Deutscher Bundestag Digitale Welt und Gewerberecht Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 – 217/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 217/12 Seite 2 Digitale Welt und Gewerberecht Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 217/12 Abschluss der Arbeit: 07. August 2012 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 217/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Anwendbarkeit gewerberechtlicher Regelungen in der digitalen Welt 4 2.1. Grundsätzliches 4 2.2. Meinungsstand zu Einschränkungen für bestimmte „Branchen“ 5 2.2.1. „E-Commerce“ 5 2.2.2. Online-Auktionen/Versteigerungen 6 2.2.3. Online-Spiele 9 3. Gewerberechtliche Konsequenzen bei Verstößen gegen den Verbraucherschutz 10 4. Zuständige Behörde 13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 217/12 Seite 4 1. Einleitung Diese Ausarbeitung behandelt zunächst die Anwendbarkeit gewerberechtlicher Regelungen und mögliche Einschränkungen für bestimmte „Branchen“ im Internet. Sodann wird die Frage nach gewerberechtlichen Sanktionen wegen Verstößen gegen verbraucherschützende Normen aus dem Bereich des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), des Datenschutzrechts oder der Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) behandelt. Abschließend wird die Problematik der behördlichen Zuständigkeit für die Gewerbeaufsicht erörtert. 2. Anwendbarkeit gewerberechtlicher Regelungen in der digitalen Welt 2.1. Grundsätzliches Das Gewerberecht ist Teil des Wirtschaftsverwaltungsrechts, welches vor allem der Gefahrenabwehr dient. Wichtigste Normierungen des Gewerberechts sind die Gewerbeordnung (GewO), die Handwerksordnung, das Gaststättengesetz, das Ladenschlussrecht, das Personenbeförderungsgesetz , aber auch zahlreiche arbeitsrechtliche Gesetze mit ordnungsrechtlichem Charakter, wie z.B. das Arbeitsschutzgesetz. Für die gewerbliche Tätigkeit in der Internet- und Medienwirtschaft, wie z. B. das Anbieten von Online-Spielen oder den Handel im Internet („E-Commerce“), sind naturgemäß nicht alle diese Gesetze relevant. Ausgangspunkt für den gewerberechtlichen Ordnungsrahmen für die Ausübung von Gewerbe im Internet ist § 4 Telemediengesetz (TMG). Danach sind Telemedien, wozu auch das Internet gehört , im Rahmen der Gesetze anmelde- und zulassungsfrei. Die diesen Rahmen bildenden Gesetze sind u.a. die Gewerbeordnung und das Ladenschlussrecht sowie weitere gewerberegelnde Gesetze . Die Problematik liegt dementsprechend nicht im „Ob“ der gewerberechtlichen Bindung, sondern in deren konkreter Ausgestaltung.1 Denn eine Vielzahl der gewerberechtlichen Normen sind nicht den Neuerungen der digitalen Welt angepasst, sondern beruhen auf dem konventionelle Gewerbebild. Zunächst ist jedoch festzuhalten, dass auch für das Gewerbe im Internet die Vorschriften für stehendes Gewerbe gelten.2 Dies bedeutet zunächst eine Anzeigepflicht, § 14 Abs. 1 GewO. Ob noch weitergehende gewerberechtliche Maßnahmen gelten und z. B. einzelne Tätigkeitsbereiche auch dem Ladenschlussrecht unterfallen, kann nicht einheitlich beantwortet 1 Heckmann, Dirk, Online-Vertrieb und Wirtschaftsverwaltungsrecht, Konvergenz der Vertriebsräume – Divergenz der Gewerbefreiheit? in: Büllersbach, Alfred, Thomas/ Dreier (Hrsg.), Konvergenz in Medien und Recht, 2002, S. 105 (108). 2 Heckmann, Dirk, Online-Vertrieb und Wirtschaftsverwaltungsrecht, Konvergenz der Vertriebsräume – Divergenz der Gewerbefreiheit? in: Büllersbach, Alfred, Thomas/Dreier (Hrsg.), Konvergenz in Medien und Recht, 2002, S. 105 (108 f.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 217/12 Seite 5 werden. Aufgrund der Vielzahl von Meinungen kann dies an dieser Stelle jedoch nur überblicksartig geschehen. 2.2. Meinungsstand zu Einschränkungen für bestimmte „Branchen“ 2.2.1. „E-Commerce“ Der „E-Commerce“ ist ein wesentlicher Bereich der Gewerbetätigkeit in der digitalen Welt. Zu ihm gehören neben den gesondert zu betrachtenden Internet-Auktionen (2.2.2) vor allem der Online -Kauf. Der Online-Kauf kann in unterschiedlichster Form geschehen. So gibt es die sog. Download- Fälle, bei denen sich Vertragsanbahnung, Vertragsschluss und auch die Vertragsabwicklung vollständig im Internet vollziehen.3 Beim Internetversandhandel vollziehen sich ebenfalls Vertragsanbahnung und –schluss im Internet , jedoch handelt es sich beim Vertragsgegenstand um „reale“ Waren wie Bücher, die im Anschluss an den Vertragsschluss tatsächlich versandt werden. Bei bloßen Internetbestellungen