Deutscher Bundestag Akteneinsicht beim Bundesverfassungsgericht Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 – 223/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 223/12 Seite 2 Akteneinsicht beim Bundesverfassungsgericht Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 223/12 Abschluss der Arbeit: 10. August 2012 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 223/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Rechtsgrundlagen zur Akteneinsicht beim Bundesverfassungsgericht 4 2.1. Akteneinsicht für Beteiligte gemäß § 20 BVerfGG 4 2.2. Akteneinsicht außerhalb des Verfahrens gemäß § 35a bis c BVerfGG 4 2.3. Kein Anspruch auf Akteneinsicht aus dem Informationsfreiheitsgesetz 5 3. Voraussetzungen der Akteneinsicht gemäß § 35a bis c BVerfGG 5 3.1. Anspruchsberechtigte 5 3.2. Anspruchsvoraussetzungen 6 3.2.1. Zwecke der Rechtspflege 6 3.2.2. Im Bundedatenschutzgesetz normierte Gründe 7 3.2.3. Berechtigtes Interesse 7 3.2.4. Einwilligung des Betroffenen 8 3.3. Umfang des Akteneinsichtsrechts 8 4. Entscheidung des BVerfG über die Akteneinsicht 9 4.1. Entscheidungszuständigkeit 9 4.2. Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung 9 4.3. Rechtsmittel gegen die Entscheidung 9 5. Tatsächliche Akteneinsicht 10 5.1. Ort der Akteneinsicht 10 5.2. Statistiken zur Akteneinsicht 10 6. Aktenabgabe und -aufbewahrung im Bundesarchiv 10 6.1. Rechtsgrundlagen 10 6.2. Aufbewahrung der Akten im Bundesarchiv 11 6.3. Akteneinsicht im Bundesarchiv 11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 223/12 Seite 4 1. Fragestellung Die Ausarbeitung behandelt diverse Fragen zur Akteneinsicht beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach einem abgeschlossenen Verfahren und zur Aktenabgabe an das Bundesarchiv. 2. Rechtsgrundlagen zur Akteneinsicht beim Bundesverfassungsgericht 2.1. Akteneinsicht für Beteiligte gemäß § 20 BVerfGG Ein Anspruch auf Akteneinsicht des BVerfG ergibt sich für die Verfahrensbeteiligten während des laufenden Verfahrens aus § 20 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG)1. § 20 BVerfGG räumt den Beteiligten eines verfassungsgerichtlichen Verfahrens das Recht auf Einsicht in die Verfahrensakten ein. Voten, Entscheidungsentwürfe, Änderungs- und Formulierungsvorschläge sowie Notizen des Berichterstatters sind gemäß § 34 der Geschäftsordnung des BVerfG (GO- BVerfG)2 nicht Bestandteil der Verfahrensakten. Sie sind in besonderem Umschlag (dem sog. Beiheft) zusammen mit den Akten aufzubewahren; sie unterliegen nicht der Akteneinsicht. Das Recht auf Akteneinsicht steht den Beteiligten während des anhängigen Verfahrens bis zu dessen Abschluss zu.3 Eine Akteneinsicht nach Beendigung des Verfahrens ist daher auch für Beteiligte nicht mehr gemäß § 20 BVerfGG möglich. Diese können daher auch nur noch unter den Voraussetzungen des § 35b BVerfGG Akteneinsicht in die Verfahrensakten begehren.4 Über die Akteneinsicht entscheidet der Vorsitzende des Senats im Benehmen mit dem Berichterstatter (§ 35 Abs. 1 GO-BVerfG). 2.2. Akteneinsicht außerhalb des Verfahrens gemäß § 35a bis c BVerfGG Die §§ 35 a bis c BVerfGG regeln die Akteneinsicht außerhalb des Verfahrens, d.h. nach Abschluss eines Verfahrens vor dem BVerfG. Im Gegensatz zu § 20 BVerfGG handelt es sich hierbei nicht um einen (gebundenen) Anspruch auf Auskunft oder Akteneinsicht, sondern nur um einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den besagten Antrag.5 Unter den dort genannten Bedingungen (siehe unten Punkt 3) kann öffentlichen Stellen sowie Privatpersonen und 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl. I S. 1473), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 12. Juli 2012 (BGBl. I S. 1501) geändert worden ist. 2 Geschäftsordnung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2529), die zuletzt durch Artikel 1 der Bekanntmachung vom 7. Januar 2002 (BGBl. I S. 1171) geändert worden ist. 3 Ulsamer, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 37. Ergänzungslieferung 2012, § 20 Rn. 17. 