© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 208/13 Beteiligung und Mitwirkung des Deutschen Bundestages an dem Zustandekommen von Staatsverträgen und völkerrechtlichen Verträgen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 208/13 Seite 2 Beteiligung und Mitwirkung des Deutschen Bundestages an dem Zustandekommen von Staatsverträgen und völkerrechtlichen Verträgen Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 208/13 Abschluss der Arbeit: 28. November 2013 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 208/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Frage 1: Wie ist die Mitwirkung Ihres Parlaments an dem Zustandekommen von Staatsverträgen bzw. völkerrechtlichen Verträgen in der Verfassung und im einfachen Recht geregelt? 4 2.1. (Intraföderale) Staatsverträge 4 2.2. Völkerrechtliche Verträge 6 2.2.1. Völkerrechtliche Staatsverträge 6 2.2.1.1. Vertragsgesetz nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG 6 2.2.1.2. Übertragung von Hoheitsrechten nach Art. 24 Abs. 1 GG 9 2.2.1.3. EU-Vertragsänderungen und völkerrechtliche Verträge der EU oder mit Bezug zur EU im Anwendungsbereich des Art. 23 GG 10 2.2.2. Verwaltungsabkommen 11 3. Frage 2: Erfolgt eine begleitende Mitwirkung Ihres Parlaments an dem Zustandekommen von Staatsverträgen bzw. völkerrechtlichen Verträgen? Werden die Abgeordneten über einzelne Verfahrensschritte (etwa Aufnahme von Verhandlungen, wesentliche Fortschritte der Verhandlungen etc.) von der Regierung informiert, und in welcher Form wird ihr Parlament informiert? 12 4. Frage 3: Finden im parlamentarischen Verfahren (Plenum/Ausschüsse) geäußerte Anregungen oder Bedenken bei den Verhandlungen über Inhalt und Zustandekommen von Staatsverträgen bzw. völkerrechtlichen Verträgen Berücksichtigung seitens der Regierung? 13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 208/13 Seite 4 1. Einleitung Der Deutsche Bundestag wirkt unter bestimmten, im Grundgesetz ausdrücklich geregelten Voraussetzungen beim völkerrechtlichen Vertragsabschluss mit (völkerrechtliche Staatsverträge). Davon zu unterscheiden sind völkerrechtliche Verträge, an deren Abschluss allein die Exekutive beteiligt ist (Verwaltungsabkommen).1 Staatsverträge im Bundesstaat (intraföderale Staatsverträge) gelten als zulässige Form bundesstaatlicher Kooperation.2 Obgleich der Schwerpunkt des Abschlusses bei Verträgen zwischen den Bundesländern liegt, sind auch vertragliche Regelungen zwischen Bund und Ländern möglich.3 Diese Bund-Länder-Staatsverträge werden dann abgeschlossen, wenn es einer Regelung von ambivalenten Materien bedarf, die in die Kompetenz sowohl des Bundes als auch der Länder fallen.4 Die vertragliche Regelung soll Zuständigkeitszweifel regeln, ohne aber die Kompetenzordnung des Grundgesetzes anzutasten.5 Nachfolgend werden Fragen zu rechtlichen Regelungen der Mitwirkung des Bundestages bei völkerrechtlichen Verträgen und innerstaatlichen Staatsverträgen (2.), zur begleitenden parlamentarischen Mitwirkung (3.) und zum Einfluss des Parlaments auf die Vertragsverhandlungen (4.) beantwortet. 2. Frage 1: Wie ist die Mitwirkung Ihres Parlaments an dem Zustandekommen von Staatsverträgen bzw. völkerrechtlichen Verträgen in der Verfassung und im einfachen Recht geregelt? 2.1. (Intraföderale) Staatsverträge Für intraföderale Staatsverträge existieren im Grundgesetz Bestimmungen über Staatsverträge zur Länderneugliederung (Art. 29 Abs. 8 GG). Es handelt es sich um Staatsverträge der Länder, bei denen die Zustimmung des Bundestages explizit erforderlich ist (Art. 29 Abs. 8 S. 6 GG). Außerdem sieht das Grundgesetz im Bereich der Forschungsförderung (Art. 91b Abs. 1 GG) und der Feststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im internationalen Vergleich (Art. 91b Abs. 2 GG) sowie im Rahmen des Zusammenwirkens bei informationstechnischen Systemen die Möglichkeit vor, dass Bund und Länder aufgrund von Vereinbarungen zusammenwirken (Art. 91c Abs. 2 S. 3 1 Rojahn, in: v. Münch/Kunig, Grundgesetz Kommentar, Band 1, 6. Aufl., 2012, Art. 59 Rn. 14. 