Deutscher Bundestag Beteiligungsrechte in politischen Parteien Urwahl des Kanzlerkandidaten und Beteiligung von Nichtmitgliedern Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 – 206/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 206/12 Seite 2 Beteiligungsrechte in politischen Parteien Urwahl des Kanzlerkandidaten und Beteiligung von Nichtmitgliedern Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 206/12 Abschluss der Arbeit: 22. August 2012 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 206/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Nominierung von Kanzlerkandidaten/innen 4 2.1. Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen 4 2.2. Einfachgesetzliche Bestimmungen 5 2.2.1. Parteiengesetz 5 2.2.2. Bundeswahlgesetz 5 3. Beteiligung von Bürgern ohne Parteizugehörigkeit in politischen Parteien 6 3.1. Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen 7 3.2. Einfachgesetzliche Bestimmungen 7 3.2.1. Teilnahme an Parteiveranstaltungen 7 3.2.2. Rederecht 8 3.2.3. Antrags- und Wahlvorschlagsrecht 8 3.2.4. Stimm- und Wahlrecht 9 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 206/12 Seite 4 1. Einleitung Die nachfolgende Ausarbeitung beschäftigt sich mit Beteiligungsrechten in politischen Parteien. Dabei geht es zum einen darum, inwieweit die Nominierung eines oder einer Kanzlerkandidaten /in durch Urwahl, d.h. durch eine Abstimmung aller Parteimitglieder, erfolgen kann, oder ob eine Nominierung durch eine Parteiversammlung zwingend erforderlich ist. Zum anderen wird die Frage behandelt, ob und - wenn ja - in welcher Form Nichtmitglieder an der Arbeit einer politischen Partei beteiligt werden können. 2. Nominierung von Kanzlerkandidaten/innen Aufgrund des Umstandes, dass die Wahl zum Deutschen Bundestag und insbesondere der vorgelagerte Wahlkampf stark personalisiert ist, erfolgt im Vorfeld einer Bundestagswahl regelmäßig die Nominierung des/der Spitzenkandidaten/innen bzw. – bei den großen Parteien CDU und SPD – die Kür des/der Kanzlerkandidaten/in. Mit letzterer machen die Parteien deutlich, dass ihre jeweilige Parlamentsfraktion den/die entsprechenden/e Kandidaten/in bei positivem Wahlausgang zum/zur Kanzler/in wählen wird. 2.1. Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen Aus der Gründungsfreiheit der Parteien nach Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG folgt, dass die Parteien grundsätzlich das Recht der Organisationsfreiheit besitzen.1 Ihnen kommt also ein gewisser Raum individueller, demokratischer Ausgestaltung zu.2 Den Parteien werden allerdings in begrenztem Maße auch zwingende Vorgaben für ihre innere Ordnung von der Verfassung gemacht. Die Organisationsfreiheit der Parteien ist nicht schrankenlos gewährleistet. Denn gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG muss die innere Ordnung der Parteien demokratischen Grundsätzen entsprechen . Dies betrifft sowohl die Organisationsstruktur als auch die Verfahrensregeln.3. Im Sinne einer demokratischen innerparteilichen Entscheidungsfindung beinhaltet dies u.a. eine Garantie gleicher Mitwirkungsrechte der Parteimitglieder.4 Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG impliziert aber keine generelle Verpflichtung zur Form der repräsentativen Demokratie in Bezug auf die Ausgestaltung der Entscheidungsstrukturen. Urwahlen und -abstimmungen werden danach als verfassungsrechtlich zulässig erachtet, sofern sie in der Parteisatzung vorgesehen sind.5 1 Kersten, in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz (PartG) und europäisches Parteienrecht, 2009, § 1 Rn. 37; BVerfGE 111, 382 (409). 2 Morlok/Streit, Mitgliederentscheid und Mitgliederbefragung-Rechtsprobleme direkter Demokratie in den politischen Parteien, ZRP 1996, S. 447 (449). 