4 Ulsamer, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 37. Ergänzungslieferung 2012, § 20 Rn. 21. 5 Ulsamer, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 37. Ergänzungslieferung 2012, § 35a Rn. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 223/12 Seite 5 nicht-öffentlichen Stellen Auskunft oder Einsicht in Akten des BVerfG nach Abschluss des Verfahrens gewährt werden. Das Akteneinsichtsrecht ist gegenüber der Auskunft subsidiär, § 35b Abs. 2 BVerfGG. § 35a BVerfGG legt fest, dass das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)6 hinsichtlich der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch das BVerfG vorrangig ist, soweit in den §§ 35b bis c BVerfGG keine abweichenden Regelungen getroffen werden.7 2.3. Kein Anspruch auf Akteneinsicht aus dem Informationsfreiheitsgesetz Aus dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG)8 ergibt sich kein Anspruch auf Akteneinsicht beim BVerfG. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG gilt das Gesetz zwar auch für sonstige Bundesorgane und – einrichtungen, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Auch die Organe der Judikative, wie z.B. das BVerfG, werden von § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG erfasst.9 Soweit das BVerfG aber rechtsprechende Funktion wahrnimmt, bleibt es bei den speziellen Vorschriften der §§ 20 und 35b BVerfGG.10 3. Voraussetzungen der Akteneinsicht gemäß § 35a bis c BVerfGG 3.1. Anspruchsberechtigte § 35b Abs. 1 BVerfGG unterscheidet zwischen zwei Arten von Antragstellern: „Auskunft aus oder Einsicht in Akten des Bundesverfassungsgerichts kann gewährt werden 1. öffentlichen Stellen11, soweit dies für Zwecke der Rechtspflege erforderlich ist oder die in § 14 Abs. 2 Nr. 4, 6 bis 9 des Bundesdatenschutzgesetzes genannten Voraussetzungen vorliegen, 2. Privatpersonen und anderen nicht-öffentlichen Stellen12, soweit sie hierfür ein berechtigtes Interesse darlegen; Auskunft und Akteneinsicht sind zu versagen, wenn der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an der Versagung hat. § 16 Abs. 3 des Bundesdatenschutzgesetzes findet keine Anwendung; die Erteilung der Auskunft und die Gewährung der Akteneinsicht sind in der Akte zu vermerken.“ 6 Bundesdatenschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2003 (BGBl. I S. 66), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2814) geändert worden ist. 7 Lechner/Zuck, Bundesverfassungsgerichtsgesetz Kommentar, 6. Auflage 2011, § 35a Rn.1. 8 Informationsfreiheitsgesetz vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722). 9 Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, Handkommentar, 1. Auflage 2006, § 1 Rn. 62. 10 Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, § 1 Rn. 64; Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, 2009, § 1 Rn. 103, 104. 11 Hervorhebung durch die Verfasserin. 