Deutscher Bundestag Entwurf eines Gesetzes über die Vertretung von Interessen gegenüber dem Deutschen Bundestag und den Bundesbehörden Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 – 204/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 204/10 Seite 2 Entwurf eines Gesetzes über die Vertretung von Interessen gegenüber dem Deutschen Bundestag und den Bundesbehörden Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 204/10 Abschluss der Arbeit: 7. Juni 2010 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 204/10 Seite 3 1. Einleitung Der vorliegende Entwurf eines Gesetzes über die Vertretung von Interessen gegenüber dem Deutschen Bundestag und den Bundesbehörden (IntVertG) sieht vor, eine Registrierungspflicht für Interessenvertreter sowie einen Beauftragten für Interessensvertretung als Hilfsorgan des Deutschen Bundestages einzuführen. Nachfolgend werden die einzelnen Bestimmungen des Gesetzentwurfs auf offenkundige rechtliche Probleme untersucht sowie Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten aus gesetzgebungstechnischer Sicht gegeben. Eine eingehende Rechtsförmlichkeitsprüfung wurde nicht durchgeführt. 2. Regelungen des IntVertG 2.1. § 1 – Begriffsbestimmungen In Buchstabe c wird Interessenvertreter definiert als Person, die Interessen nach Buchstabe a vertritt . In Buchstabe a wird jedoch nicht der Begriff des Interesses sondern der Interessenvertretung definiert. Buchstabe c müsste sich sprachlogisch hierauf beziehen. In Buchstabe d wird der Begriff Deutscher Bundestag definiert. Diese Definition deckt sich nicht mit der Verwendung des Begriffs Deutscher Bundestag im Grundgesetz (GG). Aus den einschlägigen Vorschriften des GG folgt, dass der Deutsche Bundestag sich aus seinen Mitgliedern zusammensetzt . Eine hiervon abweichende Definition in einem einfachen Gesetz erscheint fragwürdig. Hinzu kommt, dass der Begriff Deutscher Bundestag an anderer Stelle des Gesetzentwurfs wieder im üblichen Sinne verwendet wird (z.B. § 6 – Wahl des Beauftragten). Die Definition des Begriffs Bundesbehörde in § 1 Buchstabe e sollte überdacht werden, da der Begriff Behörde in anderen Rechtsvorschriften gerade nicht einzelne Mitarbeiter einer Behörde erfasst. Möglicherweise kann auf die Definition verzichtet werden, da z.B. in § 5 Abs. 2 nicht nur von Bundesbehörden die Rede ist, sondern vielmehr der Personenkreis beschrieben wird. 2.2. § 2 – Registrierungspflicht von Interessenvertreterinnen und Interessenvertretern In Abs. 3 sind Ausnahmen von der Registrierungspflicht vorgesehen, u.a. für Amtsträger. Dieser Begriff wird in § 11 Nr. 2 StGB legaldefiniert. Anzumerken ist, dass kirchliche Amtsträger hiervon grundsätzlich nicht erfasst werden. Interessenvertretung der Kirchen unterfiele demnach der Registrierungspflicht. Dies könnte mit Blick auf die Religionsausübungsfreiheit problematisch sein. Unklar ist ferner, welche Personen unter den Begriff „Medienvertreter“ fallen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 204/10 Seite 4 In Buchstabe d könnte die Wendung „des Deutschen Bundestages und der Bundesbehörden“ entfallen , da dieser Bezug bereits in der Definition hergestellt wird. 2.3. § 3 – Umfang der Registrierungspflicht Bei der Registrierung ist nach Abs. 1 Nr. 3 anzugeben, welche „Einrichtungen“ für den Registrierungspflichtigen Dienstleistungen erbringen. Der Begriff Einrichtung wurde nicht definiert und könnte irreführend sein, da er typischerweise für nichtkommerzielle Institutionen verwendet wird (z.B. soziale Einrichtung). Klarer wäre die Formulierung „natürliche und juristische Personen “. In Abs. 1 Nr. 4 ist unklar, worin der Unterschied zwischen Kunden und Auftraggebern besteht. Auf den Begriff Kunde kann verzichtet werden. In Abs. 2 ist der Begriff steuerliche Einnahmen unklar. Sind zu versteuernde Einnahmen gemeint ? Abs. 7 sieht vor, dass der Bundestag oder ein zuständiger Ausschuss Einzelheiten zu den Angaben nach den Absätzen 1 bis 4 beschließen kann. Hier ist unklar, welchen Rechtscharakter diese Beschlüsse haben sollen. Rechtsverbindliche Änderungen bedürften eines förmlichen Gesetzes. In der jetzigen Form würde es sich wohl um rechtlich unverbindliche Anwendungshinweise handeln. 