wiederum kann ein Käufer bei einem Anbieter, der neben dem virtuellen Geschäft auch ein konventionelle Niederlassung betreibet, neben dem persönlichen Kauf vor Ort auch Verträge über das Internet abschließen. Für diese verschiedenen Formen des E-Commerce sind die gewerberechtlichen Vorschriften nicht unterschiedslos anwendbar. Neben der eingangs bereits erwähnten Anzeigepflicht wird vor allem strittig diskutiert, ob der E-Commerce den gewerberechtliche Bindungen der Ladenschlussgesetze unterliegt. Dies hatte bislang in den Download-Fällen keine grundsätzliche Bedeutung, da diese, selbst bei Bindung an das Ladenschlussrecht, unter die Ausnahmeregelungen für Warenautomaten gemäß dem inzwischen entfallenen § 7 Abs. 1 LSchlG a. F. fielen und damit von den Schließzeiten befreit waren.4 Nach der Föderalismusreform von 2006 haben die Länder bis auf den Freistaat Bayern eigenständige Ladenschlussgesetze geschaffen, die keine Bestimmungen zu Warenautomaten mehr treffen. Nunmehr ist die Rechtslage in diesem Punkt unklar.5 Differenzierter ist dies jedoch bei den Konstellationen des Internetversandhandels und der bloßen Internetbestellung. Für den Bereich des Internetversandhandels wird z.T. angenommen, dass es sich um einen Parallelfall des Versandhandels handelt und er – wie dieser – nicht den Laden- 3 Heckmann, Dirk, E-Commerce: Flucht in den virtuellen Raum? Zur Reichweite gewerberechtlicher Bindungen des Internethandels, NJW 2000, 1370 (1371). 4 Heckmann, Dirk, E-Commerce: Flucht in den virtuellen Raum? Zur Reichweite gewerberechtlicher Bindungen des Internethandels, NJW 2000, 1370 (1372). 5 Siehe zur Problematik: Beyerlein, Thorsten/Lach, Kevin, Warenautomaten im Lichte der Neuregelungen zum Ladenschluss, GewArch 2007, 461. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 217/12 Seite 6 schlussgesetzen unterfällt, da es am Merkmal des „Feilhaltens“ der Ware fehle.6 Andere Stimmen lassen den Internetversandhandel ebenso aus dem Anwendungsbereich des Ladenschlussrechts herausfallen, allerdings nicht mit dem Argument, dass es an einem „Feilhalten“ der Ware fehle, welches sie durchaus annehmen, sondern im Wege der verfassungskonformen Auslegung. Die Anwendung des Ladenschlussrechts stelle sich für den Unternehmer als nicht zu rechtfertigender Eingriff in die Berufsfreiheit dar.7 Bei der Fallkonstellation der bloßen Internetbestellung eines konventionell betriebenen Ladengeschäfts wird hingegen von die Anwendbarkeit der Ladenschlussgesetze ausgegangen. Dies wird parallel zur Entscheidung des BVerwG begründet, welches die Annahmen und Ausführung telefonischer Warenbestellungen außerhalb der Ladenschlusszeiten als Umgehung der Schließzeiten des Ladenschlussrechts wertete.8 Das Schließungsgebot wird so verstanden, dass es jeglichen Kundenkontakt, nicht nur den unmittelbar in der Verkaufsstelle vorgenommen Warenaustausch, sondern auch solche Tätigkeiten, die das Geschäft vorbereiten, zum Abschluss bringen oder abwickeln , verbietet.9 2.2.2. Online-Auktionen/Versteigerungen Sowohl im rechtswissenschaftlichen Schrifttum als auch in der Rechtsprechung ist es bislang zu keiner endgültigen Klärung der Einordnung von Online-Versteigerungen unter die Erlaubnispflicht des § 34 b GewO gekommen. Sowohl für eine ablehnende als auch für eine bejahende gewerberechtliche Einordnung gibt es eine Vielzahl von Stimmen und Argumenten. Erschwerend kommt hinzu, dass es bei der Ausgestaltung der Versteigerungsvorgänge erhebliche Unterschiede gibt. Je nach der Ausgestaltung im Einzelfall ist daher zu differenzieren, ob es sich um eine Versteigerung im Sinne des gewerberechtlichen Versteigerungsbegriffs handelt. Erst in einem zweiten Schritt wird sodann die Anwendbarkeit der Gewerbeordnung in Bezug auf eine Erlaubnispflichtigkeit gem. § 34 b GewO diskutiert. Schon der Begriff der Versteigerung ist nicht einheitlich definiert. An einer Legaldefinition fehlt es. Allgemein wird Versteigern dergestalt beschrieben, dass innerhalb einer zeitlich und örtlich begrenzten Veranstaltung eine Mehrzahl von Personen aufgefordert wird, eine Sache oder ein Recht zu erwerben, und diese Personen im gegenseitigen Wettbewerb, ausgehend von einem Mindestgebot, Vertragsangebote (Preisangebote) in Form des Überbietens dem Versteigerer ge- 6 Heckmann, Dirk, E-Commerce: Flucht in den virtuellen Raum? Zur Reichweite gewerberechtlicher Bindungen des Internethandels, NJW 2000, 1370 (1372). 