© 2015 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 205/15 Zum Asyl- und Flüchtlingsrecht in Deutschland und ausgewählten EU-Mitgliedstaaten Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 205/15 Seite 2 Zum Asyl- und Flüchtlingsrecht in Deutschland und in ausgewählten EU-Mitgliedstaaten Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 205/15 Abschluss der Arbeit: 04.09.2015 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 205/15 Seite 3 1. Einleitung Vor dem Hintergrund aktuell hoher Asylbewerberländerzahlen in Deutschland, Belgien, Bulgarien , Frankreich, Griechenland, Italien, Österreich, Schweden, Ungarn und im Vereinigten Königreich wird um eine rechtsvergleichende Kurzdarstellung der betroffenen Asylrechtssysteme gebeten . Aktuelle Studien zu den Asylrechtssystemen in den genannten Ländern liegen – soweit ersichtlich – nicht vor. Angesichts der Kürze der Bearbeitungszeit werden daher Materialien zur Rechtslage in den anderen EU-Mitgliedstaaten zusammengestellt, die durch Internetrecherche ermittelt wurden. Zuvor ist ein Überblick über die unionsrechtlichen Rahmenbedingungen des Asylrechts sowie zum deutschen Asylrecht zu geben. 2. Unionsrechtliche Rahmenbedingungen Die nationalen Asylrechtssysteme werden wesentlich durch unionsrechtliches Sekundärrecht bestimmt . Von besonderer Bedeutung sind insoweit die Aufnahmerichtlinie (RL 2003/9/EG), die Asylverfahrensrichtlinie (RL 2005/85/EG), die Anerkennungs- bzw. Qualifikationsrichtlinie (RL 2011/95/EU) sowie die Dublin-III-Verordnung (VO [EU] Nr. 604/2013).1 Die Aufnahmerichtlinie regelt u.a. die Unterbringung, Verpflegung, den Zugang zum Arbeitsmarkt, die medizinische Versorgung und den Zugang zu Bildungseinrichtungen von Asylbewerbern. In ihrer Neufassung aus dem Jahr 2013 (RL 2013/33/EU – umzusetzen bis 20.07.2015) sieht die Aufnahmerichtlinie z.T. strengere Vorgaben vor. Der Zugang zum Arbeitsmarkt beispielsweise ist Asylbewerbern nach Art. 15 Abs. 1 RL 2013/33 spätestens neun Monate nach Antragstellung zu gewähren, während die Frist nach der alten Aufnahmerichtlinie im Ermessen der Mitgliedstaaten lag (Art. 11 Abs. 1 RL 2003/9/EG). Ferner enthält die neue Aufnahmerichtlinie Regelungen zur Inhaftnahme (Art. 8 RL 2013/33/EU).2 Auch die neugefasste Asylverfahrensrichtlinie (RL 2013/32/EU – normabhängig umzusetzen bis 20.07.2015 und 20.07.2018) stellt weitergehende Pflichten an die EU-Mitgliedstaaten, wie z.B. eine Verfahrensbeschleunigung zur Sicherstellung, dass „Prüfungsverfahren innerhalb von sechs Monaten nach förmlicher Antragstellung zum Abschluss gebracht“ werden (Art. 31 Abs. 3 RL 203/32/EU).3 Mit der Anerkennungs- bzw. Qualifikationsrichtlinie werden der Status der international und subsidiär Schutzbedürftigen sowie die ihnen zu gewährenden Rechte konkretisiert (z.B. Zugang zu Bildung und Beschäftigung). Die ebenfalls für das Europäische Asylsystem bedeutsame Dublin-Verordnung sieht in ihrer geänderten Fassung aus dem Jahr 2013 u.a. eine besondere Berücksichtigung von Minderjährigen vor (Art. 8 Abs. 4 VO [EU] Nr. 604/2013) und verbietet Überstellungen in zuständige EU-Mitgliedstaaten mit „systemischen Schwachstellen“ (Art. 3 Abs. 2 VO [EU] Nr. 604/2013). 1 Wenig praktische Bedeutung hatte hingegen die Massenzustromrichtlinie (RL 2001/55/EG) zur Gewährung temporären Schutzes, vgl. Hailbronner, Asyl- und Ausländerrecht (3. Aufl. 2014), Rn. 103. 2 Dazu auch Hailbronner (Fn. 1), Rn. 108. 3 Zur Asylverfahrensrichtlinie siehe auch Hailbronner (Fn. 1), Rn. 115 ff. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 205/15 Seite 4 3. Deutschland In Deutschland können Flüchtlinge als Asylberechtigte, als Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (bzw. der EU-Qualifikationsrichtlinie), als international subsidiär Schutzbedürftiger im Sinne der EU-Qualifikationsrichtlinie oder als national subsidiär Schutzbedürftiger anerkannt werden. Die in der EU-Qualifikationsrichtlinie enthaltenen Kategorien des Flüchtlings im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (Art. 9 ff. Richtlinie 2011/95/EU) und des international subsidiär Schutzbedürftigen (Art. 15 ff. Richtlinie 2011/95/EU) sind in das deutsche Asylrecht integriert worden. Insofern regelt § 3 AsylVfG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und § 4 AsylVfG den internationalen subsidiären Schutz. Darüber hinaus