12 Hervorhebung durch die Verfasserin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 223/12 Seite 6 Öffentliche Stellen sind in § 2 BDSG definiert: „(1) Öffentliche Stellen des Bundes sind die Behörden, die Organe der Rechtspflege und andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie deren Vereinigungen ungeachtet ihrer Rechtsform. Als öffentliche Stellen gelten die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost durch Gesetz hervorgegangenen Unternehmen, solange ihnen ein ausschließliches Recht nach dem Postgesetz zusteht. (2) Öffentliche Stellen der Länder sind die Behörden, die Organe der Rechtspflege und andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen eines Landes, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes und sonstiger der Aufsicht des Landes unterstehender juristischer Personen des öffentlichen Rechts sowie deren Vereinigungen ungeachtet ihrer Rechtsform. (3) Vereinigungen des privaten Rechts von öffentlichen Stellen des Bundes und der Länder , die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, gelten ungeachtet der Beteiligung nicht-öffentlicher Stellen als öffentliche Stellen des Bundes, wenn 1. sie über den Bereich eines Landes hinaus tätig werden oder 2. dem Bund die absolute Mehrheit der Anteile gehört oder die absolute Mehrheit der Stimmen zusteht. Andernfalls gelten sie als öffentliche Stellen der Länder.“ In der Praxis sind öffentliche Stellen als Antragsteller häufig Gerichte oder Behörden.13 Nicht-öffentliche Stellen sind gemäß § 2 Abs. 5 BDSG: „(…) natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter die Absätze 1 bis 3 fallen. Nimmt eine nicht-öffentliche Stelle hoheitliche Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr, ist sie insoweit öffentliche Stelle im Sinne dieses Gesetzes.“ 3.2. Anspruchsvoraussetzungen 3.2.1. Zwecke der Rechtspflege Begehren öffentliche Stellen Auskunft aus Akten oder Akteneinsicht gemäß § 35b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BVerfGG, so muss dies für Zwecke der Rechtspflege erforderlich sein. Die Gewährung der Akteneinsicht muss zur Erreichung des Zwecks geeignet sein und zudem darf kein gleich wirk- 13 Ulsamer, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 37. Ergänzungslieferung 2012, § 35a Rn. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 223/12 Seite 7 sames Mittel, welches die Grundrechte der Betroffenen (d.h. die personenbezogenen Daten) weniger einschränkt, zu Verfügung stehen.14 3.2.2. Im Bundedatenschutzgesetz normierte Gründe Auch wenn die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 4, 6 bis 9 BDSG vorliegen, kann das BVerfG öffentlichen Stellen die gewünschte Auskunft erteilen oder Akteneinsicht gewähren. Nach § 14 Abs. 2 BDSG Nr. 4, 6 bis 9 BDSG ist das Speichern, Verändern oder Nutzen für andere Zwecke nur zulässig, wenn „4. Angaben des Betroffenen überprüft werden müssen, weil tatsächliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestehen, 6. es zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder zur Wahrung erheblicher Belange des Gemeinwohls erforderlich ist, 7. es zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Vollstreckung oder zum Vollzug von Strafen oder Maßnahmen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 8 des Strafgesetzbuchs oder von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes oder zur Vollstreckung von Bußgeldentscheidungen erforderlich ist, 8. es zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einer anderen Person erforderlich ist oder 9. es zur Durchführung wissenschaftlicher Forschung erforderlich ist, das wissenschaftliche Interesse an der Durchführung des Forschungsvorhabens das Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Zweckänderung erheblich überwiegt und der Zweck der Forschung auf andere Weise nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erreicht werden kann.