© 2019 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 225/19 Doppelte Staatsbürgerschaft Aktualisierung des Sachstandes WD 3 - 3000 - 162/13 Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 225/19 Seite 2 Doppelte Staatsbürgerschaft Aktualisierung des Sachstandes WD 3 - 3000 - 162/13 Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 225/19 Abschluss der Arbeit: 27. September 2019 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 225/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Mehrstaatigkeit von Ausländern bei Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit 4 2.1. Mehrstaatigkeit bei Anspruchseinbürgerung 4 2.2. Mehrstaatigkeit bei Ermessenseinbürgerung 5 3. Mehrstaatigkeit bei deutschen Staatsangehörigen, die eine ausländische Staatsangehörigkeit erwerben 6 4. Mehrstaatigkeit bei Beteiligung an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung 6 5. Mehrstaatigkeit bei in Deutschland geborenen Kindern ausländischer Staatsangehöriger 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 225/19 Seite 4 1. Einleitung Regelungen über den Erwerb und Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit finden sich im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG).1 Danach gilt im Grundsatz, dass eine Mehrstaatigkeit zu vermeiden ist.2 Von diesem Grundsatz sind im StAG jedoch Ausnahmen geregelt, die unter bestimmten Voraussetzungen eine doppelte Staatsangehörigkeit zulassen. Die vorliegende Arbeit stellt eine Aktualisierung des Sachstandes der Wissenschaftlichen Dienste zum Thema „Doppelte Staatsbürgerschaft , Aktuelle Rechtslage“, WD 3 - 3000 - 162/13, dar. Dabei wurden insbesondere die 20143 sowie 20194 vorgenommenen Änderungen des StAG mit Bezug zur Mehrstaatigkeit ergänzt. 2. Mehrstaatigkeit von Ausländern bei Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit Grundsätzlich wird zwischen einer Anspruchs- und einer Ermessenseinbürgerung unterschieden. 2.1. Mehrstaatigkeit bei Anspruchseinbürgerung Nach § 10 StAG besitzt ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, einen Einbürgerungsanspruch, wenn er verschiedene weitere Voraussetzungen erfüllt. Seit Inkrafttreten der Änderungen durch das 3. StAÄndG verlangt § 10 Abs. 1 StAG auch, dass die Identität und Staatsangehörigkeit geklärt und die Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet sein muss, insbesondere darf der Antragsteller nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet sein. Nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StAG ist weiterhin Voraussetzung, dass der Antragsteller seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert. Nach § 10 StAG gibt es jedoch eine Reihe von Ausnahmefällen, in denen eine Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit erfolgen kann. Nach § 12 Abs. 1 S. 1 StAG wird von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StAG abgesehen und eine Mehrstaatigkeit hingenommen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. § 12 Abs. 1 S. 2 StAG führt auf, wann solche Bedingungen anzunehmen sind. Im Verhältnis von Deutschland zu den EU-Staaten ist § 12 Abs. 2 StAG von besonderer Bedeutung. Danach wird von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Nr. 4 StAG abgesehen, wenn der Ausländer die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzt. § 12 Abs. 3 StAG sieht die Möglichkeit vor, aus völkerrechtlichen Gründen Ausnahmen zuzulassen. Hiervon wurde bislang kein Gebrauch gemacht. 1 Staatsangehörigkeitsgesetz, RGBl. 1913, 583, zuletzt geändert durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz vom 15. August 2019, BGBl. I 31, S. 1307. Diese Änderungen betreffen nicht die Mehrstaatigkeit. 2 Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, BT-Drs. 14/533, S. 12. 3 Zweites Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 13. November 2014, BGBl. I 52, S. 1714, im Folgenden: 2. StAÄndG. 4 Drittes Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 4. August 2019, BGBl. I 29, S. 1124, im Folgenden : 3. StAÄndG. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 225/19 Seite 5 2.2. Mehrstaatigkeit bei Ermessenseinbürgerung § 8 StAG regelt den Normalfall der Einbürgerung von Ausländern, soweit sie keinen spezielleren Anspruch aus anderen Vorschriften besitzen. Sie steht im Ermessen der zuständigen Einbürgerungsbehörde . Nach § 8 Abs. 1 StAG kommt diese in Betracht, wenn Antragsteller über einen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland verfügen, sie straffrei (Nr. 2) sind, über eine Wohnung oder eine Unterkunft verfügen (Nr. 3) und imstande sind, sich und ihre Angehörigen zu ernähren (Nr. 4). Anders als bei der Anspruchseinbürgerung bedarf es nicht notwendigerweise eines rechtmäßigen Aufenthalts von acht Jahren. Durch das 3. StAÄndG wurde § 8 Abs. 1 StAG mit Wirkung zum 9. August 2019 dahingehend ergänzt, dass nunmehr auch die Identität und Staatsangehörigkeit geklärt und die Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet sein muss. Die Einbürgerungsbehörde hat im Rahmen der Ermessensausübung u. a. die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht (StAR-VwV)5 zu beachten, soweit die seit 2001 nicht angepassten Bestimmungen nicht durch Änderungen des StAG oder des Unionsrechts obsolet geworden sind. Die StAR-VwV wird durch die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern (VAW) ergänzt.6 Nach § 8 Abs. 2 StAG kann bei der Ermessenseinbürgerung zur Vermeidung einer besonderen Härte oder aus Gründen des öffentlichen Interesses auch von den sonst erforderlichen Voraussetzungen der Straffreiheit (§ 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StAG) und der wirtschaftlichen Unabhängigkeit (§ 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StAG) des Bewerbers abgesehen werden. Nach Ziffer 8.1.3.5 StAR-VwV/VAW kann ein solches Interesse vorliegen, wenn der Einbürgerungsbewerber im Bereich der Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft, Kunst, Kultur, Medien, des Sports oder des öffentlichen Dienstes für eine Tätigkeit im deutschen Interesse gewonnen oder erhalten werden soll. Für Sportler wird vorausgesetzt: „[…], dass sich der Einbürgerungsbewerber zumindest seit drei Jahren im Inland aufhält, konkret in einer deutschen Nationalmannschaft eingesetzt werden soll und sportlich eine längerfristige internationale Perspektive aufweist. Die Startberechtigung für internationale Meisterschaften muss durch den zuständigen Fachverband oder den Deutschen Sportbund bestätigt worden sein. Das besondere öffentliche Interesse ist von einer obersten Behörde des Bundes oder eines Landes zu bestätigen und im Einzelnen zu begründen. Im Bereich des Sports ist hierzu eine Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern einzuholen.“7 Nach Ziffer 8.1.2.6 StAR-VwV ist bei der Ermessensausübung der allgemeine Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatigkeit zu beachten. Daher wird von Einbürgerungserwerbern grundsätzlich die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit verlangt. Nach Ziffer 8.1.2.6.3 StAR-VwV/VAW gibt 5 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht vom 13. Dezember 2000 (GMBl. 2001, S. 122), veröffentlicht im Bundesanzeiger (Beilage) Nr. 21a vom 31. Januar 2001. 6 Diese liegen bislang nur für das StAG in der Fassung durch das 2. StAÄndG mit Stand 1. Juni 2015 vor, vgl. https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/themen/verfassung/stag-anwendungshinweise -06-15.pdf?__blob=publicationFile&v=3 [zuletzt abgerufen am: 25. September 2019]. 7 Ziffer 8.1.3.5 StAR-VwV, abrufbar unter: http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet .de/bsvwvbund_13122000_V612400513.htm [zuletzt abgerufen am: 25. September 2019]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 225/19 Seite 6 es jedoch eine Reihe von Ausnahmetatbeständen, in denen Mehrstaatigkeit hingenommen werden kann. Neben den Fällen, in denen der Bewerber seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen aufgeben kann, kann eine Mehrstaatigkeit nach Ziffer 8.1.2.6.3.6 StAR-VwV/VAW auch bei herausragendem öffentlichen Interesse an der Einbürgerung hingenommen werden. In der Verwaltungspraxis findet diese Ausnahmeregelung insbesondere bei Wissenschaftlern Anwendung.8 Entsprechend könnte ein