7 Heckmann, Dirk, E-Commerce: Flucht in den virtuellen Raum? Zur Reichweite gewerberechtlicher Bindungen des Internethandels, NJW 2000, 1370 (1373). 8 BVerwG, Urteil vom 29. 5. 1957 - BVerwG I C 156/54, BVerwGE 5, 92 (94). 9 Heckmann, Dirk, E-Commerce: Flucht in den virtuellen Raum? Zur Reichweite gewerberechtlicher Bindungen des Internethandels, NJW 2000, 1370 (1373). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 217/12 Seite 7 genüber abgeben, der das höchste Gebot im eigenen oder fremden Namen annimmt.10 Besonders umstritten ist dabei die Bedeutung der zeitlichen und örtlichen Begrenztheit der Versteigerung. Zum Teil wird ihr lediglich eine funktionale Bedeutung dergestalt beigemessen, dass es den teilnehmenden Bietern bei einer Versteigerung möglich sein muss, zu erkennen, wann die Versteigerung endet und welche konkurrierenden Gebote abgegeben werden, um wahrzunehmen, ob das eigene Gebot erloschen ist oder den Zuschlag erhalten hat.11 Essentiell für Versteigerungen sei es lediglich, dass es sich dabei um Verfahren zur Erzielung eines Höchstpreises für Sachen oder Rechte handelt, wobei die Erwerbsinteressenten in der Regel durch Abgabe von jeweils höheren Geboten zur Erlangung des Zuschlages in Konkurrenz treten. Andere Stimmen sehen in dem Erfordernis der zeitlichen und örtlichen Begrenztheit der Versteigerung dagegen ein wesentliches Kriterium für den Versteigerungsbegriff der Gewerbeordnung, so dass bei Verneinung dieser Voraussetzungen schon keine Versteigerung im Sinne des § 34 b GewO vorliege.12 An diesen Begrenzungen fehle es bei Online-Auktionen. Als wesentliche Begründung wird angeführt, dass der Bieter bei Online-Auktionen genügend Zeit habe, sein Angebot und sein eigenes Gebotslimit ohne Druck zu kalkulieren und zu überprüfen. Der typische Entscheidungsdruck, der der klassischen Versteigerungssituation aufgrund der zeitlichen Begrenzung entspringe, sei damit bei Online-Auktionen in nicht vergleichbarer Weise abgeschwächt . Zudem habe der Bieter ungleich größere Möglichkeiten als bei einer klassischen Versteigerungssituation , sich im Internet der Versteigerung zu entziehen. Damit sei der Versteigerungsort mit einem klassischen Versteigerungssaal nicht hinreichend vergleichbar. Folglich solle schon keine Versteigerung im gewerberechtlichen Sinne des § 34 b GewO vorliegen. Geht man dagegen lediglich von einer funktionalen Bedeutung der zeitlichen und örtlichen Begrenzung aus, so ist auch hier umstritten, ob diese Voraussetzung bei Online-Auktionen erfüllt ist. Zustimmend wird angeführt, dass der zeitliche Rahmen durch die Festlegung des Auktionszeitraums mit einem von vornherein bestimmten zeitlichen Auktionsende gegeben sei und die Bieter jederzeit mit einem Blick auf die Website des Anbieters den aktuellen Stand der Gebote erkennen und über eine weitere Erhöhung des eigenen Gebots entscheiden könnten. Der örtliche Rahmen sei der virtuelle Raum des Internets, in dem sich jeder durch Einwählen befinden könne .13 10 Schönleiter, Ulrich, Internetauktionen sind keine Versteigerungen i.S.d. § 34 b GewO, GewArch 2000, 49 (49); Merten, Jan O., Internet-Auktionen und gewerberechtliches Schutzregime, GewArch 2006, 55 (56); KG Berlin, Urteil vom 11.05.2001 – 5 U 9586/00 – m.w.N.. 11 LG Hamburg, Urteil vom 14.04.1999 – 315 O 144/99 = MMR 1999, 678 (679); Schönleiter, Ulrich, Internetauktionen sind keine Versteigerungen i.S.d. § 34 b GewO, GewArch 2000, 49 (49); Klinger, Guido, Die gewerberechtliche Beurteilung von sog. Internet-Auktionen, DVBl. 2002, 810 (814); Merten, Jan O., Internet-Auktionen und gewerberechtliches Schutzregime, GewArch 2006, 55 (56). 12 KG Berlin, Urteil vom 11.05.2001 – 5 U 9586/00. 13 Klinger, Guido, Die gewerberechtliche Beurteilung von sog. Internet-Auktionen, DVBl. 2002, 810 (814); Rüßmann, Helmut, Internet als gewerbeordnungsfreier Raum?, K u. R 2000, 116 (117); Merten, Jan O., Internet-Auktionen und gewerberechtliches Schutzregime, GewArch 2006, 55 (56); Heckmann, Dirk, Online-Vertrieb und Wirtschaftsverwaltungsrecht, Konvergenz der Vertriebsräume – Divergenz Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 217/12 Seite 8 Dagegen wird eingewandt, dass es an der örtlichen Begrenztheit auch in nur funktionaler Hinsicht fehle, da das Höchstgebot nicht in einem offenen Bieterwettbewerb bestimmt werde, sondern dass an denjenigen verkauft werde, der im Moment des Fristablaufs zufällig das höchste Gebot abgegeben habe, es liege damit ein „Verkauf gegen Höchstgebot“ und keine Versteigerung vor.14 Nach dieser Ansicht