© 2014 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 216/13 Zur Reichweite der Legitimationspflicht von Polizeibeamten in Versammlungen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 2 Zur Reichweite der Legitimationspflicht von Polizeibeamten in Versammlungen Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 216/13 Abschluss der Arbeit: 29. Januar 2014 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: + Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Regelungen der Versammlungsgesetze der Bundesländer zur Legitimationspflicht 6 3. Rechtsprechung zur Legitimationspflicht 8 3.1. Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Juli 2008 8 3.2. Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. März 2011 8 4. Gesetzentwürfe der Bundesländer zur Legitimationspflicht 9 4.1. Änderungen und Ergänzungen bestehender Regelungen in Ländern mit eigenem Versammlungsrecht 9 4.2. Länder ohne eigene Regelungen zum Versammlungsrecht 10 5. Aussagen in der Literatur zur Legitimationspflicht 12 5.1. Legitimationspflicht bei Aufzügen 12 5.2. Adressaten der Legitimationspflicht 13 5.2.1. Polizeibeamte 13 5.2.2. Angehörige anderer Verwaltungsbehörden 14 5.2.3. Beobachter und Beauftragte der Polizei/V-Leute 15 5.3. Umfang der Legitimationspflicht der Polizei 16 6. Relevanz der unterschiedlichen Formulierungen: Entsendung/Anwesenheit von Polizeibeamten 17 7. Konsequenzen des Göttinger Urteils für Polizeibeamte mit Kennzeichnungspflicht 19 8. Erfahrungsberichte zur Umsetzung der Legitimationspflicht 19 8.1. Länder mit eigener Regelung der Legitimationspflicht 20 8.1.1. Bayern 20 8.1.2. Niedersachsen 21 8.1.3. Sachsen 21 8.2. Länder ohne eigene Regelung der Legitimationspflicht 22 8.2.1. Baden-Württemberg 22 8.2.2. Berlin 22 8.2.3. Brandenburg 23 8.2.4. Bremen 23 8.2.5. Hamburg 24 8.2.6. Hessen 26 8.2.7. Mecklenburg-Vorpommern 26 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 4 8.2.8. Nordrhein-Westfalen 27 8.2.9. Rheinland-Pfalz 28 8.2.10. Saarland 29 8.2.11. Sachsen-Anhalt 29 8.2.12. Schleswig-Holstein 30 8.2.13. Thüringen 31 9. Spannungsverhältnis zwischen der Versammlungsfreiheit bzw. dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und dem Einsatz ziviler Polizeibeobachter 32 9.1. Versammlungsfreiheit, Art. 8 GG 32 9.1.1. Schutzbereich 32 9.1.2. Eingriff 32 9.1.3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung 33 9.2. Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG 35 9.2.1. Schutzbereich 35 9.2.2. Eingriff 35 9.2.3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung 36 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 5 1. Einleitung Im Rahmen der Föderalismusreform I von 2006 wurde die Gesetzgebungszuständigkeit für das Versammlungsrecht vom Bund auf die Länder übertragen.1 Ein eigenes Versammlungsgesetz haben die Länder Bayern, Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt erlassen. In allen übrigen Bundesländern gilt bis zum Erlass von eigenen Versammlungsgesetzen das Bundesversammlungsgesetz 2 (BVersG) fort (Art. 125a Abs. 1 Grundgesetz3 - GG). Dabei steht dem Bund nach überwiegender Ansicht auch weiterhin die Kompetenz zu, das BVersG an geänderte Verhältnisse anzupassen, ohne aber das gesamte Gesetz ändern zu dürfen.4 § 12 BVersG sowie die meisten Versammlungsgesetze der Länder enthalten eine Verpflichtung der Einsatzkräfte der Polizei, sich bei Versammlungen zu erkennen zu geben (Legitimationspflicht). Das Verwaltungsgericht (VG) Göttingen hat mit Urteil vom 6. November 20135 zur entsprechenden niedersächsischen Regelung entschieden, dass sich jeder einzelne Polizeibeamte in Zivil gegenüber der Versammlungsleitung zu erkennen zu geben hat. Vor diesem Hintergrund stellt sich allgemein die Frage nach der Reichweite der Legitimationspflicht von Polizeibeamten in Versammlungen. Nachfolgend soll – unter besonderer Berücksichtigung der Problematik der Polizeibeamten in Zivil – untersucht werden, welche konkreten Regelungen im BVersG und den Versammlungsgesetzen der Länder zur Legitimationspflicht bestehen (2.), welche Rechtsprechung es diesbezüglich gibt (3.), ob und inwieweit eine (Neu-)Regelung der Legitimationspflicht in den Ländern angestrebt wird (4.), welche Aussagen die juristische Fachliteratur zur Legitimationspflicht trifft (5.) und welche Relevanz gegebenenfalls unterschiedliche Formulierungen in den Gesetzen haben (6.). Ferner werden mögliche Konsequenzen des Göttinger Urteils für Polizeibeamte mit Kennzeichnungspflicht erläutert (7.), Erfahrungsberichte zur Umsetzung der gesetzlichen Regelungen durch die Polizei wiedergegeben (8.) und das Spannungsverhältnis zwischen Versammlungsfreiheit bzw. dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und dem Einsatz ziviler Polizeibeobachter näher beleuchtet (9.). 1 Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I, S. 2034). 2 Gesetz über Versammlungen und Aufzüge (BVersG) vom 15. November 1978, Neubekanntmachung des Versammlungs G vom 24. Juli 1953 (BGBl. I, S. 684) in der ab 1. Oktober 1978 geltenden Fassung, zuletzt geändert durch Art. 2 G zur Zusammenführung der Regelungen über befriedete Bezirke für Verfassungsorgane des Bundes vom 8. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2366). 3 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1) zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndG (Art. 93) vom 11. Juli 2012 (BGBl. I, S. 1478). 4 Wolff/Christopeit, Die Föderalismusreform und das Versammlungsrecht – eine Zwischenbilanz, Verwaltungsrundschau 8/2010, 257 (259); Seiler, in: Epping/Hillgruber, Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, Edition 19, Stand 1. Januar 2013, 2. Aufl. 2013, Art. 125a GG, Rn. 4 mit weiteren Nachweisen; anderer Ansicht Degenhart, in: Sachs, Grundgesetz Kommentar, 6. Aufl. 2011, Art. 125a GG, Rn. 7. 5 VG Göttingen, Urteil vom 6. November 2013 (1 A 98/12), BeckRS 2013, 58687. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 6 2. Regelungen der Versammlungsgesetze der Bundesländer zur Legitimationspflicht Nachfolgend werden die Regelungen zur Legitimationspflicht in den Bundesländern, die über ein eigenes Versammlungsgesetz verfügen, in der Chronologie ihrer Entstehung dargestellt. Der Wortlaut dieser Regelungen sowie der der bundesversammlungsrechtlichen Vorschriften sind in einer als Anlage 1 beigefügten Tabelle 1 enthalten. Bayern führte 2008 ein eigenes Versammlungsgesetz ein. Art. 4 Abs. 5 S. 1 BayVersG a.F.6 verpflichtete die Polizeibeamten oder die polizeiliche Einsatzleitung vor Ort, sich bei einer Entsendung dem Versammlungsleiter zu erkennen zu geben. Teile des Gesetzes wurden vom Bundesverfassungsgericht unter dem Hinweis darauf einstweilig außer Kraft gesetzt, dass von den betroffenen Regelungen ein erheblicher Einschüchterungseffekt auf die Versammlungsteilnehmer ausgehe .7 Die ebenfalls angegriffene, hier in Rede stehende Regelung zur Entsendung und Legitimation wurde vom Bundesverfassungsverfassungsgericht nicht überprüft, da eine Verfassungsbeschwerde gegen Rechtsvorschriften, welche des Vollzugs bedürften, erst erhoben werden könne, wenn dieser Vollzugsakt zuvor angriffen worden sei.8 In Bezug auf Art. 4 Abs. 5 BayVersG a.F. stellte das Gericht daher fest, dass die Verfassungsbeschwerde unzulässig sei und die Beschwerdeführer sich gegen die konkrete Entsendung von Polizeibeamten zur Wehr setzen müssten. In diesem Zusammenhang sei auch zu klären,, ob die Vorschrift einen teilweise verdeckten Einsatz von Polizeibeamten erlaube und – entgegen der herrschenden Ansicht – ein anlassloses Zutrittsrecht der Polizei verschaffe. Das bayerische Versammlungsgesetz wurde entsprechend den Vorgaben des Gerichts angepasst und in diesem Kontext auch Art. 4 BayVersG geändert.9 Er enthält nun ein (anlassbezogenes) „Zugangsrecht“ von Polizeibeamten zu Versammlungen, wenn dies zur polizeilichen Aufgabenerfüllung erforderlich ist (Versammlungen unter freiem Himmel) oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Begehung von Straftaten vorliegen oder eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu besorgen ist (Versammlungen in geschlossenen Räumen) (Art. 4 Abs. 3 S. 2 BayVersG). Bei Versammlungen unter freiem Himmel genügt es, wenn sich die polizeiliche Einsatzleistung zu erkennen gibt, in geschlossenen Räumen muss sich jeder Polizeibeamte offenbaren (Art. 4 Abs. 3 S. 2 BayVersG). In Sachsen-Anhalt wurde 2009 ein Versammlungsgesetz10 beschlossen, allerdings ist keine Regelung zur Entsendung und Legitimationspflicht enthalten. 6 Altfassung: Bayerisches Versammlungsgesetz (BayVersG alte Fassung - a.F.) vom 22. Juli 2008 (GVBl S. 421). 7 Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 17. Februar 2009 (1 BvR 2492/08), NVwZ 2009, 441 (445 ff.). 8 BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2009 (1 BvR 2492/08), NVwZ 2009, 441 (442 f.). 9 BayVersG vom 22. Juli 2008 zuletzt geändert durch § 1 Nr. 16 LandesrechtsbereinigungsG vom 8. April 2013 (GVBl. S. 174); Drucksache Bayerischer Landtag 16/1270 vom 6. Mai 2009, S. 1. 10 Gesetz des Landes Sachsen-Anhalt über Versammlungen und Aufzüge (VersG LSA) vom 03. Dezember 2009 (GVBl. LSA S. 558). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 7 In Sachsen wurde 2010 ein Versammlungsgesetz11 erlassen. Das Gesetz übernahm im Wesentlichen alle Regelungen des BVersG außer derjenigen des § 15 BVersG. Die Legitimationspflicht entsprach § 12 BVersG. Das Gesetz wurde jedoch vom Sächsischen Verfassungsgerichtshof (SächsVerfGH) aufgrund formeller Fehler für nichtig erklärt.12 Das neu erlassene Versammlungsgesetz13 enthält wortgleich die Regelungen der §§ 12, 18 BVersG: Entsendete Polizeibeamte haben sich dem Versammlungsleiter zu erkennen zu geben. Zusätzlich wird geregelt, dass Polizeibeamte in eine öffentliche Versammlung in geschlossenen Räumen entsandt werden können, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht oder diese zu befürchten ist (§ 11 SächsVersG). Für Versammlungen unter freiem Himmel gilt diese Regelung nach § 18 SächsVersG entsprechend. In Niedersachsen14 haben sich anwesende Polizeibeamte dem Leiter oder der Leiterin der Versammlung zu erkennen zu geben, §§ 11 S. 2, 16 S. 2 NVersG. Anwesend sein kann die Polizei bei Versammlungen unter freiem Himmel, wenn dies nach dem Versammlungsgesetz zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist, § 11 S. 1 NVersG. Bei Versammlungen in geschlossenen Räumen darf die Polizei zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr für die Friedlichkeit der Versammlung anwesend sein, § 16 S. 1 NVersG. Auf Großveranstaltungen soll laut Gesetzesbegründung für die Erkennbarkeit der Polizeibeamten das Tragen einer Uniform ausreichen: Polizeibeamte müssten sich hier nur zu erkennen geben, wenn sie aus versammlungsspezifischen Gründen anwesend seien. Nicht versammlungsspezifisch anwesend seien zum Beispiel verdeckte Ermittler.15 Da die Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Versammlungsrecht nicht beinhaltet, zwingend ein vollständiges Versammlungsgesetz zu erlassen, können auch einzelne Regelungen des BVersG durch Landesrecht ersetzt werden: In Brandenburg wurde daher lediglich § 16 BVersG durch das Grabstätten-Versammlungsgesetz16 ersetzt. Insbesondere §§ 12 und 18 BVersG gelten dort weiter. Berlin erließ ein Gesetz über Aufnahmen und Aufzeichnungen von Bild und Ton bei Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzügen.17 Es handelt sich nicht um ein eigenständiges Versammlungsgesetz, sondern ersetzt lediglich § 19a BVersG, so dass die Regelungen nach §§ 12, 18 BVersG auch für Berlin weiterhin Geltung besitzen. 11 Gesetz über Versammlungen und Aufzüge im Freistaat Sachsen (SächsVersG 2010) vom 20. Januar 2010 (SächsGVBl. S. 2, 3). 12 Abstrakte Normenkontrolle der Oppositionsfraktionen im Sächsischen Landtag (DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), SächsVerfGH, Urteil vom 19. April 2011, NVwZ 2011, 936. 13 Gesetz über Versammlungen und Aufzüge im Freistaat Sachsen (SächsVersG) vom 25. Januar 2012 (SächsGVBl. S. 54). 14 Niedersächsisches Versammlungsgesetz (NVersG) vom 7. Oktober 2010 (Nds. GVBl. S. 465, ber. S. 532). 15 Drucksache Landtag Niedersachsen 16/2913 vom 4. Oktober 2010, S. 13, zu § 13/2 (Anwesenheitsrecht der Polizei); § 11 S. 2 und § 16 S. 2 NVersG. 16 Gesetz über Versammlungen und Aufzüge an und auf Grabstätten (GräbVersG) vom 26. Oktober 2006 (GVBl. I S. 114). 17 Gesetz über Aufnahmen und Aufzeichnungen von Bild und Ton bei Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzügen (VersG Bln) vom 23. April 2013 (GVBl. S. 103). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 8 Insgesamt ist zu den bestehenden Regelungen festzuhalten, dass sie keine gesonderten Vorgaben im Hinblick auf die Legitimationspflicht von Polizeibeamten in Zivil enthalten. 3. Rechtsprechung zur Legitimationspflicht Neben dem bereits in der Einleitung zitierten Urteil des VG Göttingen haben sich auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) und der Hessische Verwaltungsgerichtshof (HessVGH) mit der Legitimationspflicht im Rahmen von Versammlungen befasst. Während der BayVGH über einen Sachverhalt mit einer Versammlung in geschlossenen Räumen zu befinden hatte, ging es bei dem Urteil des HessVGH um eine Versammlung unter freiem Himmel. Beide Urteile stellen übereinstimmend eine Legitimationspflicht auch für Zivilbeamte und zwar für alle anwesenden Polizisten fest. 3.1. Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Juli 2008 Der BayVGH18 war mit folgendem Sachverhalt betraut: Der Kläger organisierte eine Veranstaltung zum Thema „Im Blickpunkt: Was tun gegen Rechts? – Opfer stärken – Tätern Grenzen setzen“. Vor Beginn der Veranstaltung erschienen in den Veranstaltungsräumen zwei Polizeibeamte in Zivil, ohne sich dem Veranstaltungsleiter gegenüber zu erkennen zu geben. Nachdem der Veranstalter die Polizeibeamten identifiziert hatte, verweigerte er ihnen den Zutritt zu der Veranstaltung.19 Der BayVGH hat die Anwesenheit der Polizeibeamten für rechtswidrig erklärt. Insoweit hat er sich dem Urteil des VG München20, dass sich alle Polizeibeamten spätestens bei ihrem Eintreffen am Versammlungsort gegenüber dem Versammlungsleiter namentlich unter Vorzeigen des Dienstausweises und gleichzeitiger Bekanntgabe des Entsendeauftrags zu erkennen zu geben haben , angeschlossen. Jegliche andere Handhabung der Legitimationspflicht, beispielsweise ein Zuwarten mit dem Sich-zu-Erkennen-Geben, wahre nicht die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Legitimation eines sich ausschließlich auf Verfassungsrecht gründenden Anwesenheitsrechts von Polizeibeamten bei Versammlungen in geschlossenen Räumen. 3.2. Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. März 2011 Dem Urteil des HessVGH21 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Kläger veranstalteten eine ordnungsgemäß angemeldete „Kundgebung mit Kunstbeitrag“ zum Thema „Frieden und Sicherheit “. Um ihrer Kritik am Einsatz der Bundeswehr zum Schutz wirtschaftlicher Interessen besonders Nachdruck zu verleihen, stellten sich die Teilnehmer in Bundeswehrkampfanzügen mit Gefechtshelmen und Sturmgewehrattrappen als „Wachposten“ vor den Eingang einer Bank. Darauf- 18 BayVGH, Urteil vom 15. Juli 2008 (10 BV 07.2143), DÖV 2008, S. 1006 ff. 19 Vgl. BayVGH, Urteil vom 15. Juli 2008 (10 BV 07.2143), Rn. 1, zitiert nach juris. 20 VG München, Urteil vom 13. Juni 2007 (M 7 K 06.3161), BeckRS 2007, 36335. 21 HessVGH, Urteil vom 17. März 2011 (8 A 1188/10), NVwZ-RR 2011, 519 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 9 hin teilten die schon zu Beginn der Kundgebung anwesenden Polizeibeamten in Zivil den Klägern mit, dass das öffentliche Führen der sog. Anscheinswaffen verboten sei.22 Der HessVGH begründete die Rechtswidrigkeit der polizeilichen Maßnahme zur Verhinderung des öffentlichen Führens der Gewehrattrappen mit dem Verstoß der entsandten Polizeibeamten, sich entgegen des formellen Erfordernisses des § 12 i.V.m. § 18 Abs. 1 BVersG und im Widerspruch zum versammlungsrechtlichen Kooperationsgebot nicht dem verantwortlichen Versammlungsleiter gegenüber zu erkennen gegeben zu haben.23 4. Gesetzentwürfe der Bundesländer zur Legitimationspflicht 4.1. Änderungen und Ergänzungen bestehender Regelungen in Ländern mit eigenem Versammlungsrecht Ein Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Änderung des Bayerischen Versammlungsgesetzes vom 12. Juni 2013 schlug vor, einzufügen, dass Polizeibeamte bei und im Zusammenhang mit Versammlungen uniformiert oder deutlich erkennbar als Polizeiangehörige gekennzeichnet sein müssen. Der Entwurf wurde abgelehnt.24 Berlin25, Sachsen-Anhalt und Sachsen26 sehen – soweit ersichtlich – derzeit keine Neuerlasse bzw. Änderungen von Regelungen zur Entsendung von Polizeibeamten in Versammlungen vor. In Brandenburg wurde am 26. September 2013 ein Antrag der FDP-Fraktion auf Erlass eines vollständig eigenen Versammlungsgesetzes ohne Überweisung an einen Ausschuss abgelehnt.27 Es existiert derzeit kein Gesetzentwurf.28 Bis Anfang 2014 soll in Niedersachsen ein Referentenentwurf vorgelegt werden, der insgesamt das Demonstrationsrecht stärken soll, wobei noch keine konkreten Aussagen zu einer möglichen Änderung der Norm zur Legitimationspflicht gemacht wurden.29 22 Vgl. Hebeler, Anscheinswaffen bei politischem Straßentheater, JA 2012, 237 (237). 23 HessVGH, NVwZ-RR 2011, 519 (520). 24 Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache Landtag Bayern 16/17107 vom 12. Juni 2013, S. 3; Ablehnung durch CSU, FDP, FREIE WÄHLER, Plenarprotokoll Landtag Bayern 16/133 vom 18. Juli 2013 und Drucksache Landtag Bayern 16/18245 vom 18. Juli 2013. 25 Normenkontrollantrag zum Gesetz über Aufnahmen und Aufzeichnungen von Bild und Ton bei Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzügen, eingereicht beim Verfassungsgerichtshof Berlin am 10. September 2013 von Abgeordneten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE, DIE PIRATEN aus Umdruck Landtag Schleswig-Holstein 18/1987 vom 12. November 2013. 26 Anpassung an Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Hinblick auf einsatzlenkende Übersichtsbildübertragungen , Drucksache Landtag Sachsen 5/12799 vom 26. September 2013. 27 Antrag der FDP-Fraktion, Drucksache Landtag Brandenburg 5/7925 vom 12. September 2013; Ablehnung, 5/82 vom 26. September 2013. 28 Auskunft des Ministeriums des Innern Land Brandenburg vom 20. Dezember 2013 (vgl. auch 8.2.3). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 10 4.2. Länder ohne eigene Regelungen zum Versammlungsrecht 2007 wurde ein Antrag der SPD-Fraktion zum Erlass eines Versammlungsgesetzes in Nordrhein- Westfalen nach Überweisung an den Innenausschuss abgelehnt.30 Einen neuen Gesetzentwurf gibt es derzeit nicht.31 In Baden-Württemberg wurde 2008 ein Referentenentwurf für ein Landesversammlungsgesetz32 verfasst, der noch vor Einbringung in den Landtag Betroffenen und der Allgemeinheit zugänglich gemacht wurde.33 Er sah vor, dass sich die in eine Versammlung entsandten Beamten oder die polizeiliche Einsatzleitung vor Ort dem Versammlungsleiter zu erkennen geben müssen. Anträgen , diesen Entwurf zu verwerfen und einen neuen vorzulegen, wurde nicht gefolgt.34 Der Entwurf wurde aber dennoch nicht weiter verfolgt. Denn die weitere Beratung wurde mit Blick auf die ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Bayerischen Versammlungsgesetz in der Hauptsache ausgesetzt, da die zu diesem Zeitpunkt vorliegende einstweilige Anordnung des Gerichts noch keine klare Haltung des Gerichts zu einzelnen Fragen erkennen lasse .35 Das Bundesverfassungsgericht beschloss am 21. März 2012 die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung anzunehmen, auch aufgrund des Neuerlasses des Bayerischen Versammlungsgesetzes .36 In Hamburg gab es einen Antrag der Fraktion der FDP zum Erlass eines hamburgischen Versammlungsgesetzes .37 Die Vertreter des Senats bejahten zwar „im Prinzip die Notwendigkeit eines modernisierten Versammlungsgesetzes“, mit Blick auf das damals anhängige Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zum niedersächsischen Versammlungsgesetz wurde jedoch beschlossen , die Beratung bis zum Urteilsspruch zu vertagen.38 Die Verfassungsbeschwerde zum niedersächsischen Versammlungsgesetz wurde vom Bundesverfassungsgericht im Juli 2013 auf- 29 Telefonische Auskunft des Niedersächsischen Landtags vom 3. Januar 2014 zum nicht öffentlichen Ausschussprotokoll 17/2 vom 4. April 2013. 30 Antrag der SPD-Fraktion, Drucksache Landtag Nordrhein-Westfalen 14/4480 vom 5. Juni 2007. 31 Auskunft des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20. Dezember 2013 (vgl. auch 8.). 32 Referentenentwurf vom 24. Juli 2008, nicht mehr abrufbar auf service-bw.de, aber unter http://www.versammlungsrecht.info/neu/files/versammlungsgesetz_bw_entwurf.pdf. 33 Drucksache Landtag Baden-Württemberg 14/3188 vom 4. September 2008; auch auf den Entwurf verweisend: Drucksache Landtag Baden-Württemberg 14/3092 vom 28. Juli 2008, S. 3. 34 Antrag der SPD-Fraktion, Drucksache Landtag Baden-Württemberg 14/4190 vom 17. März 2009; Antrag von Abgeordneten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache Landtag Baden-Württemberg 14/4244 vom 24. März 2009. 35 Drucksache Landtag Baden-Württemberg 14/5045 vom 8. Oktober 2009, S. 23. 36 BVerfG, Beschluss vom 21. März 2012 (1 BvR 2492/08), NVwZ 2012, 818. 37 Antrag der FDP-Fraktion, Drucksache Bürgerschaft Freie und Hansestadt Hamburg 20/4320 vom 30. Mai 2012. 38 Drucksache Bürgerschaft Freie und Hansestadt Hamburg 20/13 vom 6. November 2012, S. 5. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 11 grund Unzulässigkeit ohne weitere Begründung nicht zur Entscheidung angenommen,39 und es wurde – soweit ersichtlich – bisher in Hamburg kein neues Gesetzgebungsverfahren eingeleitet. In Schleswig-Holstein legte 2012 die Fraktion der FDP einen Gesetzentwurf zum Versammlungsrecht vor.40 Dieser Entwurf wie auch der Änderungsantrag der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW41 und der Änderungsantrag der Fraktion der CDU42 zum Gesetzentwurf enthalten keine ausdrückliche Regelung zur Entsendung bzw. Legitimationspflicht von Polizeibeamten. Der Änderungsantrag der Piratenfraktion vom Juni 2013 kritisiert diese Lücke, da so eine anlasslose Entsendung von Beamten in eine Versammlung ermöglicht werde43 und schlägt die Entsendung von Polizeibeamten für den Fall vor, dass dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sei. Außerdem sollten sich die Beamten dem Versammlungsleiter „unverzüglich und unaufgefordert zu erkennen“ geben und „Namensschilder tragen oder durch eine anderweitige Kennzeichnung für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer identifizierbar sein“.44 Diese Regelung entspreche einem Entwurf von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus dem Jahr 2008 in Niedersachsen.45 Bei der schriftlichen Anhörung zum Gesetzesvorhaben im Innen- und Rechtsausschuss bewertete neben anderen Gutachtern auch die Gewerkschaft der Polizei die Entwürfe und plädierte für eine Regelung der Entsendung von Polizeibeamten.46 Die Anwesenheit von Polizeibeamten bei einer Versammlung sei bereits ein Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG und erfordere daher „normierte Eingriffsbefugnisse “.47 Empfohlen wird, die Formulierung eines früheren Gesetzentwurfs zu übernehmen, der die Polizeibeamten verpflichtet, sich dem Leiter der Versammlung unverzüglich zu erkennen zu geben.48 Nach Auskunft des Landesinnenministeriums befürworteten die Gutachter in der über- 39 BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 2013 (1 BvR 238/12). 40 Gesetzentwurf der Fraktion der FDP, Drucksache Landtag Schleswig-Holstein 18/119 vom 20. August 2012; im Plenum als Arbeitsgrundlage anerkannt und in den Innen- und Rechtsausschuss überwiesen, Plenarprotokoll Landtag Schleswig-Holstein 18/8 vom 27. September 2012, S. 532 ff. 41 Änderungsantrag der Fraktionen von SPD/BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN/SSW, Umdruck Landtag Schleswig-Holstein 18/1269 vom 5. Juni 2013. 42 Änderungsantrag der CDU-Fraktion, Umdruck Landtag Schleswig-Holstein 18/1314 vom 11. Juni 2013. 43 Umdruck Landtag Schleswig-Holstein 18/1318 vom 12. Juni 2013, S. 10, zu Nr. 13. 44 Umdruck Landtag Schleswig-Holstein 18/1318 vom 12. Juni 2013, S. 4, Nr. 13. 45 Drucksache Landtag Niedersachsen 16/498 vom 1. Oktober 2008, S. 2 (abgelehnt am 5. Oktober 2010, 16/83, S. 10460), zitiert nach Umdruck Landtag Schleswig-Holstein 18/1318 vom 12. Juni 2013, S. 10, zu Nr. 13. 46 Umdruck Landtag Schleswig-Holstein 18/1922 vom 31. Oktober 2013; eine Auflistung der Stellungnahmen zur Entsendungsbefugnis findet sich im Umdruck Landtag Schleswig-Holstein 18/1922 vom 31. Oktober 2013, S. 42 ff. 47 Umdruck Landtag Schleswig-Holstein 18/1570 vom 8. August 2013, S. 18, zu § 9a E-Piraten. 48 Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache Landtag Schleswig-Holstein 17/1955 vom 2. November 2011, § 18. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 12 wiegenden Zahl eine Regelung zum Anwesenheitsrecht der Polizei in Schleswig-Holstein.49 Für den 26. Februar 2014 ist eine Anhörung im Innen- und Rechtsausschuss angesetzt.50 In den übrigen Bundesländern Bremen51, Hessen52, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen53 sind derzeit keine Gesetzentwürfe zu ermitteln.54 Als erwähnenswert in diesem Zusammenhang erscheint darüber hinaus auch ein Musterentwurf zum Versammlungsgesetz aus dem Jahr 2011, der von einer Initiative mit dem Versammlungsrecht befasster Wissenschaftler und Autoren erarbeitet wurde.55 Der Musterentwurf enthält für Versammlungen in geschlossenen Räumen in § 23 Abs. 3 ME VersG ein Anwesenheitsrecht der Polizei, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass von einer öffentlichen Versammlung in geschlossenen Räumen eine Gefahr für die Rechtsgüter aus § 23 Abs. 1 ME VersG ausgeht . Die geschützten Rechtsgüter sind die Friedlichkeit der Versammlung (Nr. 1), Leben oder Gesundheit von Personen (Nr. 2), und die Rechtsgüter, die durch strafrechtlich relevante Äußerungen in der Versammlung verletzt werden könnten (Nr. 3). Diese ausdrückliche Ermächtigung sei mit Blick auf § 12 BVersG geschaffen, dem Voraussetzungen für eine Entsendung fehlten. Die Polizeibeamten haben sich der Versammlungsleitung zu erkennen zu geben (§ 23 Abs. 3 S. 2 ME VersG), um einen Einschüchterungseffekt zu vermeiden.56 Für Versammlungen unter freiem Himmel wird die Anwesenheit von Polizeibeamten nicht ausdrücklich geregelt. 5. Aussagen in der Literatur zur Legitimationspflicht 5.1. Legitimationspflicht bei Aufzügen Zunächst ist jedenfalls in den Ländern, in denen das Versammlungsgesetz des Bundes einschlägig ist, und aufgrund der wörtlichen Übernahme der bundesgesetzlichen Regelung auch in Sachsen umstritten, ob sich die Legitimationspflicht auch auf Aufzüge erstreckt. Anders als für Versammlungen unter freiem Himmel enthalten die versammlungsrechtlichen Regelungen über Aufzüge in diesen Ländern keinen entsprechenden Verweis auf die Legitimationspflicht. Der fehlende Verweis führt in der Literatur zu unterschiedlichen Auffassungen in Bezug auf den Anwendungsbereich der Legitimationspflicht bei Aufzügen. 49 Auskunft des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein vom 17. Dezember 2013 (vgl. auch 8.). 