© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 208/18 Widerspruchslösungen bei der Organspende in Mitgliedstaaten der Europäischen Union Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 208/18 Seite 2 Widerspruchslösungen bei der Organspende in Mitgliedstaaten der Europäischen Union Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 208/18 Abschluss der Arbeit: 9. August 2018 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 208/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Rechtslage in Deutschland 4 3. EU-Mitgliedstaaten mit einer Widerspruchslösung bei der Organspende 4 3.1. Estland 4 3.2. Finnland 5 3.3. Frankreich 5 3.4. Griechenland 6 3.5. Kroatien 6 3.6. Niederlande 7 3.7. Österreich 7 3.8. Polen 8 3.9. Portugal 8 3.10. Schweden 9 3.11. Tschechien 9 3.12. Ungarn 10 3.13. Vereintes Königreich 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 208/18 Seite 4 1. Einleitung Die Organspende ist in den Staaten der Europäischen Union unterschiedlich geregelt. Vor diesem Hintergrund wird die Frage gestellt, in welchen europäischen Staaten es eine Widerspruchslösung für Organspenden gibt und wie diese ausgestaltet ist. Ferner wird nach den Voraussetzungen für die Feststellung des Todes des möglichen Organspenders gefragt. Weiterhin wird um Informationen zur Sicherstellung der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften durch die Krankenhäuser gebeten. Die Ausführungen dazu basieren auf Informationen, die aus verschiedenen europäischen Staaten eingeholt wurden. 2. Rechtslage in Deutschland In Deutschland gilt nicht die Widerspruchs- sondern eine sogenannte Entscheidungslösung. Die gesetzlichen Regelungen finden sich im Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben (Transplantationsgesetz - TPG).1 Danach ist eine Organentnahme nur zulässig , wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten schriftlich zugestimmt hat. Liegt eine schriftliche Einwilligung nicht vor, ist die Entnahme von Organen nur zulässig, soweit die Angehörigen ihr zugestimmt haben. Die Feststellung des Todes des möglichen Organspenders erfolgt durch die Hirntod-Diagnostik. Hierbei muss der unumkehrbare Ausfall der gesamten Hirnfunktionen (Hirntod) festgestellt werden . Die Hirntod-Diagnostik ist in einer Richtlinie der Bundesärztekammer verbindlich geregelt und gilt deutschlandweit. Die Hirntod-Diagnostik muss durch zwei erfahrene Fachärztinnen oder Fachärzte unabhängig voneinander durchgeführt werden. Beide müssen ihre Diagnose anhand des Hirntodprotokolls sorgfältig dokumentieren. Die Ärztinnen oder Ärzte, die den Hirntod feststellen, dürfen selbst nicht an der Organentnahme oder der Transplantation beteiligt sein. Das TPG schreibt vor, dass Entnahmekrankenhäuser mindestens eine oder einen unabhängigen Transplantationsbeauftragte oder -beauftragten benennen. Transplantationsbeauftragte stellen sicher, dass sich die Entnahmekrankenhäuser bei einer Organspende streng an die gesetzlichen Vorschriften halten. 3. EU-Mitgliedstaaten mit einer Widerspruchslösung bei der Organspende 3.1. Estland Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Vermittlung, Handhabung und Transplantation von Zellen, Gewebe und Organen (estnisches OrganspendeG)2 können dem verstorbenen Organspender Organe entnommen werden, wenn dieser zu Lebzeiten den Wunsch geäußert hat, Organe zu spenden, oder wenn keine Informationen darüber vorliegen, dass der Organspender der Organentnahme widersprochen hat. Der Organspendewunsch kann im Gesundheitsinformationssystem gespeichert werden oder auf andere explizite Weise zum Ausdruck gebracht werden, wie etwa 1 Transplantationsgesetz, http://www.gesetze-im-internet.de/tpg/index.html; alle Internet-Quellen zuletzt abgerufen am 8. August 2018 2 Abrufbar auf Englisch unter: https://www.riigiteataja.ee/en/eli/520032017006/consolide. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 208/18 Seite 5 durch das Tragen eines Organspendeausweises oder die entsprechende Äußerung gegenüber Familienmitgliedern und nahestehenden Personen (§ 17 Abs. 1 estnisches OrganspendeG). Wenn die mit der Vermittlung von Organen betraute Person im Gesundheitsinformationssystem keine Informationen zur Zustimmung zur Organspende findet, soll er – wenn möglich – den Willen des Verstorbenen von den folgenden Personen in dieser Reihenfolge erfragen: (Ehe-)Partner, erwachsenes Kind, Elternteil, erwachsenes Geschwisterkind, Großelternteil, emotional nahestehende Person (§ 17 Abs. 3 estnisches OrganspendeG). Der Tod des Organspenders wird durch ein mindestens zweiköpfiges Ärzte-Komitee festgestellt. Die Ärzte dürfen nicht unmittelbar an der Entnahme bzw. Transplantation beteiligt sein. Sie stellen einen Totenschein aus, der Informationen darüber enthält, ob der Tod der Person auf Grundlage eines totalen und irreversiblen Hirntods oder Kreislaufstillstands festgestellt wurde (§ 7 Abs. 6 der Verordnung über die Voraussetzungen und das Verfahren zur Feststellung des Todes einer Person).3 Es wird eine „kompetente Person“ ernannt, die den rechtmäßigen Umgang mit den Organen sicherstellen und dafür sorgen muss, dass die für eine Transplantation vorgesehenen Organe so sicher wie möglich für den Empfänger sind (§ 7 der Regeln zum Umgang und der Vermittlung von Organen).4 3.2. Finnland In Finnland wurde 2010 eine Vorschrift zur mutmaßlichen Einwilligung in das finnische Organgesetz von 2001 eingefügt. Diese sieht vor, dass einer verstorbenen Person die Organe entnommen werden dürfen, wenn es keinen Grund zur Annahme gibt, dass die Person dies zu Lebzeiten abgelehnt hätte. Die Norm schließt damit die Möglichkeit aus, dass Familienangehörige die Organspende verweigern können – es gibt jedoch die Verpflichtung, die Familie mit angemessenen Information zur Organentnahme und ihrer Bedeutung zu versorgen. Die Ärzte, die den Tod feststellen, dürfen nicht an der Organtransplantation beteiligt sein. Die finnische Arzneimittelagentur (Fimea) ist verantwortlich für die Leitung und Überwachung der Transplantationskrankenhäuser bzgl. der Qualitäts-, Sicherheits- und Überprüfungsbarkeitsanforderungen bei Transplantationen. 3.3. Frankreich Seit dem 1. Januar 2017 sieht Art. L1211-2 des Gesetzbuchs der öffentlichen Gesundheit die mutmaßliche Einwilligung einer verstorbenen Person zur Organtransplantation mit einer Widerspruchslösung vor. Wer seine Organe nicht spenden möchte, muss seinen Namen in das Natio- 3 Abrufbar auf Englisch unter: https://www.riigiteataja.ee/en/eli/502112016001/consolide. 4 Verfügbar nur auf Estnisch unter: https://www.riigiteataja.ee/akt/116032017003. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 208/18 Seite 6 nale Ablehnungsregister (registre national des refus) eintragen, das von der Agentur für Biomedizin 5 geführt wird. Bisher haben sich rund 150.000 Menschen dort registriert (Stand Juli 2018). Wer sich dort nicht einträgt, kann auch eine schriftliche Ablehnung verfassen, die Vor- und Nachnamen sowie Geburtsdatum und -ort der Person enthalten muss und unterzeichnet und datiert sein muss. Es kann auch eine mündliche Ablehnung gegenüber einem Angehörigen gemacht werden, der diesen Willen dem medizinischen Team im Falle des Todes der Person dann bezeugen muss. Die Transplantationskoordination des Krankenhauses setzt sich für die Durchführung der Transplantation mit den regionalen Stellen der Agentur für Biomedizin in Verbindung. 