ist es für den Versteigerungsbegriff des Gewerberechts wesentlich, dass nicht nur das Höchstgebotsprinzip, sondern auch das gegenseitige auf augenblicks- und situationsbedingten Entschlüssen des Bieters beruhende direkte Überbieten stattfinde. Letzeres ist bei Online-Auktionen, bei denen die eingegangen Gebote nicht zeitgleich, sondern zu festgelegten Zeiten aktualisiert und abrufbar gestellt werden, wohl nach herrschender Meinung nicht der Fall.15 Bei Online-Auktionen dergestalt, dass das Höchstgebot stets eingeblendet wird und abgerufen werden kann, ist jedoch umstritten, ob dieses Kriterium erfüllt ist.16 Geht man dagegen davon aus, dass Online-Auktionen dem Versteigerungsbergriff unterfallen, so ist weiterhin umstritten, ob für diese die Regelungen des § 34 b GewO und die Regelungen der Versteigerungsverordnung (VerstV) unmittelbar oder angepasst an die Besonderheiten der Online -Versteigerungen Anwendung finden.17 Zum Teil wird die Anwendbarkeit der gewerberechtlichen Versteigerungsvorschriften gänzlich verneint, dies mit der Begründung, dass sich diese Versteigerungsart wesentlich von herkömmlichen Versteigerungen unterscheide. 18 Auch wenn es sich um eine Versteigerung im Rechtssinne handele, ließen sich diesbezüglich die gewerberechtlichen Vorgaben schon faktisch kaum einhalten, was die Rechtsqualität des § 34 b GewO von einer zulässigen Berufsausübungsregelung zu einem faktischen Gewerbeverbot ändern würde und daher verfassungsrechtlich unzulässig sei. Zudem bestehe kein vergleichbar hohes Schutzbedürfnis wie bei herkömmlichen Versteigerungen. Vielmehr werde dem Schutzbedürfnis der der Gewerbefreiheit? in: Büllersbach, Alfred/ Dreier, Thomas (Hrsg.), Konvergenz in Medien und Recht, 2002, S. 105 (115). 14 OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 01.03.2001 – 6 U 64/00. 15 OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 01.03.2001 – 6 U 64/00; KG Berlin, Urteil vom 11.05.2001 – 5 U 9586/00, Klinger, Guido, Die gewerberechtliche Beurteilung von sog. Internet-Auktionen, DVBl. 2002, 810 (814). 16 Gegen die Annahme eines Verkaufs gegen Höchstgebot in diesen Konstellationen: Klinger, Guido, Die gewerberechtliche Beurteilung von sog. Internet-Auktionen, DVBl. 2002, 810 (814). 17 Eine unmittelbare Anwendung praktiziert das LG Hamburg, Urteil vom 14.04.1999 – 315 O 144/99 = MMR 1999, 678; für eine teleologische Reduktion der Vorschriften der VersV Heckmann, Dirk, Online- Vertrieb und Wirtschaftsverwaltungsrecht, Konvergenz der Vertriebsräume – Divergenz der Gewerbefreiheit ? in: Büllersbach, Alfred/ Dreier, Thomas (Hrsg.), Konvergenz in Medien und Recht, 2002, S. 105 (117); für die Anwendung im Wege der Auslegung: Klinger, Guido, Die gewerberechtliche Beurteilung von sog. Internet-Auktionen, DVBl. 2002, 810 (814). 18 Merten, Jan O., Internet-Auktionen und gewerberechtliches Schutzregime, GewArch 2006, 55 (56 ff); Stögmüller, Thomas, Auktionen im Internet, K u. R 1999, 391; Schönleiter, Ulrich, Internetauktionen sind keine Versteigerungen i.S.d. § 34 b GewO, GewArch 2000, 49 (49); Spindler, Gerald, Online- Spiele auf dem Prüfstand des Gewerberechts, K u. R 2010, 450 (457). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 217/12 Seite 9 Verbraucher im Internet durch andere Regelungen genügend Rechnung getragen.19 Schließlich verbiete sich eine erweiterte Auslegung auch wegen des in Art. 103 Abs. 2 GG begründeten Bestimmtheitsgebots angesichts der Strafbewehrung von Verstößen gegen 34b GewO. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass eine einheitliche Einordnung von Online-Auktionen unter den Versteigerungsbegriff des Gewerberechts nicht erfolgt und auch in den Fällen, in denen eine Versteigerung im Sinne des Gewerberechts grundsätzlich angenommen wird, die Anwendung der Regelungen des § 34 b GewO und der VerstV im Einzelnen verneint werden. Eine einheitliche gewerberechtliche Aufsicht über die Erteilung von Genehmigungen findet daher nicht statt. In der gerichtlichen Praxis werden je nach Bundeland unterschiedliche Einordnungen praktiziert. Während bspw. das KG Berlin20 und das OLG Frankfurt21 „Online-Auktionen“ nicht dem Gewerberecht unterordnen und daher keine Erlaubnispflicht annehmen, sondern von einer generellen Genehmigungsfreiheit ausgehen, hat das LG Hamburg22 eine Einordnung unter das Gewerberecht vorgenommen und grundsätzlich eine Erlaubnispflicht angenommen. 