Deutscher Bundestag Landtagswahlsysteme in Deutschland Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 – 221/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 2 Landtagswahlsysteme in Deutschland Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 221/12 Abschluss der Arbeit: 2. August 2012 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Tabellarischer Überblick 6 3. Wahlgesetze 7 3.1. Baden-Württemberg 7 3.2. Bayern 9 3.3. Berlin 11 3.4. Brandenburg 13 3.5. Bremen 15 3.6. Hamburg 17 3.7. Hessen 19 3.8. Mecklenburg-Vorpommern 21 3.9. Niedersachsen 23 3.10. Nordrhein-Westfalen 25 3.11. Rheinland-Pfalz 27 3.12. Saarland 29 3.13. Sachsen 31 3.14. Sachsen-Anhalt 33 3.15. Schleswig-Holstein 35 3.16. Thüringen 37 4. Urteile der Landesverfassungsgerichte mit Blick auf die Ausgleichsmodelle 38 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 4 1. Einleitung1 Das Grundgesetz (GG) schreibt gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG für die Volksvertretungen in den Ländern, Kreisen und Gemeinden vor, dass diese Vertretungen in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt werden müssen. Der Verfassungsgeber hat bewusst darauf verzichtet, ein Wahlsystem und dessen Durchführung verfassungsrechtlich vorzuschreiben . Er hat damit ein Stück materiellen Verfassungsrechts offengelassen, das vom Wahlgesetzgeber auszufüllen ist.2 Der einfache Gesetzgeber hat grundsätzlich die freie Wahl zwischen der Mehrheits- und der Verhältniswahl.3 Gleichermaßen steht es dem Gesetzgeber zu, beide Wahlsysteme miteinander zu verbinden.4 Die meisten Landtagswahlsysteme in Deutschland orientieren sich an dem personalisierten Verhältniswahlsystem des Bundes, das Erst- und Zweitstimme kennt. Aus dem Rahmen fallen Bremen und das Saarland, die ein reines Verhältniswahlrecht vorsehen. Bei der personalisierten Verhältniswahl werden auf Bundesebene die Wahlkreismandate mit den Sitzen, die jeder Partei aufgrund des Stimmenverhältnisses zustehen, verrechnet (vgl. z.B. § 6 Abs. 4 BWG). Dadurch wird die Gesamtzahl der Sitze so auf die Parteien verteilt, wie es dem Verhältnis der Summen ihrer Stimmen entspricht. Die Abrechnung der unmittelbar errungenen Mandate kann jedoch nicht stets einen vollen Ausgleich der Sitzverteilung im Sinne des Proporzes bewirken. Da die in den Wahlkreisen errungenen Sitze einer Partei auch dann verbleiben, wenn sie die ihr nach dem Verhältnis der Summe ihrer Stimmen zustehende Anzahl übersteigt, können so genannte Überhangmandate entstehen. Diese „überhängigen“ Sitze bleiben der Partei erhalten und erhöhen die gesetzliche Gesamtzahl der Sitze des jeweiligen Parlaments für die betreffende Wahlperiode.5 In den Ländern kommen Überhangmandate vor allem dadurch zustande, dass die in den Wahlkreisen direkt vergebenen Mandate mehr als die Hälfte der Gesamtzahl der Mandate ausmachen (z.B. in Baden-Württemberg 70 von 120, in Nordrhein-Westfalen 128 von 181). Anders als das Bundeswahlrecht sehen nahezu alle Wahlgesetze der Länder – bei unterschiedlichen Maßgaben und Berechnungsmethoden – Ausgleichsmandate für Überhangmandate vor. Ausgleichssitze sind Zusatzsitze. Mit ihrer Verteilung soll sichergestellt werden, dass das Verhältnis der Sitze der einzelnen Parteien (einschließlich der Überhangmandate) dem Verhältnis der für die einzelnen Landeslisten abgegebenen Stimmen entspricht, sodass sich die politischen Gewichte durch das Entstehen von Überhangmandaten nicht verändern.6 1 Die vorliegende Ausarbeitung ist eine aktualisierte und ergänzte Version des Gutachtens von , Gegenüberstellung der Unterschiede/Besonderheiten der Landeswahlgesetze, Wissenschaftliche Dienste, WD 3 - 3000 - 391/10. 2 BVerfGE 95, 335 [349]. 3 BVerfGE 6, 104 [111]; 120, 82 [103]. 4 BVerfGE 120, 82 [103]. 5 Schreiber, BWahlG, § 6 Rn. 29. 6 Schreiber, BWahlG, § 6 Rn. 29. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 5 In den meisten Ländern kann die von den Parteien vorgegebene Reihenfolge der Kandidatinnen und Kandidaten auf den Listen vom Wähler nicht verändert werden (geschlossene bzw. starre Listen). Vielmehr ist es Sache der Parteien, ihre Kandidaten zu benennen und sie in einer bestimmten Rangfolge dem Wähler zu präsentieren. Darauf hat der Wähler keinen Einfluss. Die Reihenfolge, die eine Partei für ihre Wahlliste beschlossen hat, ist entscheidend dafür, wer nach den Wahlen ins Parlament einzieht.7 Davon abweichend gibt es in Bayern und Hamburg so genannte offene bzw. freie Listen. Offene Listen geben dem Wähler die Möglichkeit, seine Stimme nicht nur an eine Partei, sondern an einen bestimmten Kandidaten auf der Liste dieser Partei zu vergeben. Eine Variante der offenen Liste ist die Möglichkeit, Stimmen zu kumulieren (Wähler können einem Kandidaten mehrere Stimmen geben) oder Stimmen zu panaschieren (Wähler können ihre Stimmen auf Bewerber verschiedener Wahlvorschläge verteilen).8 Zur Zuteilung von Mandaten entsprechend dem Verhältnis der auf die Parteien entfallenen Stimmen werden unterschiedliche Methoden verwandt.9 – Höchstzahlverfahren nach d’Hondt: Die auf jede Partei entfallenden Stimmen werden nacheinander durch eine aufsteigende Folge natürlicher Zahlen (1, 2, 3 usw.) geteilt. Die Reihenfolge der so ermittelten Bruchzahlen (Höchstzahlen) bestimmt die Reihenfolge der Sitzzuteilung. Auf diese Weise werden so viele Höchstzahlen ermittelt, wie Sitze zu vergeben sind. Anschließend werden die auf die einzelnen Parteien entfallenden Höchstzahlen und damit die Sitzverteilung festgestellt. – Divisormethode mit Standardrundung nach Sainte-Laguë/Schepers: Gleich wie nach d’Hondt, nur dass statt durch eine aufsteigende Folge natürlicher Zahlen durch eine um je ein Halb verminderte aufsteigende Folge natürlicher Zahlen (0,5, 1,5, 2,5 usw.) geteilt wird. – Verfahren der mathematischen Proportion nach Hare-Niemeyer: Die auf eine Partei entfallenden Stimmen werden durch die Summe der insgesamt zu berücksichtigenden Stimmen (alle Parteien, die ins Parlament einziehen) geteilt und mit der Zahl der zu vergebenden Sitze multipliziert (Quote). Jede Partei erhält zunächst so viele Sitze, wie ganze Zahlen auf sie entfallen (abgerundete Quote). Danach zu vergebende Sitze werden in der Reihenfolge der höchsten Zahlenbrüche der Quoten zugeteilt. Die nachfolgende Ausarbeitung stellt zunächst die verschiedenen Wahlsysteme der Länder in einer tabellarischen Übersicht gegenüber und gibt sodann einen ausführlichen Überblick über die Unterschiede/Besonderheiten der Wahlgesetze. Sodann folgt eine kurze Zusammenfassung welche Urteile der Landesverfassungsgerichte mit Blick auf die Ausgleichsmodelle existieren und welchen Bedenken solche Modelle auf Bundesebene ausgesetzt sind. 7 Schreiber, Bundeswahlgesetz, Kommentar, 8. Auflage, Bonn 2009, § 27 Rn. 12. 8 Schreiber, BWahlG, § 17 Rn. 16. 9 Vgl. im Überblick: Bundeswahlleiter, Neues Zuteilungsverfahren bei Bundestagswahl und Europawahl , http://www.bundeswahlleiter.de/de/aktuelle_mitteilungen/downloads/Kurzdarst_Sitzzuteilung.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 6 2. Tabellarischer Überblick Wahl periode (Jahre) Wahl alter aktiv/ passiv Wahlsystem Listenform Stimmen Mandate (davon Direktmandate ) Fünfprozentklausel Grundmandat klausel Überhangmandate zulässig Ausgleichsmandate vorgesehen tats. Zahl der gegenw. Abgeord. Sitz zuteilungs - verfahren BW 5 18/18 Personalisierte Verhältniswahl bestimmt sich nach Reihenfolge der absoluten Stimmenzahl im Wahlkreis 1 120 (70) landesweit nein ja getrennt nach Reg.- bezirken 138 Sainte- Laguë/ Schepers BY 5 18/18 Personalisierte Verhältniswahl offen 2 180 (92) landesweit nein ja getrennt nach Reg.