© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 201/16 Petitionsrecht in Costa Rica und Mexiko Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 201/16 Seite 2 Petitionsrecht in Costa Rica und Mexiko Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 201/16 Abschluss der Arbeit: 16. September 2016 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 201/16 Seite 3 1. Fragestellung und Quellenlage Der Sachstand gewährt einen Überblick über das Petitionsrecht in Costa Rica und Mexiko. Da die zugänglichen Quellen wenig ergiebig sind, kann lediglich die Rechtslage in ihren Grundzügen dargestellt werden. Insbesondere waren Informationen zur tatsächlichen Bedeutung des Petitionsrechts in den beiden Ländern nicht zu erlangen.1 2. Petitionsrecht in Costa Rica Die Verfassung der Republik Costa Rica von 1949 gewährt unter dem Titel „Derechos y Garantías Individuales“ in Art. 27 das Petitionsrecht: Se garantiza la libertad de petición, en forma individual o colectiva, ante cualquier funcionario público o entidad oficial, y el derecho a obtener pronta resolución.2 Die Freiheit der Petition, einzeln oder gemeinschaftlich , gegenüber jedem Beamten und jeder offiziellen Stelle und das Recht auf umgehende Entscheidung werden garantiert . Das verfassungsrechtlich verbürgte Petitionsrecht hat in einem Petitionsgesetz3 eine detaillierte einfachgesetzliche Ausgestaltung erfahren. Wie das deutsche Jedermann-Grundrecht des Art. 17 GG steht auch in Costa Rica das Petitionsrecht nach Art. 1 des Petitionsgesetzes jedem unabhängig von der Staatsangehörigkeit zu. Geeignete Adressaten sind alle öffentlichen Stellen innerhalb ihres jeweiligen Zuständigkeitsbereichs, ebenso bestimmte Personen des Privatrechts, soweit sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen (Art. 2). Gegenstand einer Petition können alle öffentlichen Angelegenheiten sein („cualquier asunto, materia o información de naturaleza pública“, Art. 3), sofern nicht besondere Verwaltungsverfahren vorgesehen sind. Weiterhin regelt das Petitionsgesetz Formerfordernisse und den Umgang mit unzulässigen Petitionen. Angehörige indigener Gemeinschaften erhalten Hilfe beim Abfassen von Petitionen. Das Gesetz sieht kurze Entscheidungsund Antwortfristen vor: Zulässige Petitionen sind binnen zehn Tagen zu bescheiden. Die zuständige Stelle kann Entscheidungen im Amtsblatt veröffentlichen. Schließlich regelt das Gesetz den 1 Soweit in Presseberichten von „Petitionen“ („peticiones“, „petitions“) die Rede ist, wird der Begriff untechnisch für Volksbegehren, nicht der vorgeschriebenen Form genügende Online-Petitionen oder Anträge in einem Gerichtsverfahren verwendet, vgl. etwa http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-11/mexiko-gerichtmarihuana , http://www.ticotimes.net/2016/09/07/costa-rica-new-constitution, http://qcostarica.com/petition-tochange -rules-on-drivers-licenses-for-foreigners/, alle zuletzt abgerufen am 14. September 2016. 2 Der spanische Originaltext ist abrufbar bei der Organisation Amerikanischer Staaten unter https://www.oas.org/juridico/mla/sp/cri/sp_cri-int-text-conspol.pdf, zuletzt abgerufen am 14. September 2016; inoffizielle englische Übersetzungen finden sich unter http://www.servat.unibe.ch/icl/cs00000_.html und https://www.constituteproject.org/constitution/Costa_Rica_2011.pdf, beide zuletzt abgerufen am 14. September 2016. Einen Überblick bietet Fuchs, Die Verfassung der Republik Costa Rica, in: Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, Bd. 35 (1986), S. 425 (462). 3 „Ley de Regulación del Derecho de Petición”, Gesetz Nr. 9097, abrufbar unter http://www.tse.go.cr/pdf/normativa /leyregulacionderechopeticion.pdf, zuletzt abgerufen am 14. September 2016. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 201/16 Seite 4 Rechtsschutz bei Verletzung des Petitionsrechts4 und Sanktionen für Beamte, die Petitionen nicht fristgerecht bescheiden. 