3 Morlok/Streit, Fn. 2, S. 449. 4 Morlok/Streit, Fn. 2, S. 449. 5 Morlok/Streit, 2, S. 450; Morlok, Gutachten zur Frage der rechtlichen Möglichkeiten eines Mitgliederentscheides über die Besetzung der Position der Parteivorsitzenden in der Partei „DIE LINKE“, 05. Januar 2012, S. 5, 6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 206/12 Seite 5 2.2. Einfachgesetzliche Bestimmungen Es könnten einfachgesetzliche Einschränkungen für Urwahlen bestehen. Diesbezüglich sind hier das Parteiengesetz (PartG6) und das Bundeswahlgesetz (BWG7) zu berücksichtigten. Eine direkte Regelung der Nominierung des/der Kanzlerkandidaten/in findet sich in keinem der vorgenannten Gesetze. Die Kanzlerkandidatur ist kein formelles Amt, gesetzlich ist kein formales Verfahren vorgesehen. Somit findet sich auch keine explizite Regelung zum Verfahren der Nominierung. Das zwingende Erfordernis der Wahl durch eine Parteiversammlung könnte sich aber aus einer Gesamtschau der vorhandenen Regelungen und der Berücksichtigung der ihnen zugrundeliegenden Ratio ergeben. 2.2.1. Parteiengesetz Nach § 9 Abs. 1 PartG ist die Mitglieder- oder Vertreterversammlung (Parteitag = höhere Stufe, Hauptversammlung = niedrigere Stufe: Kreis-/Ortsverbände) das jeweilige Organ des Gebietsverbandes . § 9 Abs. 4 PartG sieht vor, dass der Parteitag den Vorstand und damit auch die Vorsitzenden wählt. Aus dieser Bestimmung folgt jedoch keine generelle Entscheidung des Gesetzgebers gegen Formen der unmittelbaren Demokratie. Die Bedeutung der Mitglieder- oder Vertreterversammlung in Bezug auf den Vorstand bedeutet kein generelles Entscheidungsmonopol und schließt die stärkere Einbeziehung der Parteibasis für andere Entscheidungen – hier die Wahl des Kanzlerkandidaten – durch eine Urwahl nicht aus.8 Wie bereits unter 2.1 erwähnt, wird allerdings eine satzungsmäßige Regelung für erforderlich gehalten. Dies folge aus § 6 Abs. 2 Nr. 11 PartG, nach dem die Parteisatzung Bestimmungen zu enthalten habe über „eine Urabstimmung der Mitglieder und das Verfahren, wenn der Parteitag die Auflösung der Partei oder die Verschmelzung mit anderen Parteien…beschlossen hat“. Aus dieser sich dem Wortlaut nach zunächst auf die genannten Konstellationen der Urabstimmung beziehenden Bestimmung wird zugleich geschlossen, dass eine Partei zwar in ihren Entscheidungsprozessen nicht ausschließlich auf Formen der repräsentativen Demokratie verwiesen werde , die daher zulässigen direktdemokratischen Elemente aber satzungsmäßig zu regeln habe.9 2.2.2. Bundeswahlgesetz § 17 Satz 2 PartG verweist hinsichtlich Regelungen der Aufstellung von Bewerbern für Wahlen zu Volksvertretungen (Parlamente auf Bundes- und Länderebene sowie die Volksvertretungen im kommunalen Bereich) auf die Wahlgesetze und Satzungen der Parteien. Neben der Durchführung 6 Gesetz über die politischen Parteien, Parteiengesetz, BGBl I 1994, 149, zuletzt geändert durch Art. 1 G v. 23.8.2011 BGBl I 1748. 7 Bundeswahlgesetz, BGBl I 1993, 1288, 1594, zuletzt geändert durch Art. 1 G v. 12.7.2012 BGBl I 1501. 8 Augsberg, in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz (PartG) und europäisches Parteienrecht, 2009, § 9 Rn. 29. 9 Augsberg, in: Kersten/Rixen, Fn. 8, § 9 Rn. 22. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 206/12 Seite 6 einer Urwahl zur Kanzlerkandidatenkür sind also die Vorgaben des BWG bei der Kandidatenaufstellung zur Bundestagswahl zu beachten:10 Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 BWG sind eine „Mitgliederversammlung “ oder eine „besondere oder allgemeine Vertreterversammlung“ zur Wahl eines Wahlkreisbewerbers aufstellungsberechtigt. Das Gesetz definiert „Mitgliederversammlung“ als eine Versammlung der im Zeitpunkt ihres Zusammentritts im Wahlkreis zum Deutschen Bundestag wahlberechtigten Mitglieder der Partei (§ 21 Abs. 1 Satz 2 BWG). Eine Vertreterversammlung ist dagegen eine „Versammlung der von einer derartigen Mitgliederversammlung aus ihrer Mitte gewählten Vertreter“ (§ 21 Abs. 1 Satz 3, 4 BWG). Sinn der Regelungen ist es, eine freie Kandidatenaufstellung als Vorbedingung einer freien und demokratischen Wahl sicherzustellen . Nicht die Exekutivorgane der Parteien, sondern die Mitglieder selbst sollen unmittelbar oder mittelbar durch Delegierte über die Kandidaten für die Bundestagswahl entscheiden.11 Wenn der durch Urwahl ermittelte Kanzlerkandidat einer Partei auch ein Bundestagsmandat erwerben will, so müssen im Hinblick auf seine Aufstellung als Wahlkreiskandidat auch die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 1 BWG gewahrt sein. Für die Listenplatzkandidatur gilt die Vorschrift entsprechend (§ 27 Abs. 5 BWG). Eine bundesweite Urwahl des Kanzlerkandidaten wäre zugleich also keine den Vorgaben des BWG entsprechende Wahlkreis- bzw. Listenkandidatenaufstellung . Hier sind Mitglieder- oder Vertreterversammlung als Entscheidungsgremien im Sinne der Definition des § 21 Abs. 1 Satz BWG zwingend vorgeschrieben. 3. Beteiligung von Bürgern ohne Parteizugehörigkeit in politischen Parteien Durch die Beteiligung von Nichtmitgliedern erhoffen sich die Parteien, diese für ein parteipolitisches Engagement begeistern zu können, um so dem Mitgliederschwund entgegenzutreten und zu einer Verjüngung der Altersstruktur im Mitgliederbestand beizutragen.12 Fraglich ist, ob und - wenn ja -in welchen Bereichen eine solche Beteiligung mit Blick auf die Verfassung und das einfache Recht zulässig ist. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Erwerb der Mitgliedschaft ein Rechtsverhältnis mit Rechten und Pflichten begründet. Er ist Voraussetzung für die Ausübung der mitgliedschaftlichen Rechte und damit für das politische Wirken innerhalb einer Partei. Nichtmitglieder sind in dieses Rechtsverhältnis grundsätzlich nicht mit einbezogen. Es besteht somit die Gefahr, dass die Mitgliederstellung entwertet wird, wenn man Nichtmitgliedern Rechte einräumt, die denjenigen der Mitglieder weitgehend angenähert sind. Es geht somit darum, die maßgebliche Bestimmungsmacht der Parteimitglieder zu wahren. Die „Maßgeblichkeit “ des Mitgliedereinflusses kann jedoch nicht allgemein bestimmt werden. Wann eine Beeinträchtigung vorliegt, bzw. zu befürchten ist, ist vielmehr eine Frage des Einzelfalls.13 10 Augsberg, in: Kersten/Rixen, Fn. 8, § 9 Rn 29. 11 BVerfG, Beschluss vom 20.10.1993 – 2 BvC 2/91, NJW 1994, 922 (923). 12 Bäcker, Dritte im Bunde: Zur Beteiligung von Nichtmitgliedern in politischen Parteien, Recht und Politik, 3/2011, S. 151 (151). 13 Bäcker, Fn. 12, S. 154. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 206/12 Seite 7 3.1. Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen Den Parteien wird gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) die Aufgabe zugewiesen, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Über die Parteien erhalten die Wähler bestimmenden Einfluss auf die Politik. Dies setzt zum einen Offenheit und Durchlässigkeit für die in der Bevölkerung vorhandenen Anliegen, zum anderen aber auch ein innerorganisatorisches Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Parteien voraus, um die ihnen zugewiesene verfassungsrechtliche Funktion effektiv wahrnehmen zu können.14 Parteien sind mitgliederorientiert organisiert . Das bedeutet, dass sich die Mitglieder einer Partei durch das Bekenntnis zu gemeinsamen Anschauungen und