© 2019 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 201/19 Parteiausschlussverfahren in Österreich Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 201/19 Seite 2 Parteiausschlussverfahren in Österreich Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 201/19 Abschluss der Arbeit: 9. August 2019 (zugleich letzter Abruf der Internetquellen) Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 201/19 Seite 3 1. Einleitung Gefragt wurde nach den gesetzlichen Grundlagen für ein Parteiausschlussverfahren in Österreich. In Deutschland enthält das Parteiengesetz (PartG)1 Vorgaben für die innere Ordnung von Parteien . Hinsichtlich eines Ausschlussverfahrens für Parteimitglieder müssen die Parteien entsprechende Regelungen in ihren Satzungen aufnehmen (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 PartG). 2. Regelungen zu einem Parteiausschlussverfahren in Österreich Das österreichische Parteiengesetz2 enthält keine Regelungen für die innere Ordnung von Parteien . Es sieht lediglich vor, dass die politischen Parteien Satzungen zu beschließen haben und diese beim Bundesministerium für Inneres hinterlegen müssen (§ 1 Abs. 4 S. 1 PartG), um Rechtspersönlichkeit zu erlangen (§ 4 Abs. 1 S. 3 PartG). Die Satzungen müssen u.a. Regelungen zu den Rechten und Pflichten der Mitglieder enthalten (§ 1 Abs. 4 Nr. 2 PartG). Weitere Vorgaben , z. B. zu einem Parteiausschlussverfahren oder anderen Ordnungsmaßnahmen, enthält das PartG nicht. Im Folgenden werden die aktuellen Regelungen zu einem Parteiausschlussverfahren in den Satzungen der Parteien Österreichische Volkspartei (ÖVP), Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) und Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) aufgeführt: 2.1. Österreichische Volkspartei (ÖVP) Organisationsstatut der Österreichischen Volkspartei (ÖVP)3 § 65 Ausschlussgründe Gründe für den Ausschluss aus der ÖVP sind: a) parteischädigendes Verhalten oder gröbliche Verletzung der Parteidisziplin. b) die Weigerung, trotz Zahlungsfähigkeit und trotz dreimaliger Mahnung den Mitgliedsbeitrag während zweier aufeinanderfolgenden Jahre zu entrichten. c) rechtskräftige Verurteilung wegen einer strafbaren Handlung, die vom Wahlrecht zum Nationalrat ausschließt. 1 Parteiengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 1994 (BGBl. I S. 149), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. Juli 2018 (BGBl. I S. 1116). 2 Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG), abrufbar unter: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20007889. 3 Organisationsstatut der ÖVP in der Fassung vom 01.07.2017, abrufbar unter: https://res.dieneuevolkspartei .at/Files/Organisationsstatut-sjKWLM.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 201/19 Seite 4 § 66 Ausschlussverfahren 1. Über den Ausschluss aus der Partei entscheidet grundsätzlich die territorial zuständige Landesparteiorganisation, hinsichtlich Direktmitglieder bei der Bundespartei der Bundesparteivorstand . 2. Hinsichtlich Funktionären und/oder Mandataren auf Bundesebene oder (hinsichtlich anderer Parteimitglieder) bei Vorliegen von Gründen gemäß § 65 lit. a), deren Wirkungen über ein einzelnes Bundesland hinausgehen, insbesondere solchen, deren Auswirkungen zu einer Schädigung des Ansehens der Gesamtpartei führen, kann der Bundesparteivorstand die Entscheidung über den Ausschluss an sich ziehen. In diesem Fall treten seine Entscheidungen anstelle der sonst für den Ausschluss zuständigen Parteiorganisationen. 3. Gegen den Ausschluss steht dem ausgeschlossenen Parteimitglied binnen 14 Tagen nach Zustellung des Ausschlussbescheides die Berufung an das jeweilige Parteigericht offen, bei Ausschluss durch die Landesorganisation an das Landesparteigericht, bei Ausschluss durch den Bundesparteivorstand an das Bundesparteigericht. 4. Die Mitgliedschaft des vom Ausschluss betroffenen Parteimitgliedes zu Teilorganisationen bleibt vom Ausschluss grundsätzlich unberührt, vermittelt aber ab diesem Zeitpunkt keine Mitgliedschaft zur Partei mehr. Eine gesonderte Beschlussfassung über einen Ausschluss aus der Teilorganisation bleibt dieser vorbehalten. 2.2. Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) Satzung der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ)4 § 6 Ende der Mitgliedschaft (1) Die Mitgliedschaft erlischt durch: a) Tod; bei juristischen Personen durch deren Auflösung, b) Austritt, c) Streichung, d) Ausschluss, e) Beitritt zu einer anderen politischen Partei. (2) Der Austritt aus der Partei kann jederzeit erfolgen. Er ist der Partei schriftlich anzuzeigen. (3) Die Streichung kann durch den Landesparteivorstand erfolgen, wenn das Mitglied trotz schriftlicher Mahnung durch mindestens sechs Monate mit seinen Mitgliedsbeiträgen im Rückstand ist. (4) Der Ausschluss eines Mitgliedes kann ausgesprochen werden, wenn dieses eine andere politische Partei öffentlich unterstützt oder wenn dessen Verhalten sonst geeignet ist: a) das Ansehen der Partei zu schädigen; b) den Zusammenhalt der Partei zu gefährden, c) den Zielen der Partei Abbruch zu tun. (5) Ebenso kann der Ausschluss auch erfolgen, wenn das Mitglied seine Mitgliedspflichten grob oder beharrlich verletzt. 4 Satzung der FPÖ, abrufbar unter: https://www.fpoe.at/fileadmin/user_upload/www.fpoe.at/dokumente /2017/2017_Satzung_FPBund.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 201/19 Seite 5 (6) Der Ausschluss wird ausgesprochen durch den zuständigen Landesparteivorstand, bei Mitgliedern der Bundesparteileitung oder des Bundesparteigerichtes durch den Bundesparteivorstand . Soweit der Landesparteivorstand zuständig ist, hat er in wichtigen Fällen die vorherige Genehmigung des Bundesparteivorstandes einzuholen. Für die Beschlussfassung über den Ausschluss ist eine Zweidrittelmehrheit bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des betreffenden Parteiorgans erforderlich. Gegen einen Ausschluss kann binnen Monatsfrist das zuständige Parteigericht angerufen werden, wenn dem Ausschluss kein Verfahren vor dem Parteigericht vorangegangen ist, das mit einem Schuldspruch geendet hat. Eine Berufung an das Parteigericht hat unbeschadet der dortigen Verfahrensteilnahme keine aufschiebende Wirkung. Das zuständige Parteigericht hat binnen sechs Monaten zu entscheiden. (7) Die Entscheidung über den Ausschluss ist dem Betroffenen auf schriftlichem Wege zur Kenntnis zu bringen. 2.3. Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) Organisationsstatut der Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ)5 § 12 (1) Ein Ausschluss aus der SPÖ kann grundsätzlich nur durch ein Landes- bzw. Bundesschiedsgericht nach einem den Bestimmungen der §§ 83 bis 87 des Statuts entsprechenden Verfahren ausgesprochen werden. (2) In besonders dringlichen Fällen kann der Bundesparteivorstand oder ein Landesparteivorstand , um politische Gefahren für die SPÖ abzuwenden, den Ausschluss eines Mitgliedes verfügen, das gegen Bestimmungen dieses Statutes schwerwiegend verstoßen hat oder auf Grund einer mit Vorsatz begangenen Handlung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt wurde. Der Beschluss ist mit einer qualifizierten Mehrheit von mindestens 2/3 der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder des Bundes- bzw. Landesparteivorstandes zu fassen. Umlaufbeschlüsse sind zulässig. Die genannten Gremien sind aber auch berechtigt, bei geringen Vergehen eine mildere Sanktion festzusetzen, wie dies z.B. ein auf Zeit ausgesprochenes Parteifunktionsverbot sein kann. Während der Dauer des Funktionsverbotes darf dieses Mitglied auch auf keinen Wahlvorschlag der SPÖ für ein öffentliches Mandat aufgenommen werden oder sich selbst darum bewerben. Das Mitglied hat das Recht, binnen einer Woche nach Empfang der schriftlichen Verständigung dagegen Einspruch zu erheben und die Einsetzung eines Schiedsgerichtes zu verlangen . Bis zur Entscheidung des Schiedsgerichtes ruhen bei einem ausgesprochenen Funktionsverbot die vom Beschluss des jeweiligen Vorstandes betroffenen Funktionen, bei einem Beschluss auf Ausschluss ruht die Mitgliedschaft einschließlich aller damit verbundenen Rechte. Bei Fristversäumnis ist eine Berufung zurückzuweisen. *** 5 Organisationsstatut der SPÖ, abrufbar unter: https://www.spoe.at/wp-content/uploads/sites/739/2019/01/Statut 2018.pdf.