Deutscher Bundestag Gesetzgebungsoutsourcing Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 – 229/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 229/11 Seite 2 Gesetzgebungsoutsourcing Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 229/11 Abschluss der Arbeit: 07. Juli 2011 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 229/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Verfassungsrechtliche Anknüpfungspunkte 5 2.1. Art. 76 Abs. 1 Grundgesetz (GG): Gesetzesinitiativrecht 5 2.2. Art. 33 Abs. 4 GG: Funktionsvorbehalt 5 2.3. Art. 20 Abs. 1 und 3 GG: Rechtsstaats- und Demokratieprinzip 6 3. Weitere rechtliche Implikationen 7 3.1. Vergaberecht 7 3.2. Anwaltliches Berufsrecht und Haftung 7 4. Vorschläge zur Vorgehensweise beim Gesetzgebungsoutsourcing 8 4.1. Offenlegungspflichten 8 4.2. Delegationsgrenzen 9 4.3. Besondere Qualifikation der Anwälte 10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 229/11 Seite 4 1. Einleitung Die Beteiligung Externer am Normsetzungsprozess ist kein ungewöhnlicher Vorgang, sondern gängige Praxis.1 Doch löste die Erstellung eines Gesetzentwurfs zur Ergänzung des Kreditwesengesetzes (KWG) durch die Anwaltskanzlei Linklaters, die vom Bundeswirtschaftsministerium vor dem Hintergrund der Finanzkrise im Jahr 2009 in Auftrag gegeben wurde, eine intensive Diskussion zu der Zulässigkeit und den Grenzen des Gesetzgebungsoutsourcings aus.2 Zuletzt fand zu diesem Thema am 24. Oktober 2010 eine wissenschaftliche Tagung des Instituts für Gesetzgebung und Verfassung (IGV) an der Humboldt-Universität zu Berlin statt.3 In Abgrenzung zu der ebenfalls im Fokus der Diskussion stehenden Lobbyarbeit von Verbänden oder Privatpersonen4 mit dem Ziel einer Einflussnahme auf den von der Ministerialbürokratie erarbeiteten Gesetzentwurf, der sachverständigen Beratung im Entwurfsstadium und der vorübergehenden Beschäftigung externer Berater in einem Ministerium, umschreibt der Begriff „Gesetzgebungsoutsourcing“ die Delegation der Entwurfserstellung auf Dritte, etwa durch entsprechende Beauftragung einer Anwaltskanzlei.5 Gesetzgebungsoutsourcing kommt zumeist im Falle hochkomplexer Regelungsmaterien zum Tragen, die die Fachressorts mit ihren eigenen personellen Ressourcen bei hoher Eilbedürftigkeit häufig nicht zu bewältigen vermögen.6 Allerdings ist dies ausweislich der der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE „Mitarbeit von Privaten an Gesetzentwürfen und Arbeitsfähigkeit der Bundesregierung “ beigefügten Statistik im Zeitraum von 1990 bis 2009 nur in 61 Fällen geschehen.7 Die Bundesregierung macht in ihrer Antwort zudem deutlich, dass es nach ihrer Einschätzung wirt- 1 Risse, Horst, Verfassungsrechtliche und politische Grenzen des Gesetzgebungsoutsourcing, in: Instituts für Gesetzgebung und Verfassung (IGV), Thesenpapiere der Referenten, Tagung „Gesetzgebungsoutsourcing – Gesetzgebung durch Rechtanwälte?“ am 24. September 2010 (unveröffentlicht); Tagungsberichte auch bei: Bruch, David , Gesetzgebungsoutsourcing . Gesetzgebung durch Rechtsanwälte, in: Landes- und Kommunalverwaltung (LKV) 2010, S. 502 ff.; Burbat, Daniela, Gesetzgebungsoutsourcing – Gesetzgebung durch Rechtsanwälte? Wissenschaftliche Fachtagung, in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2010, S. 1475 ff.; Greve, Holger, Gesetzgebungsoutsourcing – Gesetzgebung durch Rechtsanwälte?, in: Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl) 2011, S. 30 ff.; Plinke, Kristina, Gesetzgebungsoutsourcing – Gesetzgebung durch Rechtsanwälte?, in: Zeitschrift für Gesetzgebung (ZG) 2011, S. 92 ff. 2 Siehe auch: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Faktion BÜNDNIS 90/Die Grünen, Zusammenarbeit des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie mit der Großkanzlei Linklaters, BT-Drs. 16/13983 vom 4. Juni 2009, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINLKE, BT- Drs. 16/14133 vom 26. Oktober 2009. 