- bezirken 187 Hare/ Niemeyer BE 5 18/18 Personalisierte Verhältniswahl geschlossen 2 130 (78) landesweit inkl. ungültige ein Mandat ja ja 149 Hare/ Niemeyer BB 5 18/18 Personalisierte Verhältniswahl geschlossen 2 88 (44) landesweit nicht für Sorben ein Mandat ja ja 88 Hare/ Niemeyer HB 4 16/18 Verhältniswahl offen 5 83 (0) getrennt in Bremen u. Bremerhaven nein - - 83 Sainte- Laguë/ Schepers HH 4 18/18 Personalisierte Verhältniswahl offen 10 121 (71) landesweit nein ja ja 121 Sainte- Laguë/ Schepers HE 5 18/21 Personalisierte Verhältniswahl geschlossen 2 110 (55) landesweit nein ja ja 118 Hare/ Niemeyer MV 5 18/18 Personalisierte Verhältniswahl geschlossen 2 71 (36) landesweit nein ja ja 71 Hare/ Niemeyer NI 5 18/18 Personalisierte Verhältniswahl geschlossen 2 135 (87) landesweit nein ja ja 152 D´Hondt NW 5 18/18 Personalisierte Verhältniswahl geschlossen 2 181 (128) landesweit nein ja ja 181 Sainte- Laguë/ Schepers RP 5 18/18 Personalisierte Verhältniswahl geschlossen 2 101 (51) landesweit nein ja ja 101 Sainte- Laguë/ Schepers SL 5 18/18 Verhältniswahl geschlossen 1 51 (0) landesweit nein - - 51 D´Hondt SN 5 18/18 Personalisierte Verhältniswahl geschlossen 2 120 (60) landesweit zwei Mandate ja ja 132 D´Hondt ST 5 18/18 Personalisierte Verhältniswahl geschlossen 2 91 (45) landesweit nein ja ja 105 Hare/ Niemeyer SH 5 18/18 Personalisierte Verhältniswahl geschlossen 2 69 (40) landesweit nicht für die dänische Minderheit ein Mandat ja ja 69 D´Hondt TH 5 18/18 Personalisierte Verhältniswahl geschlossen 2 88 (44) landesweit nein ja ja 88 Hare/ Niemeyer Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 7 3. Wahlgesetze 3.1. Baden-Württemberg10 Wahlsystem Personalisierte Verhältniswahl, die Listenreihenfolge ergibt sich aus dem Rang der absoluten Zahl der im Wahlkreis errungenen Stimmen. Besonderheiten Jeder Wähler hat nur eine Stimme (§ 1 Abs. 3 LWG). Es gibt keine Landeslisten.11 Ausgleichsmandate werden regierungsbezirksweise verteilt (§ 2 Abs. 4 LWG). Abgeordnetenzahl Der Landtag setzt sich aus mindestens 120 Abgeordneten zusammen, die in 70 Wahlkreisen nach Wahlvorschlägen von Parteien oder von Wahlberechtigten für Einzelbewerber gewählt werden (§ 1 Abs. 1 LWG). Stimmenzahl Jeder Wähler hat eine Stimme (§ 1 Abs. 3 LWG). Die Stimmabgabe umfasst auch einen von den Parteien nominierten Ersatzbewerber, der bei einem späteren Ausscheiden des gewählten Erstbewerbers aus dem Landtag an dessen Stelle tritt. Sperrklausel Bei der Verteilung der Zweitmandate werden nur jene Parteien berücksichtigt , deren Bewerber insgesamt mindestens fünf Prozent der gültigen Stimmen erhalten haben (§ 2 Abs. 1 Satz 2 LWG). Eine Grundmandatsklausel gibt es nicht. Sitzzuteilungsverfahren Die Sitze werden nach Divisorverfahren mit Standardrundung (Sainte- Laguë/Schepers) auf die Parteien verteilt (§ 2 Abs. 1 LWG). Sitzverteilung In jedem Wahlkreis ist der Bewerber gewählt, der die meisten Stimmen erreicht hat (Erstmandate). Auf diese Weise werden 70 der 120 Sitze vergeben (§ 2 Abs. 3 Satz 1 LWG). Für die Verteilung der Gesamtmandate wird zunächst ermittelt, wie viele Stimmen die an der Wahl teilnehmenden Parteien im gesamten Land erhalten haben (Gesamtstimmenzahlen). Die 120 Abgeordnetensitze des Landtags 10 Gesetz über die Landtagswahlen (Landtagswahlgesetz - LWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. April 2005 (GBl. 2005, 384), letzte berücksichtigte Änderung: § 56 geändert durch Artikel 26 der Verordnung vom 25. Januar 2012 (GBl. S. 65, 68). 11 Die Erstmandate werden durch Mehrheitswahl in den 70 Wahlkreisen und die Zweitmandate (Regelzahl : 50) über Verhältnisrechnungen auf der Ebene des Landes und der vier Regierungsbezirke vergeben . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 8 werden auf die Parteien im Verhältnis der von ihnen erreichten Gesamtstimmenzahlen nach dem Höchstzahlverfahren Sainte-Laguë/Schepers verteilt . Parteien, die weniger als 5 % der im Land abgegebenen gültigen Stimmen erhalten haben und parteilose Einzelbewerber bleiben bei der Sitzverteilung unberücksichtigt. Die einer Partei zustehenden Sitze werden dann im Verhältnis der von ihr in den Regierungsbezirken erreichten Stimmenzahlen auf die Regierungsbezirke verteilt. Hierbei wird wiederum das Höchstzahlverfahren nach Sainte- Laguë/Schepers angewandt. Von der so ermittelten Sitzzahl, die einer Partei in einem Regierungsbezirk zusteht, werden die dort in den Wahlkreisen direkt errungenen Mandate abgezogen. Stehen einer Partei dann noch weitere Sitze zu, so werden diese in der Reihenfolge der in den Wahlkreisen des jeweiligen Regierungsbezirkes erreichten prozentualen Stimmenanteile an die Bewerber verteilt, die den Wahlkreis nicht direkt gewonnen haben (Zweitmandate). Bleiben dann immer noch Sitze für eine Partei übrig, so gehen diese an die Ersatzbewerber in der Reihenfolge der für die Partei in den Wahlkreisen des jeweiligen Regierungsbezirkes erreichten Stimmenanteile (§ 2 LWG). Bewerber, die in zwei Wahlkreisen aufgestellt sind und in jedem der beiden Wahlkreise einen Sitz erlangt haben, gelten in dem Wahlkreis als gewählt, in dem sie den Sitz mit der höchsten Stimmenzahl des Wahlkreises erlangt haben. Trifft dies in beiden Wahlkreisen zu, so gelten sie in dem Wahlkreis als gewählt, in dem sie die höhere Stimmenzahl erreicht haben; trifft dies in keinem von beiden Wahlkreisen zu, so gelten sie in dem Wahlkreis als gewählt , in dem sie den höheren prozentualen Stimmenanteil an den Stimmenzahlen aller Bewerber erreicht haben. Überhang- Ausgleichsmandate Gewinnt eine Partei in den Wahlkreisen eines Regierungsbezirkes mehr Mandate als ihr dort nach dem Verhältnisausgleich zustehen, verbleiben diese Sitze der Partei als Überhangmandate (§ 2 Abs. 4 Satz 1 LWG). Die übrigen Parteien erhalten gegebenenfalls Ausgleichsmandate. Dazu erhöht sich die Zahl der auf den Regierungsbezirk insgesamt entfallenden Sitze um so viele, als erforderlich sind, um unter Einbeziehung der Mehrsitze die Sitzverteilung im Regierungsbezirk im Verhältnis der von den Parteien dort erreichten Stimmenzahlen nach dem in Absatz 1 Satz 1 festgelegten Höchstzahlverfahren zu gewährleisten; die Zahl der Abgeordneten erhöht sich über 120 hinaus entsprechend. Bei gleicher Höchstzahl fällt der letzte Sitz an die Partei, die Mehrsitze erlangt hat. Für die Zuteilung der weiteren Sitze gilt Absatz 3 Satz 2 entsprechend (§ 2 Abs. 4 Satz 1-3 LWG). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 9 3.2. Bayern12 Wahlsystem Personalisierte Verhältniswahl mit offenen Listen Besonderheiten Es gibt keine Landeslisten, sondern Listen die sich auf Regierungsbezirke beziehen (Wahlkreislisten).13 Mit der Zweitstimme kann der Wähler direkt einen Bewerber auf der Wahlkreisliste einer Partei ankreuzen: offene Liste. Erst- und Zweitstimme werden zur Ermittlung der Sitzverteilung auf die Parteien zusammengezählt. Kein landesweiter Verhältnisausgleich. Siegreiche Stimmkreiskandidaten, deren Partei an der Sperrklausel scheitert , verlieren ihr Mandat. Abgeordnetenzahl Der Landtag besteht aus 180 Abgeordneten, von denen 91 direkt und 89 aus Listen gewählt werden (Art. 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4 LWG). Stimmenzahl Jeder der Wähler hat zwei Stimmen: Mit der Erststimme wählt er einen Stimmkreiskandidaten, mit der Zweitstimme einen Wahlkreisabgeordneten (Art. 36 LWG). Sperrklausel Wahlvorschläge bleiben unberücksichtigt, wenn auf sie nicht wenigstens fünf Prozent der im gesamten Wahlgebiet abgegebenen gültigen Stimmen entfallen sind (Art. 42 Abs. 4 Satz 1 LWG). Auch siegreiche Stimmkandidaten einer an der Sperrklausel gescheiterten Partei erhalten kein Mandat. Das Stimmkreismandat geht stattdessen an den Kandidaten mit den zweitmeisten Erststimmen (Art. 43 Abs. 2 LWG). Eine Grundmandatsklausel gibt es nicht. Sitzzuteilungsverfahren Die Sitzverteilung erfolgt nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren (Art. 42 Abs. 2 LWG). 12 Gesetz über Landtagswahl, Volksbegehren und Volksentscheid (Landeswahlgesetz - LWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Juli 2002 (GVBl S. 277; ber. S. 620, BayRS 111-1-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Oktober 2011 (GVBl S. 506). 