2.4. § 4 -– Verhaltenskodex Die vorgeschlagene Regelung hat zur Folge, dass die Einhaltung des vom Bundestag beschlossenen Verhaltenskodex weder geprüft noch sanktioniert werden kann. Damit unterscheidet sich der Kodex von vergleichbaren branchenspezifischen Kodizes und berufsständischen Regelungen (z.B. Verhaltensregeln des Deutschen Werberats). Rechtlich ist die gewählte Konstruktion allerdings nicht zu beanstanden. 2.5. § 7 – Rechtsstellung, Weisungsfreiheit Der Interessensvertretungsbeauftragte soll nach Abs. 3 von Weisungen unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sein, andererseits aber nach Abs. 2 S. 2 – anders als der Wehrbeauftragte – der Rechtsaufsicht des Bundestagspräsidenten unterstehen. Dies hieße, dass letztlich der Bundestagspräsident dem Interessenvertretungsbeauftragten Weisungen erteilen könnte. Die Regelung weist insoweit einen Widerspruch auf. Es könnte entweder auf die Rechtsaufsicht verzichtet oder die Passage „von Weisungen frei“ gestrichen werden. Grobes Fehlverhalten des Interessenvertretungsbeauftragten könnte durch die vorgesehene Abberufung sanktioniert werden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 204/10 Seite 5 2.6. § 9 – Aufgaben und Amtsbefugnisse Welche Aufgaben der Interessenvertretungsbeauftragte wahrnehmen soll, wird aus der Formulierung in Abs. 1 nicht hinreichend klar. „Administration“ ist kein gebräuchlicher Rechtsbegriff. Üblicher sind Formulierungen wie „…hat folgende Aufgaben“ bzw. „ist für ABC zuständig“. In Abs. 1 S. 2 heißt es, dass der Interessensvertretungsbeauftragte den Deutschen Bundestag bei der Registrierung nach § 3 unterstützt. In § 3 ist jedoch eine Registrierung gegenüber dem Interessensvertretungsbeauftragten und nicht gegenüber dem Bundestag geregelt. Denkbar wäre die folgende Formulierung„Der Interessenvertretungsbeauftragte kann die Angaben nach § 3 auf Schlüssigkeit überprüfen.“ Die Regelung in Abs. 2 sollte insgesamt überprüft werden. Es erscheint fragwürdig, wie das ein Hilfsorgan des Deutschen Bundestag den Bundestag selbst kontrollieren soll. Außerdem obliegen dem Bundestag selbst kaum Pflichten nach dem Gesetz. In der Regel treffen die Pflichten den Interessenvertretungsbeauftragten. 2.7. § 10 – Berichtspflichten Die weitreichenden Veröffentlichungspflichten nach § 10 Abs. 2 greifen sowohl in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als auch in die Berufsausübungsfreiheit der Interessenvertreter ein. Diese Eingriffe könnten jedoch durch die mit dem Gesetz verfolgten Ziele gerechtfertigt sein. Es empfiehlt sich, in der Begründung zu dieser Vorschrift entsprechende Ausführungen zu ergänzen. Die Veröffentlichung der Daten durch den Interessensvertretungsbeauftragten dürfte der gegenüber der Registrierungspflicht schwerwiegendere Grundrechtseingriff sein. Es sollte daher die Einführung einer Härtefallklausel geprüft werden. 2.8. § 13 – Ordnungswidrigkeit § 13 sieht vor, dass eine Geldbuße bis zu 200.000 € verhängt werden kann. Diese Summe ist im Vergleich zu anderen Bußgeldvorschriften relativ hoch und legt die Prüfung nahe, ob ein wissentlicher Verstoß gegen die Registrierungspflicht angesichts der mit dem Gesetz verfolgten Ziele nicht eher durch eine Strafvorschrift sanktioniert werden sollte. Im Übrigen erscheint fragwürdig, dass eine fahrlässige Falschangabe mit bis zu 200.000 € sanktioniert werden kann.