3.4. Griechenland In Griechenland gilt grundsätzlich eine Widerspruchslösung. Das bedeutet, wenn der potentielle Spender zu Lebzeiten keinen Widerspruch äußert, dürfen seine Organe nach seinem Tod grundsätzlich entnommen werden. Zur Ausführung der Organspende ist jedoch auch die aktive Zustimmung der Familie notwendig. Der Widerspruch kann im Widerspruchsregister der Nationalen Transplantationsorganisation (NTO) eingetragen und jederzeit widerrufen werden. Für eine Organspende ist der Hirntod des potenziellen Spenders erforderlich, der durch drei verschiedene Ärzte festgestellt werden muss. Die Diagnose muss acht Stunden nach der ersten Diagnose zweimal wiederholt werden und die untersuchenden Ärzte dürfen nicht an der Transplantation beteiligt sein. 3.5. Kroatien In Kroatien können Organe einem Verstorbenen entnommen werden, wenn dieser zur Lebzeiten einer Organspende nicht schriftlich widersprochen hat. Ein solcher Widerspruch kann jederzeit widerrufen werden. Der Tod des Spenders muss durch mindestens zwei Ärzte einer angemessenen Fachrichtung festgestellt werden. Der Gesundheitsminister ernennt auf Vorschlag des Direktors des jeweiligen Krankenhauses einen Transplantationsbeauftragen oder ein Koordinationsteam. Der Beauftrage koordiniert die Arbeit innerhalb des Krankenhauses und kooperiert mit der nationalen Koordinationseinrichtung für Transplantationen. 5 Es handelt sich dabei um eine öffentliche Einrichtung, die 2004 durch das Gesetz zur Biomedizin gegründet wurde und an das Gesundheitsministerium angegliedert ist. Mehr Informationen dazu auf der Seite des französischen Gesundheitsministeriums unter: http://solidarites-sante.gouv.fr/ministere/acteurs/agences-et-operateurs /article/abm-agence-de-la-biomedecine. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 208/18 Seite 7 3.6. Niederlande In den Niederlanden ist die Organspende bislang noch nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Spenders oder der Angehörigen möglich. Die Zustimmung kann der potentielle Spender zu Lebzeiten in ein Spenderregister6 eintragen. Im Sommer 2020 tritt jedoch das neue Organspendergesetz in Kraft, das vorsieht, dass jede in den Niederlanden niedergelassene Person ab der Volljährigkeit Organspender ist, wenn sie keinen Widerspruch einlegt.7 Jeder volljährige Einwohner wird dann einen Brief mit der Bitte erhalten, seine Präferenz im Spenderregister einzutragen und erhält eine Erinnerung, wenn er dies nicht vornimmt. Wenn sechs Wochen nach der Erinnerung immer noch keine Entscheidung im Register eingetragen wurde, wird für die Person „kein Widerspruch“ eingetragen, was bedeutet, dass sie einer Organspende zustimmt. Die möglichen Optionen im Spenderregister lauten: 1. Ja, ich gebe meine Erlaubnis ; 2. Nein, ich gebe keine Zustimmung; 3. Mein Partner oder meine Familie entscheidet; 4. Ich ermächtige eine bestimmte Person, die Entscheidung zu treffen. Die im Register eingetragene Entscheidung kann jederzeit geändert werden. Familienangehörige können die Organentnahme nach dem Tod der betreffenden Person nur dann noch stoppen, wenn sie überzeugend darlegen können, dass ihr Angehöriger seine Organe tatsächlich nicht spenden wollte. Eine Organspende ist sowohl nach einem Hirntod (DBD)8 als auch nach einem Herztod (DCD)9 einer Person möglich. Sobald eine Person als Organspender identifiziert wird, entsendet die Niederländische Transplantationsstiftung (NTS) einen Transplantationskoordinator zum Krankenhaus, in dem sich der Spender befindet und kontrolliert den Ablauf der Organspende. 