2.2.3. Online-Spiele Auch hinsichtlich der Anwendbarkeit der Gewerbeordnung, insbesondere der Erlaubnispflicht gemäß §§ 33 c, d GewO für Online-Spiele sind verschiedene Differenzierungen zu beachten. Zum einen muss zwischen Internetglücksspielen und Internetgeschicklichkeitsspielen unterschieden werden. Ein Glücksspiel liegt immer dann vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Geschicklichkeitsspiele liegen dagegen immer dann vor, wenn die Entscheidung über Gewinn oder Verlust von den kognitiven Fähigkeiten bzw. Fertigkeiten des Spielers und gerade nicht vom Zufall abhängt. Diese Spiele sind dem Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrags entzogen.23 Zum andern muss nach dem Teilnahmeentgelt unterschieden werden: Liegt das Teilnahmeentgelt bei mehr als 0,50 Euro und ist das Online-Spiel als Glücksspiel ausgestaltet, so unterliegt es allein dem sachlichen Anwendungsbereich des Glückspielstaatsvertrages gem. § 2 S.1 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV).24 Ihre Veranstaltung, Vermittlung und Bewerbung ist nach §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 GlüStV generell verboten. Über dieses Verbot und seine Einhaltung wachen die Glücksspielaufsichtsbehörden. 19 So auch das KG Berlin, Urteil vom 11.05.2001 – 5 U 9586/00 – welches jedoch schon eine Versteigerung ablehnt. 20 KG Berlin 11.05.2001 – 5 U 9586/00. 21 OLG Frankfurt a.M. 01.03.2001 – 6 U 64/00. 22 LG Hamburg 14.04.1999 – 315 O 144/99. 23 Vgl. §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 GlüStV. 24 Der Glücksspielstaatsvertrag gilt nicht in den Ländern Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 217/12 Seite 10 Ist ein Online-Spiel als Geschicklichkeitsspiel ausgestaltet und liegt das Teilnahmeentgelt bei über 0,50 Euro, so ist dieses gemäß §§ 8 a Abs. 1 S. 1 u. 6, 58 Abs. 4 Rundfunkstaatsvertrag (RStV) grundsätzlich zulässig, aber gem. § 33 d Abs. 1 S. 1 GewO genehmigungsbedürftig.25 Liegt das Teilnahmeentgelt bei maximal 0,50 Euro, greift grundsätzlich die vorrangige Erlaubnisfreistellung der §§ 8 a Abs. 1, 58 Abs. 4 RStV. Ist jedoch eine Mehrfachteilnahme der Spieler möglich , so will eine Meinung auch diese Spiele dem Anwendungsbereich des § 33 d GewO unterwerfen , sie mithin erlaubnispflichtig machen.26 Als Grund wird die drohende Umgehung der sachlichen Voraussetzungen der §§ 8 a Abs. 1 S. 1, 58 Abs. 4 RStV aufgeführt. Umstritten ist die Behandlung von Glücksspielen mit einem Teilnahmeentgelt von maximal 0,50 Euro. Die Meinungen umfassen das Spektrum von einer generellen Zulässigkeit, über eine gewerberechtlichen Erlaubnispflicht bis hin zu einem generellen Verbot solcher Spiele. 27 Die Veranstaltung und Vermittlung von Internetgewinnspielen mittels virtueller Geldspielgeräte, die konventionellen Geldspielautomaten nachempfunden sind, ist gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV generell verboten.28 Zusammenfassend ist hinsichtlich von Online-Spielen von einer umfassenden Gewerbeaufsicht auszugehen. Lediglich im Hinblick auf Geschicklichkeitsspiele mit einem Entgelt von bis zu 0,50 Euro bestehen Lücken in der Gewerbeaufsicht. 3. Gewerberechtliche Konsequenzen bei Verstößen gegen den Verbraucherschutz Im Folgenden soll die Frage nach möglichen gewerberechtlichen Sanktionen bei Verstößen gegen verbraucherschützende Normen aus Rechtsgebieten wie dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), dem Datenschutzrecht oder den Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) beantwortet und deren Voraussetzungen und Rechtsfolgen kurz erläutert werden. 25 Hüsken, Felix B., Die verwaltungsrechtliche Zulässigkeit von Gewinnspielen im Internet, GewArch 2010, 336 (340). 26 Hüsken, Felix B., Die verwaltungsrechtliche Zulässigkeit von Gewinnspielen im Internet, GewArch 2010, 336 (342). 27 Für eine generelle Zulässigkeit: Bolay, Stefan, Glücksspiel, Glücksspiel oder doch Gewinnspiel? Einheitlichkeit zwischen straf- und glücksspielstaatsvertraglichem Gewinnspielbegriff, MMR 2009, 669 (671); Anders Heckmann, Dirk, Online-Vertrieb und Wirtschaftsverwaltungsrecht, Konvergenz der Vertriebsräume – Divergenz der Gewerbefreiheit? in: Büllersbach, Alfred/ Dreier, Thomas (Hrsg.), Konvergenz in Medien und Recht, 2002, S. 105 (118); Spindler, Gerald, Online-Spiele auf dem Prüfstand des Gewerberechts, K u. R 2010, 450 (452 ff); Für ein generelles Verbot argumentiert Hüsken, Felix B., Die verwaltungsrechtliche Zulässigkeit von Gewinnspielen im Internet, GewArch 2010, 336 (337); Differenzierend nach möglicher Mehrfachteilnahme: VG Düsseldorf, Beschluss vom 15.07.2009 – 27 L 415/09 = MMR 2009, 717; LG Köln, Urteil vom 07.04.2009 – 33 O 45/09 = MMR 2009, 485; Spindler, Gerald, Online-Spiele auf dem Prüfstand des Gewerberechts, K u. R 2010, 450 (458). 