2 Staatsverträge zwischen den Bundesländern, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Aktueller Begriff Nr. 267/07; Rudolf, in: Isensee, Handbuch des Staatsrechts (HbdStR), Bd. VI, 3. Aufl., 2008, § 141 Rn. 54; Vedder, Intraföderale Staatsverträge, 1996, S. 131. 3 Rudolf, in: HbdStR VI, 2008, § 141 Rn. 54. 4 Rudolf, in: HbdStR VI, 2008, § 141 Rn. 54. 5 Vedder, S. 132. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 208/13 Seite 5 GG), wobei in Art. 91c Abs. 2 S. 4 GG die Erforderlichkeit der Zustimmung des Bundestages explizit erwähnt ist. Die angesprochenen Vereinbarungen können u. a. Staatsverträge sein.6 Neben diesen normierten Sonderfällen gibt es keine allgemeine verfassungsrechtliche Verankerung des Instituts „intraföderaler Staatsvertrag“ und der Voraussetzungen einer parlamentarischen Beteiligung auf Bundesebene. Auch im einfachen Bundesrecht finden sich keine derartigen Regelungen. Abgesehen vom oben genannten Fall des Länder-Staatsvertrages bei Länderneugliederung, der der Zustimmung des Bundestages bedarf, gilt für intraföderale Staatsverträge: Einer Mitwirkung des Bundestages in Form eines Ratifikationsgesetzes bedarf es nur bei Bund-Länder-Staatsverträgen, weil nur hier Kompetenzen des Bundesgesetzgebers betroffen sind. Länder-Staatsverträge werden nur durch die Landtage ratifiziert.7 Vertragsgesetze zu intraföderalen Bund-Länder-Staatsverträgen werden nach den allgemeinen Regeln für Bundesgesetze gemäß Art. 76 ff. GG verabschiedet. Im einfachen Recht, etwa in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, finden sich keine speziellen Bestimmungen zu Zustimmungsgesetzen zu intraföderalen Staatsverträgen. In der Praxis erfolgen drei Beratungen.8 Im Gegensatz zu Staatsverträgen, die inhaltlich die Kompetenzen von Bundes- bzw. Landesgesetzgeber betreffen, ist eine parlamentarische Beteiligung bei intraföderalen Verwaltungsabkommen , die sich auf die Abgrenzung und Koordination formeller Verwaltungszuständigkeiten beschränken , entbehrlich.9 6 Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl., 2012, Art. 91b Rn. 2 und Art. 91c Rn. 2. 7 Aktueller Begriff Nr. 267/07. 8 Siehe für die 17. Wahlperiode die Beratung folgender Vertragsgesetze: Gesetz zum Vertrag über die Errichtung des IT-Planungsrats und über die Grundlagen der Zusammenarbeit beim Einsatz der Informationstechnologie in den Verwaltungen von Bund und Ländern - Vertrag zur Ausführung von Artikel 91c GG, Gesetzentwurf BT-Drs. 17/427; Gesetz zu dem Staatsvertrag vom 16. Dezember 2009 und 26. Januar 2010 über die Verteilung von Versorgungslasten bei bund- und länderübergreifenden Dienstherrenwechseln, Gesetzentwurf BT-Drs. 17/1696 (unechtes Vertragsgesetz, da weitere Gesetzesänderungen enthaltend); Gesetz zu dem Staatsvertrag vom 14. Dezember 2012 über die abschließende Aufteilung des Finanzvermögens gemäß Art. 22 des Einigungsvertrages zwischen dem Bund, den neuen Ländern und Berlin (Finanzvermögen-Staatsvertrag), Gesetzentwurf BT-Drs. 17/12639 (unechtes Vertragsgesetz, da weitere Gesetzesänderungen enthaltend), abzurufen unter: http://dip21.bundestag.btg bzw. http://dipbt.bundestag.de. 9 Aktueller Begriff Nr. 267/07. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 208/13 Seite 6 2.2. Völkerrechtliche Verträge 2.2.1. Völkerrechtliche Staatsverträge 2.2.1.1. Vertragsgesetz nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG Die Beteiligung des Deutschen Bundestages bei völkerrechtlichen Staatsverträgen ergibt sich aus Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG. Dieser lautet: „Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, bedürfen der Zustimmung oder Mitwirkung der jeweils für die Gesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes.“ Sinn und Zweck der festgelegten Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften ist es, langfristige oder gar grundsätzlich unauflösbare Bindungen völkerrechtlicher Art nicht ohne deren Beteiligung eintreten zu lassen.10 Die gesetzgebenden Körperschaften sind nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG in Form von „Zustimmung oder Mitwirkung“ zu beteiligen. So wird deutlich, dass es sowohl um die Partizipation des Bundestages als auch des Bundesrates geht, wobei letzterer entweder im Wege des Einspruchs- oder – in den ausdrücklich aufgeführten Fällen im Grundgesetz – eines Zustimmungsrechts eingebunden wird.11 Die Form der Teilhabe ist das Bundesgesetz, welches inhaltlich die Zustimmung zum Vertrag erteilt (Vertrags- oder Zustimmungsgesetz).12 Das Vertragsgesetz wird nach allgemeinen Regeln des Gesetzgebungsverfahrens gemäß Art. 76 ff. GG behandelt.13 Die Erforderlichkeit einer parlamentarischen Beteiligung bei völkerrechtlichen Verträgen hängt zudem von den in Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG genannten Voraussetzungen ab: Es muss sich um Verträge über die politischen Beziehungen oder um solche handeln, die sich auf die Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen.14 Der Begriff der politischen Beziehungen ist dabei eng auszulegen, da im Grunde jeder völkerrechtliche Vertrag in irgendeiner Form die politische Beziehungen berührt und ansonsten dieses 10 BVerfGE 68, 1, 88. 11 Streinz, in: Sachs, GG, 5. Auf., 2009, Art. 59 Rn. 47. 12 Streinz, in: Sachs, Art. 59 Rn. 51. 13 Hölscheidt/Ridinger/Zitterbart, Grundzüge des Völkerrechts, Jura 2005, S. 224 ff., S. 227. 14 Nachfolgende Ausführungen zu den beiden Fallgruppen der Zustimmungsbedürftigkeit basieren auf: Parlamentarische Beteiligung beim Abschluss von Staatsverträgen gemäß Art. 59 Abs. 2 GG, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Sachstand WD 3-042/08. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 208/13 Seite 7 Kriterium konturenlos und Art. 59 Abs. 2 S. 1, 2. Alt. GG überflüssig würde.15 Es muss sich nach der Definition des Bundesverfassungsgerichts um Verträge handeln, die die Existenz des Staates, seine territoriale Integrität, seine Unabhängigkeit, seine Stellung oder sein maßgebliches Gewicht in der Staatengemeinschaft berühren.16 Ein Bezug zu Gegenständen der Bundesgesetzgebung ist dann gegeben, wenn für die innerstaatliche Umsetzung des Vertrages im konkreten Fall ein formelles Gesetz nötig ist. Darüber hinaus ist der Anwendungsbereich vom Bundesverfassungsgericht dahingehend definiert worden, dass ein Vertragsgesetz auch dann erforderlich ist, wenn die Umsetzung durch Rechtsverordnung erfolgt, die der Zustimmung von Bundestag oder Bundesrat bedarf.17 Wie die Entstehungsgeschichte und die Stellung der Norm ergeben, stellt Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG nicht auf die Zuständigkeit des Bundes im Gegensatz zu der der Länder für die Gesetzgebung ab, sondern auf die Abgrenzung zwischen Gesetzgebung und Verwaltung.18 Ob zur innerstaatlichen Durchführung eines völkerrechtlichen Vertrages ein Gesetz erforderlich ist, bestimmt sich nach den Verfassungsgrundsätzen der Gewaltenteilung und des Rechtsstaates sowie nach der allgemeinen Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes.19 Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GOBT) sieht ergänzende Bestimmungen zum Gesetzgebungsverfahren bei völkerrechtlichen Zustimmungsgesetzen vor. Hier gibt es im Regelfall nur zwei Beratungen, weil der Bundestag aufgrund der Tatsache, dass die Vertragstexte schon ausgehandelt sind und nicht einseitig abänderbar sind, zu solchen Verträgen nur „Ja“ oder „Nein“ sagen kann.20 Änderungen, d. h., Streichungen oder Ergänzungen, im Vertragstext sind unzulässig.21 Es erfolgt eine Abstimmung im Ganzen. Allerdings wird das Hinzufügen einer Präambel zu dem Vertrag als zulässig angesehen, wenn es hierdurch zu keiner formellen oder materiellen Inhaltsänderung des Vertrages kommt.22 Zulässig sind unter diesen Voraussetzungen ebenso Änderungsanträge zum Zustimmungsgesetz.23 Die einschlägigen Sonderregelungen für Vertragsgesetze lauten: 15 Streinz, in: Sachs, Art. 59 Rn. 29. 