Überzeugungen gegenüber den Nichtmitgliedern abgrenzen.15 Diese Form der Organisation ist wesentlich durch das Verfassungsgebot der innerparteilichen Demokratie abgesichert . In Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG heißt es, dass die innere Ordnung einer Partei demokratischen Grundsätzen entsprechen muss. Dies spiegelt sich in Mitgliedschaftsstrukturen und Mitgliedschaftsrechten wider.16 Die Verpflichtung zur innerparteilichen Demokratie kann als Haupthindernis für eine Beteiligung von Nichtmitgliedern gesehen werden. Werden Nichtmitglieder beteiligt, so machen diese die den Parteimitgliedern zukommende Monopolstellung im Prozess der innerparteilichen Willensbildung und Entscheidungsfindung streitig.17 Zwar hat die maßgebliche Bestimmungsmacht bei den Mitgliedern zu liegen, die Beteiligung von Nichtmitgliedern ist aber verfassungsrechtlich nicht von vornherein ausgeschlossen.18 3.2. Einfachgesetzliche Bestimmungen Die Wahlgesetze des Bundes und der Länder und auch das PartG gehen grundsätzlich von einer mitgliedergetragenen Willensbildung in den politischen Parteien aus. Gemäß § 21 BWG ist beispielsweise die Kandidatenaufstellung für die Bundestagswahl ausschließlich den Parteimitgliedern vorbehalten (siehe oben Punkt 2.2.2.). Eine Beteiligung von Nichtmitgliedern ist diesbezüglich ausgeschlossen. Es ist zwischen verschiedenen Beteiligungsmöglichkeiten zu unterscheiden. 3.2.1. Teilnahme an Parteiveranstaltungen Hinsichtlich der Berechtigung von Nichtmitgliedern zur Teilnahme an Parteiveranstaltungen (z. B. als Zuhörer bei Parteitagen) bestehen keinerlei Bedenken. Die Öffentlichkeit innerparteilicher 14 Bäcker, Fn. 12, S. 151. 15 Bäcker, Fn. 12, S. 151. 16 Bäcker, Fn. 12, S. 151. 17 Bäcker, Fn. 12, S. 152. 18 Bäcker, Fn. 12, S. 152. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 206/12 Seite 8 Willensbildung ist unter Demokratiegesichtspunkten im Sinne eines transparenten Entscheidungsprozesses nicht zu beanstanden.19 3.2.2. Rederecht Etwas anderes könnte auf den ersten Blick für das Rederecht von Nichtmitgliedern gelten. Ein solches würde Nichtmitgliedern die Möglichkeit eröffnen, gestaltend auf den innerparteilichen Willensbildungsprozess einzuwirken. Zu beachten ist allerdings, dass es in der Praxis keine gänzlich unbeeinflusste Willensbildung der Parteimitglieder gibt. Der individuelle Wille eines jeden Parteimitgliedes wird nicht zuletzt von seinem außerparteilichen Umfeld und insbesondere den Medien geprägt. Daher kommt dem Rederecht von Nichtmitgliedern allenfalls ergänzender Einfluss auf die Bestimmungsmacht der Mitglieder zu. Schließlich ist, wie bereits eingangs erwähnt , gerade auch die Offenheit für Anliegen und Ansichten der Bevölkerung eine Grundvoraussetzung für die effektive Aufgabenwahrnehmung der Parteien. Folglich muss auch die innerparteiliche Willensbildung Einflüssen von außen offenstehen. Es spricht somit vieles dafür, die Einräumung eines Rederechts für Nichtmitglieder im Ergebnis als zulässig zu erachten.20 3.2.3. Antrags- und Wahlvorschlagsrecht Hinsichtlich der Frage, ob Nichtmitglieder ein Antrags- und Wahlvorschlagsrecht eingeräumt werden darf, ist zu differenzieren. Gemäß § 15 Abs. 3 PartG muss die Ausgestaltung des Antragsrechts eine demokratische Willensbildung gewährleisten. Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 PartG sollen insbesondere auch Minderheiten ihre Vorschläge ausreichend zur Erörterung bringen können. Die dort vorausgesetzte Erörterung hat zur Folge, dass jedem Antrag grundsätzlich eine Auseinandersetzung über Pro und Contra und schließlich eine Beschlussfassung nachfolgt.21 Im Vergleich mit dem Rederecht ist mit dem Antragsrecht von Nichtmitgliedern eine stärkere Beeinträchtigung der Selbstbestimmung der Mitglieder verbunden. Darüber hinaus steht das Antragsrecht, aus Gründen der Funktionsfähigkeit , auch intern nicht allen Gruppierungen auf allen Ebenen offen.22 Für ein Antragsrecht von Nichtmitgliedern wird jedoch angeführt, dass das Recht zur Entscheidung letztendlich dem von Parteimitgliedern besetzten Gremium vorbehalten bleibt. Zu bedenken ist jedoch, dass aufgrund des aus dem über das Demokratiegebot für die Parteien geltenden Gleichheitsgrundsatzes, welcher ein Diskriminierungsverbot einschließt, Nichtmitgliedern nicht weitergehende Antragsrechte eingeräumt werden dürfen als Mitgliedern. Somit kann auch nur dort, wo auch jedem 19 Bäcker, Fn. 12, S. 154. 20 Bäcker, Fn. 12, S. 155. 21 Bäcker, Fn. 12, S. 155. 22 Bäcker, Fn. 12, S. 155. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 206/12 Seite 9 einzelnen Mitglied ein Antragsrecht eingeräumt wird, auch Nichtmitgliedern dieses zugestanden werden.23 Nichts anderes gilt bei der Einräumung von Vorschlagsrechten für Nichtmitglieder bei der Besetzung parteiinterner Positionen durch Wahl. Dies ist bei der Kandidatenaufstellung für Wahlen zu kommunalen Vertretungskörperschaften und Parlamenten anders zu beurteilen. Hier bestimmen bereits die Wahlgesetze, dass dieses Recht lediglich Parteimitgliedern vorbehalten ist (z. B. § 21 Abs. 3 Satz 2 BWG). Zu beachten ist diesbezüglich jedoch, dass das Wahlrecht die Entscheidung über die Öffentlichkeit der Aufstellungsversammlung den Parteien überlasst. Somit ist eine Zuhörerschaft von Nichtmitgliedern möglich.24 3.2.4. Stimm- und Wahlrecht Insbesondere im Bereich der stimmberechtigten Mitwirkung an Mitglieder- und Vertreterversammlungen stellt sich die Beteiligung von Nichtmitgliedern als problematisch dar. Mit einer solchen Beteiligung würde man Nichtmitgliedern eine besonders intensive Einflussmöglichkeit auf die sachlich-inhaltliche Parteiarbeit ermöglichen. Ferner wird das Stimmrecht im Allgemeinen als der Kern der Mitgliederrechte begriffen.25 Würde man dieses Recht auch Nichtmitgliedern zusprechen, bestünde die Befürchtung, dass es zu einer Einebnung des Unterschieds zwischen Mitgliedern und Nichtmitgliedern kommen könnte. Dennoch wird auch in diesem Bereich vereinzelt die stimmberechtigte Mitwirkung von Nichtmitgliedern befürwortet.26 Doch selbst Befürworter sehen das Problem und knüpfen das Stimmrecht an gewisse Voraussetzungen. So setze die Gewährung des Stimmrechts eine Satzungsbestimmung und eine Wahl der stimmberechtigten Nichtmitglieder durch den Parteitag voraus. Ferner müsse die Zahl der stimmberechtigten Externen, zum Schutze der Mitglieder vor Fremdbestimmung, zahlenmäßig begrenzt werden. Hiergegen wird angeführt, dass auch bei zahlenmäßiger Begrenzung stimmberechtigter Nichtmitglieder das Risiko bestehe, dass im Fall knapper Mehrheiten die Externen den Ausschlag gäben. Dies könne dazu führen, dass die maßgebliche Bestimmungsmacht unter Umständen nicht mehr bei den Parteimitgliedern liege.27 Gegen die Gewährung des Stimm- und Wahlrechts spricht zudem – wie auch schon beim Antrags - und Wahlvorschlagsrecht -, dass es mit dem über das Demokratiegebot für die Parteien geltenden Gleichheitsgrundsatz nur schwer vereinbar ist, würde man Nichtmitgliedern den Kern 23 Bäcker, Fn. 12, S. 155. 24 Bäcker, Fn. 12, S. 155. 25 Bäcker, Fn. 12, S. 155. 26 Kersten, in Kersten/Rixen, Fn. 1, , § 1 Rn. 77; Bäcker Fn. 12, S. 156. 27 Bäcker, Fn. 12, S. 156. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 206/12 Seite 10 der Mitgliedschaftsrechte gewähren, ohne dass diese ebenfalls die mit der Mitgliedschaft verbundenen Pflichten tragen müssten.28 28 Bäcker, Fn. 12, S. 156.