3.7. Österreich In Österreich gilt eine Widerspruchslösung. Danach ist eine Organspende nur dann unzulässig, wenn den Ärzten eine Erklärung vorliegt, mit der die verstorbene Person oder ihr rechtlicher Vertreter eine Organspende ausdrücklich abgelehnt hat, oder wenn eine entsprechende Erklärung im Widerspruchsregister10 eingetragen ist. Das Widerspruchsregister wird von der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) geführt. Jedes Ärzteteam ist gemäß § 7 Abs. 1 österreichisches Transplantationsgesetz dazu verpflichtet, vor einer Entnahme von Organen bei Verstorbenen durch 6 Zur Website des Spendenregisters: https://www.donorregister.nl/gb_english/about-donor-registration. 7 https://www.government.nl/topics/organ-tissue-donation/new-donor-act-active-donor-registration. 8 Ausführlich zur Organspende nach dem Hirntod (Donation after Brain Death (DBD)) und dessen Voraussetzungen : Niederländische Transplantationsstiftung, Donation after brain death, https://www.transplantatiestichting .nl/english/about-donation-procedure/donation-after-brain-death. 9 Ausführlich zur Organspende nach dem Herztod (Donation after Circulatory Death (DCD)) und dessen Voraussetzungen : Niederländische Transplantations-stiftung, Donation after circulatory death, https://www.transplantatiestichting .nl/english/about-donation-procedure/donation-after-circulatory-death. 10 Widerspruchsregister der GÖG abrufbar unter: https://goeg.at/Widerspruchsregister. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 208/18 Seite 8 eine Anfrage bei der GÖG sicherzustellen, dass keine Eintragung eines Widerspruchs im Widerspruchsregister vorliegt. Die Todesfeststellung muss durch einen unabhängigen Arzt erfolgen, wird in der Praxis aber von zumindest zwei Ärzten durchgeführt, die weder in die Organentnahme noch in die Transplantation involviert sein dürfen und auch in keinem persönlichen Verhältnis zum Spender oder Empfänger stehen. In Österreich ist die Organentnahme sowohl nach Feststellung des Hirntods (DBD) als auch des Herztods (DCD) möglich.11 In ausgewählten Krankenhäusern wurden ab 2009 lokale Transplantationsbeauftragte (LTXB) eingesetzt, die dort als Ansprechpersonen für alle Fragen rund um die Organspende zur Verfügung stehen. Sie analysieren zudem sämtliche Todesfälle in Intensiveinheiten retrospektiv, um im Einzelfall zu beurteilen, weshalb eine Organspende nicht zustande gekommen ist und sollen u.a. Maßnahmen zur Steigerung der Organspender-Meldungen an die Transplantationszentren ergreifen.12 3.8. Polen In Polen können gemäß § 5 polnisches Transplantationsgesetz (TPG) einer verstorbenen Person Organe zu Transplantationszwecken entnommen werden, wenn sie zu Lebzeiten keinen Widerspruch dagegen erklärt hat. Ist die Person unter 16 Jahre alt, wird der Widerspruch durch einen rechtlichen Vertreter vorgenommen. Gemäß §§ 5, 6 TPG soll der Widerspruch als schriftliche und unterzeichnete Erklärung im Zentralen Widerspruchsregister registriert werden oder mündlich in der Anwesenheit von mindestens zwei Zeugen geäußert werden, die die Aussage schriftlich bestätigen müssen. Der Widerspruch kann jederzeit zurückgezogen werden. Geführt wird das Zentrale Widerspruchsregister von Poltransplant, einer Organisation und Koordinationsstelle