13 Die Wahl zum Bayerischen Landtag erfolgt nicht nach Landeslisten, sondern nach Wahlkreislisten. Damit sind nicht „Wahlkreise“ im herkömmlichen Sinn, in welchen die Direktabgeordneten zu wählen sind – diese heißen in Bayern „Stimmkreise“ – gemeint, sondern die sieben Regierungsbezirke. Jeder Regierungsbezirk erhält von den insgesamt 180 Landtagssitzen durch das Landeswahlgesetz (Art. 21 Abs. 2) vorab nach Einwohnergröße eine feste Abgeordnetenzahl, die dann im Wahlkreis nach dem nur im Wahlkreis (und nicht auf Landesebene) errungenen Stimmenanteil auf die Wahlkreisvorschläge verteilt werden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 10 Sitzverteilung Im Stimmkreis ist diejenige sich bewerbende Person gewählt, die die meisten Stimmen erhalten hat. Bei Gleichheit zweier sich bewerbender Personen entscheidet das Los (Art. 43 Abs. 1 LWG). Sollte die Partei eines erfolgreichen Bewerbers an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert sein, so fällt das Mandat an den Stimmkreisbewerber mit der nächsthöchsten Stimmenzahl (Art. 43 Abs. 2 LWG). Die Zahl der aus der Wahlkreisliste einer Partei zu vergebenden Sitze wird um die Zahl der direkt errungenen Sitze ihrer Bewerber vermindert. Der sich nunmehr ergebende Rest wird an die Bewerber der Liste – bei Nichtberücksichtigung bereits in den Stimmkreisen erfolgreicher Bewerber – nach Maßgabe der von ihnen erreichten Stimmen verteilt. Dabei werden die Stimmen die ein Bewerber im Stimmkreis und auf der Liste erhalten hat, herangezogen (Art. 45 LWG). Überhang- Ausgleichsmandate Gewinnt eine Partei in den Stimmkreisen mehr Mandate als ihr nach dem Verhältnisausgleich auf Wahlkreisebene zustehen, so verbleiben diese Sitze der Partei als Überhangmandate (Art. 44 Abs. 2 Satz 1 LWG). Die übrigen Parteien erhalten Ausgleichsmandate (Art. 44 Abs. 2 Satz 2 LWG). Dazu wird die Zahl der auf den Wahlkreis treffenden Sitze (Art. 21 Abs. 2 LWG) so lange erhöht, bis sich bei ihrer Verteilung nach Art. 42 Abs. 2 LWG für diesen Wahlkreisvorschlag die Zahl der für ihn in den Stimmkreisen errungenen Sitze ergibt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 11 3.3. Berlin14 Wahlsystem Personalisierte Verhältniswahl Besonderheiten Bei Berechnung der Fünf-Prozent-Hürde werden auch ungültige Stimmen mitgezählt (§ 18 HS. 1 LWG) Abgeordnetenzahl Das Abgeordnetenhaus besteht aus mindestens 130 Abgeordneten, von denen 78 nach den Grundsätzen der relativen Mehrheitswahl und die übrigen aus Listen gewählt werden (§7 Abs. 2 LWG). Stimmenzahl Jeder Wähler hat 2 Stimmen. Mit der Erststimme wird der Wahlkreiskandidat gewählt, mit der Zweitstimme die Landes- oder Bezirksliste einer Partei (§ 15 Abs. 1 LWG). Sperrklausel Für die Sitzverteilung auf die Landes- und Bezirkslisten werden nur jene Parteien berücksichtigt, die mindestens fünf Prozent der insgesamt abgegebenen (also auch der ungültigen) Zweitstimmen erhalten oder mindestens ein Direktmandat gewonnen haben (§ 18 HS. 1 LWG). Sitzzuteilungsverfahren Die Mandate werden nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren verteilt (§ 17 Abs. 2 LWG). Sitzverteilung In den Wahlkreisen sind diejenigen Kandidaten gewählt, die die relative Mehrheit der abgegebenen gültigen Erststimmen erzielen (§ 16 LWG). Für die Verteilung der Gesamtmandate nach Verhältniswahlgrundsätzen werden von der Ausgangszahl von 130 Sitzen diejenigen Wahlkreissitze abgezogen , die von Kandidaten errungen wurden, die keiner Landes- oder Bezirksliste angeschlossen sind. Diese verbleibende Sitzzahl wird auf die Parteien, die die Fünf-Prozent- Hürde überspringen konnten, nach dem Verfahren Hare/Niemeyer entsprechend dem Verhältnis ihrer insgesamt im Land erreichten Zweitstimmenzahlen verteilt. Hat eine Partei Bezirkslisten aufgestellt, so werden die für die Partei landesweit so ermittelten Mandate nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren auf ihre Bezirkslisten unterverteilt. Von den so auf die Landes- und Bezirkslisten der Parteien entfallenden Sitze 14 Gesetz über die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen (Landeswahlgesetz ) vom 25. September 1987 (GVBl. S. 2370), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. Juli 2006 (GVBl. S. 712). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 12 werden die in den Wahlkreisen direkt errungenen Mandate abgezogen. Die verbleibenden Sitze werden entsprechend der Reihenfolge der Bewerber auf der Landes- oder Bezirksliste vergeben. Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Liste unberücksichtigt. Ist die Landes- oder Bezirksliste erschöpft, bleiben weitere Sitze unbesetzt (§ 17 LWG). Überhang- Ausgleichsmandate Gewinnt eine Partei in den Wahlkreisen mehr Mandate als ihr nach dem Verhältnisausgleich zustehen, verbleiben diese Sitze der Partei als Überhangmandate (§ 19 Abs. 1 LWG). Die übrigen Parteien erhalten Ausgleichsmandate (§ 19 Abs. 2 LWG). Dazu erhöht sich die Anzahl der Sitze um so viele, wie erforderlich sind, um unter Einbeziehung der Überhangmandate die Sitzverteilung im Wahlgebiet nach dem Verhältnis der gesamten Zweitstimmenzahl der Parteien im Wahlgebiet zu gewährleisten (§§ 19 Abs. 2 LWG, 73 Abs. 6 lit. b LWO). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 13 3.4. Brandenburg15 Wahlsystem Personalisierte Verhältniswahl Besonderheiten Die sorbische Minderheit ist von der Fünfprozenthürde ausgenommen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 LWG). Die Zahl der Ausgleichsmandate ist nach oben und unten gedeckelt (§ 3 Abs. 7 LWG). Verfassungsrechtlich verankertes Ausländerwahlrecht. Abgeordnetenzahl Der Landtag besteht aus mindestens 88 Sitzen. Davon werden 44 durch Mehrheitswahl in den Wahlkreisen, die übrigen durch Verhältniswahl nach den Landeslisten der Parteien, politischen Vereinigungen oder Listenvereinigungen auf der Grundlage der im Land abgegebenen Stimmen und unter Berücksichtigung der in den Wahlkreisen erfolgreichen Bewerber gewählt. (§ 1 Abs. 1 LWG) Stimmenzahl Jeder Wähler hat zwei Stimmen, eine Erststimme für die Wahl eines Wahlkreisabgeordneten , eine Zweitstimme für die Wahl einer Landesliste ( § 1 Abs. 2 LWG). Sperrklausel Für die Sitzverteilung auf die Landeslisten werden nur jene Parteien berücksichtigt , die mindestens fünf Prozent der insgesamt abgegebenen gültigen Landesstimmen oder mindestens ein Direktmandat erhalten haben (§ 3 Abs. 1 Satz 1 LWG). Hiervon ausgenommen sind Wahlvorschläge der Sorben (Sonderrechte für Parteien nationaler Minderheiten). Sitzzuteilungsverfahren Die Mandate werden nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren verteilt (§ 3 Abs. 3 LWG). Sitzverteilung Im Wahlkreis ist der Bewerber gewählt, der die meisten Stimmen erhalten hat. Bei Stimmengleichheit entscheidet das vom Wahlkreisleiter zu ziehende Los (§ 2 LWG). Für die Verteilung der Gesamtmandate nach Verhältniswahlgrundsätzen werden von der Ausgangszahl von 88 Sitzen diejenigen Wahlkreissitze abgezogen , die von Kandidaten errungen wurden, für deren Partei keine Landesliste eingereicht und zugelassen wurde. 15 Wahlgesetz für den Landtag Brandenburg (Brandenburgisches Landeswahlgesetz – BbgLWahlG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Januar 2004 (GVBl. I, S.30), zuletzt geändert durch Gesetz vom 01. Februar 2012 (GVBl. I Nr. 8). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 14 Die verbleibende Sitzzahl wird auf die Parteien, die die Sperrklausel überwinden konnten, nach dem Verfahren Hare/Niemeyer entsprechend dem Verhältnis ihrer insgesamt im Land erreichten Zweitstimmenzahlen verteilt. Erhält hiernach eine Partei, auf die mehr als die Hälfte aller zu berücksichtigenden Zweitstimmen entfallen sind, nicht auch mehr als die Hälfte der zu vergebenden Mandate, so wird dieser Partei auf Kosten der anderen Parteien ein weiterer Sitz zugeteilt. Von den so auf die Landesliste einer Partei entfallenden Sitze werden die in den Wahlkreisen direkt errungenen Mandate abgezogen (§ 3 Abs. 5 LWG). Die verbleibenden Sitze werden entsprechend der Reihenfolge der Bewerber auf der Landesliste vergeben. Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Landesliste unberücksichtigt. Ist die Landesliste erschöpft , bleiben weitere Sitze unbesetzt (§ 3 LWG). Überhang- Ausgleichsmandate In den Wahlkreisen errungene Sitze, die die Zahl von Sitzen übersteigen, die einer Partei nach dem Verhältnisausgleich zustehen, verbleiben der Partei als Überhangmandate (§ 3 Abs. 6 Satz 1 LWG). Die übrigen Parteien erhalten Ausgleichsmandate (§ 3 Abs. 7 LWG). Dazu wird eine neue Gesamtsitzzahl berechnet, die jedoch auf 110 Sitze gedeckelt ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 15 3.5. Bremen16 Wahlsystem Verhältniswahl mit offenen Listen Besonderheiten Die Städte Bremen und Bremerhaven bilden getrennte Wahlbereiche Auch die Fünfprozentklausel wird getrennt angewandt. Offene Listen. Abgeordnetenzahl Die Bürgerschaft (Landtag) besteht aus 83 Mitgliedern. Von diesen sind 68 Mitglieder im Wahlbereich Bremen, 15 Mitglieder im Wahlbereich Bremerhaven zu wählen (§ 5 Abs. 1 LWG). Stimmenzahl Jeder Wahlberechtigte hat fünf Stimmen (§ 6 Abs. 1 LWG). Diese können entweder für einen Bewerber kumuliert (§ 6 Abs. 2 LWG), oder für Bewerber aus unterschiedlichen Wahlvorschlägen panaschiert (auf Kandidaten verschiedener Parteien verteilt) abgegeben werden (§ 6 Abs. 3 LWG). Man kann statt einer Person auch die Liste als ganzes ankreuzen (Listenwahl ) (§ 6 Abs. 4 LWG). Sperrklausel Bei der Verteilung der Sitze in den beiden Wahlbereichen Bremen und Bremerhaven werden nur Wahlvorschläge von solchen Parteien berücksichtigt, die im jeweiligen Wahlbereich mindestens fünf Prozent der im Wahlbereich, für den der Wahlvorschlag eingereicht ist, abgegebenen gültigen Stimmen errungen haben (§§ 7 Abs. 7, 42 Abs. 1 LWG). Eine Grundmandatsklausel gibt es nicht. Sitzzuteilungsverfahren Die Mandate werden nach dem Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren verteilt (§ 7 Abs. 4 LWG). Sitzverteilung Die zu verteilenden Sitze im Wahlbereich werden auf die Wahlvorschläge der Parteien und Wählergruppen verteilt (Sainte-Laguë in den Wahlbereichen ). Dann wird per Sainte-Laguë ermittelt, wie viele Sitze auf die unveränderte Liste (Listenwahl) und an die Personenliste (Personenwahl) gehen. Die über Listenkreuz gewählten Sitze gehen an die Bewerber der Liste in Listenreihenfolge. Die Personenwahl-Sitze erhalten die verbliebenen Kandidaten mit den meisten Stimmen (§ 7 LWG). 16 Bremisches Wahlgesetz (BremWahlG) vom 23. Mai 1990 (Brem.GBl. S. 321), letzte berücksichtigte Änderung: § 34 geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 31.01.2012 (Brem.GBl. S. 18). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 16 Überhang- Ausgleichsmandate Keine, da reines Verhältniswahlrecht. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 17 3.6. Hamburg17 Wahlsystem Personalisierte Verhältniswahl Besonderheiten Offene Wahlkreislisten (Mehrmandatswahlkreise) und offene Landeslisten Abgeordnetenzahl Die Bürgerschaft besteht grds. aus 121 Abgeordneten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 LWG), von denen 71 nach Wahlkreislisten in Mehrmandatswahlkreisen und die Übrigen nach Landeslisten gewählt werden (§ 2 Abs. 2 LWG). Stimmenzahl Die Wahlberechtigten haben fünf Wahlkreisstimmen für die Wahl nach Wahlkreislisten und fünf Landesstimmen für die Wahl nach Landeslisten (§ 3 Abs. 1 LWG). Die Wahlkreisstimmen können beliebig auf die in den Wahlkreislisten genannten Personen verteilt werden (§ 3 Abs. 2 LWG) So können: • einer Person bis zu fünf Stimmen gegeben werden (kumulieren) • die Stimmen an Personen aus unterschiedlichen Wahlkreisen verteilt werden (panaschieren) Gleiches gilt für die Landesstimmen. Auch diese können beliebig auf die Landeslisten und die in ihnen genannten Personen verteilt werden (§ 3 Abs. 3 LWG). Neben einer kumulierten oder panaschierten Abgabe ist hier auch eine Listenwahl (Abgabe der Stimmen an Landeslisten in ihrer Gesamtheit ) möglich. Sperrklausel Bei der Verteilung der nach Landeslisten zu vergebenden Sitze werden nur Landeslisten berücksichtigt, die mindestens fünf Prozent der insgesamt abgegebenen gültigen Gesamtstimmen erhalten haben ( § 5 Abs. 2 LWG). Eine Grundmandatsklausel gibt es nicht. Sitzzuteilungsverfahren Die Mandate werden nach dem Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren verteilt (§ 5 Abs. 4 LWG). Sitzverteilung Die 71 Sitze in den Wahlkreisen werden auf die Kreiswahlvorschläge der Parteien und Wählergruppen verteilt (§ 4 Abs. 2 LWG). Eine Sperrklausel im Wahlkreis gibt es nicht. Aus dem Verhältnis von Listenstimmen und Persönlichkeitsstimmen einer Wahlkreisliste wird nach Sainte-Laguë ermittelt, wie 17 Gesetz über die Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft in der Fassung vom 22. Juli 1986 (HmbGVBl. 1986, S. 223), letzte berücksichtigte Änderung: § 8 geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 19. April 2011 (HmbGVBl. S. 123). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 18 viele Sitze entsprechend der Listenreihenfolge und wie viele Sitze entsprechend der Stimmenzahl der Kandidaten verteilt werden. Die Sitze gehen zuerst an die Kandidaten mit den meisten Stimmen, die restlichen Sitze in Listenreihenfolge an die nicht schon durch Personenwahl gewählten Kandidaten (analog zum Kommunalwahlrecht in Niedersachsen). Alle 121 Sitze werden proportional nach dem Divisorverfahren mit Standardrundung (Sainte-Laguë) auf die Parteien, welche die Fünfprozenthürde überspringen konnten, entsprechend dem Verhältnis ihrer insgesamt im Land erreichten Zahl an Listenstimmen verteilt. Wahlkreissitze von Parteien , die nicht über die Sperrklausel gekommen sind, vergrößern die Größe der Bürgerschaft. Die Anzahl der in den Wahlkreisen errungenen Sitze von Parteien, die die Sperrklausel überwunden haben, wird abgezogen. Die restlichen Sitze gehen in der Reihenfolge der Landesliste an die Kandidaten, welche nicht schon über Wahlkreise gewählt wurden (§ 5 LWG). Überhang- Ausgleichsmandate Hat eine Partei oder Wählervereinigung in den Wahlkreisen mehr Sitze errungen , als ihr proportional im Lande zustehen und überspringt sie darüber hinaus die Fünfprozenthürde, so behält sie diese Überhangmandate (§ 5 Abs. 5 LWG). Die Gesamtzahl der proportional zu verteilenden Sitze erhöht sich um die notwendige Anzahl an Mandaten (Ausgleichsmandate). Ausgleichsmandate für die Sitze von Parteien, die gem. § 5 Abs. 3 LWG die Gesamtzahl der Sitze in der Bürgerschaft erhöhen, gibt es nicht. Wenn sich durch derartige Wahlkreissitze oder durch Überhang- und Ausgleichsmandate die Größe der Bürgerschaft auf eine gerade Zahl erhöht, wird diese um einen weiteren Sitz erhöht (§ 5 Abs. 3 Satz 2, Abs. 5 Satz 2 LWG). Mehrheitsklausel Eine Partei oder Wählervereinigung, welche die absolute Mehrheit der insgesamt für die Landeslisten abgegebenen Stimmen erhält, erhält auch die absolute Mehrheit aller Bürgerschaftsmandate. Die betreffende Partei oder Wählervereinigung erhält gegebenenfalls zu diesem Zweck erforderliche zusätzliche Mandate (§ 5 Abs. 5 Satz 3 LWG). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 19 3.7. Hessen18 Wahlsystem Personalisierte Verhältniswahl Besonderheiten Erst- und Zweitstimme heißen Wahlkreisstimme bzw. Landesstimme (§ 8 LWG) Hessen ist das einzige Bundesland mit einem passiven Wahlrecht erst ab dem 21. Lebensjahr (§ 4 LWG) Abgeordnetenzahl Der Landtag besteht aus mindestens 110 Sitzen (§ 1 Abs. 1 LWG). Davon werden 55 Abgeordnete in Wahlkreisen und 55 Abgeordnete aus Landeslisten gewählt (§ 6 LWG). Stimmenzahl Jeder Wähler hat zwei Stimmen, eine Wahlkreisstimme für die Wahl eines Wahlkreisabgeordneten und eine Landesstimme für die Wahl einer Landesliste (§ 8 LWG). Sperrklausel Bei der Verteilung der Sitze auf die Landeslisten werden nur Parteien und Wählergruppen berücksichtigt, die mindestens fünf Prozent der abgegebenen gültigen Landesstimmen erhalten haben (§ 10 Abs. 1 LWG). Eine Grundmandatsklausel gibt es nicht. Sitzzuteilungsverfahren Die Mandate werden nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren verteilt (§ 10 Abs. 3 LWG). Sitzverteilung In den Wahlkreisen ist der Bewerber gewählt, der die meisten gültigen Stimmen erhalten hat (§ 9 LWG). Für die Verteilung der Gesamtmandate nach Verhältniswahlgrundsätzen werden von der Ausgangszahl von 110 Sitzen diejenigen Wahlkreissitze abgezogen , die von Kandidaten errungen wurden, die keiner Landesliste angeschlossen sind oder deren Landesliste die Fünfprozenthürde verfehlt hat. Die verbleibende Sitzzahl wird auf die Parteien, die die Fünfprozenthürde überspringen konnten, nach dem Verfahren Hare/Niemeyer entsprechend dem Verhältnis ihrer insgesamt im Land erreichten Stimmenzahlen verteilt. Dabei bleiben die Landesstimmen jener Wähler unberücksichtigt, die mit der Wahlkreisstimme einen erfolgreichen Wahlkreiskandidaten gewählt haben , der keiner zugelassenen Landesliste angeschlossen ist. 18 Gesetz über die Wahlen zum Landtag des Landes Hessen (Landtagswahlgesetz – LWG) in der Fassung vom 7. April 2006 (GVBL I 2006, 110), zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 16. Dezember 2011 (GVBl. I S. 786, 801). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 20 Von den so auf die Landesliste einer Partei entfallenden Sitzen werden die in den Wahlkreisen direkt errungenen Mandate abgezogen. Die verbleibenden Sitze werden entsprechend der Reihenfolge der Bewerber auf der Landesliste vergeben. Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Landesliste unberücksichtigt. Ist die Landesliste erschöpft, bleiben weitere Sitze unbesetzt (§ 10 LWG). Überhang- Ausgleichsmandate Gewinnt eine Partei in den Wahlkreisen mehr Mandate als ihr nach dem Verhältnisausgleich zustehen, verbleiben diese Sitze der Partei als Überhangmandate (§ 10 Abs. 5 Satz 1 LWG). Die übrigen Parteien erhalten Ausgleichsmandate. Dazu wird die Gesamtzahl der Abgeordneten von 110 so lange erhöht, bis die nach § 10 Abs. 3 LWG zu berechnende Proportion erreicht ist (§ 10 Abs. 5 Satz 2 LWG). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 21 3.8. Mecklenburg-Vorpommern19 Wahlsystem Personalisierte Verhältniswahl Abgeordnetenzahl Der Landtag besteht aus 71 Abgeordneten (Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Verf MV). 36 Abgeordnete werden durch direkte Wahl in den Wahlkreisen, die übrigen durch Verhältniswahl aus den Landeslisten der politischen Parteien gewählt . Stimmenzahl Jeder Wähler hat zwei Stimmen, eine Erststimme für die Wahl des Wahlkreisabgeordneten , eine Zweitstimme für die Wahl nach Landeslisten (§ 53 LWG). Sperrklausel Bei der Verteilung der Sitze auf die Landeslisten werden nur Parteien berücksichtigt , die mindestens fünf Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen erhalten haben (§ 58 Abs. 1 LWG). Eine Grundmandatsklausel gibt es nicht. Sitzzuteilungsverfahren Die Mandate werden nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren verteilt (§ 58 Abs. 2, 3 LWG). Sitzverteilung In den Wahlkreisen sind diejenigen Kandidaten gewählt, die die relative Mehrheit der abgegebenen gültigen Erststimmen erzielt haben (§ 57 LWG). Für die Verteilung der Gesamtmandate nach Verhältniswahlgrundsätzen werden von der Ausgangszahl von 71 Sitzen diejenigen Wahlkreissitze abgezogen , die von Kandidaten errungen wurden, die keiner Landesliste angeschlossen sind oder deren Landesliste die Fünfprozenthürde verfehlt hat. Die verbleibende Sitzzahl wird auf die Parteien, die die Fünfprozenthürde überspringen konnten, nach dem Verfahren Hare/Niemeyer entsprechend dem Verhältnis ihrer insgesamt im Land erreichten Stimmenzahlen verteilt. Dabei bleiben die Zweitstimmen jener Wähler unberücksichtigt, die mit der Erststimme einen erfolgreichen Wahlkreiskandidaten gewählt haben, der keiner zugelassenen Landesliste angeschlossen ist. Erhält hiernach eine Partei , auf die mehr als die Hälfte aller zu berücksichtigenden Zweitstimmen entfallen sind, nicht auch mehr als die Hälfte der zu vergebenden Mandate, so wird dieser Partei auf Kosten der anderen Parteien ein weiterer Sitz zuge- 19 Gesetz über die Wahlen im Land Mecklenburg-Vorpommern (Landes- und Kommunalwahlgesetz- LKWG M-V) in der Fassung vom 16. Dezember 2010 (GVOBl. M-V 2010, S. 690), letzte berücksichtigte Änderung: Anlage geändert durch Bekanntmachung vom 1. April 2011 (GVOBl. M-V S. 233). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 22 teilt. Von den so auf die Landesliste einer Partei entfallenden Sitze werden die in den Wahlkreisen direkt errungenen Mandate abgezogen. Die verbleibenden Sitze werden entsprechend der Reihenfolge der Bewerber auf der Landesliste vergeben. Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Landesliste unberücksichtigt. Ist die Landesliste erschöpft, bleiben weitere Sitze unbesetzt (§ 58 LWG). Überhang- Ausgleichsmandate In den Wahlkreisen errungene Sitze verbleiben der Partei als Überhangmandate , wenn sie die nach dem Verhältnisausgleich ermittelte Zahl übersteigen (§ 58 Abs. 6 Satz 1 LWG). Die übrigen Parteien erhalten Ausgleichsmandate. Dazu werden den übrigen Landeslisten weitere Sitze zugeteilt. Die Gesamtzahl der Abgeordnetensitze (Art. 20 Abs. 2 Verf MV) erhöht sich um so viele, bis unter Einbeziehung der Überhangmandate das nach den Absätzen 3 und 4 zu berechnende Verhältnis erreicht ist. Die Anzahl der Ausgleichsmandate darf dabei jedoch das Doppelte der Anzahl der Überhangmandate nicht übersteigen. Ist die erhöhte Gesamtsitzzahl eine gerade Zahl, so wird diese um einen zusätzlichen Sitz erhöht (§ 58 Abs. 6 Satz 2-5 LWG). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 23 3.9. Niedersachsen20 Wahlsystem Personalisierte Verhältniswahl Abgeordnetenzahl Der Landtag besteht aus mindestens 135 Abgeordneten. Hiervon werden 87 Abgeordnete in den Wahlkreisen in direkter Wahl gewählt. Die übrigen Abgeordnetensitze werden den Parteien auf Landeswahlvorschlägen zugewiesen (§ 1 Abs. 1 LWG). Stimmenzahl Jeder Wähler hat zwei Stimmen, eine Erststimme für die Wahl eine Kreiswahlvorschlages , eine Zweitstimme für die Wahl eines Landeswahlvorschlages (§ 1 Abs. 3 LWG). Sperrklausel Bei der Verteilung der Sitze auf die Landeswahlvorschläge gemäß § 33 Abs. 4 – 7 LWG werden nur Parteien berücksichtigt, die mindestens 5 Prozent der im Land abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten haben (§ 33 Abs. 3 LWG). Eine Grundmandatsklausel gibt es nicht. Sitzzuteilungsverfahren Die Mandate werden nach dem d’Hondtschen Höchstzahlverfahren verteilt (§ 33 Abs. 5 LWG). Sitzverteilung In den Wahlkreisen sind die Bewerber mit den jeweils höchsten Stimmenzahlen gewählt (§ 31 Abs. 1 LWG). Für die Verteilung der Gesamtmandate nach Verhältniswahlgrundsätzen werden von der Ausgangszahl von 135 Sitzen diejenigen Wahlkreismandate abgezogen, die von einem Bewerber errungen wurden, der keiner zugelassenen Landesliste angeschlossen ist oder dessen Partei die Fünfprozenthürde nicht erreicht hat. Die verbleibende Sitzzahl wird auf die Parteien, die die Fünfprozenthürde überspringen konnten, nach dem d’Hondtschen Höchstzahlverfahren entsprechend dem Verhältnis ihrer insgesamt im Land erreichten Stimmenzahlen verteilt. Von den auf die Landesliste einer Partei entfallenden Sitzen werden die in den Wahlkreisen direkt errungenen Mandate abgezogen. Die verbleibenden Sitze werden entsprechend der Reihenfolge der Bewerber auf der Landesliste vergeben. Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Landesliste unberücksichtigt. Ist die Landesliste erschöpft, 20 Niedersächsisches Landeswahlgesetz (NLWG) in der Fassung vom 30. Mai 2002 (Nds. GVBl. 2002, S. 153), letzte berücksichtigte Änderung: Anlage geändert durch Bekanntmachung vom 23. April 2012 (Nds. GVBl. S. 84) entsprechend § 55 Abs. 4 i.V.m. § 10 Abs. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 24 so bleiben weitere Sitze unbesetzt (§ 33 LWG). Überhang- Ausgleichsmandate Gewinnt eine Partei in den Wahlkreisen mehr Mandate als ihr nach dem Verhältnisausgleich zustehen, so verbleiben diese Sitze der Partei als Mehrsitze (§ 33 Abs. 7 Satz 1 LWG). Die übrigen Parteien erhalten Ausgleichsmandate. Dazu wird die Zahl 135 um das Doppelte der Anzahl der Mehrsitze erhöht. Die so erhöhte Zahl der Abgeordnetensitze wird wiederum nach den Absätzen 4 bis 6 verteilt. Ergibt auch diese Verteilung, dass eine Partei mehr Abgeordnetensitze in den Wahlkreisen erhalten hat, als ihr nach Absatz 5 zustehen, so verbleiben der Partei diese Sitze; die Gesamtzahl der Abgeordnetensitze (Satz 2) erhöht sich entsprechend (§ 33 Abs. 7 Satz 2-4 LWG). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 25 3.10. Nordrhein-Westfalen21 Wahlsystem Personalisierte Verhältniswahl Besonderheiten Hoher Wahlkreissitzanteil von mehr als 70 % macht Überhangmandate zur Regel. Landeslisten dürfen nur von Parteien eingereicht werden, nicht von Wählergruppen (§ 17 a Abs. 1 Satz 2 LWG). Abgeordnetenzahl Der Landtag besteht aus mindestens 181 Sitzen. Davon werden 128 Mandate in Einerwahlkreisen nach relativer Mehrheitswahl und die restlichen über Listen vergeben. Stimmenzahl Jeder Wähler hat zwei Stimmen. Mit der Erststimme wählt er einen Wahlkreiskandidaten , mit der Zweitstimme die Landesliste einer Partei (§ 26 Abs. 1 LWG). Sperrklausel Für die Sitzverteilung auf die Landeslisten werden nur jene Parteien berücksichtigt , die mindestens fünf Prozent der insgesamt abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten haben (§ 33 Abs. 2 Satz 2, 3 LWG). Eine Grundmandatsklausel gibt es nicht. Sitzzuteilungsverfahren Die Mandate werden nach dem Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren zugeteilt (§ 33 Abs. 4 LWG). Sitzverteilung In den Wahlkreisen sind die Kandidaten gewählt, welche die relative Mehrheit der abgegebenen gültigen Erststimmen erzielt haben (§ 32 Abs. 1 LWG). Für die Verteilung der Gesamtmandate nach Verhältniswahlgrundsätzen werden von der Ausgangszahl von 181 Sitzen diejenigen Wahlkreissitze abgezogen , die von Kandidaten errungen wurden, die keiner Landesliste angeschlossen sind oder deren Landesliste die Sperrklausel verfehlt hat. Die verbleibende Sitzzahl wird auf die Parteien, die die Sperrklausel überwinden konnten, nach dem Verfahren Sainte-Laguë entsprechend dem Verhältnis ihrer insgesamt im Land erreichten Zweitstimmen verteilt. Dabei bleiben die Zweitstimmen jener Wähler unberücksichtigt, die einen erfolgreichen Wahlkreiskandidaten gewählt haben, der keiner zugelassenen Lan- 21 Gesetz über die Wahl zum Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen (Landeswahlgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. August 1993 (GV. NRW. 1993, S. 516); letzte berücksichtigte Änderung : §§ 19, 21 und 22 geändert durch § 1 der Verordnung vom 16.03.2012 (GV. NRW. S. 137). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 26 desliste angeschlossen ist. Von den so auf die Landesliste einer Partei entfallenden Sitze werden die in den Wahlkreisen direkt errungenen Mandate abgezogen. Die verbleibenden Sitze werden entsprechend der Reihenfolge der Bewerber auf der Landesliste vergeben. Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Landesliste unberücksichtigt. Ist die Landesliste erschöpft, bleiben weitere Sitze unbesetzt (§ 33 LWG). Überhang- Ausgleichsmandate Gewinnt eine Partei in den Wahlkreisen mehr Mandate als ihr nach dem Verhältnisausgleich zustehen, verbleiben diese Sitze der Partei als Überhangmandate (§ 33 Abs. 5 LWG) Die übrigen Parteien erhalten Ausgleichsmandate. Dazu wird eine neue Gesamtsitzzahl berechnet (§ 33 Abs. 5 LWG). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 27 3.11. Rheinland-Pfalz22 Wahlsystem Personalisierte Verhältniswahl Besonderheiten Erst- und Zweitstimme heißen Wahlkreisstimme bzw. Landesstimme Abgeordnetenzahl Der Landtag besteht aus 101 Abgeordneten. Von den Abgeordneten werden 51 nach Wahlkreisvorschlägen (Landeslisten) und Bezirkswahlvorschlägen (Bezirkslisten) gewählt (§ 26 Abs. 1,2 LWG) Stimmenzahl Jeder Stimmberechtigte hat zwei Stimmen, eine Stimme für die Wahl eines Wahlkreisabgeordneten (Wahlkreisstimme) und eine Stimme für die Wahl einer Landes- oder Bezirksliste (Landesstimme), § 27 LWG. Sperrklausel Für die Sitzverteilung auf die Landes- und Bezirkslisten werden nur jene Parteien berücksichtigt, die mindestens fünf Prozent der insgesamt abgegebenen gültigen Landesstimmen erhalten haben (§ 29 Abs. 1 Satz 2 LWG). Eine Grundmandatsklausel gibt es nicht. Sitzzuteilungsverfahren Die Mandate werden nach dem Saint-Laguë/Schepers-Verfahren verteilt (§ 29 Abs. 2 LWG) Sitzverteilung In den Wahlkreisen sind diejenigen Kandidaten gewählt, die die relative Mehrheit der abgegebenen gültigen Wahlkreisstimmen erzielen (§ 28 LWG). Für die Verteilung der Gesamtmandate nach Verhältniswahlgrundsätzen werden von der Ausgangszahl von 101 Sitzen diejenigen Wahlkreissitze abgezogen , die von Kandidaten errungen wurden, die keiner Landes- oder Bezirksliste angeschlossen sind oder deren Partei die Fünfprozenthürde verfehlt hat. Die verbleibende Sitzzahl wird auf die Parteien, die die Fünfprozenthürde überspringen konnten, nach dem Verfahren Hare/Niemeyer entsprechend dem Verhältnis ihrer insgesamt im Land erreichten Landesstimmenzahlen verteilt. Dabei bleiben die Landesstimmen jener Wähler unberücksichtigt, die mit der Wahlkreisstimme einen erfolgreichen Wahlkreiskandidaten gewählt haben, der keiner zugelassenen Landes- oder Bezirksliste angeschlossen ist. Erhält hiernach eine Partei, auf die mehr als die Hälfte aller zu berücksichtigenden Landesstimmen entfallen sind, nicht auch mehr als die Hälfte der zu vergebenden Mandate, so wird dieser Partei auf Kosten der 22 Landeswahlgesetz (LWahlG) in der Fassung vom 24. November 2004 (GVBl. 2004, S. 520), letzte berücksichtigte Änderung: § 11 geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 28.09.2010 (GVBl. S. 280). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 28 anderen Parteien ein weiterer Sitz zugeteilt. Hat eine Partei mehrere Bezirkslisten aufgestellt, so werden die für die Partei landesweit so ermittelten Mandate nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren auf ihre Bezirkslisten unterverteilt. Von den so auf die Landes- und Bezirkslisten der Parteien entfallenden Sitze werden die in den Wahlkreisen direkt errungenen Mandate abgezogen. Die verbleibenden Sitze werden entsprechend der Reihenfolge der Bewerber auf der Landes- oder Bezirksliste vergeben. Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Liste unberücksichtigt. Ist die Landes- oder Bezirksliste erschöpft, bleiben weitere Sitze unbesetzt (§ 29 LWG). Überhang- Ausgleichsmandate Gewinnt eine Partei in den Wahlkreisen mehr Mandate als ihr nach dem Verhältnisausgleich zustehen, verbleiben diese Sitze der Partei als Überhangmandate (§ 30 Abs. 1 LWG). Die übrigen Parteien erhalten Ausgleichsmandate (§ 30 Abs. 2 LWG). Dazu wird die Gesamtzahl der Abgeordneten von 101 so lange erhöht, wie erforderlich ist, um unter Einbeziehung der Überhangmandate die Sitzverteilung im Lande nach dem Verhältnis der Landesstimmenzahlen der Parteien und Wählervereinigungen zu gewährleisten. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 29 3.12. Saarland23 Wahlsystem Verhältniswahl Besonderheiten Wahlkreislisten Abgeordnetenzahl Der Landtag besteht aus 51 Abgeordneten. 41 Abgeordnete werden grundsätzlich nach Kreiswahlvorschlägen, die übrigen nach Landeswahlvorschlägen gewählt (§ 1 LWG). Stimmenzahl Jeder Wähler hat eine Stimme, mit der er gleichzeitig die Landes- und Wahlkreisliste einer Partei wählt (§ 10 Abs. 1 LWG). Landes- und Wahlkreislisten Die Parteien reichen je eine Wahlkreisliste in jedem der drei Wahlkreise und darüber hinaus eine Landesliste ein (§ 15 Abs. 2 LWG). Sperrklausel Für die Sitzverteilung werden nur jene Parteien berücksichtigt, die mindestens fünf Prozent der gültigen Stimmen erhalten haben (§ 38 Abs. 1 LWG). Eine Grundmandatsklausel gibt es nicht. Sitzzuteilungsverfahren Die Mandate werden nach dem d´Hondtschen Höchstzahlverfahren verteilt (§ 38 Abs. 3 Nr. 1 LWG). Sitzverteilung Zunächst wird mit Hilfe des d’Hondtschen Höchstzahlverfahrens ermittelt, wie viele der 51 Landtagssitze jeder Partei zustehen. Sodann werden (ebenfalls per d’Hondt) 41 Mandate auf die Wahlkreislisten entsprechend der von den Parteien in Wahlkreisen erzielten Stimmenzahlen verteilt (§ 38 LWG). Die Differenz an Sitzen zwischen den so ermittelten Sitzzahlen der Wahlkreislisten einer Partei und der der Partei insgesamt zustehenden Zahl an Landtagssitzen, wird aus der Landesliste der jeweiligen Partei besetzt. Hat eine Partei keine Landesliste eingereicht, so werden diese Mandate unter entsprechender Anwendung des d’Hondtschen Verfahrens auf die Wahlkreislisten der Partei verteilt. Die Sitze werden entsprechend der Reihenfolge der Bewerber auf der Landes - oder Wahlkreisliste vergeben. Ist eine Landes- oder Wahlkreisliste erschöpft , so werden die übrigen Sitze unter entsprechender Anwendung des obigen Verfahrens an die anderen Listen der Partei verteilt. Dies gilt auch für 23 Landtagswahlgesetz (LWG) vom 19. Oktober 1988 in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. November 2008 (Amtsblatt 2008, S. 1855), geändert durch das Gesetz vom 26. Januar 2012 (Amtsbl. I S. 94). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 30 Nachrücker während der Legislaturperiode. Überhang- Ausgleichsmandate Es ist denkbar, dass den Kreiswahlvorschlägen einer Partei in der Summe mehr Sitze zustehen als der Partei insgesamt. Eine explizite Regelung zur Behandlung von Überhangmandate gibt es im saarländischen Landtagswahlgesetz jedoch nicht. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 31 3.13. Sachsen24 Wahlsystem Personalisierte Verhältniswahl Besonderheiten Erst- und Zweitstimme heißen Direktstimme bzw. Listenstimme Abgeordnetenzahl Der Landtag besteht aus 120 Abgeordneten. Davon werden 60 nach Kreiswahlvorschlägen in den Wahlkreisen und die übrigen nach Landeslisten gewählt. Stimmenzahl Jeder Wähler hat zwei Stimmen (§ 4 LWG). Mit der Direktstimme wählt man einen Wahlkreiskandidaten, mit der Listenstimme die Landesliste einer Partei oder einer politischen Vereinigung. Sperrklausel Bei Verteilung der Sitze auf die Landeslisten werden nur Parteien berücksichtigt , die mindestens fünf Prozent der abgegebenen gültigen Listenstimmen erhalten oder in mindestens zwei Wahlkreisen ein Direktmandat errungen haben (§ 6 Abs. 1 LWG). Sitzzuteilungsverfahren Die Mandate werden nach dem d`Hondtschen Höchstzahlverfahren verteilt (§ 6 Abs. 3 LWG). Sitzverteilung In den Wahlkreisen sind diejenigen Kandidaten gewählt, die die relative Mehrheit der abgegebenen gültigen Direktstimmen erzielt haben (§ 5 LWG). Für die Verteilung der Gesamtmandate nach Verhältniswahlgrundsätzen werden von der Ausgangszahl von 120 Sitzen diejenigen Wahlkreissitze abgezogen , die von Kandidaten errungen wurden, deren Landesliste die Sperrklausel verfehlt hat. Die verbleibende Sitzzahl wird auf die Parteien, die die Sperrklausel überwinden konnten, nach dem Verfahren d’Hondt entsprechend dem Verhältnis ihrer insgesamt im Land erreichten Listenstimmenzahlen verteilt. Erhält hiernach eine Partei, auf die mehr als die Hälfte aller zu berücksichtigenden Listenstimmen entfallen sind, nicht auch mehr als die Hälfte der zu vergebenden Mandate, so wird dieser Partei auf Kosten der anderen Parteien ein weiterer Sitz zugeteilt. Von den so auf die Landesliste einer Partei entfallenden Sitze werden die in den Wahlkreisen direkt errungenen Mandate abgezogen. Die verbleibenden Sitze werden entsprechend der Reihenfolge der Bewerber auf der Landeslis- 24 Gesetz über die Wahlen zum Sächsischen Landtag (Sächsisches Wahlgesetz – SächsWahlG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. September 2003 (SächsGVBl. 2003, S. 525), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 19. Mai 2010 (SächsGVBl. S. 142). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 32 te vergeben. Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Landesliste unberücksichtigt. Ist die Landesliste erschöpft, bleiben weitere Sitze unbesetzt (§ 6 LWG). Überhang- Ausgleichsmandate In den Wahlkreisen errungene Direktmandate verbleiben einer Partei als Überhangmandate, wenn die Summe dieser Sitze die nach den Absätzen 3 und 4 ermittelte Zahl übersteigt (§ 6 Abs. 6 Satz 1 LWG). Die übrigen Landeslisten erhalten Ausgleichsmandate, wenn auf sie höhere Höchstzahlen entfallen als auf das letzte Überhangmandat. Die Zahl der Ausgleichsmandate darf die der Überhangmandate nicht übersteigen. Die Gesamtzahl der Abgeordneten erhöht sich um die Zahl der Überhang- und Ausgleichsmandate (§ 6 Abs. 6 Satz 2-4 LWG). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 33 3.14. Sachsen-Anhalt25 Wahlsystem Personalisierte Verhältniswahl Besonderheiten Parteien können zusammen mit einem gemeinsamen Wahlvorschlag kandidieren Abgeordnetenzahl Der Landtag besteht aus mindestens 91 Abgeordneten. Hiervon werden 45 Abgeordnete in den Wahlkreisen in direkter Wahl gewählt. Die übrigen Abgeordnetensitze werden den Parteien auf Landeswahlvorschlägen zugewiesen (§ 1 Abs. 1 LWG). Stimmenzahl Jeder Wähler hat zwei Stimmen, eine Erststimme für die Wahl eines Kreiswahlvorschlages , eine Zweitstimme für die Wahl eines Landeswahlvorschlages (§ 1 Abs. 3 LWG). Sperrklausel Für die Sitzverteilung auf die Landeslisten werden nur jene Parteien berücksichtigt , die mindestens fünf Prozent der insgesamt abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten haben (§ 35 Abs. 3 LWG) Eine Grundmandatsklausel gibt es nicht. Sitzzuteilungsverfahren Die Mandate werden nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren verteilt (§ 35 Abs. 5 LWG). Sitzverteilung In den Wahlkreisen sind diejenigen Kandidaten gewählt, die die relative Mehrheit der abgegebenen Erststimmen erzielt haben (§ 33 Abs. 1 LWG). Für die Verteilung der Gesamtmandate nach Verhältniswahlgrundsätzen werden von der Ausgangszahl von 91 Sitzen diejenigen Wahlkreissitze abgezogen , die von Kandidaten errungen wurden, die keiner zugelassenen Landesliste angeschlossen sind oder deren Landesliste die Fünfprozenthürde verfehlt hat. Die verbleibende Sitzzahl wird auf die Parteien, die die Fünfprozenthürde überspringen konnten, nach dem Verfahren Hare/Niemeyer entsprechend dem Verhältnis ihrer insgesamt im Land erreichten Zweitstimmenzahlen verteilt. Erhält hiernach eine Partei, auf die mehr als die Hälfte aller zu berücksichtigenden Zweitstimmen entfallen sind, nicht auch mehr als die Hälfte der zu vergebenden Mandate, so wird dieser Partei auf Kosten der anderen Parteien ein weiterer Sitz zugeteilt. Von den so auf die Landesliste einer Partei entfallenden Sitze werden die in 25 Wahlgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (LWG) vom 18. Februar 2010 (GVBl. LSA 2010, S. 80). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 34 den Wahlkreisen direkt errungenen Mandate abgezogen. Die verbleibenden Sitze werden entsprechend der Reihenfolge der Bewerber auf der Landesliste vergeben. Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Landesliste unberücksichtigt. Ist die Landesliste erschöpft, bleiben weitere Sitze unbesetzt (§ 35 LWG). Überhang- Ausgleichsmandate Gewinnt eine Partei in den Wahlkreisen mehr Mandate als ihr nach dem Verhältnisausgleich zustehen, verbleiben diese Sitze der Partei als Mehrsitze (§ 35 Abs. 8 Satz 1 LWG). Die übrigen Parteien erhalten Ausgleichsmandate. Dazu wird die Zahl 91 um das Doppelte der Anzahl der Mehrsitze erhöht. Diese Mandatszahl wird wiederum nach den Absätzen 4 bis 7 verteilt. Ergibt auch diese Verteilung, dass eine Partei mehr Abgeordnetensitze in den Wahlkreisen erhalten hat, als ihr nach Absatz 5 und 6 zustehen, so verbleiben der Partei diese Sitze; die Gesamtzahl der Abgeordnetensitze (Satz 2) erhöht sich entsprechend (§ 35 Abs. 8 Satz 2-4 LWG). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 35 3.15. Schleswig-Holstein26 Wahlsystem Personalisierte Verhältniswahl Besonderheiten Die dänische Minderheit ist von der Fünfprozenthürde ausgenommen Abgeordnetenzahl Der Landtag besteht aus 69 Abgeordneten. Davon werden 35 Abgeordnete durch Mehrheitswahl in den Wahlkreisen, die übrigen durch Verhältniswahl aus den Landeslisten der Parteien auf der Grundlage der im Land abgegebenen Zweitstimmen und unter Berücksichtigung der in den Wahlkreisen erfolgreichen Bewerberinnen und Bewerbern gewählt (§ 1 Abs. 1 LWG). Stimmenzahl Jede Wählerin und jeder Wähler hat zwei Stimmen, eine Erststimme für die Wahl einer Bewerberin oder eines Bewerbers im Wahlkreis, eine Zweitstimme für die Wahl einer Landesliste (§ 1 Abs. 2 LWG). Sperrklausel Für die Sitzverteilung auf die Landeslisten werden nur jene Parteien berücksichtigt , die mindestens fünf Prozent der insgesamt abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten oder mindestens ein Direktmandat gewonnen haben (§ 3 Abs. 1 LWG). Hiervon ausgenommen sind Wahlvorschläge der dänischen Minderheit (§ 3 Abs. 1 Satz 2 LWG). Sitzzuteilungsverfahren Die Mandate werden nach dem d`Hondtschen Höchstzahlverfahren verteilt (§ 3 Abs. 3 LWG). Sitzverteilung In den Wahlkreisen sind diejenigen Kandidaten gewählt, die die relative Mehrheit der abgegebenen gültigen Erststimmen erzielt haben (§ 2 LWG). Für die Verteilung der Gesamtmandate nach Verhältniswahlgrundsätzen werden von der Ausgangszahl von 69 Sitzen diejenigen Wahlkreissitze abgezogen , die von Kandidaten errungen wurden, die keiner Landesliste angeschlossen sind oder deren Landesliste die Sperrklausel verfehlt hat. Die verbleibende Sitzzahl wird auf die Parteien, die die Sperrklausel überwinden konnten, nach dem Verfahren d’Hondt entsprechend dem Verhältnis ihrer insgesamt im Land erreichten Zweitstimmenzahlen verteilt. Von den so auf die Landesliste einer Partei entfallenden Sitze werden die in 26 Wahlgesetz für den Landtag von Schleswig-Holstein (Landeswahlgesetz – LWahlG) in der Fassung vom 7. Oktober 1991 (GVOBl. 