50 Umdruck Landtag Schleswig-Holstein 18/049 vom 30. Mai 2012. 51 Nach Auskunft des Referats für Einsatzangelegenheiten des Senators für Inneres und Sport von Bremen vom 13. Dezember 2013 steht eine Neuregelung nicht bevor. 52 In Hessen ist derzeit auch keine Regelung beabsichtigt laut Auskunft des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport, Referat Versammlungsrecht, Vereinsrecht, Verfassungsschutz vom 20. Dezember 2013 (vgl. auch 8.2.6). 53 Nach Auskunft des Thüringer Innenministeriums vom 20. Januar 2014 (vgl. auch 8.2.13). 54 Siehe auch 8. 55 Musterentwurf eines Versammlungsgesetzes (ME VersG), vorgelegt vom Arbeitskreis Versammlungsrecht: Enders, Hoffmann-Riem, Kniesel, Poscher, Schulze-Fielitz, 2011, Gesetzestext mit Begründungen. 56 ME VersG (Fn. 55), S. 69, Nr. 3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 13 Eine Ansicht57 verneint die Anwendung der Legitimationspflicht bei Aufzügen. Der fehlende Verweis wird damit begründet, dass es nicht praktikabel sei, wenn sich die Polizeibeamten im bewegten Geschehen des Aufzugs dem Leiter zu erkennen zu geben haben.58 Die Gegenansicht59 hält die Legitimationspflicht hingegen auch bei Aufzügen für anwendbar. Dabei wird der fehlende Verweis auf die Legitimationspflicht als „Versehen des Gesetzgebers“ bezeichnet.60 Schließlich seien keine Gründe ersichtlich, die Legitimationspflicht nur bei Aufzügen , nicht aber bei Versammlungen entfallen zu lassen. Demnach sollten die Gründe, die für eine Legitimationspflicht bei Versammlungen unter freiem Himmel sprechen, auch für Aufzüge im gleichen – wenn nicht im höheren – Maße gelten.61 5.2. Adressaten der Legitimationspflicht 5.2.1. Polizeibeamte Polizeibeamte im Sinne der Versammlungsgesetze sind alle Angehörigen der Vollzugs- und der Kriminalpolizei, also der Polizei im institutionellen Sinne. Unerheblich ist dabei, ob der jeweilige Polizist Beamter im staatsrechtlichen Sinne oder Angestellter ist.62 Da das Versammlungswesen den Ländern vorbehalten ist, sind nur die Polizisten der Länder von der Legitimationspflicht betroffen .63 Während eine Ansicht64 jeden Polizeibeamten, der einer Versammlung im dienstlichen Interesse beiwohnt, für verpflichtet hält, sich zu erkennen zu geben, stellen die Vertreter der Gegenansicht65 darauf ab, ob der jeweilige Polizeibeamte einen speziellen, auf die konkrete Versammlung bezogenen Auftrag hat. Daher seien auch Polizeibeamte, die während einer Versammlung versammlungsspezifische Straftaten feststellen sollen, von der Legitimationspflicht umfasst. Dieses Ergebnis wird damit begründet, dass bei versammlungsbezogenen Straftaten Verfolgungsmaßnahmen (Identitätsfeststellung, Festnahme etc.) nicht isoliert getroffen werden könnten, sondern auch 57 Pieroth/Schlink/Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 7. Aufl. 2012, § 22, Rn. 1; Wache, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze VersG, 195. Ergänzungslieferung 2013, § 19, Rn. 1; Pawlita/Steinmeier, in: Ridder/Breitbach/Rühl/ Steinmeier, Versammlungsrecht, 1992, § 12, Rn. 22; Ott/Wächtler, Gesetz über Versammlungen und Aufzüge, 6. Aufl. 1996, § 12, Rn. 6. 58 Vgl. Pieroth/Schlink/Kniesel (Fn. 57), § 22, Rn. 1. 59 Ott/Wächtler/Heinhold (Fn. 57), § 12, Rn. 9; Dietel/Gintzel/Kniesel, Versammlungsgesetz, 16. Aufl. 2011, § 12, Rn. 19. 60 Ott/Wächtler/Heinhold (Fn. 57), § 12, Rn. 9; ähnlich Dietel/Gintzel/Kniesel (Fn. 59), § 12, Rn. 19. 61 Vgl. Ott/Wächtler/Heinhold (Fn. 57), § 12, Rn. 9; Dietel/Gintzel/Kniesel (Fn. 59), § 12, Rn. 19. 62 Wache, in: Erbs/Kohlhaas (Fn. 57), § 12, Rn. 3; Ott/Wächtler/Heinhold (Fn. 57), § 12, Rn. 1; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl. 2001, § 12, Rn. 2; unklar insoweit Pawlita/Steinmeier, in: Ridder/Breitbach/Rühl/Steinmeier (Fn. 57), § 12, Rn. 11. 63 Dietel/Gintzel/Kniesel (Fn. 59), § 12, Rn. 1; Ott/Wächtler/Heinhold (Fn. 57), § 12, Rn. 1. 64 Pawlita/Steinmeier, in: Ridder/Breitbach/Rühl/Steinmeier (Fn. 57), § 12, Rn. 12 f. 65 Ott/Wächtler/Heinhold (Fn. 57), § 12, Rn. 4; Dietel/Gintzel/Kniesel (Fn. 59), § 12, Rn. 6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 14 versammlungsrechtliche Maßnahmen (Teilnehmerausschluss, Unterbrechung, Auflösung etc.) erfordern würden.66 Polizeibeamte, die zur Strafverfolgung allgemein tätig würden, ohne dass ein Zusammenhang mit versammlungsbezogenen Aufgaben bestehe (z.B. Taschendiebstahl)67, sollten hingegen ebenso wenig Adressaten der Legitimationspflicht sein wie in Reserve gehaltene Polizeibeamte68. Keine Legitimationspflicht obliege darüber hinaus dem Polizeibeamten, der anlässlich der Ausübung seines Dienstes mit einer Versammlung zufällig in Berührung kommt (z.B. Verkehrspolizist bei der Regelung des Verkehrs).69 In jedem Fall sei der Polizeibeamte, der privat eine Versammlung besucht, nicht verpflichtet, sich beim Leiter zu erkennen zu geben.70 Keine Polizeibeamten im Sinne der Versammlungsgesetze sind neben der Bundes- und Bahnpolizei auch die Angehörigen des Bundeskriminalamts und des Bundesamts für Verfassungsschutz .71 Etwas anderes gilt nur ausnahmsweise für Beamte der Bundespolizei, die gemäß § 11 Bundespolizeigesetz72 (BPolG) einer Landesbehörde unterstellt sind. Sie gelten dann als Amtswalter dieser Behörde und unterliegen der Legitimationspflicht.73 5.2.2. Angehörige anderer Verwaltungsbehörden Ob auch die Angehörigen anderer Verwaltungsbehörden von der Legitimationspflicht der Versammlungsgesetze umfasst sind, ist in der Literatur umstritten. Die überwiegende Auffassung lehnt eine Legitimationspflicht für Angehörige anderer Verwaltungsbehörden 74, insbesondere für Angehörige der Landesämter für Verfassungsschutz75, ab. Zum Teil wird eine Legitimationspflicht für die Angehörigen der Ordnungsbehörden, die eine polizei- 66 Dietel/Gintzel/Kniesel (Fn. 59), § 12, Rn. 7. 67 Dietel/Gintzel/Kniesel (Fn. 59), § 12, Rn. 9; Ott/Wächtler/Heinhold (Fn. 57), § 12, Rn. 4; Köhler/Dürig-Friedl (Fn. 62), § 12, Rn. 3. 68 Ott/Wächtler/Heinhold (Fn. 57), § 12, Rn. 8; Köhler/Dürig-Friedl (Fn. 62), § 12, Rn. 3; Wache, in: Erbs/Kohlhaas (Fn. 57), § 12, Rn. 7; Dietel/Gintzel/Kniesel (Fn. 59), § 12, Rn. 16. 69 Ott/Wächtler/Heinhold (Fn. 57), § 12, Rn. 3. 70 Füßlein, Versammlungsgesetz, 1954, § 12, Anm. 4; Ott/Wächtler/Heinhold (Fn. 57), § 12, Rn. 3; Köhler/Dürig-Friedl (Fn. 62), § 12, Rn. 1. 71 Dietel/Gintzel/Kniesel (Fn. 59), § 12, Rn. 1 f.; Ott/Wächtler/Heinhold (Fn. 57), § 12, Rn. 1. 72 Gesetz über die Bundespolizei vom 19. Oktober 1994 (BGBl. I, S. 2978, 2979), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 20. Juni 2013 (BGBl. I, S. 1602). 73 Dietel/Gintzel/Kniesel (Fn. 59), § 12, Rn. 2. 74 Dietel/Gintzel/Kniesel (Fn. 59), § 12, Rn. 1; Pawlita/Steinmeier, in: Ridder/Breitbach/Rühl/Steinmeier (Fn. 57), § 12, Rn. 8; Ott/Wächtler/Heinhold (Fn. 57), § 12, Rn. 1; Krüger, Versammlungsrecht, 1994, S. 86. 75 Dietel/Gintzel/Kniesel (Fn. 59), § 12, Rn. 10; Wache, in: Erbs/Kohlhaas (Fn. 57), § 12, Rn. 2; Köhler/Dürig-Friedl (Fn. 62), § 12, Rn. 2; Friedrichs, Der Einsatz von „V-Leuten“ durch die Ämter für Verfassungsschutz, 1981, S. 95 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 15 liche Aufgabe zu erfüllen haben, verneint.76 Gleiches soll auch für die zuständige Versammlungsbehörde gelten.77 Abgestellt wird auf die Ausübung von unmittelbarem Zwang, der mit Polizeieinsätzen im Rahmen von Versammlungen einhergehen könnte. Hierzu seien nach den übereinstimmenden Vorschriften der allgemeinen Polizeigesetze nur die allgemeinen Polizeibehörden und die Schutz- und Vollzugspolizei befugt, so dass der Polizeibegriff der Versammlungsgesetze auch dementsprechend auf diesen Personenkreis beschränkt bleiben müsse.78 Im Gegensatz zur überwiegenden Auffassung befürwortet eine Mindermeinung eine Legitimationspflicht sowohl für Angehörige anderer Verwaltungsbehörden als auch für Angehörige der Landesämter für Verfassungsschutz.79 Zum einen wird die Auffassung vertreten, dass durch die Legitimationspflicht ein Prinzip rechtsstaatlicher Ordnung zum Ausdruck gebracht werde, die es dem Staat gebiete, in der Regel nur in offener Form in grundrechtlich geschützte Bereiche einzugreifen. Der besondere Wert, den das Grundgesetz dem demokratischen Prinzip der Versammlungsfreiheit beimisst, müsse dazu führen, alle Verwaltungsbehörden der in den Versammlungsgesetzen angeordneten Publizität zu unterwerfen.80 Zum anderen hätten die Angehörigen der Landesämter für Verfassungsschutz eine politisch-polizeiliche Aufgabe wahrzunehmen , aufgrund derer ihnen nicht mehr Befugnisse zustehen würden als der Polizei. Aus diesem Grund müssten sich auch diese Beamten an die durch die Versammlungsgesetze auferlegte Pflicht halten, und sich dem Leiter zu erkennen geben. Die Sonderaufgaben der Landesämter für Verfassungsschutz und ihre organisatorische Unabhängigkeit von der Polizei könnten nicht dazu führen, diese klare Vorschrift des als abschließende Regelung des Versammlungsrechts gedachten Gesetzes zu umgehen.81 5.2.3. Beobachter und Beauftragte der Polizei/V-Leute Konsequenterweise müsste die Mindermeinung, die eine Legitimationspflicht auch für Angehörige der anderen Verwaltungsbehörden sowie der Landesämter für Verfassungsschutz bejaht, zu dem Ergebnis gelangen, dass neben Beobachtern und Beauftragten der Polizei auch V-Leute der Legitimationspflicht unterliegen.82 Dies wird aber weitgehend abgelehnt.83 Die Enttarnung eines V-Mannes sei vom Tatsächlichen her untragbar. Darüber hinaus seien die der Legitimationspflicht zugrunde liegenden Normen auf Polizeibeamte mit versammlungsbezogener polizeilicher Funktion zugeschnitten. Daher betreffe die Legitimationspflicht nicht jedweden Amtsträger in 76 Köhler/Dürig-Friedl (Fn. 62), § 12, Rn. 2. 77 Dietel/Gintzel/Kniesel (Fn. 59), § 12, Rn. 1. 78 Krüger (Fn. 74), S. 85 f.; Pawlita/Steinmeier, in: Ridder/Breitbach/Rühl/Steinmeier (Fn. 57), § 12, Rn. 8. 79 Evers, Privatsphäre und Ämter für Verfassungsschutz, 1960, S. 176; Schatzschneider, Ermittlungstätigkeit der Ämter für Verfassungsschutz und Grundrechte, 1979, S. 296. 80 Schatzschneider (Fn. 79), S. 296. 81 Evers (Fn. 79), S. 176. 82 Vgl. Friedrichs (Fn. 75), S. 95. 83 Wache, in: Erbs/Kohlhaas (Fn. 57), § 12, Rn. 2; Füßlein (Fn. 70), § 12, Anm. 1; Pawlita/Steinmeier, in: Ridder/Breitbach/Rühl/Steinmeier (Fn. 57), § 12, Rn. 11; Friedrichs (Fn. 75), S. 95 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 16 einer Versammlung, sondern nur solche, die potentiell versammlungspolizeiliche Aufgaben zu erfüllen hätten. Demnach sei die Pflicht, sich bei einer Versammlung zu erkennen zu geben, auf den in einer öffentlichen Versammlung anwesenden V-Mann nicht anzuwenden.84 5.3. Umfang der Legitimationspflicht der Polizei Eine Ansicht in der Literatur85 lehnt eine Differenzierung zwischen Uniformierten und Polizeibeamten in Zivil bei der Legitimationspflicht grundsätzlich ab. Demnach seien alle Polizeibeamte, unabhängig davon, ob sie bei der Versammlung in Uniform oder in Zivil erscheinen, verpflichtet, sich gegenüber dem Versammlungsleiter zu erkennen zu geben. Die Vertreter dieser Ansicht berufen sich zum einen auf den Wortlaut der Versammlungsgesetze, die nur von Polizeibeamten im Allgemeinen sprächen. Daher bestehe die Legitimationspflicht auch für uniformierte Polizeibeamte und erst recht für Polizeibeamte in Zivil.86 Zum anderen habe der Versammlungsleiter unabhängig davon, ob die jeweiligen Polizeibeamten ihren Dienst in Uniform oder in Zivil verrichten, ein Interesse daran zu erfahren, welcher Behörde die Maßnahmen der jeweiligen Polizeibeamten zuzuordnen seien. Nur dann habe der Leiter die Möglichkeit, gegebenenfalls Widerspruch einzulegen.87 Die Gegenansicht88 spricht sich im Rahmen der Legitimationspflicht für eine Differenzierung aus: Anders als Polizeibeamte in Zivil seien uniformierte Polizeibeamte ohne weiteres als Angehörige der Polizei zu erkennen und brauchten sich daher nicht besonders auszuweisen. Die Polizeibeamten, die bei einer Versammlung in Zivil erschienen, müssten sich hingegen gegenüber dem Versammlungsleiter durch das Vorzeigen ihrer Erkennungsmarke oder ihres Dienstausweises legitimieren. In jedem Fall müsse sichergestellt sein, dass der Leiter wisse, gegen wen er sich bei der möglichen Anfechtung von Verwaltungsakten zu wenden habe.89 Außerdem wird – abgesehen von der aufgezeigten Differenzierung zwischen Polizeibeamten in Uniform und in Zivil – die Legitimationspflicht mitunter dahingehend interpretiert, dass sich nicht jeder einzelne Polizeibeamte gegenüber dem Versammlungsleiter legitimieren müsse. Besonders bei Großveranstaltungen sei es weder realisierbar noch sinnvoll, dass sich jeder am Einsatz beteiligte Polizeibeamte ausweise.90 Die Forderung, dass sich alle Beamten ausweisen müssten , stelle in diesem Zusammenhang eine unnötige Komplizierung des Vorgangs dar und sei angesichts der Aufgaben des Versammlungsleiters unangebracht und unverhältnismäßig.91 Bei dem 84 Friedrichs (Fn. 75), S. 95 f. 85 Pawlita/Steinmeier, in: Ridder/Breitbach/Rühl/Steinmeier (Fn. 57), § 12, Rn. 20; Ott/Wächtler/Heinhold (Fn. 57), § 12, Rn. 6; Dietel/Gintzel/Kniesel (Fn. 59), § 12, Rn. 17; Krüger (Fn. 74), S. 87. 86 Vgl. Krüger (Fn. 74), S. 87; Pawlita/Steinmeier, in: Ridder/Breitbach/Rühl/Steinmeier (Fn. 57), § 12, Rn. 20. 87 Ott/Wächtler/Heinhold (Fn. 57), § 12, Rn. 6; Dietel/Gintzel/Kniesel (Fn. 59), § 12, Rn. 17. 88 Köhler/Dürig-Friedl (Fn. 62), § 12, Rn. 5; Wache, in: Erbs/Kohlhaas (Fn. 57), § 12, Rn. 7; wohl auch Füßlein (Fn. 70), § 12, Anm. 4. 89 Vgl. Köhler/Dürig-Friedl (Fn. 62), § 12, Rn. 5; Wache, in: Erbs/Kohlhaas (Fn. 57), § 12, Rn. 7. 90 Dietel/Gintzel/Kniesel (Fn. 59), § 12, Rn. 16. 