hat das deutsche Asylrecht den Status des Asylberechtigten beibehalten (§ 2 AsylVfG). Das Recht auf Asyl ist nicht nur einfachgesetzlich geschützt, sondern wird nach Art. 16a Abs. 1 GG als Grundrecht gewährt. Nach Art. 16a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte das Recht auf Asyl. Gegenüber dem Flüchtlingsstatus im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention weist die Gewährung der Asylberechtigung strengere Anforderungen auf, u.a. setzt die politische Verfolgung nach Art. 16a Abs. 1 GG eine staatliche Verfolgung voraus. Da das Asylgrundrecht zudem durch eine verfassungsrechtliche Drittstaaten- und Herkunftsstaatenregelung beschränkt wird (Art. 16a Abs. 2 und 3 GG), ist es in der Praxis gegenüber dem Flüchtlingsstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention in den Hintergrund getreten. Das deutsche Asylrecht kennt eine weitere Kategorie für schutzbedürftige Ausländer, und zwar die des national subsidiär Schutzbedürftigen. Rechtsgrundlage sind die in den §§ 60 Abs. 5 und 7 AufenthG geregelten Abschiebungsverbote, die sich aus der Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention ergeben (§ 60 Abs. 5 AufenthG) oder aus einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit (§ 60 Abs. 7 AufenthG). Die genannten Abschiebungsverbote sind zwar im Aufenthaltsgesetz geregelt, doch sind sie in der Regel im Rahmen des Asylverfahrens zu prüfen (§ 24 Abs. 2 AsylVfG), wenn die Asylberechtigung, die Flüchtlingseigenschaft und der internationale subsidiäre Schutzstatus nicht greifen. Eine verfahrensbeschleunigende Wirkung haben Anträge von Antragstellern aus sicheren Herkunfts - und Drittstaaten. Anträge von Ausländern aus sicheren Herkunftsländern (§ 29a AsylVfG i.V.m. Anlage II) 4 werden gemäß § 29a Abs. 1 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt, es sei denn „die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht“. Zudem gibt es Bestimmungen für Asylbewerber, die über sichere Drittstaaten einreisen (§ 26a AsylVfG). Die Betroffenen sind schon nicht antragsberechtigt, sondern werden in die nach der Dublin-III-Verordnung (VO [EU] Nr. 604/2013 zuständigen Staaten überstellt. Sichere Drittstaaten sind nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 16a Abs. 2 GG die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie weitere europäische Staaten, in denen die Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Menschenrechtskonvention sichergestellt ist. 4 Neben den Staaten der Europäischen Union, Ghana und Senegal, mit Gesetz vom 6.11.2014 nunmehr auch die Staaten Serbien, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina, vgl. BGBl. I 2014, 1649. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 205/15 Seite 5 Verfahrensbeschleunigend wirkt ferner das sogenannte Flughafenverfahren nach § 18a AsylVfG im Hinblick auf Asylbewerber, die auf dem Luftweg einreisen und keine oder nur gefälschte Ausweispapiere bei sich haben oder aus einem sicheren Herkunftsland einreisen. In diesen Fällen wird das Asylverfahren noch vor Einreise des Asylbewerbers durchgeführt. Wenn das Bundesamt den Asylantrag innerhalb von zwei Tagen als offensichtlich unbegründet ablehnt, wird die Einreise verweigert (§ 18a Abs. 3 i.V.m. Abs. 6 Nr. 2 AsylVfG). 4. Belgien Belgiens Asylrechtssystem wird in einem Länderbericht der Asylum Information Database (aida)5 beschrieben. Schwerpunktmäßig behandelt dieser das Asylverfahren (S. 12 ff.), Drittstaatenkonzept (S. 51 ff.), Aufnahmebedingungen (S. 56), Zugang zum Arbeitsmarkt (S. 68) und die Inhaftnahme (S. 72 ff.) - Asylum Information Database, National Country Report – Belgium (Stand: Februar 2015) - Anlage 1 - 5. Bulgarien Das Asylrechtssystem von Bulgarien wird in einem Länderbericht der Asylum Information Database beschrieben. Schwerpunktmäßig behandelt dieser das Asylverfahren (S. 12 ff.), Drittstaatenkonzept (S. 36), Aufnahmebedingungen (S. 39), Zugang zum Arbeitsmarkt (S. 46) und die Inhaftnahme (S. 48 ff.). Hingewiesen wird auch auf den signifikanten Anstieg der Anerkennungsquote (S. 10). - Asylum Information Database, National Country Report – Bulgaria (Stand: Januar 2015) - Anlage 2 - 6. Frankreich Das Asylrechtssystem Frankreich wird in einem Länderbericht der Asylum Information Database beschrieben. Schwerpunktmäßig behandelt dieser das Asylverfahren (S. 15 ff.), Drittstaatenkonzept (S. 51), Aufnahmebedingungen (S. 55), Zugang zum Arbeitsmarkt (S. 70) und die Inhaftnahme (S. 75 ff.). Der Bericht weist auch geplante Gesetzesänderungen aus (S. 93 ff.). - Asylum Information Database, National Country Report – France (Stand: Januar 2015) - Anlage 3 - 5 Vgl. http://www.asylumineurope.org/. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 205/15 Seite 6 7. Griechenland Das Asylrechtssystem Griechenlands wird in einem Länderbericht der Asylum Information Database beschrieben. Schwerpunktmäßig behandelt dieser das Asylverfahren (S. 21 ff.), Drittstaatenkonzept (S. 62 f.), Aufnahmebedingungen (S. 65), Zugang zum Arbeitsmarkt (S. 74) und die Inhaftnahme (S. 78 ff.). Der Bericht verweist dabei auch auf wichtige Änderungen (S. 14 ff.). - Asylum Information Database, National Country Report – Greece (Stand: April 2015) - Anlage 4 - 8. Italien Das Asylrechtssystem Italiens wird in einem Länderbericht der Asylum Information Database beschrieben. Schwerpunktmäßig behandelt dieser das Asylverfahren (S. 17 ff.), Drittstaatenkonzept (S. 47), Aufnahmebedingungen (S. 51 ff.), Zugang zum Arbeitsmarkt (S. 69) und die Inhaftnahme (S. 74 ff.). Auf wichtige aktuelle Veränderungen, u.a. zur Umsetzung der EU-Qualifikationsrichtlinie wird verwiesen (S. 11 ff.). - Asylum Information Database, National Country Report – Italy (Stand: Januar 2015) - Anlage 5 - 9. Österreich Das Asylrechtssystem Österreichs wird in einem Länderbericht der Asylum Information Database beschrieben. Schwerpunktmäßig behandelt dieser das Asylverfahren (S. 17 ff.), Drittstaatenkonzept (S. 52), Aufnahmebedingungen (S. 55 ff.), Zugang zum Arbeitsmarkt (S. 67) und die Inhaftnahme (S. 70 ff.). - Asylum Information Database, National Country Report – Austria (Stand: Dezember 2014) - Anlage 6 - 10. Schweden Das Asylrechtssystem Schwedens wird in einem Länderbericht der Asylum Information Database beschrieben. Schwerpunktmäßig behandelt dieser das Asylverfahren (S. 14 ff.), Drittstaatenkonzept (S. 32), Aufnahmebedingungen (S. 34 ff.), Zugang zum Arbeitsmarkt (S. 40) und die Inhaftnahme (S. 43 ff.). Auch auf beschleunigte Verfahren für bestimmte Flüchtlingsgruppen (z.B. Syrer) wird hingewiesen (S. 9). - Asylum Information Database, National Country Report – Sweden (Stand: April 2015) - Anlage 7 - Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 205/15 Seite 7 11. Ungarn Das Asylrechtssystem Ungarns wird in einem Länderbericht der Asylum Information Database beschrieben. Schwerpunktmäßig behandelt dieser das Asylverfahren (S. 13 ff.), Drittstaatenkonzept (S. 36), Aufnahmebedingungen (S. 40 ff.), Zugang zum Arbeitsmarkt (S. 47) und die Inhaftnahme (S. 51 ff.). Auch auf die mit dem starken Anstieg der Asylbewerber verbundenen Probleme werden erläutert (S. 9). - Asylum Information Database, National Country Report – Hungary (Stand: Februar 2015) - Anlage 8 - 12. Vereinigtes Königreich Das Asylrechtssystem des Vereinigten Königreichs wird in einem Länderbericht der Asylum Information Database beschrieben. Schwerpunktmäßig behandelt dieser das Asylverfahren (S. 14 ff.), Drittstaatenkonzept (S. 49), Aufnahmebedingungen (S. 53 ff.), Zugang zum Arbeitsmarkt (S. 65) und die Inhaftnahme (S. 69 ff.). - Asylum Information Database, National Country Report – The United Kingdom (Stand: Februar 2015) - Anlage 9 - 13. Weiterführende Links Syrische Flüchtlinge erhalten in den EU-Mitgliedstaaten unterschiedliche Schutzstatus, sie werden teilweise als Flüchtlinge, teilweise als subsidiär Schutzbedürftige anerkannt.6 Einige EU-Mitgliedstaaten verfolgen Drittstaatkonzepte: Ein aida-Background-Bericht bietet dazu einen tabellarischen Überblick.7 Im EASO-Bericht 2014 werden wichtige Entwicklungen zur Gesetzgebung und Rechtsprechung in den EU-Mitgliedstaaten zusammengefasst. - European Asylum Support Office, Annual Report on the Situation of Asylum in the European Union 2014, 68 ff. - Anlage 10 - Ende der Bearbeitung 6 European Legal Network on Asylum, Information Note on Syrian Asylum Seekers and Refugees in Europe, abrufbar unter: http://www.ecre.org/component/downloads/downloads/824.html, 6 f. (Stand Nov. 2013). 7 Vgl. Asylum Information Database. Background Information, 3, abrufbar unter: http://www.asylumineurope .org/sites/default/files/shadow-reports/background_info_final.pdf, 3 f. (Stand: Sep. 2014).