28 Hüsken, Felix B., Die verwaltungsrechtliche Zulässigkeit von Gewinnspielen im Internet, GewArch 2010, 336 (343). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 217/12 Seite 11 Grundsätzlich sieht das Gewerberecht Maßnahmen bzw. Sanktionen in der Gewerbeordnung und den spezialgesetzlichen Regelungen vor.29 Sie reichen von Bußgeldvorschriften, über die Rücknahme oder den Widerruf von Erlaubnissen, die Erteilung von Auflagen bis zur Verhängung von Freiheitsstrafen. Ein direkter Verweis auf Konsequenzen in Bezug auf Verstöße gegen verbraucherschützende Normen in Rechtsnormen außerhalb des Gewerberechts findet sich in keiner gewerberechtlichen Norm. Ausdrückliche Sanktionsmöglichkeiten des Gewerberechts gegen Verstöße im Bereich der Verbraucherschutzvorschriften anderer Gesetze gibt es daher nicht. Jedoch kennt das Gewerberecht den zentralen Begriff der (Un-)Zuverlässigkeit. Sollten Verstöße gegen verbraucherschützende Normen in anderen Rechtsgebieten eine Unzuverlässigkeit begründen können, so wären gewerberechtlichen Konsequenzen wegen Verstößen gegen verbraucherschützende Normen jedenfalls mittelbar möglich. Denn die Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden kann Maßnahmen von der Erteilung von Auflagen bis zur Rücknahme oder dem Widerruf der Gewerbeerlaubnis nach sich ziehen. Bei Verstößen gegen diese Maßnahmen sehen die gewerberechtlichen Gesetze die Verhängung von Geld- und – bei wiederholten Verstößen – von Freiheitsstrafen vor. Als repressives Instrument der Gewerbeüberwachung ermöglicht § 35 GewO die Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit. Danach ist die Ausübung eines Gewerbes von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn der Gewerbetreibende unzuverlässig ist und dies zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist gewerberechtlich unzuverlässig, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht Gewähr dafür bieten kann, dass er das von ihm ausgeübte Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß, das heißt entsprechend der gesetzlichen Vorschriften und unter Beachtung der guten Sitten, ausüben wird.30 Auf ein Verschulden kommt es dabei nicht an.31 Die Unzuverlässigkeit muss sich aus Tatsachen ergeben. Unter Tatsachen ist Geschehenes oder Bestehendes zu verstehen, das in die Wirklichkeit getreten und daher dem Beweis zugänglich ist.32 Hierunter können auch innere Vorgänge fallen, wenn sie nach außen wirken. Diese Tatsachen hat die Behörde dann dahingehend zu beurteilen, ob sie auf eine Unzuverlässigkeit des Ge- 29 Beispielhaft: §§ 144 ff GewO, §§ 117 ff HwO, § 15 GastG, §§ 24 f LadSchlG. 30 OVG Bremen, Beschluss vom 05.10.2009 – 2 B 273/029; BVerwG, Urteil vom 19. März 1970 - BVerwG 1 C 6.69, BVerwG, 02.02.1982, 1 C 146/80, ständige Rechtsprechung. 31 OVG Bremen, Beschluss vom 05.10.2009 – 2 B 273/029; Ennuschat, Jörg in: Tettinger /Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung Kommentar, 8. Auflage 2011, § 35 GewO, Rn. 34; Brüning, Christoph in: Pielow, Johann-Christian (Hrsg.), Beck´scher Online-Kommentar Gewerberecht, 2012, Rn. 19; Marcks, Peter in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 60. Ergänzungslieferung 2011, § 35, Rn. 30. 32 Brüning, Christoph in: Pielow, Johann-Christian (Hrsg.), Beck´scher Online-Kommentar Gewerberecht, 2012, Rn. 19; Marcks, Peter in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 60. Ergänzungslieferung 2011, § 35, Rn. 31. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 217/12 Seite 12 werbetreibenden in der Zukunft schließen lassen, d.h. ob sie die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe begründen.33 Von der Behörde wird also eine Wertung von Tatsachen, verbunden mit einer Prognose über das künftige Verhalten des Gewerbetreibenden gefordert. Nach den festgestellten Tatsachen müssen künftig weitere Verstöße wenigstens wahrscheinlich sein.34 Bloße Zweifel oder Vermutungen reichen ebenso wenig wie die schlichte Möglichkeit eines Fehlverhaltens für die Untersagung aus. Im Übrigen richtet sich der Prognosemaßstab nach der Wertigkeit der bedrohten Schutzgüter und dem zu erwartenden Schadensausmaß .35 Bei den eine Untersagung begründenden Tatsachen lassen sich typisierend folgende, nicht trennscharf abgrenzbare Fallgruppen