa bei Ingerl/Rohnke, Markengesetz, Kommentar, 3. Auflage, 2010, § 4 Rn. 31. 19 Gesetz in der Fassung der Bekanntgabe vom 3. März 2010 (BGBl. I S. 254), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 17. Februar 2016 (BGBl. I S. 233). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 238/16 Seite 7 und sonstiger Markteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen und dem Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. Unzulässig ist es danach beispielsweise, gegenüber Verbrauchern fälschlicherweise anzugeben, eine bestimmte angebotene Leistung sei von einer öffentlichen Stelle bestätigt, genehmigt oder gebilligt. Ferner kann gegen irreführende geschäftliche Handlungen vorgegangen werden, wenn sie unwahre Angaben über die wesentlichen Merkmale der Waren oder Dienstleistungen enthalten. Ob ein derartiges unlauteres Verhalten vorliegt, ist jedoch stets eine Frage des konkreten Einzelfalles . Zudem können Verstöße nur von bestimmten Personenkreisen, etwa von Mitbewerbern, Verbraucherschutzverbänden oder Industrie- und Handelskammern gerügt werden. Der Deutsche Bundestag oder der Bund könnten also gegen unlautere Handlungen nicht selbst nach dem UWG vorgehen. Ende der Bearbeitung