“ Auskunftsbegehren von Universitäten und sonstigen staatlichen Forschungseinrichtungen werden überwiegend auf § 35b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BVerfGG i.V.m. § 14 Abs. 2 BDSG Nr. 9 BDSG gestützt .15 3.2.3. Berechtigtes Interesse Privatpersonen und nicht-öffentliche Stellen müssen ein berechtigtes Interesse an der Auskunft oder der Akteneinsicht darlegen. Ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 35b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 14 Sennekamp, in: Umbach/Clemens/Dollinger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Mitarbeiterkommentar und Handbuch, 2. Auflage 2005, § 35b Rn. 4. 15 Sennekamp, in: Umbach/Clemens/Dollinger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Mitarbeiterkommentar und Handbuch, 2. Auflage 2005, § 35b Rn. 10. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 223/12 Seite 8 BVerfGG ist jedes rechtliche, ideelle oder wirtschaftliche Interesse, das auf sachlichen Erwägungen beruht und mit der Rechtsordnung im Einklang steht.16 Notwendig ist ein eigenes Interesse des Antragstellers, etwa zur Verfolgung eigener rechtlicher Zwecke.17 3.2.4. Einwilligung des Betroffenen Auskunft oder Akteneinsicht kann gemäß § 35b Abs. 1 Satz 2 BVerfGG auch gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat. Liegt eine schriftliche Einwilligung des Betroffenen vor, aus der sich Art, Umfang und Zweck der begehrten Datenübermittlung ergeben, so müssen die in § 35b Abs. 1 Satz 1 BVerfGG genannten und oben beschriebenen Voraussetzungen nicht vorliegen . Der Antragsteller muss die Einwilligung beibringen, es ist nicht Aufgabe des BVerfG vom Betroffenen die Einwilligung zur Akteneinsicht oder Auskunft einzuholen.18 Die Einwilligung muss den Voraussetzungen des § 4a BDSG entsprechen. Andererseits sieht das BVerfGG keine Möglichkeit vor, dass der Betroffenen generell der Akteneinsicht durch einen Dritten widerspricht. In seine Ermessensentscheidung lässt das BVerfG aber auch den Schutz der personenbezogenen Daten des Betroffenen mit einfließen. Wird einer nichtöffentlichen Stelle ausnahmsweise Akteneinsicht gewährt, so wird der Betroffene hierüber nicht informiert, da gemäß § 35b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BVerfGG das Unterrichtungsgebot des § 16 Abs. 3 BDSG keine Anwendung findet. Hierdurch soll das BVerfG entlastet werden.19 Allerdings wird die Gewährung der Akteneinsicht unter Angabe des Antragstellers in der Akte protokolliert.20 3.3. Umfang des Akteneinsichtsrechts Die Verfahrensakten umfassen die von den Beteiligten und äußerungs- sowie stellungnahmeberechtigten Dritten eingereichten Schriftstücke, die von Seiten des Gerichts veranlassten Verfügungen und Randbemerkungen sowie die Entscheidung über den Verfahrensgegenstand.21 Voten, Entscheidungsentwürfe, Änderungs- und Formulierungsvorschläge sowie die Notizen des Be- 16 Sennekamp, in: Umbach/Clemens/Dollinger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Mitarbeiterkommentar und Handbuch, 2. Auflage 2005, § 35b Rn. 13; . Ulsamer, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 37. Ergänzungslieferung 2012, § 35b Rn. 12. 17 Sennekamp, in: Umbach/Clemens/Dollinger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Mitarbeiterkommentar und Handbuch, 2. Auflage 2005, § 35b Rn. 13. 18 Sennekamp, in: Umbach/Clemens/Dollinger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Mitarbeiterkommentar und Handbuch, 2. Auflage 2005, § 35b Rn. 17. 19 Sennekamp, in: Umbach/Clemens/Dollinger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Mitarbeiterkommentar und Handbuch, 2. Auflage 2005, § 35b Rn. 15. 20 Sennekamp, in: Umbach/Clemens/Dollinger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Mitarbeiterkommentar und Handbuch, 2. Auflage 2005, § 35b Rn. 16. 