91 Krüger (Fn. 74), S. 87. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 17 Einsatz von mehreren Polizeibeamten solle es daher ausreichen, wenn die Legitimationspflicht durch den verantwortlichen Polizeibeamten erfolge.92 Auf Verlangen des Versammlungsleiters hätten sich jedoch auch die weiteren Polizeibeamten auszuweisen.93 6. Relevanz der unterschiedlichen Formulierungen: Entsendung/Anwesenheit von Polizeibeamten Die Versammlungsgesetze des Bundes und der Länder Bayern, Niedersachsen und Sachsen enthalten unterschiedliche Formulierungen für die dienstliche Teilnahme von Polizeibeamten an einer öffentlichen Versammlung. Sachsen-Anhalt enthält keine Regelung. Zunächst ist allgemein festzuhalten, dass zwischen den Regelungen Unterschiede bestehen, die sich aus dem jeweiligen Regelungsziel ergeben: Der Bund regelt ausdrücklich nur die Modalitäten im Falle der Entsendung , nämlich die Pflicht sich zu erkennen zu geben und die Einräumung angemessenen Platzes, während die Versammlungsgesetze der oben aufgeführten Länder eine Ermächtigungsgrundlage, unter welchen Voraussetzungen Polizeibeamte in Versammlungen anwesend sein können, darstellt . Im Folgenden wird auf die einzelnen Formulierungen - „Entsenden“, „anwesend sein“ und „Recht auf Zugang“ - näher eingegangen und insbesondere anhand der Gesetzesbegründungen untersucht, ob sich ein Bedeutungsunterschied zwischen ihnen ermitteln lässt: In den Versammlungsgesetzen des Bundes und des Landes Sachsen findet sich sowohl der Begriff des „Entsendens“ (§ 12 BVersG, § 11 Abs. 1 SächsVersG) als auch – außerhalb der Regelungen zur Legitimationspflicht - in § 29 Abs. 1 Nr. 8 BVersG und § 30 Abs. 1 Nr. 9 SächsVersG der Begriff der „Anwesenheit“ und des „Entsendens“. Hiernach ist es u.a. als ordnungswidriges Verhalten einzustufen, wenn der Versammlungsleiter den „entsandten“ Polizeibeamten die „Anwesenheit“ verweigert. Der Gesetzesbegründung zu § 12 BVersG ist kein Hinweis zum Begriff des „Entsendens“ zu entnehmen .94 Zur Historie ist aber Folgendes anzumerken: Die Formulierung „in eine öffentliche Versammlung entsandt“ geht bereits auf Regelungen des 19. Jahrhunderts zurück.95 Diese Regelungen enthielten ein anlassloses Zutrittsrecht der Polizei zu Versammlungen, welches auch in der Nachfolgerregelung im Reichsvereinsgesetz von 1908 der Polizei gewährt wurde, allerdings ohne diese Befugnis ausdrücklich zu normieren. Lediglich die Entsendungsmodalitäten wurden im Reichsvereinsgesetz festgelegt, um eine sachliche Änderung der bisherigen Praxis zu umgehen.96 92 Vgl. Pawlita/Steinmeier, in: Ridder/Breitbach/Rühl/Steinmeier (Fn. 57), § 12, Rn. 20; Krüger (Fn. 74), S. 87; Ott/Wächtler/Heinhold (Fn. 57), § 12, Rn. 7. 93 Vgl. Ott/Wächtler/Heinhold (Fn. 57), § 12, Rn. 7; Pawlita/Steinmeier, in: Ridder/Breitbach/Rühl/Steinmeier (Fn. 57), § 12, Rn. 20. 94 Drucksache Deutscher Bundestag I/1102 vom 26. Juni 1950. 95 Reichstag Aktenstück Nr. 819, S. 4919, Anlage III, Bayerisches Gesetz, die Versammlungen und Vereine betreffend (1850), Art. 8, http://www.reichstagsprotokolle.de/Blatt_k12_bsb00002887_01027.html. 96 Reichstag Aktenstück Nr. 819, S. 4860 f., http://www.reichstagsprotokolle.de/Blatt_k12_bsb00002887_00968.html; zusammenfassend in: BayVGH, Urteil vom 15. Juli 2008 (10 BV 07.2143), Rn. 21, zitiert nach juris. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 18 Die Regelung im BVersG wird jedoch unter Geltung des Grundgesetzes und insbesondere des Art. 8 GG (Versammlungsfreiheit) nicht mehr als allgemeines Zutrittsrecht der Polizei verstanden.97 Denn bei Versammlungen in geschlossenen Räumen (Art. 8 Abs. 1 GG) kann eine Einschränkung der Versammlungsfreiheit nur erfolgen, um andere Verfassungsgüter zu schützen, die mit der Versammlungsfreiheit kollidieren.98 Versammlungen unter freiem Himmel können dagegen durch oder aufgrund Gesetzes eingeschränkt werden (Art. 8 Abs. 2 GG). Die Grundrechtseinschränkung durch die Entsendung von Polizeibeamten in öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel oder in geschlossene Räume wird dadurch begründet, dass die Polizei über die Versammlungssituation vor Ort einen Überblick benötigt, um bei Gefahrenlagen rechtzeitig zu reagieren.99 In Niedersachsen kann die Polizei unter bestimmten Voraussetzungen bei Versammlungen „anwesend “ sein (§§ 11 S. 1, 16 S. 1 NVersG). Bei Versammlungen in geschlossenen Räumen kann die Polizei „anwesend sein, wenn dies zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr für die Friedlichkeit der Versammlung erforderlich ist.“ Der Gesetzentwurf enthielt noch die Möglichkeit, dass die Polizeibeamten „zu einer Versammlung entsandt“ werden können, und war im Wesentlichen aus § 12 BVersG übernommen. Die Formulierung sollte klarstellen, dass die Beamten nicht Teil der Versammlung werden.100 Im Gesetzgebungsverfahren wurde die „Entsendung“ in die „Anwesenheit “ der Beamten abgeändert,101 jedoch ohne eine nähere Begründung.102 Allerdings ist auch der Begriff der polizeilichen „Entsendung“ im Gesetz an anderer Stelle zu finden (§ 6 NVersG – Gebot der Waffenlosigkeit und Friedlichkeit). Zu den Regelungen im Bundesversammlungsgesetz und in den Landesversammlungsgesetzen ist nach alledem auf der Basis der Gesetzesbegründungen keine inhaltliche Unterscheidung zwischen „Entsendung“ bzw. „Anwesenheit“ auszumachen. In Bayern wurde allerdings eine andere Formulierung gewählt: „Recht auf Zugang“103. Dieses wird – in Abgrenzung der Regelung des § 12 BVersG – als allgemeines Zugangsrecht der Polizei interpretiert .104 Jedoch werden zugleich bestimmte materielle Voraussetzungen festgelegt. Bei Versammlungen unter freiem Himmel muss der Zugang für die Erfüllung polizeilicher Aufgaben 97 BayVGH, Urteil vom 15. Juli 2008 (10 BV 07.2143), Rn. 26, zitiert nach juris; Kniesel/Poscher, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, K, Rn. 387; Zeitler, Versammlungsrecht, 1994, Rn. 365 ff. 98 Schneider, in: Epping/Hillgruber (Fn. 4), Art. 8, Rn. 57. 99 Kniesel/Poscher, in: Lisken/Denninger (Fn. 97), K, Rn. 387. 100 Drucksache Landtag Niedersachsen 16/2075 vom 12. Januar 2010, S. 23, zu § 4. 101 Drucksache Landtag Niedersachsen 16/2867 vom 22. September 2010, S. 11, § 13/2 (unter freiem Himmel) und S. 17 § 18/2 (in geschlossenen Räumen); Bericht des Ausschusses für Inneres, Sport und Integration, Drucksache Landtag Niedersachsen 16/2913 vom 4. Oktober 2010, S. 4, zu § 6 Absatz 1 Satz 3. 102 Telefonische Auskunft des Niedersächsischen Landtags vom 3. Januar 2014 zu den nicht öffentlichen Ausschussprotokollen des Ausschusses für Inneres, Sport und Integration zur Drucksache aus Fn. 101. 103 Art. 4 Abs. 3 S. 1, Art. 21 Abs. 1 Nr. 1 BayVersG. 104 Siehe zum Ganzen: 8.1.1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 19 erforderlich sein, wobei die Gesetzesbegründung105 feststellt, dass die polizeiliche Aufgabenerfüllung über die Aufgaben der Polizei nach dem bayerischen Versammlungsgesetz hinausgehe. Der höhere Schutzbedarf von Versammlungen in geschlossenen Räumen wird für die höheren Anforderungen an ein Zugangsrecht (tatsächliche Anhaltspunkte für die Begehung von Straftaten/erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit) angeführt. Insgesamt soll die Polizei zum Schutz der Versammlung vor Störungen oder Gefahren Zutritt erhalten dürfen. 7. Konsequenzen des Göttinger Urteils für Polizeibeamte mit Kennzeichnungspflicht Das VG Göttingen hat in seiner Urteilsbegründung auf den Willen des niedersächsischen Gesetzgebers verwiesen. Der Gesetzesbegründung zum Niedersächsischen Versammlungsgesetz lässt sich explizit entnehmen, dass der Pflicht, sich zu erkennen zu geben, insbesondere bei Großveranstaltungen , auch dadurch Genüge getan wird, dass die Einsatzkräfte durch Tragen einer Uniform als Polizeibeamtinnen oder Polizeibeamte erkennbar sind.106 Diesen Aspekt greifen die Göttinger Richter folgendermaßen auf: „Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass Polizeibeamte und Polizeibeamtinnen in Zivil, die nicht bereits anhand ihrer Uniform als Polizisten zu erkennen sind107, sich individuell gegenüber dem Versammlungsleiter bzw. der Versammlungsleiterin zu erkennen geben müssen. Entscheidend bleibt die jederzeitige Unterscheidbarkeit von Versammlungsteilnehmern und Polizeibeamten.“108 Somit differenziert das VG Göttingen wie folgt: Erscheinen die Polizisten bei einer Versammlung in Uniform, ist der Legitimationspflicht durch das Tragen einer Uniform Genüge getan. Folglich müssen sich die uniformierten Polizeibeamten nicht zusätzlich zu erkennen geben. Sind die Polizeibeamten hingegen nicht bereits anhand ihrer Uniform als Polizisten zu erkennen, müssen sie sich individuell gegenüber der Versammlungsleitung zu erkennen geben. Legt man die Differenzierung des VG Göttingen zur Legitimationspflicht von Polizeibeamten zugrunde , müsste die Pflicht, sich bei der Versammlungsleiterin oder dem Versammlungsleiter individuell zu erkennen zu geben, auch für Beamte mit Kennzeichnungspflicht konsequenterweise entfallen. Durch die Kennzeichnungspflicht dürften Polizeibeamte ohne weiteres als solche zu erkennen sein, so dass der Legitimationspflicht hierdurch Genüge getan wird. 8. Erfahrungsberichte zur Umsetzung der Legitimationspflicht Die nachfolgenden Informationen basieren größtenteils auf den Antworten einer Abfrage des Fachbereichs WD 3 bei den 16 Landesinnenministerien. Die Landesinnenministerien wurden unter Hinweis auf das oben zitierte Urteil des VG Göttingen109 zu folgenden Fragen um eine Stellungnahme gebeten: 105 Drucksache Landtag Bayern 16/1270 vom 6. Mai 2009, S. 6, Zu Nr. 3 (Art. 4). 106 Drucksache Landtag Niedersachsen 16/2075 vom 12. Januar 2010, S. 23. 107 Hervorhebung durch Verfasser. 108 VG Göttingen, Urteil vom 6. November 2013 (1 A 98/12), Rn. 23, zitiert nach juris; BeckRS 2013, 58687. 109 VG Göttingen, Urteil vom 6. November 2013 (1 A 98/12), BeckRS 2013, 58687. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 20 Gibt es Praxiserfahrungen zur Pflicht der Polizeibeamten, sich bei einer Versammlung zu erkennen zu geben? Gibt es diesbezügliche Dienstanweisungen, o.ä.? Inwiefern wird zwischen Uniformierten und Polizeibeamten in Zivil unterschieden? Liegen Rückmeldungen aus den Reihen der Polizei vor? Welche Probleme gab es bei der Umsetzung der Legitimationspflicht? Die Antworten der Abfrage werden nachfolgend im Wortlaut110 wiedergegeben. In einer als Anlage 2 beigefügten Tabelle 2 sind die wesentliche Inhalte der Antworten der Landesinnenministerien zur Umsetzung der Legitimationspflicht in der Praxis unter Berücksichtigung der Frage des Einsatzes ziviler Beamter als Übersicht zusammengestellt. 8.1. Länder mit eigener Regelung der Legitimationspflicht 8.1.1. Bayern Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr teilte zur Legitimationspflicht Folgendes mit111: „Entsprechend der gesetzlichen Regelung des Art. 4 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz BayVersG stellt sich bei Versammlungen unter freiem Himmel der Polizeiführer beim jeweiligen Versammlungsleiter als polizeilicher Einsatzleiter vor. Bei Versammlungen in geschlossenen Räumen gilt diese Legitimationspflicht gem. Art. 4 Abs. 3 Satz 2, 1. Halbsatz BayVersG für alle eingesetzten Beamten. Eine polizeiliche Betreuung von Versammlungen in geschlossenen Räumen kommt wegen der hierfür gebotenen Gefahrenprognose gemäß Art. 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayVersG nur ausnahmsweise in Betracht. Praktische Erfahrungswerte liegen deshalb zu dieser Regelung nicht vor. Mit Schreiben vom 29.09.2008 übersandte das Bayer. Staatsministerium des Innern hinsichtlich des Inkrafttretens des BayVersG am 1. Oktober 2008 Anwendungshinweise u. a. an die Präsidien der Bayer. Landespolizei. Spezielle Anwendungshinweise zur Legitimationspflicht sind darin nicht enthalten. Eine Umsetzung erfolgt bei den Polizeipräsidien in eigener Zuständigkeit. Eine Unterscheidung zwischen uniformierten und zivilen Einsatzkräften wird nicht vorgenommen . Dem Bayer. Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr liegen zur Legitimationspflicht keine Rückmeldungen von den Polizeipräsidien vor. Bislang sind uns keine Probleme bei der Umsetzung der Legitimationspflicht bekannt. Anmerkung: Ergänzend weisen wir darauf hin, dass die bayerische Vorschrift von der Regelungslage im Bund abweicht und über diese hinausgeht: Während § 12 VersG (des Bundes) lediglich vorsieht, dass sich Polizeibeamte, die in eine öffentliche Versammlung entsandt werden, dem Versammlungsleiter erkennen zu geben haben (Satz 1) und ihnen ein angemessener Platz eingeräumt werden muss (Satz 2), statuiert Art. 4 Abs. 3 Satz 2 BayVersG ein allgemeines Zugangsrecht für Polizeibeamte zu öffentlichen Versammlungen 110 Hervorhebungen und Einfügungen in eckigen Klammern in den wörtlichen Zitaten stammen von den Verfassern. 111 Auskunft des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 30. Dezember 2013. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 21 und die Anmelde- bzw. Legitimationspflicht der Beamten. Art. 4 Abs. 3 BayVersG differenziert anders als § 12 VersG, der wegen seiner Stellung im Abschnitt II des VersG nur für öffentliche Versammlungen in geschlossenen Räumen gilt, zwischen Versammlungen unter freiem Himmel und Versammlungen in geschlossenen Räumen. Dies gilt nicht nur für die Verpflichtung, sich als Polizeibeamter zu erkennen zu geben, sondern auch für die materiellen Voraussetzungen der Anwesenheit von Polizeibeamten. Bei Versammlungen unter freiem Himmel sollen Polizeibeamte ein Zugangsrecht haben, wenn dies zur polizeilichen Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Die polizeiliche Aufgabenerfüllung geht über die Aufgaben der Polizei nach dem Bayerischen Versammlungsgesetz hinaus. Ein Zugangsrecht kann die Polizei insbesondere im Rahmen ihrer Aufgaben nach Art. 2 Abs. 1 und 4 PAG (etwa zur Strafverfolgung) haben. Bei Versammlungen in geschlossenen Räumen soll hingegen ein Zugangsrecht – aufgrund der verfassungsrechtlich höheren Schwelle und des dort in der Regel geringeren Gefahrenpotenzials – nur dann bestehen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Begehung von Straftaten vorliegen oder eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu besorgen ist. Für Versammlungen unter freiem Himmel, wie für solche in geschlossenen Räumen gilt dabei, dass die Polizei sowohl zum Schutz einer Versammlung vor z. B. Störungen durch Dritte als auch zur Abwehr von Gefahren, die von der Versammlung oder von einzelnen Teilnehmern ausgehen, Zutritt nehmen kann. Art. 4 Abs. 3 Satz 2 BayVersG beseitigt rechtsstaatliche Zweifel, die der BayVGH in einer Entscheidung zur ursprünglichen, der Rechtslage auf Bundesebene in § 12 VersG wörtlich entsprechenden Fassung des BayVersG geäußert hatte (siehe BayVGH, Urteil vom 15.07.2008, 10 BV 07.2143, juris RdNr. 21 ff., LT-Drs. 16/1270, S. 3 und 6).“ 8.1.2. Niedersachsen Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport teilt auf die Abfrage von WD 3 mit, dass keine Stellungnahme zur Problematik aufgrund des derzeit laufenden Berufungsverfahrens gegen das Urteil des VG Göttingen112 abgegeben werden könne, kündigt aber an, zu gegebener Zeit eine Stellungnahme nachzuholen.113 8.1.3. Sachsen Das Sächsische Staatsministerium des Innern antwortete auf die Anfrage zur Legitimationspflicht wie folgt114: „§ 11 Abs. 2 Satz 1 Gesetz über Versammlungen und Aufzüge im Freistaat Sachsen (Sächsisches Versammlungsgesetz – SächsVersG) legt fest, dass sich Polizeibeamte, die in eine öffentliche Versammlung in geschlossenen Räumen entsandt werden, dem Versammlungsleiter zu erkennen zu geben haben. Spezielle Dienstanweisungen dazu sind hier nicht bekannt. Die zur Absicherung einer Versammlung entsandten Polizeivollzugskräfte setzen sich grundsätzlich mit dem jeweiligen Versammlungsleiter in Verbindung. Im Regelfall tut dies der verantwortliche Ab- 112 VG Göttingen, Urteil vom 6. November 2013 (1 A 98/12), BeckRS 2013, 58687. 113 Auskunft des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport, Referat 22 (Recht), vom 7. Januar 2014. 114 Auskunft des Sächsischen Staatsministeriums des Innern, vom 19. Dezember 2013. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 22 schnittsführer bzw. ein von ihm Beauftragter. Diese Verfahrensweise wird insbesondere bei größeren Einsätzen als konkreter Einsatzauftrag in den Einsatzbefehl formuliert.“ 8.2. Länder ohne eigene Regelung der Legitimationspflicht 8.2.1. Baden-Württemberg Das baden-württembergische Innenministerium beantwortete die Abfrage von WD 3 wie folgt115: „- Der Einsatz von Polizeibeamtinnen/-beamten im Rahmen von Versammlungen richtet sich gemäß Art. 1 (3) GG an unmittelbar geltendem Recht aus. - Bezüglich der Legitimationspflicht gilt mangels landesrechtlicher Regelung § 12 des Versammlungsgesetzes des Bundes. Landesinterne Regelungen bzw. Dienstanweisungen des Innenministeriums Baden-Württemberg – Landespolizeipräsidium – sind nicht vorhanden. - Eine Unterscheidung zwischen uniformierten und zivilen Polizeibeamtinnen/-beamten erfolgt in rechtlicher Hinsicht grundsätzlich nicht. - Rückmeldungen zur o. a. Thematik liegen dem Innenministerium Baden-Württemberg – Landespolizeipräsidium – nicht vor. - Probleme bzgl. der Legitimationspflicht sind in Baden-Württemberg nicht bekannt.“ 8.2.2. Berlin Die Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport gab folgende Auskunft zur Abfrage von WD 3116: „Zunächst kann ich Ihnen bestätigen, dass sich die entsprechende für Berlin geltende Regelung in den §§ 18 Abs. 1 i.V.m. 12 VersG wiederfindet. Darüber hinaus ist derzeit kein Gesetzentwurf für ein Landesversammlungsgesetz Berlin geplant. Im Folgenden möchte ich Ihre weiteren aufgeworfenen Fragen beantworten. In der praktischen Umsetzung wird dem Sinn und Zweck der Vorschrift folgend, der Veranstalter darüber in Kenntnis gesetzt, welche Polizeidienststelle den Einsatz leitet und in welcher Größenordnung sich der Kräfteansatz darstellt. [Es gibt derzeit keine Dienstanweisungen]. Es findet keine Unterscheidung [zwischen Uniformierten und Polizeibeamten in Zivil] statt. Konkrete Erfahrungswerte liegen nicht vor. Die bisherige Praxis hat sich bewährt und ist bislang nicht beanstandet worden. Es haben sich bisher keine einschlägigen Probleme diesbezüglich [bei der Umsetzung der Legitimationspflicht ] ergeben.“ 115 Auskunft des Innenministeriums des Landes Baden-Württemberg, Inspekteur der Polizei, vom 19. Dezember 2013. 116 Auskunft der Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Abteilung III (Öffentliche Sicherheit und Ordnung, B 3 En), vom 21. Januar 2014. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 23 8.2.3. Brandenburg Zur Abfrage von WD 3 nahm das brandenburgische Ministerium des Innern wie folgt Stellung117: „Soweit es sich um eine Versammlung unter freiem Himmel handelt, werden uniformierte Polizeibeamte nur zur Begleitung der Versammlung eingesetzt. Dabei stellen sich in der Regel der Kontaktbeamte und ggf. der Polizeiführer dem Versammlungsleiter vor. Werden uniformierte Polizeibeamte zu einer Versammlung in geschlossenen Räumen entsandt , stellen sie sich dem Versammlungsleiter vor, soweit ihnen in den Räumlichkeiten ein Platz zugewiesen wird. Polizeibeamte außerhalb des Versammlungsraumes stellen sich dem Versammlungsleiter nicht vor. Eine Dienstanweisung gibt es nicht. Zivile Kräfte der Polizei werden als Beobachtungskräfte („Tatbeobachter“) nur eingesetzt, wenn aus der Versammlung heraus Straftaten begangen werden. Diese Kräfte stellen sich aus Gründen der Eigensicherung dem Versammlungsleiter nicht vor. Eine generelle Legitimation aller Polizeibeamten beim Versammlungsleiter erfolgt vor allem aus Zweckmäßigkeitsgründen nicht. Besonders bei Großveranstaltungen ist es weder realisierbar noch sinnvoll, dass sich jeder am Einsatz beteiligte Polizeibeamte ausweist.“ 8.2.4. Bremen In Bremen stellt sich die Sach- und Rechtslage laut Antwort des Senators für Inneres und Sport auf die Abfrage von WD 3 folgendermaßen dar118: „Der polizeiliche Gesamteinsatzleiter (Polizeiführer) oder der für den Schutz der Versammlung eingesetzte Einsatzabschnittsleiter nimmt im Rahmen seiner Kooperationspflicht und zur Berechenbarkeit polizeilichen Handelns Kontakt zum Versammlungsleiter auf und stellt sich vor. Soweit nicht bereits in einem vorangegangenen Kooperationsgespräch erläutert, werden Verhalten der Einsatzkräfte und spezielle Aufgaben (Verkehrskräfte, Spitzen- und/oder Schlusskräfte, ggf. seitliche Begleitungen) erläutert und Wege zur unmittelbaren und schnellen Kommunikation während der Versammlung angeboten. Das Verhalten folgt den Beschlüssen des BVerfG sowie den rechtlichen Verpflichtungen zur Gefahrenabwehr und ist Bestandteil der Aus- und Fortbildung . Wir sehen für diese Punkte nicht die Notwendigkeit einer speziellen Dienstanweisung. Zur Vermeidung eines Konfliktes zur ‚Inneren Versammlungsfreiheit’ und den Verpflichtungen gem. § 12 Satz 1 VersG werden durch die Polizei Bremen zum Schutz einer Versammlung zunächst nur uniformierte Kräfte in/direkt an einer Versammlung eingesetzt. Auch können diese ihren Schutzauftrag effizienter durchführen. Bei Maßnahmen der Polizei Bremen dürfen Beamte in ziviler Kleidung daher in Versammlungen nur mit Einverständnis des Polizeiführers einge- 117 Auskunft des Ministeriums des Innern Land Brandenburg vom 20. Dezember 2013. 118 Auskunft des Senators für Inneres und Sport Freie Hansestadt Bremen, Referat für Einsatzangelegenheiten (Kriminalitätsbekämpfung , Führung, Einsatz-, Verkehrs- und Grundsatzangelegenheiten des Polizeivollzugsdienstes), vom 13. Dezember 2013. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 24 setzt werden. Zum Zweck der polizeilichen Aufklärung können sie abgesetzt zum Einsatz kommen , soweit die ‚Innere Versammlungsfreiheit’ hiervon nicht berührt wird. Selbst unter den Voraussetzungen des § 12a VersG werden grundsätzlich keine Beamten in ziviler Kleidung in Versammlungen eingesetzt. Erst nach erfolgten Straftatbeständen von Versammlungsteilnehmern können nach Freigabe durch den Polizeiführer Zivilbeamte gezielt gegen verdächtige Straftäter zur Strafverfolgung eingesetzt werden, um mit ihrer Hilfe u.a. Zugriffskräfte heranzuführen, die diese Täter festnehmen sollen. Die Polizei Bremen und das Referat 31 (Senator für Inneres und Sport) stehen in ständigem Austausch aller polizeilichen Angelegenheiten. Es gibt keine negativen Rückmeldungen von Seiten der Versammlungsleiter. Grundsätzlich [ergeben sich] keine [Probleme bei der Umsetzung der Legitimationspflicht]. Zu Schwierigkeiten kommt es bei angeblichen/tatsächlichen Spontanversammlungen , in denen sich kein Versammlungsleiter zu erkennen gibt.“ 8.2.5. Hamburg Die Behörde für Inneres und Sport der Freien und Hansestadt Hamburg gab folgende Auskunft119: „Die Legitimationspflicht von Polizeibeamten gegenüber dem jeweiligen Versammlungsleiter ist in dem für Hamburg nach wie vor einschlägigen Versammlungsgesetz des Bundes in § 12 VersG abschließend geregelt. In diesem ist festgelegt, dass sich Polizeibeamte, die in eine öffentliche Versammlung entsandt werden, gegenüber dem Leiter der Versammlung zu erkennen zu geben haben. Das der Anfrage zugrunde liegende Verwaltungsgerichtsurteil aus Göttingen bezieht sich hingegen nicht auf die bundesgesetzliche Regelung, sondern reflektiert auf den in etwa gleichlautenden § 11 des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes (NVersG). In der Begründung des zitierten Urteils wird die grundsätzliche Zielsetzung der Legitimationspflicht erläutert. Demnach folgt diese dem grundlegenden Gedanken, die Kooperation zwischen dem Versammlungsleiter und der Polizei als zuständige Behörde während der Versammlung zu erleichtern, indem dem Leiter eindeutig erkennbare Ansprechpartner zur Verfügung gestellt werden. Ergänzend hierzu wird festgestellt , dass durch die Legitimationspflicht erreicht werden soll, dass der Versammlungsleiter die Polizei gegebenenfalls um Hilfe bitten kann, wenn es ihm nicht gelingt, mit eigenen Mitteln die Ordnung in der Versammlung sicherzustellen. Das Verwaltungsgericht vertritt jedoch in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass der § 11 NVersG nach dem Wortlaut auszulegen sei. Demnach bestehe nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift die Pflicht, dass sich jeder Polizeibeamte zu erkennen zu geben habe. Dieses gelte nicht allein für den Einsatzleiter, sondern vielmehr für alle anwesenden Polizeibeamten. Bei Großveranstaltungen kämen Einsatzkräfte durch das Tragen ihrer Uniform dieser Verpflichtung konkludent nach. Das Gericht folgt im Umkehrschluss der Annahme, dass sich Einsatzkräfte in 119 Auskunft der Behörde für Inneres und Sport der Freien und Hansestadt Hamburg, Amt für Innere Verwaltung und Planung, Abteilung für Öffentliche Sicherheit, Brand- und Bevölkerungsschutz (A4), Rechts- und Grundsatzangelegenheiten (A41), vom 6. Januar 2014. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 25 Zivil individuell dem Versammlungsleiter gegenüber zu kennen zu geben haben, um somit eine Unterscheidbarkeit von Versammlungsteilnehmern zu gewährleisten. Die Polizei Hamburg schließt sich hingegen der auch in der Literatur zum § 12 VersG vertretenen teleologischen (Sinn und Zweck einer Gesetzesbestimmung) Auslegung zur gesetzlichen Legitimationsverpflichtung an. Demnach sind entgegen der Formulierung des Gesetzes nicht alle zu einer Versammlung entsandten Polizeibeamten persönlich verpflichtet, sich beim Leiter zu erkennen zu geben. Der Sinn und Zweck der Norm ist vielmehr dahingehend zu interpretieren, dass dem Leiter der Umstand der polizeilichen Präsenz bekannt gegeben werden muss. Damit reicht es aus, dass beispielsweise der Einsatzabschnittsführer oder ein anderer beauftragter Beamte Kontakt aufnimmt, damit dieser dem Versammlungsleiter bei Bedarf als Ansprechpartner zur Verfügung stehen kann. Dabei können unter Umständen Angaben zum Kräfteeinsatz gemacht werden. Besonders bei Großveranstaltungen ist es weder realisierbar noch sinnvoll, dass sich jeder am Einsatz beteiligte Beamte vorstellt. Insbesondere in vorangehenden Kooperationsgesprächen werden die Legitimationsfragen vorabgeklärt. Diese grundsätzlichen Anmerkungen vorausgeschickt, antwortet die Behörde für Inneres und Sport auf die von Ihnen aufgeworfenen Fragestellungen wie folgt: Umgang mit der Legitimationspflicht in der polizeilichen Praxis Im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und des geltenden Kooperationsgebotes gibt sich der jeweils für den Polizeieinsatz verantwortliche Beamte grundsätzlich dem Versammlungsleiter als polizeilicher Ansprechpartner zu erkennen. Im Vorfeld der jeweiligen Versammlung erfolgt in Einzelfällen eine Kontaktaufnahme zum Versammlungsleiter jedoch auch schon dann, wenn Einzelheiten der Versammlungsdurchführung im Rahmen von Kooperationsgesprächen abgestimmt werden. Dienstanweisungen zur Legitimationspflicht Zum Umgang mit der Legitimationspflicht gegenüber dem Leiter einer Versammlung existieren bei der Polizei Hamburg keinerlei Dienstanweisungen oder vergleichbare Regelungen. Unterschied zwischen uniformierten und zivilen Polizeibeamten Bei dem oben beschriebenen Umgang mit der Legitimationspflicht ist es in der polizeilichen Praxis ebenfalls gänzlich unerheblich, ob sich der einsatzführende Polizeibeamte gegenüber dem Versammlungsleiter in Uniform oder aber in ziviler Kleidung zu erkennen gibt. Für beide Möglichkeiten besteht gleichermaßen die beschriebene Legitimationspflicht. Rückmeldungen der Polizei an die Behörde für Inneres und Sport/Probleme bei der Umsetzung der Legitimationspflicht. Der Polizei Hamburg liegen weder von Versammlungsleitern noch von den eigenen Einsatzführern Erkenntnisse vor, welche auf Probleme mit dem derzeit praktizierten Umgang mit der Legitimationspflicht hinweisen.