1991, 442), letzte berücksichtigte Änderung: §§ 1, 3 und 16 geändert (Art. 2 Ges. v. 29.03.2011, GVOBl. S. 96). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 36 den Wahlkreisen direkt errungenen Mandate abgezogen. Die verbleibenden Sitze werden entsprechend der Reihenfolge der Bewerber auf der Landesliste vergeben. Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Landesliste unberücksichtigt. Ist die Landesliste erschöpft, bleiben weitere Sitze unbesetzt (§ 3 LWG). Überhang- Ausgleichsmandate Ist die Anzahl der in den Wahlkreisen für eine Partei gewählten Bewerberinnen und Bewerber größer als ihr verhältnismäßiger Sitzanteil, so verbleiben ihr die darüber hinausgehenden Sitze als Mehrsitze (§ 3 Abs. 5 Satz 1 LWG). Die übrigen Parteien erhalten Ausgleichsmandate. In diesem Fall sind auf die nach Absatz 3 Satz 2 und 3 noch nicht berücksichtigten nächstfolgenden Höchstzahlen so lange weitere Sitze zu verteilen und nach Absatz 4 zu besetzen , bis der letzte Mehrsitz durch den verhältnismäßigen Sitzanteil gedeckt ist. Ist die nach den Sätzen 1 und 2 erhöhte Gesamtsitzzahl eine gerade Zahl, so wird auf die noch nicht berücksichtigte nächstfolgende Höchstzahl ein zusätzlicher Sitz vergeben (§ 3 Abs. 5 Satz 2-3 LWG). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 37 3.16. Thüringen27 Wahlsystem Personalisierte Verhältniswahl Besonderheiten Erst- und Zweitstimme heißen Wahlkreisstimme bzw. Landesstimme Abgeordnetenzahl Der Landtag besteht aus 88 Abgeordneten. 44 Abgeordnete werden in den Wahlkreisen und 44 Abgeordnete aus Landeslisten gewählt (§ 1 Abs. 1, 2 LWG). Stimmenzahl Jeder Wähler hat zwei Stimmen, eine Wahlkreisstimme für die Wahl eines Wahlkreisabgeordneten und eine Landesstimme für die Wahl einer Landesliste (§ 3 LWG). Sperrklausel Bei Verteilung der Sitze auf die Landeslisten werden nur Parteien berücksichtigt , die mindestens 5 Prozent der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Landesstimmen erhalten haben (§ 5 Abs. 1 LWG). Eine Grundmandatsklausel gibt es nicht. Sitzzuteilungsverfahren Die Mandate werden nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren verteilt (§ 5 Abs. 3 LWG). Sitzverteilung In den Wahlkreisen sind diejenigen Kandidaten gewählt, die die relative Mehrheit der abgegebenen gültigen Wahlkreisstimmen erzielt haben (§ 4 LWG). Für die Verteilung der Gesamtmandate nach Verhältniswahlgrundsätzen werden von der Ausgangszahl von 88 Sitzen diejenigen Wahlkreissitze abgezogen , die von Kandidaten errungen wurden, die keiner Landesliste angeschlossen sind oder deren Landesliste die Fünfprozenthürde verfehlt hat. Die verbleibende Sitzzahl wird auf die Parteien, die die Fünfprozenthürde überspringen konnten, nach dem Verfahren Hare/Niemeyer entsprechend dem Verhältnis ihrer insgesamt im Land erreichten Landesstimmenzahlen verteilt. Dabei bleiben die Landesstimmen jener Wähler unberücksichtigt, die mit der Wahlkreisstimme einen erfolgreichen Wahlkreiskandidaten gewählt haben, der keiner zugelassenen Landesliste angeschlossen ist. Erhält hiernach eine Partei, auf die mehr als die Hälfte aller zu berücksichtigenden 27 Thüringer Wahlgesetz für den Landtag (Thüringer Landeswahlgesetz – ThürLWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Februar 1999 (GVBl., S. 145), letzte berücksichtigte Änderung: Inhaltsübersicht , §§ 2, 9, 19, 20, 23, 34, 36, 39, 43, 67, 72, Neubeschreibung der Anlage (Bekanntmachung vom 19. Mai 2011 (GVBl. S. 151)) geändert durch Gesetz vom 22. März 2012 (GVBl. S. 95). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 38 Landesstimmen entfallen sind, nicht auch mehr als die Hälfte der zu vergebenden Mandate, so wird dieser Partei auf Kosten der anderen Parteien ein weiterer Sitz zugeteilt. Von den so auf die Landesliste einer Partei entfallenden Sitze werden die in den Wahlkreisen direkt errungenen Mandate abgezogen. Die verbleibenden Sitze werden entsprechend der Reihenfolge der Bewerber auf der Landesliste vergeben. Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Landesliste unberücksichtigt. Ist die Landesliste erschöpft, bleiben weitere Sitze unbesetzt (§ 5 LWG). Überhang- Ausgleichsmandate In den Wahlkreisen errungene Sitze verbleiben einer Partei als Überhangmandate , wenn sie die nach dem Verhältnisausgleich ermittelte Zahl von Sitzen übersteigen (§ 5 Abs. 6 Satz 1 LWG). In einem solchen Fall erhöht sich die Gesamtzahl der Sitze (§ 1 Abs. 1 LWG) so lange (Ausgleichsmandate), bis das nach den Absätzen 3 und 4 errechnete Verhältnis wieder erreicht ist (§ 5 Abs. 6 Satz 2 LWG). 4. Urteile der Landesverfassungsgerichte mit Blick auf die Ausgleichsmodelle Anlässlich der Landtagswahl 2009 setzte sich das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht (SchlHVerfG) in einer Entscheidung vom 30. August 201028 mit dem der Wahl zu Grunde liegenden Wahlrecht auseinander. Das schleswig-holsteinische Landeswahlgesetz ging im Einklang mit der Landesverfassung (Art. 10 Abs. 2 Satz 2 LV) von einer Regelgröße des Landtages von 69 Abgeordneten aus, von denen 40 in Wahlkreisen gewählt werden durften. Überhangmandate waren durch Ausgleichsmandate zu kompensieren. Die Anzahl der Ausgleichsmandate durfte dabei jedoch das Doppelte der Anzahl der Mehrsitze nicht übersteigen. Bei der Landtagswahl 2009 wären zur Herstellung einer dem Wahlergebnis entsprechenden Sitzverteilung mehr Ausgleichsmandate erforderlich gewesen als wegen der Begrenzung der Zahl der Ausgleichssitze tatsächlich vergeben wurden. Bei vollem Sitzausgleich wäre es zu einer anderen Mehrheit im Landtag gekommen. In seiner Entscheidung hat das SchlHVerfG entschieden, dass das Wahlgesetz des Landes in seiner damaligen Ausgestaltung verfassungswidrig war. Dabei wurden zwei hauptsächliche Argumentationslinien verfolgt. Zum einen wurde bemängelt, dass die Ausgestaltung des Wahlrechts zu einer übermäßigen Erhöhung der Mandatsanzahl führe und so das Verfassungsziel des Art. 10 Abs. 2 Satz 2 LV missachtet werde. Zum anderen sah das Gericht in der Begrenzung der Aus- 28 LVerfG, Az. 3/09. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 221/12 Seite 39 gleichsmandate eine nicht zu rechtfertigende Durchbrechung der verfassungsrechtlich gebotenen Erfolgswertgleichheit der abgegebenen Stimmen.29 Somit führe die im Wahlgesetz angelegte Möglichkeit der deutlichen Überschreitung der Regelgröße des Landtages von 69 Abgeordneten bei gleichzeitigem Entstehen ungedeckter Mehrsitze zu einer ungleichen Gewichtung der Wählerstimmen . Dadurch seien sowohl der Grundsatz der Wahlgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 Satz 5 LV als auch die Verfassungsvorgabe des Art. 10 Abs. 2 Satz 2 LV verletzt.30 Als Konsequenz dieses Urteils wurde hinsichtlich der Ausgleichsmandate § 3 Abs. 5 Satz 3 LWG a.F. gestrichen. Der Passus, wonach die Anzahl der Ausgleichsmandate das Doppelte der Anzahl der Mehrsitze nicht übersteigen darf, findet sich nun nicht mehr in dem Landeswahlgesetz von Schleswig-Holstein. So weit ersichtlich ergingen in diesem Zusammenhang keine weiteren Urteile der Landesverfassungsgerichte mit Blick auf die Ausgleichsmodelle. Weder aufgrund des vorgenannten Urteils des SchlHVerfG, noch aus der Rechtsliteratur sind verfassungsrechtliche Bedenken gegen Ausgleichsmodelle ersichtlich. Zu beachten ist auch, dass der SchHVerfG in seiner Entscheidung nicht das System der Ausgleichsmandate für verfassungswidrig erklärte, sondern lediglich deren „Deckelung“. 29 Becker, Verfassungswidrigkeit von Normen des schleswig-holsteinischen Landeswahlgesetzes, NVwZ 2010, 1524 (1525). 30 LVerfG, Az. 3/09, Rn. 86.