21 Sennekamp, in: Umbach/Clemens/Dollinger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Mitarbeiterkommentar und Handbuch, 2. Auflage 2005, § 35a Rn. 8. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 223/12 Seite 9 richterstatters sind gemäß § 46 Abs. 2 BDSG i.V.m. § 34 GO-BVerfG nicht Bestandteil der Verfahrensakten und unterliegen somit nicht der Akteneinsicht.22 Beigezogene Akten anderer Gerichte oder Behörden sind nach Abschluss des Verfahrens nicht mehr Aktenbestandteil.23 4. Entscheidung des BVerfG über die Akteneinsicht 4.1. Entscheidungszuständigkeit Gemäß § 35 Abs. 1 GO-BVerfG entscheidet der Vorsitzende des Senats im Benehmen mit dem Berichterstatter über die Akteneinsicht. Ist der Berichterstatter bereits aus dem Senat ausgeschieden , so entscheidet der Berichterstatter, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für das Verfahren zuständig wäre.24 4.2. Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung Bei der Akteneinsicht außerhalb des Verfahrens gemäß § 35a bis c BVerfGG handelt es sich nicht um einen unmittelbaren Anspruch, sondern nur um einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Die Entscheidung muss sich an sachlichen Kriterien orientieren und das Vorbringen des Antragstellers in Betracht ziehen.25 Bei einem Antrag, der mit Forschungszwecken begründet wird, wäre auch Art. 5 Abs. 3 GG mit in die Ermessensprüfung einzubeziehen. Auch der sachliche und personelle Aufwand des BVerfG kann ein Kriterium im Rahmen der Ermessensprüfung sein.26 4.3. Rechtsmittel gegen die Entscheidung Förmliche Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung des BVerfG sind nicht vorgesehen.27 22 Sennekamp, in: Umbach/Clemens/Dollinger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Mitarbeiterkommentar und Handbuch, 2. Auflage 2005, § 35a Rn. 11. 23 Ulsamer, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 37. Ergänzungslieferung 2012, § 35b Rn. 11. 24 Sennekamp, in: Umbach/Clemens/Dollinger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Mitarbeiterkommentar und Handbuch, 2. Auflage 2005, § 35a Rn. 16. 25 Ulsamer, in: in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 37. Ergänzungslieferung 2012, § 35a Rn. 2. 26 Sennekamp, in: Umbach/Clemens/Dollinger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Mitarbeiterkommentar und Handbuch, 2. Auflage 2005, § 35b Rn. 18. 27 Sennekamp, in: Umbach/Clemens/Dollinger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Mitarbeiterkommentar und Handbuch, 2. Auflage 2005, § 35a Rn. 16. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 223/12 Seite 10 5. Tatsächliche Akteneinsicht 5.1. Ort der Akteneinsicht Die Einsicht in die Akten des BVerfG erfolgt auf der Geschäftsstelle des zuständigen Senats. Nur an öffentliche Stellen, vor allem Gerichte, können die Akten übersandt werden, § 35b Abs. 4 Satz 2 BVerfGG. In Ausnahmefällen können auch zur Einsichtnahme durch eine Privatperson die Akten an eine öffentliche Stelle gesandt werden, z.B. an ein Amtsgericht, wenn der Antragsteller etwa wegen Krankheit nicht zum BVerfG kommen kann.28 5.2. Statistiken zur Akteneinsicht Das BVerfG führt keine Statistiken über die Anzahl der beantragten und gewährten bzw. abgelehnten Akteneinsichten.29 Daher kann nicht beantwortet werden, welche Forschungseinrichtungen oder Wissenschaftler in den letzten fünf Jahren Akteneinsicht beim BVerfG beantragt haben und mit welchem Ergebnis. 