für Transplantationsangelegenheiten. Der Tod einer Person muss unabhängig voneinander durch zwei Ärzte festgestellt werden, von denen einer Neurologe oder Neurochirurg sein muss und der andere auf dem Gebiet der Anästhesie , Intensivmedizin oder Kindermedizin spezialisiert sein soll. In den Krankenhäusern, in denen die Organe entnommen werden, sind der Direktor des Krankenhauses und die Krankenhauskoordinatoren für die Einhaltung der transplantationsspezifischen Regeln verantwortlich. In den Krankenhäusern, in denen die Organe aufbewahrt werden, müssen im Einzelfall die Verantwortlichen namentlich benannt werden. Poltransplant übt dann die Überwachungspflicht über die jeweils verantwortlichen Personen aus. 3.9. Portugal In Portugal existiert das Konzept der vermuteten Spende, was bedeutet, dass eine Person ab ihrer Geburt den Status eines potentiellen Spenders hat. Um einen Nicht-Spender-Status zu erlangen, 11 Vergleiche die Empfehlungen auf der Website der GÖG: https://transplant.goeg.at/todesfeststellung. 12 Die LTXB sind zurzeit in 21 Krankenhäusern in Österreich tätig: https://transplant.goeg.at/ltxb. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 208/18 Seite 9 muss die Person oder ihr gesetzlichen Vertreter einen Antrag ausfüllen, in dem sie der Organentnahme widerspricht. Der Widerspruch kann alle Organe oder nur bestimmte betreffen; entsprechende Formulare sind in jedem Gesundheitszentrum verfügbar. Die Rücknahme des Widerspruchs erfolgt auf die gleiche Weise. Nicht-Spender werden in einem nationalen Register der Nicht-Spender registriert, das vor jeder Organentnahme konsultiert werden muss. Zur Organentnahme muss der Hirntod festgestellt werden. Der untersuchende Arzt darf dabei nicht Teil des Transplantationsteams sein. Transplantationen werden in Portugal von einer Untereinheit des Gesundheitsministeriums koordiniert , die eine drei-Ebenen-Organisation vorsieht: Eine nationale, eine regionale und eine lokale Ebene. Auf lokaler Ebene hat jedes Krankenhaus einen Organspende-Koordinator, der zugleich Arzt sein muss. 3.10. Schweden In Schweden können Organe eines Verstorbenen zum einen dann transplantiert werden, wenn er sein ausdrückliches Einverständnis gegeben hat oder sonst nachgewiesen werden kann, dass dies dem Wunsch des Verstorbenen entsprochen hätte. Existiert keinerlei Kenntnis über den Willen des Verstorbenen und liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er mit einer Organspende nicht einverstanden gewesen wäre, wird das Einverständnis vermutet, es sei denn, eine ihm nahestehende Person spricht sich dagegen aus. Können nahestehende Personen des Toten identifiziert werden, müssen diese kontaktiert und über das Transplantationsvorhaben sowie ihr Widerspruchsrecht informiert werden. Ist es nicht möglich, sie rechtzeitig zu erreichen, darf die Transplantation nicht ausgeführt werden. In Schweden ist Voraussetzung für die Organspende, dass der Hirntod während durchgehender Beatmung eingetreten ist (DBD). Der Tod muss durch mindestens zwei klinische, neurologische Untersuchungen bestätigt werden. 