3 Tagungsprogramm abrufbar unter: http://igv.rewi.hu-berlin.de/Veranstaltungen/Gesetzgebungsoutsourcing.htm (letzter Abruf: 6. Juli 2011). 4 Siehe z. B. zum Lobbyregister: Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/Die Grünen, Transparenz schaffen- verbindliches Register für Lobbyistinnen und Lobbyisten einführen, BT-Drs. 17/2486 vom 7. Juli 2010. 5 Abgrenzung bei Filges, Axel, Gesetzgebungsoutsourcing – ein neues Berufsfeld für Rechtsanwälte, in: Mitteilungen der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK-Mitt) 2010, S. 239 ff., S. 240. 6 Filges, in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 241. 7 BT-Drs. 16/14133, S. 6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 229/11 Seite 5 schaftlicher sei, in seltenen Fällen, punktuell zusätzliche Sachkenntnisse heranzuziehen als hierfür dauerhaft Personal vorzuhalten.8 Die im Zusammenhang mit dem Gesetzgebungsoutsourcing aufgeworfenen rechtlichen Fragen (2. und 3.) und die wichtigsten diskutierten Vorschläge zur Vorgehensweise beim Gesetzgebungsoutsourcing (4.) werden im Folgenden dargestellt. 2. Verfassungsrechtliche Anknüpfungspunkte 2.1. Art. 76 Abs. 1 Grundgesetz (GG): Gesetzesinitiativrecht Ausgehend von der faktischen Betrachtung, dass der „Ankereffekt“ eines Gesetzentwurfstextes eine nicht zu unterschätzende Bedeutung habe, weil letztlich „verhandelt werde, was auf dem Tisch liege“,9 wird das Gesetzgebungsoutsourcing wegen der hierdurch erlangten „Machtposition “ der externen Entwurfsverfasser zunächst im Hinblick auf Art. 76 Abs. 1 GG erörtert; diese Bestimmung kenne kein Gesetzesinitiativrecht Privater.10 Allerdings sei Art. 76 Abs. 1 GG im Ergebnis nicht einschlägig, weil dieser nur das äußere Gesetzgebungsverfahren regele. Die Voraussetzungen des Art. 76 Abs. 1 GG seien auch erfüllt, wenn Dritte den Entwurf gefertigt hätten, denn dieser werde formal letztlich als Gesetzentwurf des vom Grundgesetz vorgesehenen Initianten - in der Praxis vor allem der Bundesregierung – in den Bundestag eingebracht.11 Die Frage, wer einen Gesetzentwurf vorbereiten dürfe, sei dagegen dem inneren Gesetzgebungsverfahren zuzuordnen, zu dem das Grundgesetz keine ausdrücklichen Regelungen enthalte, sondern allein die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesregierung (GGO) gewisse Vorgaben mache.12 Dies bedeute aber nicht, dass das innere Gesetzgebungsverfahren keinen verfassungsrechtlichen Grenzen unterliege.13 2.2. Art. 33 Abs. 4 GG: Funktionsvorbehalt Vielmehr wird der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG herangezogen.14 Dieser besagt, dass die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen ist, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treue- 8 BT-Drs. 16/14133, S. 5; kritisch: Battis, Ulrich, Outsourcing von Gesetzentwürfen?, in: Zeitschrift für Rechtspolitik (ZRP) 2009, S. 2011 ff., S. 202. 9 Krüper, Julian, Lawfirm – legibus solutus?, in: Juristenzeitung (JZ) 2010, S. 655 ff., S. 655; Filges, in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 241. 10 Filges, in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 241. 11 Filges, in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 241. 12 Krüper, in: JZ 2010, S. 655 ff., S. 657; Risse, zitiert bei: Plinke, in: ZG 2011, S. 92 ff., S. 94. 