ausmachen: Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Steuerschulden, Verletzung sozialversicherungsrechtlicher Verpflichtungen, mangelnde Sachkunde, Verletzung zivilrechtlicher Pflichten sowie sonstige Umstände wie Geisteskrankheit, Geistesschwäche, körperliche Mängel, Trunksucht, Rauschgiftsucht , grobe Unsauberkeit, Verwahrlosung. Die Verletzung verbraucherschützender Vorschriften könnte insofern unter die Fallgruppe der Missachtung zivilrechtlicher Pflichten fallen.36 Für diese Fallgruppe fehlt es an näherer Konkretisierung in rechtswissenschaftlicher Literatur und Rechtsprechung. Eine genaue oder gar abschließende Ausformung der Voraussetzungen gibt es nicht. Einhellig wird angenommen, dass lediglich die punktuelle Missachtung zivilrechtlicher Pflichten grundsätzlich kein Grund für eine Gewerbeuntersagung sein kann, da § 35 GewO nicht einzelne Gläubiger, sondern die Allgemeinheit schütze.37 Eine Untersagung komme nur in Betracht, wenn mit einer Vielzahl von geschädigten Gläubigern bzw. Kunden zu rechnen sei, denn diese seien als Teil der Allgemeinheit im Sinn des § 35 Abs. 1 GewO anzusehen. Zur Rechtfertigung und Begründung einer die Untersagung stützenden Prognose wird in Fällen mehrfacher Verletzung zivilrechtlicher Pflichten angeführt, dass bei einer Häufung von Verstößen ein Hang zur Nichtbeachtung geltender Vorschriften zu 33 Brüning, Christoph in: Pielow, Johann-Christian (Hrsg.), Beck´scher Online-Kommentar Gewerberecht, 2012, Rn. 20. 34 Ennuschat, Jörg in: Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung Kommentar, 8. Auflage 2011, § 35 GewO, Rn. 31.; Brüning, Christoph in: Pielow, Johann-Christian (Hrsg.), Beck´scher Online- Kommentar Gewerberecht, 2012, Rn. 20; Marcks, Peter in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 60. Ergänzungslieferung 2011, § 35, Rn. 32. 35 Ambs, Friedrich in: Erbs, Georg/Kohlhaas, Max, Strafrechtliche Nebengesetze, 188. Ergänzungslieferung 2012, § 35 GewO, Rn. 12. 36 Ausdrücklich vorgeschlagen für wiederholte Verstöße gegen die Hinweispflicht auf die Widerrufsmöglichkeit nach dem Fernabsatzgesetz durch Heckmann, Dirk, Online-Vertrieb und Wirtschaftsverwaltungsrecht , Konvergenz der Vertriebsräume – Divergenz der Gewerbefreiheit? in: Büllersbach, Alfred/ Dreier, Thomas (Hrsg.), Konvergenz in Medien und Recht, 2002, S. 105 (114.). 37 VGH München, Beschluss v 20.10.2011 – 22 ZB 11.1473, Rn. 7; OVG NRW, Beschluss vom 22.02.2011 – 4 B 215/11, Rn. 9; Ennuschat, Jörg in: Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung Kommentar, 8. Auflage 2011, § 35 GewO, Rn. 75; Brüning, Christoph in: Pielow, Johann-Christian (Hrsg.), Beck´scher Online-Kommentar Gewerberecht, 2012, Rn. 23f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 217/12 Seite 13 erkennen sein könne.38 Zum Teil wird darüber hinaus gefordert, dass der Gewerbetreibende durch die Missachtung zivilrechtlicher Pflichten gleichzeitige auch Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten verwirklichen müsse, erst dies lasse bezogen auf sein Gesamtverhalten auf die eine Untersagung rechtfertigenden charakterlichen Mängel schließen.39 Die materielle Beweislast für die vorgebrachten Tatsachen, die die Prognose der Unzuverlässigkeit rechtfertigen, trägt die Behörde.40 Rechtsfolgen der Feststellung einer Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden ist die Gewerbeuntersagung . Zuwiderhandlungen gegen diese Maßnahmen können als Ordnungswidrigkeiten gem. §§ 146 Abs. 1, Abs. 3 GewO mit einer Geldbuße bis zu € 5000 geahndet werden. Eine beharrliche Wiederholung der Zuwiderhandlung kann gem. § 148 GewO mit eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft werden. Entsprechend dem Vorgenannten ist eine Gewerbeuntersagung gem. § 35 GewO als Sanktionsmöglichkeit wegen Verstößen gegen verbraucherschützende Normen aus anderen Rechtsgebieten wie dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), dem Datenschutzrecht oder den Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bei wiederholten Zuwiderhandlungen möglich. 4. Zuständige Behörde Die örtliche Zuständigkeit für die Gewerbeuntersagung regelt § 35 Abs. 7 GewO. Danach ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält, örtlich zuständig. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Der Begriff der Niederlassung ist im Rahmen des im Internet handelnden Gewerbes so nicht schlüssig. Es kann damit grundsätzlich sowohl der Serverstandort als der Ort der Verwaltungsoder Geschäftsführertätigkeit gemeint sein. Schließlich ist sogar an die Rechnerstandorte der Nutzer zu denken, was jedoch aufgrund der theoretischen Zahllosigkeit und Fluktuation schon aus praktisch Erwägungen auszuschließen ist. Sinnvoll zur Bestimmung des Niederlassungsbegriffs im Internetgewerbe scheint eine Anlehnung an die Definition der Niederlassung im Telemediengesetz . Gemäß § 2 S. 1 Nr. 2 TMG ist ein niedergelassener Diensteanbieter jeder Anbieter, 38 OVG NRW, Beschluss vom 22.02.2011 – 4 B 215/11; Marcks, Peter in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung , 60. Ergänzungslieferung 2011, § 35, Rn. 62. 39 Ennuschat, Jörg in: Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung Kommentar, 8. Auflage 2011, § 35 GewO, Rn. 75; Marcks, Peter in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 60. Ergänzungslieferung 2011, § 35, Rn. 62. 40 Ennuschat, Jörg in: Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung Kommentar, 8. Auflage 2011, § 35 GewO, Rn. 35. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 217/12 Seite 14 der mittels einer festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit Telemedien geschäftsmäßig anbietet oder erbringt; der Standort der technischen Einrichtung allein begründet keine Niederlassung des Anbieters. Diese Vorschrift wird einheitlich derart interpretiert, dass sie an den Ort anknüpft, an dem die wirtschaftliche Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit tatsächlich ausgeübt wird.41 Dieser Ort der tatsächlichen Ausübung muss dabei weder der Ort sein, an dem die technischen Mittel (Server) bereitstehen, um den Dienst zu ermöglichen, noch der Ort, von dem aus der Dienst abgerufen werden kann. Maßgeblich sei im Regelfall vielmehr der Ort, an dem die allgemeine Verwaltung ansässig ist. Bestehen danach mehrere Niederlassungen sei darauf abzustellen, wo der Schwerpunkt der Tätigkeit gelegen ist.42 Übertragen auf das Gewerberecht hieße dies, dass die Behörde örtlich zuständig ist, an dem die allgemeine Verwaltung des im Internet tätigen Gewerbebetriebes ansässig ist. Die sachlich zuständige Behörde wird gem. § 155 Abs. 2 GewO durch die Landesregierungen entweder selbst oder durch von ihr damit beauftragten Stellen bestimmt. Dementsprechend haben die Länder eigene Regelungen zur Durchführung der Gewerbeordnung erlassen.43 41 Müller-Broich, Jan D., Telemediengesetz, 1. Auflage 2012, § 2, Rn. 3; Holznagel, Bernd/Ricke, Thorsten in: Spindler, Gerald/Schuster, Fabian, Recht der elektronischen Medien, 2. Auflage 2011, § 2 TMG, Rn. 5. 42 Holznagel, Bernd/Ricke, Thorsten in: Spindler, Gerald/Schuster, Fabian, Recht der elektronischen Medien, 2. Auflage 2011, § 2 TMG, Rn.5; Müller-Broich, Jan D., Telemediengesetz, 1. Auflage 2012, § 2, Rn. 3. 43 Für Schleswig-Holstein die Verordnung zur Durchführung der Gewerbeordnung Landesverordnung zur Bestimmung der zuständigen Behörden nach der Gewerbeordnung (GewO-ZustVO); für Bayern die Verordnung zur Durchführung der Gewerbeordnung (GewV), für Baden-Württemberg die Verordnung der Landesregierung über Zuständigkeiten nach der Gewerbeordnung (BewOZuVO); Verordnung der Sächsischen Staatsregierung zur Durchführung der Gewerbeordnung (SächsGewODVO); für das Saarland die Dritte Verordnung zur Durchführung der Gewerbeverordnung (3. GewVO); für Rheinland -Pfalz die Landesverordnung über Zuständigkeiten im Gewerberecht; für Brandenburg die Gewerberechtszuständigkeitsverordnung (GewRZV); für Bremen die Gewerbeordnung-ZuständigkeitsVO (GewOZustVO); für Hamburg die Anordnung zur Durchführung der Gewerbeordnung und gewerberechtlicher Nebenvorschriften; für Hessen die Verordnung über Zuständigkeiten nach der Gewerbeordnung , dem Hessischen Gaststättengesetz und dem Hessischen Spielhallengesetz (GewZustV); für Niedersachsen die Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Wirtschaftsrechts sowie in anderen Rechtsgebieten (ZustVO-Wirtschaft); für Nordrhein-Westfalen die Verordnung zur Übertragung von Ermächtigungen, zur Regelung von Zuständigkeiten und Festlegungen auf dem Gebiet des Gewerberechts (GewRV); für Berlin das Gesetzes über die Zuständigkeiten in der allgemeinen Berliner Verwaltung, für Mecklenburg-Vorpommern die Regelung von Zuständigkeiten im allgemeinen Gewerberecht , für Sachsen-Anhalt die VO über die Regelung von Zuständigkeiten im Immissions-, Gewerbe - und Arbeitschutzrecht sowie in anderen Rechtsgebieten, Thüringer VO zur Regelung von Zuständigkeiten und zur Übertragung von Ermächtigungen im allgemeinen Gewerberecht.