16 BVerfGE 1, 372, 381. 17 BVerfGE 1, 372, 390. 18 BVerfGE 1, 372, 388 ff. 19 Streinz, in: Sachs, Art. 59 Rn. 32. 20 Ritzel/Bücker/Schreiner, Handbuch für die parlamentarische Praxis, 2013, § 78 GOBT I.1.e) (Stand: September 2010); Streinz, in: Sachs, Art. 59 Rn. 51. 21 Ritzel/Bücker/Schreiner, § 78 GOBT I.1.e). 22 Vgl. BT-Drs. IV/1252, S. 10; Ritzel/Bücker/Schreiner, § 78 GOBT I.1.e). 23 Ritzel/Bücker/Schreiner, § 78 GOBT I.1.e). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 208/13 Seite 8 § 78 Abs. 1 S. 1 GOBT: „Gesetzentwürfe werden in drei Beratungen, Verträge mit auswärtigen Staaten und ähnliche Verträge , welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen (Artikel 59 Abs. 2 des Grundgesetzes), grundsätzlich in zwei Beratungen und nur auf Beschluss des Bundestages in drei Beratungen, alle anderen Vorlagen grundsätzlich in einer Beratung behandelt.“ § 81 Abs. 4 S. 2 GOBT: „Über Verträge mit auswärtigen Staaten und ähnliche Verträge gemäß Artikel 59 Abs. 2 des Grundgesetzes wird im ganzen abgestimmt.“ § 82 Abs. 2 GOBT: „Zu Verträgen mit auswärtigen Staaten und ähnlichen Verträgen, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen (Artikel 59 Abs. 2 des Grundgesetzes), sind Änderungsanträge nicht zulässig“. Eine weitere Konkretisierung der Fallgruppen, in denen ein Zustimmungsgesetz erforderlich bzw. eine parlamentarische Beteiligung entbehrlich ist, finden sich auf der Ebene des einfachen Rechts in Verwaltungsvorschriften, den Richtlinien für die Fassung von Vertragsgesetzen und vertragsbezogenen Verordnungen des Bundesministeriums der Justiz (Richtlinien nach § 73 Abs. 3 Satz 1 GGO - RiVeVo)24, und hier insbesondere unter 1.1 (Erforderlichkeit eines Vertragsgesetzes ) und 3. (Umsetzung völkerrechtlicher Verträge durch Rechtsverordnung). Unter 1. der Richtlinie ist vor allem die Ausdifferenzierung zur Alternative „Gegenstände der Bundesgesetzgebung“ zu nennen: „1.1.3 Ein völkerrechtlicher Vertrag bedarf nach Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 zweite Alternative GG insbesondere dann der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften, wenn er (a) Rechte und Pflichten für den Einzelnen begründet, (b) Bestimmungen enthält, deren Durchführung die Mitwirkung des formellen Bundes- oder Landesgesetzgebers erforderlich macht, (c) Bestimmungen enthält, mit denen die gegenwärtige innerstaatliche Gesetzeslage bereits übereinstimmt (sog. Parallelabkommen: Durch die Vereinbarung entsteht die völkerrechtliche Verpflichtung , diese Gesetzeslage aufrechtzuerhalten), 24 Neufassung 2007, abzurufen unter: http://www.juris.de. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 208/13 Seite 9 (d) finanzielle Verpflichtungen – über bloße haushaltsmäßige Auswirkungen hinaus – enthält, die nach den finanzverfassungsrechtlichen Regelungen des Grundgesetzes eine gesetzliche Regelung erfordern (vgl. Artikel 115 GG), (e) einen bestehenden Vertrag, der Gegenstand eines Vertragsgesetzes war, ändert oder ergänzt. Ausnahme: Der Gesetzgeber hat seine Zustimmung zu der Änderung oder Ergänzung bereits vorweg – antizipiert – erteilt.25 Eine antizipierte Zustimmung kann durch eine Verordnungsermächtigung erteilt werden (vgl. unter 2.3 und 3.). Von einer antizipierten Zustimmung kann aber auch ausgegangen werden, wenn die konkrete Änderung keinen normativen Charakter hat und wenn sie nach Inhalt, Zweck und Ausmaß bereits in einem im ursprünglichen Vertrag vorgesehenen Verfahren zur Vertragsänderung angelegt war. Eines Vertragsgesetzes bedarf es nicht, wenn der völkerrechtliche Vertrag auf Grund einer ausreichenden auslandsbezogenen Verordnungsermächtigung nach Artikel 80 Abs. 1 GG innerstaatlich in Kraft gesetzt werden kann (vgl. unter 3.).