Sportler wegen eines besonderen öffentlichen Interesses nach einer verkürzten Aufenthaltszeit von 3 Jahren – für diese Ausnahmeregelung bedarf es der Zustimmung des Bundesministeriums des Innern – unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit – allein durch Entscheidung der Landesbehörden ohne Beteiligung des Bundesministeriums – eingebürgert werden. Der Spezialfall der Einbürgerung von Ehegatten oder Lebenspartnern Deutscher nach § 9 StAG stellt ebenfalls eine Ermessenseinbürgerung dar. Hierbei schreibt § 9 Abs. 1 Nr. 1 StAG vor, dass grundsätzlich zu den Einbürgerungsvoraussetzungen – neben anderen Voraussetzungen – der Verlust oder die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit zählt. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1, 2. Hs. gelten auch hier die Ausnahmen des § 12 StAG. 3. Mehrstaatigkeit bei deutschen Staatsangehörigen, die eine ausländische Staatsangehörigkeit erwerben Der umgekehrte Fall ist der Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit durch einen Deutschen. Sofern die Annahme einer ausländischen Staatsangehörigkeit auf seinem eigenen Antrag beruht, verliert er nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 25 Abs. 1 S. 1 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb der ausländischen. Eine Ausnahme bildet § 25 Abs. 1 S. 2 StAG. Danach tritt der Verlust nicht ein, wenn ein Deutscher die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, der Schweiz oder eines Staates erwirbt, mit dem die Bundesrepublik Deutschland einen völkerrechtlichen Vertrag nach § 12 Abs. 3 StAG abgeschlossen hat. Darüber hinaus eröffnet § 25 Abs. 2 StAG die Möglichkeit, die deutsche Staatsangehörigkeit auf Antrag zu behalten. Bei der Entscheidung über die Erteilung der schriftlichen Genehmigung werden nach § 25 Abs. 2 S. 3 StAG die öffentlichen und die privaten Belange abgewogen. Gemäß § 25 Abs. 2 S. 4 StAG ist bei einem Antragsteller, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, insbesondere zu berücksichtigen, ob er fortbestehende Bindungen an Deutschland glaubhaft machen kann. 4. Mehrstaatigkeit bei Beteiligung an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung Seit Inkrafttreten des 3. StAÄndG verlieren Deutsche, die sich an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland konkret beteiligen, gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. § 28 Abs. 1 Nr. 2 StAG ihre Staatsangehörigkeit, es sei denn, sie würden sonst staatenlos. Dasselbe gilt nach § 17 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. § 28 Abs. 1 Nr. 1 StAG für Deutsche, die ohne dazu aufgrund zwischenstaatlicher Verträge berechtigt zu sein und ohne Zustimmung des Bundesministeriums der Verteidigung oder der von ihm bezeichneten Stelle auf Grund freiwilliger Verpflichtung in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates eintreten, 8 Marx, in: Fritz/Vormeier, Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht, Bd. 1, Losbl., Werkstand: 36. EL, Juni 2018, StAG § 8 Rn. 414. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 225/19 Seite 7 dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen. Die Verlusttatbestände nach § 28 Abs. 1 StAG gelten allerdings nicht für minderjährige Deutsche, § 28 Abs. 2 Nr. 1 StAG. Der Verlust tritt nach § 28 Abs. 1 StAG kraft Gesetzes ein. Allerdings muss im Falle von Kampfhandlungen für terroristische Vereinigungen im Ausland (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 StAG) von Amts wegen eine deklaratorische Verlustfeststellung ergehen, § 28 Abs. 4 S. 1 StAG. Nach der Gesetzesbegründung ist „das Vorliegen der Voraussetzungen für den eingetretenen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit“9, also der tatsächlichen Beteiligung an Kampfhandlungen im Sinne von § 28 Abs. 1 Nr. 2 StAG, durch die zuständige Behörde nachzuweisen. Befindet sich der Betroffene noch im Ausland, findet kein Widerspruchsverfahren statt und eine gegen die Verlustfeststellung gerichtete Klage hat keine aufschiebende Wirkung (§ 28 Abs. 3 S. 3 StAG). 