6. Aktenabgabe und -aufbewahrung im Bundesarchiv 6.1. Rechtsgrundlagen § 2 Abs. 1 Bundesarchivgesetz (BArchG)30 trifft Regelungen zur Aktenabgabe: „(1) Die Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte des Bundes, die bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts und die sonstigen Stellen des Bundes haben alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben einschließlich der Wahrung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nicht mehr benötigen, dem Bundesarchiv oder in Fällen des Absatzes 3 dem zuständigen Landesarchiv zur Übernahme anzubieten und, wenn es sich um Unterlagen von bleibendem Wert im Sinne des § 3 handelt, als Archivgut des Bundes zu übergeben. Von der Anbietungspflicht ausgenommen sind Unterlagen, deren Offenbarung gegen das Brief-, Post- oder Fernmeldegeheimnis verstoßen würde. Rechtsvorschriften des Bundes, durch die anderen Stellen Aufgaben nach § 1 übertragen sind, bleiben unberührt.“ 28 Telefonische Auskunft der Geschäftsstelle des 1. Senats des BVerfG vom 9.8.2012; siehe auch Sennekamp , in: Umbach/Clemens/Dollinger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Mitarbeiterkommentar und Handbuch, 2. Auflage 2005, § 35b Rn. 21. 29 Telefonische Auskunft der Geschäftsstelle des 1. Senats des BVerfG vom 9.8.2012. 30 Bundesarchivgesetz vom 6. Januar 1988 (BGBl. I S. 62), das zuletzt durch § 13 Absatz 2 des Gesetzes vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 223/12 Seite 11 Das BVerfG entscheidet in eigener Zuständigkeit, welche Unterlagen es noch zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben benötigt.31 Im BArchG gibt es keine Vorschriften, welche Akten abgegeben werden müssen und mit welchen Fristen. Eine weitere Vorschrift zur Aktenabgabe des BVerfG findet sich in § 36 Abs. 1 GO-BVerfG: „Die Verfahrensakten des Gerichts zu Senatsentscheidungen samt Voten können – frühestens nach 10 Jahren – nach Maßgabe einer Vereinbarung an das Bundesarchiv abgegeben werden; die Vereinbarung bedarf der Zustimmung des Plenums. Die Akten dürfen frühestens nach dreißig Jahren seit der Entscheidung verwertet werden.“ Diese Regelung betrifft jedoch nur Senatsentscheidungen und legt nur eine zeitliche Untergrenze von 10 Jahren für die Abgabe der Verfahrensakten an das Bundesarchivgesetz fest. In der Praxis hat das BVerfG nicht nur Akten zu Senatsentscheidungen an das Bundesarchiv übermittelt, sondern zum weit überwiegenden Teil auch Akten die durch Entscheidung eines Vorprüfungsausschusses oder durch Kammerentscheidung abgeschlossen wurden.32 Nach Schätzungen des BVerfG erfolgt in ca. 90 Prozent der Fällen die Überstellung der Akte – mit Ausnahme von Senatsentscheidungen – fünf bis sechs Jahre nach Verfahrensabschluss.33 6.2. Aufbewahrung der Akten im Bundesarchiv Für die obersten Bundesbehörden existiert eine nicht gesetzlich vorgeschriebene Serviceeinrichtung beim Bundesarchiv, das sog. Zwischenarchiv. Hier werden Akten der obersten Bundesbehörden in Amtshilfe gelagert. Diese Unterlagen sind nicht dauerhaft an das Bundesarchiv abgegeben . Gemäß einer Vereinbarung von 1979 lagern dort auch Akten des BVerfG.34 Eine Umwidmung zu Archivgut hat bisher nicht stattgefunden.35 6.3. Akteneinsicht im Bundesarchiv Akten, die im sog. Zwischenarchiv lagern, können vom BVerfG angefordert werden, wenn die Voraussetzungen für eine Akteneinsicht vorliegen. Die Akteneinsicht erfolgt dann in der Geschäftsstelle im BVerfG.36 31 Vgl. BT-Drs. 17/4073 vom 1.12.2010, S. 4 (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Freigabe von Akten des Bundesverfassungsgerichts“). 32 Vgl. BT-Drs. 17/4073 vom 1.12.2010, S. 4. 33 Vgl. BT-Drs. 17/4073 vom 1.12.2010, S. 6. 34 Vgl. BT-Drs. 17/4073 vom 1.12.2010, S. 2. 35 Vgl. BT-Drs. 17/4073 vom 1.12.2010, S. 5. 36 Telefonische Auskunft der Geschäftsstelle des 1. Senats des BVerfG vom 9.8.2012.