3. Petitionsrecht in Mexiko Auch die Verfassung der Vereinigten Mexikanischen Staaten von 1917 gewährt in Art. 8 das Petitionsrecht:5 Los funcionarios y empleados públicos respetarán el ejercicio del derecho de petición, siempre que ésta se formule por escrito, de manera pacífica y respetuosa; pero en materia política sólo podrán hacer uso de ese derecho los ciudadanos de la República. A toda petición deberá recaer un acuerdo escrito de la autoridad a quien se haya dirigido , la cual tiene obligación de hacerlo conocer en breve término al peticionario.6 Beamte und öffentliche Angestellte haben die Ausübung des Petitionsrechts zu respektieren , soweit sie schriftlich und in friedlicher und respektvoller Weise geschieht; in politischen Angelegenheiten können jedoch nur Bürger der Republik von diesem Recht Gebrauch machen. Über jede Petition muss die Behörde schriftlich entscheiden, an die sie gerichtet ist, und [die Behörde] ist verpflichtet, den Petenten binnen kurzer Frist zu informieren. Weiterhin bestimmt Art. 35 der Verfassung: Son derechos del ciudadano: […] V. Ejercer en toda clase de negocios el derecho de petición. […] Die Rechte der Bürger sind: […] V. das Petitionsrecht in allen Angelegenheiten auszuüben. […] Auch einige Verfassungen der mexikanischen Einzelstaaten gewähren das Petitionsrecht. Sie sehen teils Antwortfristen zwischen zehn und 45 Tagen vor.7 4 Hier ist nach Art. 12 insbesondere der „recurso de amparo“ statthaft, der entfernt der Verfassungsbeschwerde vergleichbar ist; s. dazu jüngst Tschentscher/Lehner, Das Amparo-Verfahren im Verhältnis zur Individualverfassungsbeschwerde , in: Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, Bd. 62 (2014), S. 647 ff. 5 Vgl. zum Petitionsrecht in Mexiko Cienfuegos Salgado, El derecho de petición en Mexico, Mexiko-Stadt 2004, abrufbar unter http://biblio.juridicas.unam.mx/bjv/detalle-libro/1336-el-derecho-de-peticion-en-mexico, zuletzt abgerufen am 14. September 2016. 6 Der spanische Originaltext ist abrufbar unter http://www.juridicas.unam.mx/legislacion/ordenamiento/constitucionpolitica -de-los-estados-unidos-mexicanos, eine inoffizielle englische Übersetzung findet sich unter https://www.oas.org/juridico/mla/en/mex/en_mex-int-text-const.pdf, beide zuletzt abgerufen am 14. September 2016. 7 Cienfuegos Salgado (Fn. 5), S. 20 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 201/16 Seite 5 Nach überwiegender Ansicht gewährt die mexikanische Verfassung hier zwei Rechte, nämlich das Petitionsrecht und das Recht auf eine Antwort als subjektive öffentliche Rechte.8 Inhaber dieser Rechte sind grundsätzlich alle Einwohner Mexikos unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit.9 Eine Einschränkung gilt für Petitionen in politischen Angelegenheiten („en materia política“): Insoweit sind nur Mexikaner petitionsberechtigt. Beschränkungen des Petitionsrechts für Angehörige der Streitkräfte kennt das mexikanische Recht nicht.10 Geeignete Adressaten einer Petition sind alle staatlichen Stellen und alle öffentlichen Bediensteten;11 staatliche Stellen in diesem Sinne können auch juristische Personen des Privatrechts sein. Der Petent muss kein besonderes rechtliches Interesse geltend machen.12 Gegenstand einer Petition können Bitten oder Beschwerden sein.13 Petitionen müssen schriftlich in spanischer Sprache eingereicht werden und die Unterschrift des Petenten tragen.14 Daher sind Ersuchen an den Präsidenten, die Bürger über ein Formular auf dessen Website übermitteln können, keine Petitionen im Sinne des Art. 8 der Verfassung.15 E-Mails genügen der Schriftform nicht.16 Ausnahmsweise sind, insbesondere in Eilfällen, auch mündliche Petitionen zulässig. Ende der Bearbeitung 8 Cienfuegos Salgado (Fn. 5), S. 70 ff. 9 Cienfuegos Salgado (Fn. 5), S. 155. 10 Cienfuegos Salgado (Fn. 5), S. 262 ff. 11 Cienfuegos Salgado (Fn. 5), S. 120, formuliert abweichend vom Wortlaut der Verfassung: „órgano o servidor público“. 12 Cienfuegos Salgado (Fn. 5), S. 149. 13 Cienfuegos Salgado (Fn. 5), S. 89. 14 Hierzu und zu weiteren formalen Anforderungen Cienfuegos Salgado (Fn. 5), S. 104 ff., 126 ff. 15 Cienfuegos Salgado (Fn. 5), S. 169. 16 Cienfuegos Salgado (Fn. 5), S. 164 ff.