5. Mehrstaatigkeit bei in Deutschland geborenen Kindern ausländischer Staatsangehöriger Mit dem Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999, das am 1. Januar 2000 in Kraft getreten ist, wurde eine Regelung eingeführt, nach der im Inland geborene Kinder von Ausländern bei der Geburt zusätzlich zur ausländischen Staatsangehörigkeit der Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, § 4 Abs. 3 Satz 1 StAG. Voraussetzung hierfür ist, dass ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis über die Freizügigkeit besitzt. Die alte Gesetzeslage sah vor, dass sich die Person mit Erreichen der Volljährigkeit für die deutsche oder die ausländische Staatsangehörigkeit entscheiden muss. Gab sie die entsprechende Erklärung bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres nicht ab, so ging die deutsche Staatsangehörigkeit verloren, § 29 Abs. 2 S. 2 StAG a.F.10 Ende des Jahres 2014 wurde die Optionspflicht nach § 29 Abs. 1 StAG durch das 2. StAÄndG auf Personen begrenzt, die nicht im deutschen Inland aufgewachsen sind (Nr. 2), nicht einem EU-Staat oder der Schweiz angehören (Nr. 3) und innerhalb eines Jahres nach Vollendung seines 21. Lebensjahres einen Hinweis über ihre Erklärungspflicht erhalten haben (Nr. 4). Die Optionspflicht greift nur, wenn alle Voraussetzungen kumulativ gegeben sind. Eine Person ist nach § 29 Abs. 1a StAG im Inland aufgewachsen, wenn sie alternativ: sich bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres acht Jahre gewöhnlich im Inland aufgehalten hat (Abs. 1 Nr. 1), sechs Jahre im Inland eine Schule besucht hat (Abs. 1 Nr. 2) oder über einen im Inland erworbenen Schulabschluss oder eine im Inland abgeschlossene Berufsausbildung verfügt (Abs. 1 Nr. 3). Ferner gilt nach § 29 Abs. 1a S. 2 StAG auch als im Inland aufgewachsen, wer im Einzelfall einen vergleichbar engen Bezug zu Deutschland hat und für den die Optionspflicht nach den Umständen des Falles eine besondere Härte bedeuten würde. Die optionspflichtige Person muss gemäß § 29 Abs. 1 S. 2 StAG nach Vollendung des 21. Lebensjahres erklären, ob sie die deutsche oder die ausländische Staatsangehörigkeit behalten will. Entscheidet sich die Person für die deutsche Staatsangehörigkeit, so ist sie verpflichtet, die Aufgabe oder den Verlust der ausländischen Staatsangehörigkeit nachzuweisen, § 29 Abs. 3 S. 1 StAG. 9 Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes, BT-Drs. 19/9736, S. 10 f. 10 Ausführlich Hailbronner, Das neue deutsche Staatsangehörigkeitsrecht, NVwZ 2001, S. 1329 (1331). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 225/19 Seite 8 Tritt dieser Verlust nicht bis zwei Jahre nach Zustellung des Hinweises auf die Erklärungspflicht ein, so geht die deutsche Staatsangehörigkeit verloren, es sei denn, es wurde eine sogenannte Beibehaltungsgenehmigung erteilt. Ebenso hat die Nichterklärung zwei Jahre nach Zustellung des Hinweises den Staatsangehörigkeitsverlust kraft Gesetzes zur Folge.11 Auch diese Regelung folgt dem Prinzip der grundsätzlichen Vermeidung von Mehrstaatigkeit.12 Das StAG sieht danach eine Beibehaltung der ausländischen Staatsangehörigkeit nur in Ausnahmefällen und auf Antrag vor. Der Antrag für die Beibehaltungsgenehmigung kann nur bis ein Jahr nach Zustellung des Hinweises auf die Erklärungspflicht gestellt werden, § 29 Abs. 3 S. 3 StAG. Die Beibehaltungsgenehmigung ist zu erteilen, wenn die Aufgabe oder der Verlust der ausländischen Staatsangehörigkeit nicht möglich oder nicht zumutbar ist oder wenn bei einer Einbürgerung nach Maßgabe von § 12 StAG Mehrstaatigkeit hinzunehmen wäre oder hingenommen werden könnte, § 29 Abs. 4 StAG. Die Gründe, aus denen die Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit neben der ausländischen Staatsangehörigkeit zu genehmigen ist, sind im Hinblick auf Art. 16 Abs. 1 GG weit gefasst.13 *** 11 Berlit, in: Fritz/Vormeier, Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht, Bd. 2, Losbl., Werkstand: 36. EL, Juni 2018, StAG § 29 Rn. 126. 12 Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, BT-Drs. 14/533, S. 12. 13 Hailbronner/Maaßen, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker/Kau, Staatsangehörigkeitsrecht, 6. Aufl, 2017, § 29 Rn. 45.