© 2014 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 226/14 Anspruchsausschließende bzw. anspruchsbeschränkende Regelungen des Informationsfreiheitsgesetzes EZPWD-Anfrage Nr. 2632 des kroatischen Parlaments Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 226/14 Seite 2 Anspruchsausschließende bzw. anspruchsbeschränkende Regelungen des Informationsfreiheitsgesetzes EZPWD-Anfrage Nr. 2632 des kroatischen Parlaments Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 226/14 Abschluss der Arbeit: 7. Oktober 2014 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: + Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 226/14 Seite 3 1. Fragestellung Für die Prüfung von Möglichkeiten des kroatischen Gesetzgebers, auf dem Informationsfreiheitsrecht beruhende Auskunftsbegehren aus Missbrauchsgründen abzuweisen, bittet das kroatische Parlament um Beantwortung folgender Fragen: Ist im Informationsfreiheitsrecht des Bundes eine Möglichkeit vorgesehen, den Informationszugang in Fällen zu verweigern, in denen der Auskunftsbegehrende sein Auskunftsrecht ersichtlich missbraucht? Sind gesetzliche Sanktionen für den Missbrauch des Auskunftsrechts vorgesehen? 2. Ausgestaltung des Anspruchs auf Informationszugang Der Bundesgesetzgeber hat sich mit Erlass des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes (IFG)1 für einen breiten Ansatz entschieden und einen materiell voraussetzungslosen Anspruch auf Informationszugang gegenüber Bundesbehörden normiert.2 Anspruchsinhaber ist nach § 1 Abs. 1 IFG „jeder“. Dies umfasst alle natürlichen Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und ihrem Aufenthaltsort sowie juristische Personen des Privatrechts.3 Der Anspruch auf Informationszugang hängt in materieller Hinsicht nicht von weiteren persönlichen oder sachlichen Voraussetzungen (wie etwa einem begründeten Interesse oder einer Beteiligung an einem Verwaltungsverfahren) ab. Allerdings normiert das Gesetz Ausnahmetatbestände , nach denen ein Anspruch entweder überhaupt nicht, nur eingeschränkt oder nur nach erfolgter Einwilligung Dritter besteht (vgl. hierzu Tz. 3.). Formell ist die Beantragung Voraussetzung für die Gewährung des Informationszugangs. Anspruchsgegner eines Informationszugangsanspruchs sind nach § 1 Abs. 1 S. 1 IFG die Behörden des Bundes. Dabei entspricht der Behördenbegriff dem des § 1 Abs. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) und damit dem Behördenbegriff im funktionellen Sinne.4 Dieser umfasst alle Stellen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen. In erster Linie deklaratorischer Natur ist daher der anschließende Satz 2 des § 1 Abs. 1 IFG, wonach das IFG auch für „sonstige Bundesorgane und -einrichtungen gilt […], soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen“.5 1 Informationsfreiheitsgesetz vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722), das durch Artikel 2 Absatz 6 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist. 2 Die Ausführungen dieses Sachstandes beruhen auf der umfassenden Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages: Reichweite des Informationsfreiheitsgesetzes, Wissenschaftliche Dienste , WD 3 – 3000 – 157/14, Berlin, 2014. 3 Zu den Einzelheiten vgl. Rossi, IFG, 1. Aufl. 2006, § 1 Rn. 7 ff. 4 BVerwGE 141, 122 (124, 127); so auch der ausdrückliche Verweis in der Begründung des Gesetzentwurfs auf BT-Drs. 15/4493, S. 7. 5 Vgl. Rossi, IFG, 1. Aufl. 2006, § 1 Rn. 56; Hölscheidt/Wahlen, Informationsrechte von Abgeordneten und Bürgern, in: Dix/Franßen u.a. (Hrsg.), Informationsfreiheit und Informationsrecht – Jahrbuch 2013, 2014, S. 63 (S. 73). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 226/14 Seite 4 3. Keine besondere Missbrauchsklausel im IFG Das Informationsfreiheitsgesetz sieht keine Bestimmungen vor, die einen Missbrauch des Auskunftsrechts , etwa wegen Unverständlichkeit oder zu großer Detailtiefe, sanktionierten. Der voraussetzungslose und umfassende Anspruch auf Informationszugang wird lediglich durch die in den Bestimmungen der §§ 3 bis 6 IFG normierten Ausnahmetatbestände eingeschränkt. Diese Ausnahmetatbestände tragen öffentlichen und privaten Belangen Rechnung. Im Einzelnen dienen sie dem Schutz von besonderen öffentlichen Belangen (§ 3 IFG), dem Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses (§ 4 IFG), dem Schutz personenbezogener Daten (§ 5 IFG) und dem Schutz des geistigen Eigentums und von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen (§ 6 IFG). Bei Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen eines Informationszugangsanspruches darf der Zugang zu den begehrten Information behördlicherseits nur dann verweigert bzw. beschränkt werden, wenn eine der anspruchsausschließenden bzw. anspruchsbeschränkenden Regelungen der §§ 3 ff. IFG einschlägig ist. Den Ausnahmetatbeständen ist gemein, dass sie von der Rechtsprechung in der Tendenz eng ausgelegt werden, um das gesetzgeberische Ziel eines grundsätzlich freien Zugangs zu amtlichen Informationen nicht durch eine weite Interpretation der Versagungsgründe zu konterkarieren.6 Unabhängig vom Bestehen einer besonderen gesetzlichen Missbrauchsklausel kann der Geltendmachung des Zugangsanspruchs nach dem IFG – wie grundsätzlich jedem Rechtsanspruch – der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung bzw. des Rechtsmissbrauchs entgegenstehen. Aufgrund der Entscheidung des Gesetzgebers, den Informationszugangsanspruch nicht von besonderen , das Zugangsgesuch rechtfertigenden Gründen abhängig zu machen, ist die Annahme eines solchen Rechtsmissbrauchs im Zusammenhang mit dem IFG nur in besonderen Ausnahmenfällen gerechtfertigt. Dementsprechend nimmt die Rechtsprechung eine unzulässige Rechtsausübung bzw. einen Rechtsmissbrauch im Zusammenhang mit dem IFG erst dann an, wenn der Geltendmachung des Informationszugangsanspruchs offensichtlich keinerlei nachvollziehbare Motive zu Grunde liegen und das Handeln des Antragstellers offenkundig und zweifelsfrei allein von der Absicht geprägt ist, die Behörde oder einen Drittbetroffenen zu schikanieren oder zu belästigen oder einem anderen Schaden zuzufügen. 7 6 So auch die Begründung des Gesetzentwurfs auf BT-Drs. 15/4493, S. 9. 7 VGH Kassel, Beschl. v. 24. März 2010, 6 A 1832/09, Rn. 7 f.