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 26 8.2.6. Hessen Nach Auskunft des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport wird in Hessen folgendermaßen verfahren120: „Vor Versammlungsbeginn wird im Rahmen von Kooperationsgesprächen mit der Versammlungsleitung die Anwesenheit von uniformierten Polizeikräften im Umfeld der Versammlung besprochen. Diese geben sich bereits durch ihre Uniform zu erkennen. Beamte in Zivil werden grundsätzlich nicht in Versammlungen entsandt, zivile Aufklärung erfolgt grundsätzlich nur im Umfeld der Versammlung und ist auf eine Beobachtung von „außen “ fokussiert. Sofern zivile Polizeibeamte in einer Versammlung anwesend sind, haben diese Beamten ausdrücklich keinen versammlungsspezifischen Auftrag, sondern werden zur Abwehr nicht versammlungsspezifischer Gefahren oder zur Straf-/Ordnungswidrigkeitenverfolgung tätig. Zu Versammlungsbeginn findet grundsätzlich eine Kontaktaufnahme mit der Versammlungsleiterin/dem Versammlungsleiter statt. In der Regel erfolgt dies durch die Polizeiführerin /den Polizeiführer, ersatzweise durch die Leiterin/den Leiter des zuständigen Einsatzabschnitts , bei denen es sich überwiegend um uniformierte Beamte handelt. Dieser Kontakt wird auch während des Verlaufs gehalten, so dass der ständige Austausch mit der Versammlungsleiterin oder dem Versammlungsleiter gewährleistet ist. Diesbezüglich existieren in Hessen keine Dienstanweisungen. Uniformierte Einsatzkräfte geben sich durch die deutliche Erkennbarkeit als Polizeibeamte anhand ihrer Uniform zu erkennen. Zivilkräfte in einer Versammlung haben keinen versammlungsspezifischen Auftrag und müssen sich daher nicht zu erkennen geben. Bisher liegen dem Hessischen Ministerium des Innern und für Sport keine problemorientierten Rückmeldungen vor. Bisher gab es bei der Umsetzung der Legitimationspflicht keine Probleme.“ 8.2.7. Mecklenburg-Vorpommern Die Antwort des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Mecklenburg-Vorpommern auf die Abfrage von WD 3 lautet folgendermaßen121: „Das im Ministerium für Inneres und Sport für Versammlungsrecht zuständige Referat arbeitet derzeit nicht an einem Entwurf für ein Landes-Versammlungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern. Ob dieser Sachstand auch für die anderen, zu einer Gesetzesinitiative Berechtigten im Sinne des Artikels 55 Absatz 1 der Landesverfassung zutrifft, ist hier nicht bekannt. Bei Versammlungen sind Einsatzkräfte in Uniform hinreichend als Polizeibeamte zu erkennen. Polizeibeamte in Zivil, z. B. Angehörige von Antikonfliktteams, sind durch Westen mit der Aufschrift ‚Polizei‘ gekennzeichnet. Zivilkräfte der Polizei mit anderen Aufgaben geben sich nach 120 Auskunft des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport, Referat Versammlungsrecht, Vereinsrecht, Verfassungsschutz , vom 20. Dezember 2013. 121 Auskunft des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Mecklenburg-Vorpommern, vom 15. Januar 2014. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 27 vorliegenden Erkenntnissen in der Regel nicht ohne speziellen Anlass dem Versammlungsleiter zu erkennen. Das Ministerium für Inneres und Sport Mecklenburg-Vorpommern hat hierzu keine Dienstanweisungen erlassen. Es liegen keine Rückmeldungen aus den Polizeibehörden vor. Hier sind keine Probleme im Zusammenhang mit der Legitimationspflicht bekannt geworden.“ 8.2.8. Nordrhein-Westfalen Das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen122 nahm wie folgt Stellung auf die Anfrage von WD 3: „Die Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten (PVB) in Nordrhein-Westfalen sind nicht verpflichtet , ein Namensschild zu tragen. Es ist ihnen jedoch freigestellt, dienstlich vorgegebene Namensschilder an der Uniform zu tragen, soweit nicht Besonderheiten (Gefährdungen, Auftragslage oder ähnliches) dem entgegenstehen. Zudem ist der Polizeidienstausweis im Dienst ständig mitzuführen. Diesen haben die PVB bei Amtshandlungen auf Verlangen vorzuzeigen; beim Einsatz in Zivilkleidung haben sie dies unaufgefordert zu tun. Der Polizeidienstausweis braucht nicht vorgezeigt zu werden, wenn der Zweck der Amtshandlung dadurch beeinträchtigt oder die PVB gefährdet würde. Dem Polizeidienstausweis – im Scheckkartenformat mit digitalisiertem Lichtbild – lassen sich Vor- und Nachname der Beamtinnen und Beamten entnehmen. PVB der Bereitschaftspolizei führen eine Helmkennzeichnung. Diese Kennzeichnung besteht aus einer Ziffernfolge, anhand derer jede Beamtin bzw. jeder Beamte einer entsprechenden Einheit der Bereitschaftspolizei zugeordnet werden kann. Darüber hinaus sind Führer von Einsatzeinheiten durch taktische Zeichen an den Ärmeln ihrer Einsatzanzüge besonders gekennzeichnet. An Einsatzanzügen ist jedoch kein Namensschild zu tragen. Daraus resultierend tragen die Beamtinnen und Beamten der Bereitschaftspolizei im Einsatz auch keine Namensschilder. Differenzierende Vorgaben für PVB [Polizeivollzugsbeamte] in Zivil bestehen insoweit nicht. Eine Verpflichtung sich auszuweisen besteht nur für PVB, die unmittelbar mit dem Leiter /der Leiterin der Versammlung Kontakt aufnehmen. Im Rahmen dieser Kontakte können auch Fragen zum Einsatz Beamter in ziviler Kleidung geklärt werden. Eine umfassende Ausweispflicht aller PVB wird – gerade auch im Hinblick auf Großveranstaltungen – weder für realisierbar noch für erforderlich gehalten. Rückmeldungen aus den Reihen der Polizei hinsichtlich der Legitimationspflicht liegen hier nicht vor. Probleme bei der Umsetzung sind hier nicht bekannt.“ 122 Auskunft des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen, Referat 402 (Recht der Polizei), vom 20. Dezember 2013. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 28 8.2.9. Rheinland-Pfalz Das Ministerium für Inneres, Sport und Infrastruktur Rheinland-Pfalz gab folgende Auskunft zur Abfrage von WD 3123: „Die Beantwortung bezieht sich insbesondere auf Versammlungen unter freiem Himmel, da die Anwesenheit von Polizeibeamten bei Versammlungen in geschlossenen Räumen seit dem Urteil des bayrischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15.07.2008 (Az.: 10 Bv 07.2143) sehr restriktiv gehandhabt wird. Dies vorausgeschickt beantworte ich die Fragen wie folgt: Die Anwesenheit von Polizeibeamten bei einer Versammlung ist fester Bestandteil der im Vorfeld geführten Kooperationsgespräche zwischen Polizei und Versammlungsleitung. Dabei wird auch der Einsatz ziviler Kräfte thematisiert. Unmittelbar vor Beginn der Versammlung erfolgt eine erneute Kontaktaufnahme. Aus Gründen der Praktikabilität wird auf eine individuelle Vorstellung der einzelnen Kräfte bei der Versammlungsleitung verzichtet. Werden Zivilkräfte bei der Versammlung eingesetzt, geben sich diese grundsätzlich zu erkennen. In Rheinland-Pfalz besteht eine allgemeine Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur ‚Polizeidienstausweise, Kriminaldienstmarken‘ vom 01.06.2011. Darin ist unter anderem die Vorzeigepflicht des Dienstausweises bzw. der Kriminaldienstmarke geregelt. Daneben enthalten die ‚rechtlichen und taktischen Hinweise zur Bewältigung polizeilicher Einsatzlagen im Zusammenhang mit rechtsmotivierten/-extremistischen Versammlungen , Veranstaltungen, und anderen Erscheinungsformen‘ des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur (Stand: Oktober 2011, VS – nur für Dienstgebrauch) einen Passus zum Anwesenheitsrecht der Polizei gemäß § 12 VersG: ‚Die Polizei hat bei öffentlichen Versammlungen in geschlossenen Räumen ein Anwesenheitsrecht. Entsandte Beamte müssen sich dem Leiter zu erkennen geben. Ihnen muss ein angemessener Platz eingeräumt werden. Zweck der Anwesenheit ist ausschließlich der Schutz der Versammlung. Da sich Polizeibeamte grundsätzlich zu erkennen geben müssen, ist ein Einsatz von verdeckt ermittelnden Polizeibeamten nur in Einzelfällen und unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig.‘ Bei der Beantwortung dieser Fragestellungen wurden die Polizeibehörden und -einrichtungen des Landes Rheinland-Pfalz beteiligt. Bislang sind bei der Umsetzung der Legitimationspflicht von Polizeibeamtinnen und –beamten keine Problemstellungen aufgetreten.“ 123 Auskunft des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Rheinland-Pfalz, Referat Inspekteur der Polizei, Führung, Einsatz, Verkehrssicherheit, Lagezentrum, vom 20. Dezember 2013. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 29 8.2.10. Saarland Laut dem Ministerium für Inneres und Sport des Saarlandes wird die Legitimationspflicht im Saarland folgendermaßen gehandhabt124: „Im Saarland gilt nach wie vor § 12 (Bundes)Versammlungsgesetz; ein Landesversammlungsgesetz existiert nicht. Für alle Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte (PVB) des Saarlandes, d. h. auch für die Angehörigen von Einsatzeinheiten, gilt generell folgende Regelung: Normiert ist eine grundsätzliche Ausweispflicht. Gemäß § 87 des Saarländischen Polizeigesetzes (SPolG) haben sich PVB auf Verlangen des oder der Betroffenen auszuweisen. Das gilt nicht, wenn die Umstände es nicht zulassen oder dadurch der Zweck der Maßnahme gefährdet wird. Des Weiteren bestimmt ein die gesetzliche Regelung ergänzender Erlass des Ministeriums auch, dass sich PVB bei jeder dienstlichen Tätigkeit gegenüber Betroffenen unaufgefordert mit ihrem Namen vorzustellen und ihre Dienststelle anzugeben haben. Zusätzlich kann eine Namenskarte ausgehändigt werden. Bei geschlossenen Einsätzen oder Einsätzen mehrerer Beamtinnen und Beamten haben die Vorgesetzten sicherzustellen, dass eine Beamtin oder ein Beamter sich ausweist . Ist dies im Einzelfall nicht möglich, obliegt die Ausweispflicht der oder dem Vorgesetzten. Vorgenannte Bestimmungen gelten auch für Versammlungen. Bei Versammlungen in geschlossenen Räumen, zu denen Polizeibeamte entsandt werden, geben sich die Polizeibeamten dem Versammlungsleiter stets zu erkennen, Zivilbeamte durch Vorzeigen des Dienstausweises. Bei Versammlungen unter freiem Himmel machen sich bereits im Rahmen der erforderlichen Kooperationsgespräche Einsatzleitung und Versammlungsleitung miteinander bekannt. Die o.g. Regelungen gelten auch für den anschließenden Verlauf einer Versammlung. Spezielle Regelungen über entsprechende Verhaltensweisen von Polizeibeamten bei Versammlungen existieren im Saarland nicht. Probleme mit der bisherigen Handhabung sind hier nicht bekannt .“ 8.2.11. Sachsen-Anhalt Das Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt gab folgende Auskunft zur Abfrage von WD 3125: „In das Gesetz des Landes Sachsen-Anhalt über Versammlungen und Aufzüge (VersammlG LSA) wurde die Regelung des § 12 S. 1 Versammlungsgesetz (Bund) nicht übernommen. § 12 S. 1 Versammlungsgesetz beinhaltet keine eigenständige Befugnis zur Anwesenheit der Polizei bei Ver- 124 Auskunft des Ministeriums für Inneres und Sport des Saarlandes, Referat D 2 (Polizeiliche Angelegenheiten), vom 14. Januar 2014. 125 Auskunft des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt, Referat 21 (Recht der Gefahrenabwehr ), vom 20. Dezember 2013. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 30 sammlungen, er setzt lediglich deren Anwesenheit voraus und regelt damit einhergehende Modalitäten . Ein Anwesenheitsrecht der Polizei kann sich auf Grund von Eingriffsbefugnissen nach dem VersammlG LSA (z.B.: § 13 VersammlG LSA) und unter ergänzender Anwendung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (SOG LSA) ergeben. In diesem Zusammenhang ergibt sich ein Anwesenheitsrecht der Polizei bei öffentlichen Versammlungen mit der damit einhergehenden Legitimationspflicht, welcher grundsätzlich durch das Tragen der Uniform genüge getan wird. In der Praxis ergibt sich eine Legitimationspflicht für alle zur Versammlung entsandten Polizeibeamten , die nicht mit dem Auftrag einer verdeckten Aufklärung betraut sind. Zu öffentlichen Versammlungen werden regelmäßig Polizeibeamte entsandt, die im Rahmen der Kooperation in Kontakt mit dem Versammlungsleiter stehen. Nur in Ausnahmefällen, so bei kleineren Versammlungen , die regelmäßig stattfinden und bisher störungsfrei verliefen, wird von der Entsendung von Polizeibeamten abgesehen. Es wird davon ausgegangen, dass Polizeibeamte, welche eine Uniform tragen, bereits ausreichend legitimiert sind. Das Vorzeigen des Dienstausweises erfolgt in diesen Fällen nur auf Verlangen. Weitere Unterschiede ergeben sich zwischen Uniformierten und Polizeibeamten in Zivil nicht. Die mit der polizeilichen Begleitung von Versammlungen befassten Polizeibehörden wurden unsererseits hinsichtlich der praktischen Handhabung der Legitimation im Zusammenhang mit polizeilichen Einsätzen bei öffentlichen Versammlungen befragt. Danach gab es in der jüngeren Vergangenheit bezüglich der Legitimation keine wiederkehrenden Probleme. Entscheidend dürfte im Einzelfall der Umgang mit dem Versammlungsleiter sein, der mit einer möglichst weit reichenden Transparenz der polizeilichen Maßnahmen einhergeht.