“ Außerdem nennt die Richtlinie Konstellationen, in denen eine Umsetzung durch Rechtsverordnung erlaubt sein soll und somit eine Beteiligung des Bundestages durch Vertragsgesetz entbehrlich ist: „3.1.1 Ein völkerrechtlicher Vertrag, der sich nach seinem Inhalt auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht (Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 GG), bedarf keines Vertragsgesetzes, wenn er auf Grund einer Verordnungsermächtigung nach Artikel 80 Abs. 1 GG innerstaatlich in Kraft gesetzt werden kann. Die Verordnungsermächtigung muss – über die in Artikel 80 Abs. 1 GG genannten Voraussetzungen hinaus – auslandsbezogen, d. h. mindestens auch auf die Umsetzung völkerrechtlicher Verträge gerichtet sein. … 3.1.2 Als häufigste Anwendungsfälle sind zu nennen:… (a) Verordnungsermächtigungen zur Umsetzung bestimmter Arten von Verträgen unabhängig davon, mit welchem Staat die Verträge geschlossen werden (Verträge über Vorrechte und Befreiungen für Internationale Organisationen; Pass und Sichtvermerkswesen; Außenwirtschaft; Internationaler Verkehr; Fischerei; Soziale Sicherheit u.a.), (b) Verordnungsermächtigungen zur Umsetzung von Änderungen oder Ergänzungen zu zweioder mehrseitigen Verträgen (s. o. 2.3).“ 2.2.1.2. Übertragung von Hoheitsrechten nach Art. 24 Abs. 1 GG Werden durch völkerrechtlichen Vertrag Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen, wie insbesondere internationale Organisationen, übertragen, dann bedarf es nach Art. 24 Abs. 1 GG eines Bundesgesetzes, über das Bundestag und Bundesrat an dieser Entscheidung beteiligt 25 Siehe zu dieser Problematik weiterführend: Die parlamentarische Zustimmungspflicht nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG und die Ermächtigung der Exekutive zur Änderung völkerrechtlicher Verträge, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 167/11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 208/13 Seite 10 werden. Der zugrundeliegende völkerrechtliche Vertrag bedarf der Zustimmung nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG, weil eine Hoheitsrechtsübertragung immer auch die politischen Beziehungen im Sinne dieser Bestimmung regelt.26 Das Übertragungsgesetz gemäß Art. 24 Abs. 1 GG und das Zustimmungsgesetz nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG werden als ein Gesetz verabschiedet. Es erfüllt eine Doppelfunktion.27 2.2.1.3. EU-Vertragsänderungen und völkerrechtliche Verträge der EU oder mit Bezug zur EU im Anwendungsbereich des Art. 23 GG In Bezug auf die Europäische Union (EU) ist Folgendes festzuhalten: Bei der Übertragung von Hoheitsrechten auf die EU erfolgt die Mitwirkung des Bundestages durch Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates (einfache Mehrheit in Bundestag und Bundesrat, Art. 23 Abs. 1 S. 2 GG). Bei Änderungen der EU-Verträge und vergleichbarer Regelungen mit verfassungsänderndem Gewicht ist eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat nach Art. 79 Abs. 2 GG erforderlich (Art. 23 Abs. 1 S. 3 GG). Die Ratifikation durch Vertragsgesetz nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG dürfte nach dem Lissabon-Urteil ausgeschlossen sein, weil Art. 23 Abs. 1 GG eine Spezialregelung im Falle von Hoheitsrechtsübertragungen „zur Verwirklichung eines vereinigten Europas“ darstellt.28 Für völkerrechtliche Abkommen der EU29 gilt in Bezug auf die Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundestages Folgendes: Fällt der Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen in die ausschließliche Zuständigkeit der EU, dann erfolgt keine Mitwirkung des Bundestages durch Zustimmungsgesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG. Aber Verhandlungsmandate für die Europäische Kommission zu Verhandlungen über völkerrechtliche Verträge der EU sowie Beratungsgegenstände, Initiativen sowie Verhandlungsmandate und -richtlinien für die Europäische Kommission im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik und der Welthandelsrunden sind gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 5 und § 6 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBBG) Vorhaben der EU, über die die Bundesregierung den Bundestag nach Art. 23 Abs. 2 S. 2 umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt unterrichten muss. Der Bundestag kann eine Stellungnahme nach Art. 23 Abs. 3 GG, § 8 EUZBBG zu Vorhaben der Europäischen Union abgeben. Gemischte Abkommen unterliegen darüber hinaus der Zustimmung des Bundestages durch Vertragsgesetz nach Art. 59 Abs. 2 GG. Denn bei diesen liegt der Regelungsgegenstand in der EU- 26 Streinz, in: Sachs, Art. 24 Rn. 24. 27 Rojahn, in: v. Münch/Kunig, Grundgesetzkommentar, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 24. Rn. 39; Streinz, in: Sachs, Art. 24 Rn. 24. 28 Hölscheidt, Die Verantwortung des Bundestags für die europäische Integration, in: DÖV 2013, S. 105 ff., S. 108. 29 Zu den nachfolgenden Ausführungen zu völkerrechtlichen Abkommen: Die Rolle des Deutschen Bundestages bei Freihandelsabkommen der EU mit Drittstaaten oder Staatengemeinschaften, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Ausarbeitung WD 3-3000-178/11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 208/13 Seite 11 Zuständigkeit und der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten,30 weil auch Materien erfasst sind, die z.B. nicht allein zum Anwendungsbereich der Gemeinsamen Handelspolitik der EU gehören. Somit sind sowohl die EU als auch die Mitgliedstaaten Verhandlungs- und Vertragspartner. In seinem Urteil vom 19. Juni 2012 zu den Unterrichtungspflichten der Bundesregierung gegenüber dem Deutschen Bundestag bezogen auf die Einrichtung eines Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass es sich auch bei völkerrechtlichen Verträgen um eine Angelegenheit der EU handele, wenn sie in einem Ergänzungs- oder sonstigen besonderen Näheverhältnis zum Recht der EU stünden.31 Somit sei die Unterrichtungspflicht der Bundesregierung nach Art. 23 Abs. 2 S. 2 GG auch in diesen Fällen gegeben.32 Das EUZBBG ist dementsprechend durch eine am 13. Juli 2013 in Kraft getretene Änderung33 ergänzt worden (siehe § 1 Abs. 2 S. 2; § 3 Abs. 3; § 4 Abs. 1 Nr. 1; § 5 Abs. 1 Nr. 5, 11, 12). Die Bundesregierung hat also auch bei völkerrechtlichen Verträgen mit Näheverhältnis zum Recht der EU den Bundestag Art. 23 Abs. 2 S. 2 GG i.V.m. § 3 Abs. 1 S. 1 EUZBBG umfassend, zum frühestmöglichen Zeitpunkt und fortlaufend zu unterrichten. Diese Unterrichtung erfolgt nach § 3 Abs. 1 S. 2 EUZBBG grundsätzlich schriftlich durch die Weiterleitung von Dokumenten oder die Abgabe von eigenen Berichten der Bundesregierung, darüber hinaus mündlich. Aufgrund der einschlägigen Unterrichtungsmodalitäten in Angelegenheiten der EU nach Art. 23 Abs. 2 S. 2 GG wird zugleich die begleitende Mitwirkung des Bundestages an dem Zustandekommen solcher völkerrechtlicher Verträge sichergestellt (siehe hierzu auch 3. – Antwort zu Frage 2) und so die frühzeitige und effektive Einflussnahme auf die Willensbildung der Bundesregierung eröffnet.34 2.2.2. Verwaltungsabkommen Verwaltungsabkommen sind alle völkerrechtlichen Verträge des Bundes, die nicht die notwendige politische Bedeutung haben und zu deren Durchführung kein Gesetz, sondern nur eine Rechtsverordnung, eine Verwaltungsvorschrift oder ein anderer Akt der Exekutive notwendig ist.35 Völkerrechtliche Verwaltungsabkommen bedürfen gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 2 GG nicht der Zustimmung des Bundestages. 30 Kahl, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl., 2011, Art. 4 EUV, Rn. 90. 31 BVerfG, Urteil vom 19. Juni 2012 – 2 BvE 4/11 – abzurufen unter: http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/es20120619_2bve000411.html, Leitsatz 1. 32 BVerfG, Urteil vom 19. Juni 2012, Rn. 135. 33 BGBl. I 2013, 2170. 34 BVerfG, Urteil vom 19. Juni 2012, Rn. 107. 35 Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 59 Rn. 20. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 208/13 Seite 12 3. Frage 2: Erfolgt eine begleitende Mitwirkung Ihres Parlaments an dem Zustandekommen von Staatsverträgen bzw. völkerrechtlichen Verträgen? Werden die Abgeordneten über einzelne Verfahrensschritte (etwa Aufnahme von Verhandlungen, wesentliche Fortschritte der Verhandlungen etc.) von der Regierung informiert, und in welcher Form wird ihr Parlament informiert? Allein bei Abkommen, die in den Anwendungsbereich des Art. 23 GG fallen, sind explizite Mitwirkungs- bzw. Unterrichtungspflichten der Bundesregierung grundgesetzlich und einfachgesetzlich festgelegt (siehe oben 2.2.1.3). Im Übrigen existieren weder bei intraföderalen noch bei völkerrechtlichen Staatsverträgen spezielle Regelungen zur begleitenden Mitwirkung und Information des Bundestages. Vielmehr gelten hierfür die allgemeinen Instrumente der politischen Kontrolle. Der Bundestag kann von seinem Frage-, Debatten- und Entschließungsrecht Gebrauch machen und seine Haushaltsbefugnisse wahrnehmen und so auf die Entscheidungen der Regierung einwirken,36 was in der parlamentarischen Praxis auch geschieht.37 Zur parlamentarischen Kontrolle zählt auch, dass dem Bundestag selbst das Initiativrecht für ein Zustimmungsgesetz zu einem völkerrechtlichen Vertrag als Mittel außenpolitischer Ausdrucksweise zugebilligt wird und dass er die Bundesregierung auffordern kann, bestimmte völkerrechtliche Verträge abzuschließen.38 Auch können Nachbesserungsverlangen zur Neuverhandlung während der Ausschussberatungen zu einem von der Bundesregierung eingebrachten Zustimmungsgesetz geltend gemacht werden. Gebräuchlich sind ebenfalls Neuformulierungsverlangen .39 Darüber hinaus beschließt der Bundestag mitunter Berichtspflichten der Bundesregierung. So soll die Bundesregierung dem Bundestag alle zwei Jahre einen Bericht „über den Stand der Unterzeichnung und Ratifizierung europäischer Abkommen und Konventionen durch die Bundesrepublik Deutschland“ abstatten.40 36 BVerfGE 104, 151 (208); BVerfG, Urteil vom 19. Juni 2012, Rn. 92: so auch Rojahn, in: v. Münch/Kunig, Art. 59 Rn. 30 f. 37 Beispiele aus der 17. Wahlperiode: Kleine Anfrage der Fraktion der SPD, Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Auswirkungen des Betriebs des Flughafens Zürich auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, BT-Drs. 17/11427; Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zu der zweiten Beratung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung – Drucksachen 17/12354, 17/12810, 17/12875 – Entwurf eines Gesetzes zu dem Handelsübereinkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kolumbien und Peru andererseits, BT-Drs. 17/12877; Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Flughafen Zürich – Sachstand zum Staatsvertrag mit der Schweiz, BT-Drs. 17/14330; Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Chancen und Risiken ergebnisoffen bewerten - Verhandlungen mit dem Königreich Dänemark über den Ausstieg aus dem Staatsvertrag über den Bau einer Festen Fehmarnbeltquerung aufnehmen, BT-Drs. 17/9407. 38 Siehe zum Meinungstand bzgl. des Initiativrechts des Bundestages und zu Praxisbeispielen: Kretschmer, Gesetzentwürfe aus der Mitte des Bundestages, in: Festschrift für Helmrich zum 60. Geburtstag, 1994, S. 539 ff. 39 Kretschmer, in: Festschrift für Helmrich S. 539 ff., S. 546. 40 Laut Beschluss vom 25. Januar 1990 zu der Beschlussempfehlung auf BT-Drs. 11/6074 (zum Antrag auf BT- Drs. 11/5180), siehe hierzu auch Deutscher Bundestag – Verwaltung – Parlamentssekretariat (PD 1), Berichtsliste 2012, aktualisierte Fassung vom 11. Juli 2013, S. 17; letzter Bericht: Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unterzeichnung und Ratifizierung europäischer Abkommen und Konventionen durch die Bundesrepublik Deutschland für den Zeitraum März 2011 bis Februar 2013, BT-Drs. 17/12996. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 208/13 Seite 13 Bei völkerrechtlichen Verträgen ist der Bundestag ansonsten auf die nachträgliche Zustimmung gemäß Art. 59 Abs. 2 GG beschränkt. Die Frage, inwieweit die Bundesregierung in diesem Zusammenhang Unterrichtungspflichten treffen, die den Bereich der vorausgehenden Vertragsverhandlungen im Sinne einer begleitenden Mitwirkung betreffen, ist nicht grundsätzlich geklärt.42 4. Frage 3: Finden im parlamentarischen Verfahren (Plenum/Ausschüsse) geäußerte Anregungen oder Bedenken bei den Verhandlungen über Inhalt und Zustandekommen von Staatsverträgen bzw. völkerrechtlichen Verträgen Berücksichtigung seitens der Regierung? Generell gilt, dass im parlamentarischen Verfahren Anregungen und Bedenken bei dem Zustandekommen von intraföderalen Staatsverträgen und völkerrechtlichen Staatsverträgen in vergleichbarer Weise wie im allgemeinen Gesetzgebungsprozess geltend gemacht werden können. Da intraföderale Staatsverträge in der Praxis des Bundestages eher eine untergeordnete Rolle spielen , soll hier nur für völkerrechtliche Staatsverträge außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 23 GG (zu den stärkeren Rechten der Stellungnahme siehe 2.2.1.3) festgehalten werden: Wege der Einflussnahme des Parlaments sind einerseits die klassischen Kontrollinstrumente wie beispielsweise das Fragrecht oder auch die Möglichkeit, Entschließungsanträge zu formulieren (s. auch schon 3.). Hiervon machen insbesondere die Oppositionsfraktionen Gebrauch, um ihre Positionen zu dokumentieren. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Parlament können sie sich mit ihren zur Abstimmung gestellten Forderungen naturgemäß nicht durchsetzen. Die Regierungskoalitionen nutzen stärker den Weg der informellen Einflussnahme in Gesprächen mit Vertretern der Bundesregierung . Auch in den Ausschussberatungen zu anstehenden oder laufenden völkerrechtlichen Vertragsverhandlungen findet mitunter ein intensiver Austausch der Positionen zwischen Abgeordneten und Regierungsvertretern statt. Ein Einfluss etwa der Regierungs- oder starker Oppositionsfraktionen auf die Regierungsverhandlungen ist in der Praxis dabei nicht unüblich.43 Ein Beispiel für eine intensive Begleitung der völkerrechtlichen Vertragsverhandlungen durch den Bundestag war in der 17. Wahlperiode der UN-Vertrag vom 2. April 2013 über den Waffenhandel (Arms Trade Treaty – ATT)44. Hier sind zentrale Forderungen aus den Reihen des Bundestages 41 42 BVerfG, Urteil vom 19. Juni 2012, Rn. 93. 43 Kretschmer, in: Festschrift für Helmrich S. 539 ff., S. 546. 44 Siehe Gesetzentwurf der Bundesregierung und Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 2. April 2013 über den Waffenhandel, BT-Drs. 17/13834 und BT-Drs. 17/13708 (zusammengeführt). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 208/13 Seite 14 – breiter Regelungsumfang und hohe Versagungsstandards bei Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht – in die Verhandlungspositionen der Bundesregierung und letztlich weitgehend in den Text des Abkommens eingeflossen.45 Zur Unterstützung dieser Positionen nahm der Unterausschuss des Auswärtigen Ausschusses „Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung“ im März 2013 an dem Auftakt der abschließenden Verhandlungsrunde der UN-Konferenz über einen Internationalen Waffenhandelsvertrag in New York teil.46 In Gesprächen mit dem Konferenzvorsitz, Vertretern der UN, teilnehmender Staaten und internationaler Nichtregierungsorganisationen sowie in einer öffentlichen Veranstaltung unterstützte die Delegation eine verbesserte Regulierung des globalen Handels mit Rüstungsgütern.47 45 Laut Auskunft des Sekretariats des Auswärtigen Ausschusses vom 26. November 2013. 46 Unterrichtung durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages, Bericht über die internationalen Aktivitäten und Verpflichtungen des Deutschen Bundestages, Berichtszeitraum: 1. Oktober 2011 bis 30. September 2013, BT-Drs. 17/14834, S. 8. 47 BT-Drs. 17/14834, S. 8.