13 Filges, in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 241, 14 Filges, in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 241, Krüper, in: JZ 2010, S. 655 ff., 655 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 229/11 Seite 6 verhältnis stehen. In Bezug auf das Gesetzgebungsoutsourcing wird einerseits deutlich gemacht, dass der Funktionsvorbehalt die Vollzugsaufgaben der Eingriffsverwaltung betreffe, denen die Erarbeitung von Gesetzentwürfen nicht zuzuordnen sei. Andererseits müsse nach Sinn und Zweck der Bestimmung - Gewährleistung der Gemeinwohlorientierung der Aufgabenerledigung - nicht nur der grundrechtswesentliche Vollzug von Verwaltungsaufgaben dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 4 GG unterfallen, sondern auch die Erarbeitung des diesen Vollzug lenkenden Gesetzes, um so die gemeinwohlgebundene, statt rein interessengelenkte Normsetzung abzusichern.15 Die grundsätzliche Anwendbarkeit des Funktionsvorbehalts habe allerdings nicht zwingend die Verfassungswidrigkeit des Gesetzgebungsoutsourcings zur Folge, sondern bringe nur bestimmte Konsequenzen für das Verfahren im Falle der Übertragung der Entwurfserstellung auf Dritte mit sich.16 Es wird festgestellt, dass ein eigener sachlicher Verarbeitungsprozess des von Dritten erstellten Gesetzentwurfs durch die nach dem Grundgesetz allein vorgesehenen Initianten erforderlich sei,17 in dem die Beamten des Ministeriums die Vorlage Dritter eigenständig prüften und den Entwurf der politischen Hausleitung ggf. als tauglichen Vorschlag empföhlen, wobei die Prüfschritte gegenüber der politischen Hausleitung zu dokumentieren seien.18 Nach anderer Ansicht wird Art. 33 Abs. 4 GG unter Hinweis darauf, dass die Fertigung eines Gesetzentwurfs nur vorbereitend und nicht hoheitlich sei, für nicht anwendbar gehalten.19 2.3. Art. 20 Abs. 1 und 3 GG: Rechtsstaats- und Demokratieprinzip Schranken des Gesetzgebungsoutsourcings werden nach allen Ansichten aus dem Rechtsstaatsund Demokratieprinzip hergeleitet: Dass die Organisations- und Entscheidungshoheit stets bei den - demokratisch legitimierten - staatlichen Stellen zu liegen habe, ergebe sich allgemein aus dem Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG).20 Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verlange zudem hinreichende Transparenz des Gesetzgebungsoutsourcings für die Öffentlichkeit.21 Zu fordern sei eine eindeutige sachliche Zurechnung des Entwurfs durch einen Akt inhaltlicher Aneignung von Seiten des beauftragenden Ministeriums.22 Unter Einhaltung der Vorgaben des 15 Filges, in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 242, Krüper, in: JZ 2010, S. 655 ff., S. 656. 16 Filges, in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 241. 17 Filges, in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 241, Krüper, in: JZ 2010, S. 655 ff., S. 657. 18 Filges in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 242. 19 Stadler, Max, zitiert bei: Greve, in: DVBl 2011, S. 30 ff., S. 30. 20 Risse, zitiert bei: Bruch, in: LKV 2010, S. 502 ff., S. 503; so im Ergebnis auch: Battis, in: ZRP 2009, S. 201 ff., S. 202. 21 Vgl. Krüper, in: JZ 2010, S. 655 ff., S. 661. 22 Klopfer, Kloepfer, Michael, Gesetzgebungsoutsourcing – Die Erstellung von Gesetzentwürfen durch Rechtsanwälte , in Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2011, S. 131 ff., S. 134; Krüper, in: JZ 2010, S. 655 ff., 661. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 229/11 Seite 7 Demokratie- und Rechtsstaatsprinzips sei Gesetzgebungsoutsourcing verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und stelle lediglich ein politisches Problem dar.23 3. Weitere rechtliche Implikationen 3.1. Vergaberecht Im Hinblick auf die rechtliche Zulässigkeit des Gesetzgebungsoutsourcings wird auf die vergaberechtliche Relevanz der Auslagerung der Entwurfsfassung auf Dritte hingewiesen, also dem ggf. bestehenden Erforderns einer öffentlichen Ausschreibung dieser Dienstleistung.24 Mitunter wird hierzu angemerkt, dass ein öffentliches Vergabeverfahren aus Zeitmangel oftmals ausscheide und ein solches Verfahren auf Spitzenberater abschreckend wirken könne.25 3.2. Anwaltliches Berufsrecht und Haftung Des weiteren steht die Frage der Vereinbarkeit mit dem anwaltlichen Berufsrecht im Hinblick auf denkbare Interessenkonflikte (§ 43a Abs., 1 BRAO, § 3 Abs. 1 BRORA) und die Verletzung von Verschwiegenheitspflichten (§ 43a Abs. 2 BRAO) in der Diskussion. Der Verstoß gegen anwaltliche Schweigepflichten hat darüber hinaus auch einen strafrechtlichen Anknüpfungspunkt, nämlich § 203 Abs. 1 Nr. 3 Strafgesetzbuch (StGB) (Geheimnisverrat).26 Außerdem spielen aus anwaltlicher Sicht eventuelle Haftungsrisiken eine Rolle.27 Zur berufsrechtlichen Interessenkollision wird folgendes vertreten: Nach einer Ansicht ist die rechtliche Beratung bei der Gesetzgebung und erst Recht das Erstellen von Gesetzentwürfen als rechtliche Interessenvertretung des Auftraggebers dem anwaltlichen Berufsrecht zuzuordnen.28 Der Interessenkonflikt, d. h. die mehrfache Befassung eines Anwalts in derselben Sache in einem beruflichen Kontext in widerstreitendem Interesse, bestimme sich im Falle des Gesetzgebungsoutsourcings danach, ob Gestaltungs- und Beratungsalternativen im Gesetzgebungsverfahren rechtliche, wirtschaftliche oder sonstige Auswirkungen auf ein Mandat hätten. Dies sei bei wirtschaftlich abgeschlossenen Sachverhalten nicht anzunehmen, u. U. ebenfalls nicht bei noch un- 23 Risse, zitiert bei: Greve, in: DVBl 2011, S. 30 ff., S. 31. 24 So ausdrücklich gefordert von Däke, Karl-Heinz, zitiert bei: Plinke, in: ZG 2011, S. 92 ff. S. 93; siehe auch Redaktion beck-aktuell, Rechnungshof moniert Vergabepraxis der Ministerien, Meldung vom 1. April 20011, becklink 1011945, abrufbar unter; hhtp://beck-online.beck.de (letzter Abruf: 5. Juli 2011). 25 Kloepfer, in: NJW 2011, S. 131 ff., S. 134. 26 Filges, in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 242 ff. 27 v. Lewinski, Kai, Berufsrecht und Haftung beim Gesetzgebungsoutsourcing, in: IGV, Thesenpapiere, Tagung „Gesetzgebungsoutsourcing“ (unveröffentlicht), auch zitiert bei: Burbat, in: NVwZ 2010, S. 1475 ff., S. 1476; Greve, in: DVBl 2011, S. 30 ff., S. 31; Plinke, in: ZG 2011, S. 92 ff. S. 93 f. 28 v. Lewinski, in: IGV, Thesenpapiere, Tagung „Gesetzgebungsoutsourcing“ (unveröffentlicht), zitiert u.a. bei: Greve, in: DVBl 2011, S. 30 ff., S. 31. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 229/11 Seite 8 bestimmt in der Zukunft liegenden Mandaten. Bei gegenwärtigen oder Dauermandaten sei ein Konflikt dagegen häufig gegeben. Mögliche Lösungen seien z. B. die Einwilligung aller betroffenen Mandanten und die Beschränkung des Mandats zur Vermeidung „derselben Rechtssache“. Nach anderer Ansicht fehlt es im Falle des Gesetzgebungsoutsourcings an einem individuellkonkreten Interessenwiderstreit zweier Mandanten in einer Rechtssache, weswegen eine berufsrechtliche Interessenkollision nicht anzunehmen sei.29 Allerdings sei die Gefahr der Abwägung der Interessen der dauerhaft beratenen Mandanten gegenüber der zu einem konkreten Gesetzesvorhaben einmalig beratenen hoheitlichen Gewalt nicht von der Hand zu weisen.30 Auch zukünftige Mandatsverhältnisse könnten von der Zielrichtung des erarbeiteten Gesetzentwurfs und dem dabei erlangten Wissen beeinflusst werden. In der Konsequenz sei größtmögliche Transparenz gefordert.31 Zur anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht werden keine Besonderheiten konstatiert.32 Die Regierung könne sich hierauf aber nicht im Zusammenhang mit ihren parlamentarischen Informationspflichten berufen, da durch die Verschwiegenheitspflicht nur das Verhältnis des Mandanten zum Anwalt geschützt sei. Gesetzgebungsoutsourcing habe darüber hinaus kaum je haftungsrechtliche Relevanz, da bereits eine Staatshaftung des Gesetzgebers im Bereich der Normsetzung nicht bestehe.33 4. Vorschläge zur Vorgehensweise beim Gesetzgebungsoutsourcing 4.1. Offenlegungspflichten Zur Erreichung von Transparenz beim Gesetzgebungsoutsourcing wird zum Teil eine Offenlegungspflicht früherer einschlägiger Mandatsbeziehungen angedacht. Dies erfolgt unter Hinweis auf die dann mit einem entsprechenden Rechtfertigungstatbestand zu versehende Strafvorschrift des Geheimnisverrates nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB.34 Bevorzugt wird aber eine strafrechtlich nach geltender Rechtslage nicht relevante allgemeine Mitteilungspflicht über die Anzahl der Beratungs - und Prozessmandate aus der durch den Gesetzentwurf zu regelnden Materie in einem bestimmten Zeitraum (z. B. fünf Jahre).35 29 Filges, in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 242. 