“ 8.2.12. Schleswig-Holstein In Schleswig-Holstein wird nach Auskunft des Innenministeriums des Landes Schleswig- Holstein126 die Legitimationspflicht folgendermaßen umgesetzt: „In Kooperationsgesprächen zu Beginn oder im Laufe einer Versammlung nimmt der Gesamteinsatzleiter oder der jeweilige verantwortliche Abschnittsleiter Kontakt zum Versammlungsleiter auf, stimmt mit diesem das polizeiliche Konzept ab, beschreibt dabei Auftrag und Anwesenheit der Polizei einschließlich des Hinweises auf den Einsatz ziviler Kräfte. Die Versammlungsleitung wird darüber in Kenntnis gesetzt, dass ihr und Versammlungsteilnehmern bei berechtigtem Interesse (Beschwerde, Strafbegehren pp.) uniformierte Polizeikräfte unmittelbar oder auch im Nachhinein anhand der durch Erlass vorgeschriebenen Kennung über die polizeiliche Einsatzleitung namhaft gemacht werden. Die Versammlungsleitung wird ferner darauf aufmerksam gemacht, dass Zivilkräfte sich bei Aufforderung kenntlich und auszuweisen haben, hilfsweise der Einsatzleitung zu beschreiben sind. 126 Auskunft des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein (IV 345) vom 17. Dezember 2013. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 31 Der Einsatz verdeckt operierender Tatbeobachter (polizeiliche Zivilkräfte) wird dagegen der Versammlungsleitung nicht mitgeteilt. Tatbeobachter werden nur bei entsprechender Lageentwicklung unter den Voraussetzungen des § 15 VersG eingesetzt und haben folgenden Auftrag: Erkennen und Observieren von Straftätern, die die Menge der Versammlungsteilnehmer nutzen , um Straftaten zu begehen. Diese Personen werden unverzüglich den uniformierten Einsatzkräften benannt und von diesen festgenommen. Hier geht die StPO [Strafprozessordnung] dem Versammlungsrecht vor. Das vorstehend beschriebene Legitimationsverfahren regelt der Erlass des Landespolizeiamtes ‚über die Kennzeichnung und Erkennbarkeit von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten ‘. Weitere Vorschriften existieren nicht. Uniformierte Einsatzkräfte geschlossener Einheiten sind mit einer taktischen Kennzahl (Rücken) sowie einer 5-stelligen, anonymisierten individuellen Kennziffer versehen, über die bei Bedarf (z. B. Beschwerden) die Identität der betreffenden Polizeivollzugskraft ermittelt werden kann. Diese Kennzahl wird für jeden Einsatz neu vergeben. Diese Verfahrensweise gilt nicht für Spezialeinheiten . Für Zivilkräfte gilt, dass diese aus einsatztaktischen Gründen nicht gekennzeichnet werden. Sie geben sich im Falle eines Einschreitens erlassgemäß (Dienstausweis/Marke) zu erkennen (s.o.).“ 8.2.13. Thüringen In Thüringen stellt sich die Sach- und Rechtslage laut Antwort des Thüringer Innenministeriums auf die Abfrage von WD 3 folgendermaßen dar127: „Es besteht in absehbarer Zeit nicht die Absicht zur Schaffung eines Landesversammlungsgesetzes . Insoweit liegt auch noch kein entsprechender Gesetzentwurf vor. Hinsichtlich der von Ihnen aufgeworfenen Frage zur praktischen Anwendung von § 12 Satz 1 des Versammlungsgesetzes habe ich die polizeiliche Praxis beteiligt: Durch die Polizeibehörden wurde mir mitgeteilt, dass die Entsendung von Polizeibeamten in Zivil in Versammlungen unter freiem Himmel in der Vergangenheit nur in wenigen Fällen für notwendig erachtet worden ist. Die Modalitäten der Entsendung seien in diesen Fällen bereits im Kooperationsgespräch erörtert worden, auf eine Vorstellung der einzelnen entsandten Beamten am Versammlungsort sei verzichtet worden. Eine Differenzierung zwischen Uniformierten und Polizeibeamten in Zivil fand dabei nicht statt. Zur Erfüllung der Legitimationspflicht sei die Vorstellung des Einsatzleiters für ausreichend erachtet worden. Spezifische Dienstanweisungen für die Entsendung von Polizeibeamten bzw. für die Umsetzung der Legitimationspflicht gibt es derzeit nicht. Im Hinblick auf die von ihnen zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Göttingen äußerten die Polizeibehörden Zweifel an der Praktikabilität einer derart strengen Auslegung der Legitimationspflicht insbesondere bei größeren Versammlungen unter freiem Himmel. Darüber 127 Auskunft des Thüringer Innenministeriums vom 20. Januar 2014. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 32 wurden Zweifel vorgetragen, ob das Offenbaren ziviler Einsatzkräfte vor allem bei Versammlungen mit gewaltbereiten Teilnehmern aus extremistischen Kreisen mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn vereinbart werden könne. Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass auch die bislang wohl vorherrschende Literaturauffassung die Legitimationspflicht nur bei diejenigen Beamten sieht, die unmittelbar mit dem Leiter Kontakt aufnehmen (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, Versammlungsgesetz , 16. Aufl. 2011, § 12 RN16 ff.; Brenneisen/Wilksen, Versammlungsrecht, 1. Aufl. 2001, Tz. 13.4.4.2, 5. 412 ff.).“ 9. Spannungsverhältnis zwischen der Versammlungsfreiheit bzw. dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und dem Einsatz ziviler Polizeibeobachter Nachfolgend sind Positionen in Rechtsprechung und Literatur zum Spannungsverhältnis zwischen Versammlungsfreiheit bzw. Recht auf informationelle Selbstbestimmung und dem Einsatz ziviler Polizeibeobachter zu ermitteln. Es stellt sich konkret die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen der Einsatz ziviler Polizeibeobachter bei Versammlungen mit den Grundrechten der Versammlungsfreiheit und der informationellen Selbstbestimmung vereinbar ist. 9.1. Versammlungsfreiheit, Art. 8 GG 9.1.1. Schutzbereich Art. 8 Abs. 1 GG verbürgt grundsätzlich allen Deutschen die Freiheit, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Verfassungsrechtlich geschützt sind Personenmehrheiten, die durch einen gemeinsamen Zweck oder Willen innerlich verbunden sind.128 Wie viele Personen eine Versammlung ausmachen, ist umstritten.129 Den Versammlungsgesetzen liegen zum Teil andere Versammlungsbegriffe zugrunde. 9.1.2. Eingriff Ein Eingriff in die Versammlungsfreiheit liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts u.a. dann vor, wenn die Art und Weise der Durchführung der Versammlung durch staatliche Maßnahmen beschränkt wird.130 Auch faktische Beeinträchtigungen der Versammlungsfreiheit können von solchem versammlungsbezogenen Gewicht sein, dass sie einem Eingriff gleichgestellt werden müssen.131 128 Depenheuer, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 69. Ergänzungslieferung 2013, Art. 8, Rn. 44. 129 Vgl. Hölscheidt, Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nach dem Brokdorf-Beschluß des Bundesverfassungsgerichts , DVBl. 1987, 666 (667). 130 BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2007 (1 BvR 2793/04), Rn. 14, zitiert nach juris. 131 Schulze-Fielitz, in: Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Aufl. 2013, Art. 8 Rn. 63. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 33 Die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung132 und Literatur133 bejaht einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit durch den Einsatz ziviler Polizeibeobachter. Demnach liege ein Eingriff immer dann vor, wenn die Maßnahme Personen von der Teilnahme an Versammlungen abschrecke.134 Von einer faktischen Beeinträchtigung sei jedenfalls auszugehen, wenn sich die Versammlungsteilnehmer durch die Polizeipräsenz veranlasst sähen, ihre Meinungsfreiheit in der Versammlung nicht oder nicht in vollem Umfang auszuüben.135 Aber auch schon die Anwesenheit der Polizei, soweit sie nach dem Bundesversammlungsgesetz und den Landesversammlungsgesetzen zulässig ist, ist eine staatliche Maßnahme, die die Art und Weise der Durchführung der Versammlung regelt . Die Teilnehmer können sich dann nämlich nicht ohne die Polizei versammeln. Danach dürfte nach den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Voraussetzungen auch darin bereits ein Eingriff in die Versammlungsfreiheit zu sehen sein. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, ob es sich im zivile oder uniformierte Polizei handelt, die bei der Versammlung anwesend ist. In der Literatur wird nur sehr vereinzelt die Ansicht136 vertreten, dass die Versammlungsfreiheit durch den Einsatz ziviler Polizeibeobachter nicht berührt ist. Dieser Ansicht zufolge habe jedermann Zutritt zu öffentlichen Versammlungen, so dass es kein durch Art. 8 Abs. 1 GG geschütztes Recht gebe, sich ohne Zeugen zu versammeln. Ferner würden sich öffentliche Versammlungen gerade an die Allgemeinheit und damit auch an den Staat richten. Dies führe dazu, dass sich die Teilnehmer einer öffentlichen Versammlung nicht dadurch behindert fühlen könnten, dass der Staat die von ihnen selbst beabsichtigte Kenntnis nehme. 9.1.3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Folgt man der herrschenden Meinung, dass die Anwesenheit der Polizeibeamten, also auch der Einsatz ziviler Polizeibeamter, einen Eingriff in der Versammlungsfreiheit darstellt (wie geschildert , 9.1.2), so könnte dieser aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Bei der Rechtfertigung von Eingriffen ist zwischen Versammlungen unter freiem Himmel und in geschlossenen Räumen zu differenzieren: Für Versammlungen unter freiem Himmel kann der Gesetzgeber aufgrund des Vorbehalts in Art. 8 Abs. 2 GG darüber hinaus selbstständige, nicht schon von der Verfassung vorgesehene Schranken durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes vorsehen. Die Grundrechtsbeschränkung nach Art. 8 Abs. 2 GG ist zum Schutz gleichgewichtiger anderer Rechtsgüter unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zulässig.137 Maßgebliche Vorbehaltsgesetze nach Art. 8 Abs. 2 GG sind 132 BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 (1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81) 69, 315 (349); BayVGH, Urteil vom 15. Juli 2008 (10 BV 07.2143), Rn. 23, zitiert nach juris. 133 Schulze-Fielitz, in: Dreier (Fn. 144), Art. 8, Rn. 63; Depenheuer, in: Maunz/Dürig (Fn. 128), Art. 8, Rn. 125; Hofmann- Riem, in: AK-GG, Art. 8, Rn. 52; Pawlita/Steinmeier, in: Ridder/Breitbach/Rühl/Steinmeier (Fn. 57), § 12, Rn. 2. 134 BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 (1 BvR 209/8365), 65, 1 (43). 135 BayVGH, Urteil vom 15. Juli 2008 (10 BV 07.2143), Rn. 23, zitiert nach juris. 136 Friedrichs (Fn. 75), S. 96 f. 137 BVerfGE 69, 315, 349. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 34 die Versammlungsgesetze. Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben.138 Das Anwesenheitsrecht der Polizei ist nach Einschätzung des VG Göttingen als ein bei öffentlichen Versammlungen geeignetes, erforderliches und angemessenes Mittel einzustufen in seiner konkreten Ausgestaltung mit Legitimationspflicht für alle Polizeibeamten, damit die Polizei den ihr nach dem Versammlungsgesetz zugedachten Aufgaben des Schutzes der Versammlung und der versammlungsspezifischen Gefahrenabwehr wahrnehmen könne.139 Mit der Legitimationspflicht werde die Erfüllung der Schutzfunktion der Polizei in Bezug auf die Ausübung der Versammlungsfreiheit gewahrt, weil der Leiter die Polizei eindeutig identifizieren könne, um sie ggf. um Hilfe zu bitten, falls es ihm nicht gelinge, die Ordnung in der Versammlung selbst zu gewährleisten. Stellten sich die zivilen Polizeibeobachter dem Versammlungsleiter vor, so sei unter dieser Voraussetzung die Anwesenheit auch solcher Beamter ohne Uniform ein gerechtfertigter Eingriff in der Versammlungsfreiheit. Fraglich ist, wie ein Einsatz von zivilen Beamten zu versammlungsspezifischen Zwecken, ohne dass diese sich zu erkennen geben, zu bewerten ist: Das VG Göttingen sieht hierin einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Versammlungsfreiheit bei Versammlungen unter freiem Himmel. Sinn und Zweck der Legitimationspflicht unter dem Blickwinkel des Art. 8 Abs. 1 GG sei es, die Unsicherheit der Teilnehmer darüber vorzubeugen, ob die Polizei sie beobachte.140 Keine Legitimationspflicht bestehe aber für zivile Polizeibeobachter, die aus sonstigen Gründen der Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung anwesend seien. Sie nähmen keine versammlungsspezifischen Aufgaben wahr. Anders als Versammlungen unter freiem Himmel steht das Recht aus Art. 8 Abs. 1 GG, sich in geschlossenen Räumen zu versammeln, nicht unter dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt. Versammlungen in geschlossenen Räumen können nur zur Konkretisierung der in Art. 8 Abs. 1 GG enthaltenen Schranke („friedlich und ohne Waffen“) oder zum Schutz der Grundrechte Dritter bzw. anderer Werte mit Verfassungsrang eingeschränkt werden. Die Beschränkung muss zum Schutz kollidierender Verfassungsgüter zwingend geboten sein.141 Es gelten erhöhte Anforderungen an gesetzliche Regelungen mit Blick auf das Übermaßverbot.142 Das VG München hat das Anwesenheitsrecht der Polizei bei Versammlungen in geschlossenen Räumen nur und insoweit bejaht, als es den Zweck erfülle, die in der öffentlichen Versammlung ausgeübte Versammlungsfreiheit zu schützen. Diese das Anwesenheitsrecht der Polizei ausschließlich legitimierende Schutzfunktion müsse jedenfalls gegenüber dem Versammlungsleiter deutlich zu Tage treten. Das Anwesenheitsrecht der Polizei habe eine den Versammlungsleiter 138 VGH Mannheim, NJW 1998, 761 (763). 139 VG Göttingen, Urteil vom 6. November 2013 (1 A 98/12), BeckRS 2013, 58687. 140 VG Göttingen, Urteil vom 6. November 2013 (1 A 98/12), BeckRS 2013, 58687. 141 Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl., 2012, Art. 8 Rn. 20. 142 Gusy, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, 6. Aufl., 2010, Rn. 82. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 35 und die Versammlungsteilnehmer unterstützende und kooperierende Funktion, nicht hingegen eine konfrontative, den Versammlungsleiter und die Versammlungsteilnehmer kontrollierendüberwachende Funktion. Zur Wahrung dieser funktionalen Begrenzung des Anwesenheitsrechts der Polizei müsse dem Einsatz ziviler Polizeibeobachter bei Versammlungen in geschlossenen Räumen darüber hinaus ein verfassungskonformer Entsendungsauftrag zugrunde liegen.143 Weitere Ausführungen zur konkreten Grundrechtsabwägung zwischen der Versammlungsfreiheit auf der einen Seite und dem Einsatz ziviler Polizeibeobachter auf der anderen Seite lassen sich weder der Rechtsprechung noch der Literatur entnehmen. 9.2. Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG 9.2.1. Schutzbereich Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 und 1 Abs. 1 GG stellt eine Ausgestaltung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar144 und umfasst nach übereinstimmender Ansicht die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.145 9.2.2. Eingriff Anders als früher wird ein Eingriff in den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nicht mehr davon abhängig gemacht, dass die erhobenen oder verwerteten Informationen thematisch den Bereich der Privat- oder gar Intimsphäre zugeordnet werden können. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird vielmehr unabhängig von der qualitativen Aussagekraft der betroffenen persönlichen Daten gewährt.146 Somit ist ein Eingriff bei jeder Form der Erhebung, Kenntnisnahme, Speicherung, Verwendung, Weitergabe oder Veröffentlichung von persönlichen Daten anzunehmen.147 Die Ansicht, dass „informationelle polizeiliche Aktivitäten (Observation, Abhören, Videografieren) als Maßnahmen der Datenerhebung Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung“148 sind, stößt auf eine breite Zustimmung sowohl in der Literatur149 als auch in der Rechtsprechung.150 143 VG München, Urteil vom 13. Juni 2007 (M 7 K 06.3161), BeckRS 2007, 36335. 144 Dreier, in: Dreier (Fn. 131), Art. 2 I, Rn. 79 m.w.N. 145 BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 (1 BvR 209/8365), 65, 1 (43). 146 Di Fabio, in: Maunz/Dürig (Fn. 128), Art. 2, Rn. 174. 147 Di Fabio (Fn. 128), Art. 2, Rn. 176. 148 Kniesel, Die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit – Verfassungsrechtliche Grundlagen und versammlungsgesetzliche Konkretisierung, NJW 1992, 857 (860). 149 Di Fabio (Fn. 128), Art. 2, Rn. 176 m.w.N.; Duttge, Strafprozessualer Einsatz von V-Personen und Vorbehalt des Gesetzes, JZ 1996, 556 (559 f.). 150 Vgl. BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 (1 BvR 209/8365), 65, 1 (41 ff.); BVerwG, Urteil vom 21. März 1986 (7 C 71.83) 74, 115 (117). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 216/13 Seite 36 Die Frage, ob bereits der Einsatz ziviler Polizeibeobachter einen Eingriff in das Recht der Versammlungsteilnehmer auf informationelle Selbstbestimmung darstellt, wird weder in der Literatur noch in der Rechtsprechung eingehend behandelt. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Ausgestaltung des jeweiligen Polizeieinsatzes. Während die schlichte Anwesenheit ziviler Polizeibeobachter noch keinen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellen dürfte, ist die Eingriffsschwelle wohl in der Regel überschritten , wenn zivile Polizeibeobachter Daten über die Personen der Anwesenden erheben, Redebeiträge dokumentieren, Funktionen in der Versammlung ermitteln sowie Bild- und Tonbandaufnahmen anfertigen151. In diesem Zusammenhang hat auch das VG Berlin entschieden, dass das bloße Beobachten und Anfertigen von Übersichtsaufnahmen durch die Polizei, verbunden mit der technischen Möglichkeit, des gezielten Heranzoomens einzelner Teilnehmer einer Versammlung , einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstelle.152 9.2.3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist nicht schrankenlos gewährleistet. Die Voraussetzungen , die das Bundesverfassungsgericht an die verfassungsrechtliche Rechtfertigung eines Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung stellt, sind vergleichsweise hoch. Allgemein muss der Einzelne Einschränkungen nur im überwiegenden Allgemeininteresse hinnehmen. Solche Beschränkungen bedürften nach Ansicht des Gerichts einer gesetzlichen Grundlage und müssten dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit genügen.153 Den Ländern, die über kein eigenes Versammlungsgesetz verfügen154, bietet § 12a BVersG eine Rechtsgrundlage für das Anfertigen von Bild- und Tonaufnahmen. Die übrigen Länder haben im Rahmen ihrer versammlungsrechtlichen Kompetenzen entsprechende Regelungen zum Anfertigen von Bild- und Tonaufnahmen getroffen. ( ) ( ) ( ) 151 Vgl. BayVGH, Urteil vom 15. Juli 2008 (10 BV 07.2143), Rn. 9, Rn. 33, zitiert nach juris. 152 VG Berlin, Urteil vom 5. Juli 2010 (1 K 905.09), becklink 1003200. 153 BVerfG, Beschluss vom 9. März 1988 (1 BvL 49/86), 78, 77 (85). 154 Vgl. Regelungen der Versammlungsgesetze der Bundesländer zur Legitimationspflicht (2.). Anlage 1 WD 3 – 3000 – 216/13 Tabelle 1: Übersicht über die Regelungen zur Legitimationspflicht nach dem Bundesversammlungsgesetz und den Landesversammlungsgesetzen Bund Bayern Niedersachsen Sachsen-Anhalt Sachsen Versammlungen unter freiem Himmel § 12 BVersG: „1 Werden Polizeibeamte in eine öffentliche Versammlung entsandt, so haben sie sich dem Leiter zu erkennen zu geben. 2 Es muss ihnen ein angemessener Platz eingeräumt werden.“ Art. 4 Abs. 3 BayVersG: „(3) 1 Polizeibeamte haben das Recht auf Zugang und auf einen angemessenen Platz 1. bei Versammlungen unter freiem Himmel, wenn dies zur polizeilichen Aufgabenerfüllung erforderlich ist, 2. bei Versammlungen in geschlossenen Räumen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Begehung von Straftaten vorliegen oder eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu besorgen ist. 2 Polizeibeamte haben sich dem Leiter zu erkennen zu geben; bei Versammlungen unter freiem Himmel genügt es, wenn dies die polizeiliche Einsatzleitung tut.“ § 11 NdsVersG: „1 Die Polizei kann bei Versammlungen unter freiem Himmel anwesend sein, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlich ist. 2 Nach Satz 1 anwesende Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte haben sich der Leiterin oder dem Leiter zu erkennen zu geben .“ Keine Regelung im VersG LSA § 18 SächsVersG: „(1) Für Versammlungen unter freiem Himmel sind § 6 Abs. 1, §§ 7, 8 Abs. 1, §§ 9, 10 Abs. 2, §§ 11 und 13 Abs. 2 entsprechend anzuwenden.“ Versammlungen in geschlossenen Räumen § 18 Abs. 1 BVersG: „(1) Für Versammlungen unter freiem Himmel sind § 7 Abs. 1, §§ 8, 9 Abs. 1, §§ 10, 11 Abs. 2, §§ 12 und 13 Abs. 2 entsprechend anzuwenden.“ § 16 NdsVersG: „1 Die Polizei kann bei Versammlungen in geschlossenen Räumen anwesend sein, wenn dies zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr für die Friedlichkeit der Versammlung erforderlich ist. 2 Nach Satz 1 anwesende Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte haben sich der Leiterin oder dem Leiter zu erkennen zu geben .“ Keine Regelung im VersG LSA § 11 SächsVersG: „(1) Polizeibeamte können in eine öffentliche Versammlung entsandt werden , wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht oder eine solche Gefahr zu befürchten ist. (2) 1 Werden Polizeibeamte in eine öffentliche Versammlung entsandt, so haben sie sich dem Leiter zu erkennen zu geben. 2 Es muss ihnen ein angemessener Platz eingeräumt werden.“ Anlage 2 WD 3 – 3000 – 216/13 Tabelle 2: Übersicht über die Umsetzung der Legitimationspflicht in der Praxis unter Berücksichtigung des Einsatzes ziviler Polizeikräfte1 Bundesland Versammlungen unter freiem Himmel Versammlungen in geschlossenen Räumen Einsatz ziviler Polizeibeamter Bayern Vorstellung durch Polizeiführer beim Versammlungsleiter Vorstellung aller eingesetzten Beamten Keine Differenzierung gegenüber uniformierten Beamten Baden- Württemberg Keine detaillierten Ausführungen , Verweis auf Regelung des BVersG Keine detaillierten Ausführungen , Verweis auf Regelung des BVersG Keine Differenzierung gegenüber uniformierten Beamten Berlin Legitimation durch Inkenntnissetzen des Veranstalters über Einsatzleitung und Größenordnung des Polizeikräfteeinsatzes Legitimation durch Inkenntnissetzen des Veranstalters über Einsatzleitung und Größenordnung des Polizeikräfteeinsatzes Keine Differenzierung gegenüber uniformierten Beamten Brandenburg Vorstellung des Kontaktbeamten und ggf. der Polizeiführer beim Versammlungsleiter, Vorstellung aller Polizeibeamten wenig praktikabel (Großveranstaltungen ) Vorstellung der uniformierten Beamten, soweit ihnen ein Platz zugewiesen ist Einsatz nur als Tatbeobachter , wenn Straftaten aus der Versammlung begangen werden, keine Vorstellung (Argument: Eigensicherung) Bremen Vorstellung des Polizeiführers oder Einsatzabschnittsleiters Vorstellung des Polizeiführers oder Einsatzabschnittsleiters Einsatz nur ausnahmsweise und nur mit Einverständnis des Polizeiführers zum gezielten Vorgehen gegen Straftäter Hamburg Bekanntgabe des Umstands, dass Polizei anwesend ist, gegenüber dem Versammlungsleiter (z.B. Kontaktaufnahme durch Einsatzabschnittsführer), keine Pflicht zur Vorstellung aller Beamten, kaum realisierbar (Großveranstaltungen) (Ablehnung der Auslegung des VG Göttingen, h. M. in der Literatur folgend) Bekanntgabe des Umstands, dass Polizei anwesend ist, gegenüber dem Versammlungsleiter (z.B. Kontaktaufnahme durch Einsatzabschnittsführer) Keine Differenzierung gegenüber uniformierten Beamten; Legitimationspflicht gilt gleichermaßen Hessen Besprechen der Anwesenheit uniformierter Polizeibeamter mit der Versammlungsleitung Besprechen der Anwesenheit uniformierter Polizeibeamter mit der Versammlungsleitung Keine Legitimationspflicht, kein Einsatz ziviler Beamter in Versammlungen, nur zur Abwehr nicht versammlungsspezifischer Gefahren oder zur Straf-/Ordnungswidrigkeitenverfolgung Mecklenburg- Vorpommern Legitimation durch die Uniform Legitimation durch die Uniform Kennzeichnung durch Westen mit der Aufschrift „Polizei“, keine Legitimationspflicht von Zivilkräften mit nicht versammlungsspezifischen Aufgaben Niedersachsen Keine Antwort unter Hinweis auf das laufende Berufungsverfahren zum Urteil des VG Göttingen Keine Antwort unter Hinweis auf das laufende Berufungsverfahren zum Urteil des VG Göttingen Keine Antwort unter Hinweis auf das laufende Berufungsverfahren zum Urteil des VG Göttingen Nordrhein- Westfalen Legitimationspflicht nur für Polizeivollzugsbeamte, die Kontakt mit der Versammlungsleitung aufnehmen, umfassende Ausweispflicht nicht realisierbar (Großveranstaltungen) Legitimationspflicht nur für Polizeivollzugsbeamte, die Kontakt mit der Versammlungsleitung aufnehmen, umfassende Ausweispflicht nicht realisierbar (Großveranstaltungen) Keine Differenzierung gegenüber uniformierten Beamten; Legitimationspflicht gilt gleichermaßen 1 Auswertungen der Antworten der Landesinnenministerien. Bundesland Versammlungen unter freiem Himmel Versammlungen in geschlossenen Räumen Einsatz ziviler Polizeibeamter Rheinland- Pfalz Anwesenheit der Polizei ist wesentlicher Bestandteil der Kooperationsgespräche zwischen Polizei und Versammlungsleitung , keine individuelle Vorstellung aller Beamter aus Gründen der Praktikabilität Allgemeine Legitimationspflicht für Polizeibeamte Unter freiem Himmel: Einsatz ziviler Einsatzkräfte in Kooperationsgesprächen thematisiert, Zivilkräfte geben sich zu erkennen. In geschlossenen Räumen: Allgemeine Legitimationspflicht , verdeckte Ermittler nur in Einzelfällen unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit Saarland Bekanntmachen im Rahmen der Kooperationsgespräche Allgemeine Legitimationspflicht für entsandte Polizeibeamte Allgemeine Legitimationspflicht für Polizeibeamte, Zivilkräfte durch Vorzeigen des Dienstausweises Sachsen Keine Ausführungen Kontaktaufnahme der entsandten Polizeivollzugskräfte über verantwortlichen Abschnittsführer bzw. einen von ihm Beauftragten Keine Ausführungen Sachsen-Anhalt Allgemeine Legitimationspflicht für Polizeibeamte, Legitimation für Uniformierte durch die Uniform Allgemeine Legitimationspflicht für Polizeibeamte, Legitimation für Uniformierte durch die Uniform Keine Differenzierung gegenüber uniformierten Beamten ; Ausnahme: Keine Legitimationspflicht für verdeckte Ermittler Schleswig- Holstein Anwesenheit der Polizei ist wesentlicher Bestandteil der Kooperationsgespräche zwischen Gesamteinsatzleiter oder dem jeweils verantwortlichen Abschnittsleiter und der Versammlungsleitung ; Namhaftmachung uniformierter Beamter bei berechtigtem Interesse von Versammlungsleitung/ -teilnehmern Anwesenheit der Polizei ist wesentlicher Bestandteil der Kooperationsgespräche zwischen Gesamteinsatzleiter oder dem jeweils verantwortlichen Abschnittsleiter und der Versammlungsleitung ; Namhaftmachung uniformierter Beamter bei berechtigtem Interesse von Versammlungsleitung/ -teilnehmern Einsatz ziviler Einsatzkräfte in Kooperationsgesprächen thematisiert, Kenntlichmachung bei Aufforderung und durch Ausweisen, hilfsweise der Einsatzleitung zu beschreiben; keine Legitimationspflicht für verdeckte Ermittler, Einsatz von Tatbeobachtern nur bei entsprechender Lageentwicklung Thüringen Legitimationspflicht nur des Einsatzleiters, Zweifel an der Praktikabilität einer allgemeinen Legitimationspflicht (Großveranstaltungen) (Ablehnung der Auslegung des VG Göttingen, h. M. in der Literatur folgend) Keine Ausführungen Entsendung ziviler Beamter nur in seltenen Fällen; Modalitätenklärung im Kooperationsgespräch, ansonsten keine Differenzierung gegenüber Uniformierten ; Zweifel an Legitimationspflicht für zivile Beamte bei Versammlungen mit gewaltbereiten Teilnehmern aus extremistischen Kreisen (Fürsorgepflicht des Dienstherrn)