3.11. Tschechien § 16 des tschechischen Transplantationsgesetzes (TPG) enthält eine Widerspruchslösung: Wenn die Person nicht zu Lebzeiten einen Widerspruch gegen eine mögliche Organspende eingelegt hat, können ihre Organe nach ihrem Tod entnommen werden. Der Widerspruch ist auf drei Arten möglich: 1) durch eine Registrierung im Nationalen Personenregister zum Widerspruch gegen eine post-mortem Organentnahme; 2) durch eine Erklärung im Krankenhaus gegenüber einem Arzt und einem Zeugen, bzw. bei nicht geschäftsfähigen Personen 3) durch Erklärung des rechtlichen Vertreters der Person gegenüber einem Arzt und einem Zeugen. Die Organentnahme kann sowohl nach einem Hirntod als auch nach einem Herztod erfolgen (§ 10 Abs. 3 TPG). Die Feststellung des Todes muss durch zwei Spezialisten unabhängig voneinander durchgeführt werden, die nicht in die Transplantation involviert sein dürfen (§ 10 Abs. 1, 2 TPG). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 208/18 Seite 10 3.12. Ungarn In Ungarn wird das Einverständnis einer verstorbenen Person zur Organentnahme vermutet. Das bedeutet, dass ihr die Organe nur dann nicht entnommen werden können, wenn bekannt ist, oder Grund zu Annahme besteht, dass die Person dem zu Lebzeiten widersprochen hat. Der Widerspruch kann zu Lebzeiten schriftlich oder mündlich in Anwesenheit eines Arztes geäußert werden . Zur Organentnahme muss der Hirntod des potentiellen Spenders durch ein mindestens dreiköpfiges ärztliches Komitee festgestellt werden. Bei den Mitgliedern dieses Komitees handelt es sich um Spezialisten, die von der Krankenhausleitung ernannt wurden und selbst nicht an der Transplantation beteiligt sein dürfen. Die Organkoordinationsstelle (OCO) ist Teil des ungarischen nationalen Services für Bluttransfusionen (OVSZ), der für den gesamten Organspende-Prozess verantwortlich ist und ein Organspende -Koordinationsnetzwerk auf der nationalen, regionalen und Krankenhausebene betreibt. 3.13. Vereintes Königreich Die Organspende ist im Vereinten Königreich unterschiedlich geregelt. Aktuell gilt in England eine Zustimmungslösung. Das bedeutet, dass einer Person Organe nach ihrem Tod nur dann entnommen werden dürfen, wenn sie zu Lebzeiten ihre Zustimmung dazu ausgedrückt hat oder einen Vertreter bestimmt hat, der die Zustimmung an ihrer Stelle erteilt. Wenn auf diese Weise keine Entscheidung getroffen wurde, wird die Familie um Zustimmung gefragt. Oktober 2017 kündigte der Premierminister jedoch an, dass die Regierung für England eine Widerspruchslösung einführen wolle. Ein entsprechender Gesetzentwurf befindet sich zurzeit in der zweiten Lesung im Unterhaus.13 In Wales existiert bereits seit Dezember 2015 eine Widerspruchslösung. Die schottische Regierung hat angekündigt, in der laufenden Legislaturperiode ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden . Während es keine gesetzliche Definition des Todes im Vereinten Königreich gibt, haben die englischen und walisischen Gerichte die Kriterien des Todes der Konferenz der königlichen medizinischen Universitäten von 1976 übernommen.14 Die Akademie der königlichen medizinischen Universitäten stellt in ihren aktualisierten Richtlinien zur Feststellung des Todes von 2008 fest, 13 Zum Fortschritt auf der Website des britischen Parlaments: https://services.parliament.uk/bills/2017-19/organdonationdeemedconsent .html. 14 Conference of Medical Royal Colleges and their Faculties in the United Kingdom, Diagnosis of brain death, 11. Oktober 1976, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1689565/?page=1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 208/18 Seite 11 dass der Tod eines Menschen durch den Hirntod oder den Herzkreislauftod festgestellt werden kann.15 Die Diagnose des Hirntods wird durch zwei Ärzte festgestellt. *** 15 The Academy of Medical Royal Colleges, Code of practice for the diagnosis and confirmation of death, 2008, http://aomrc.org.uk/wp-content/uploads/2016/04/Code_Practice_Confirmation_Diagnosis_Death_1008-4.pdf.