30 Filges, in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 242. 31 Filges, in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 242. 32 v. Lewinski, in: IGV, Thesenpapiere, Tagung „Gesetzgebungsoutsourcing“ (unveröffentlicht). 33 v. Lewinski, zitiert bei: Burbat, in: NVwZ 2010, S. 1475 ff., S. 1476. 34 Filges, in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 243. 35 Filges, in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 243. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 229/11 Seite 9 Auch wird gefordert, die Beauftragung von Anwaltskanzleien zur Gesetzesvorbereitung offenzulegen , einschließlich des Gegenstandes und des Umfangs des ministeriellen Auftrags,36 wobei ein Blankettauftrag zur völligen Neukonzeption ausgeschlossen sein soll.37 Weitergehend wird zum Teil auch eine Offenlegungspflicht dahingehend verlangt, dass die Begründung der Delegationsentscheidung auch dem in das Parlament eingebrachten Gesetzentwurf beizufügen sei.38 Nach anderer Ansicht soll dies nicht zielführend sein, weil so offengelegt werden könnte, dass es dem Ressort möglicherweise an Personal und Kompetenz fehle. Dies sei eventuell für künftige Haushaltsberatungen von Bedeutung, treffe aber keine Aussage über die Sachangemessenheit eines Gesetzentwurfs.39 Streitig ist die Frage der Veröffentlichung des vereinbarten oder zumindest nachträglich des gezahlten anwaltlichen Honorars.40 Die Bundesregierung hatte sich in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE „Mitarbeit von Privaten an Gesetzentwürfen und Arbeitsfähigkeit der Bundesregierung“ darauf berufen, dass die Anwaltshonorare zu den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Kanzlei im Sinne des § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB zählten.41 Dagegen wird zum Teil eingewandt, dass Zweifel am objektiven Geheimhaltungsinteresse bestünden, sofern nur das Gesamtvolumen der Beraterhonorare mitgeteilt würde, die keinerlei Rückschlüsse auf abrechenbare Stunden und die Höhe von Stundenhonoraren zulasse. Im Übrigen hätte auch eine Pauschale vereinbart sein können.42 Zur Vermeidung eines möglichen Geheimhaltungskonflikts wird vorgeschlagen, im Sinne des Transparenzgebotes die Beauftragung Dritter von ihrem Einverständnis zur Publikation des Gesamthonorars abhängig zu machen.43 4.2. Delegationsgrenzen Teilweise wird gefordert, bestimmte Fallkonstellationen von der Möglichkeit des Gesetzgebungsoutsourcings auszunehmen, um strukturelle Kontrolldefizite zu vermeiden.44 Insbesondere in Eilfällen habe der Staat nach dieser Ansicht sein Gewalt- und Gesetzgebungsmonopol wahrzunehmen . 36 Filges, in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 243, Kloepfer, S. 134. 37 Krüper, in: JZ 2010, S. 655 ff., S. 661. 38 Krüper, in: JZ 2010, S. 655 ff., S. 661. 39 Filges, in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 243. 40 Kloepfer, in: NJW 2011, S. 131 ff., S. 124, Krüper, in: JZ 2010, S. 655 ff., S. 660. 41 BT-Drs. 16/14133, S. 3. 42 Filges, in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 243. 43 Filges, in: BRAK-Mitt 2010, S. 239 ff., S. 244. 44 Krüper, in: JZ 2010, S. 655 ff., S. 662. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 229/11 Seite 10 4.3. Besondere Qualifikation der Anwälte Mitunter wird ausdrücklich gefordert, nur solche Anwälte zu beauftragen, die bereits Erfahrung in der Formulierung von Gesetzen (oder jedenfalls Satzungen) hätten.45 45 Kloepfer, in: NJW 2011, S. 131 ff., S. 134.