© 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 200/17 Genehmigungspflicht für Auskünfte eines Personalrats an Abgeordnete des Bundestages Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 200/17 Seite 2 Genehmigungspflicht für Auskünfte eines Personalrats an Abgeordnete des Bundestages Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 200/17 Abschluss der Arbeit: 17.10.2017 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 200/17 Seite 3 1. Fragestellung Abgeordnete des Deutschen Bundestages könnten Informationsbedarf haben zu Angelegenheiten der Personalvertretung in Bundesbehörden. Es stellt sich die Frage, ob ein Mitglied des Personalrats der Genehmigung der Bundesbehörde bedarf, wenn es einem Abgeordneten Auskunft erteilt. 2. Verschwiegenheitspflicht in Angelegenheiten des Personalrats Mitglieder eines Personalrates unterliegen nach § 10 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) der Pflicht zu Verschwiegenheit: (1) Personen, die Aufgaben oder Befugnisse nach diesem Gesetz wahrnehmen oder wahrgenommen haben, haben über die ihnen dabei bekanntgewordenen Angelegenheiten und Tatsachen Stillschweigen zu bewahren. […] [Die] Schweigepflicht [gilt nicht] gegenüber den übrigen Mitgliedern der Vertretung […]. (2) Die Schweigepflicht besteht nicht für Angelegenheiten oder Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit kann sich ein Mitglied des Personalrats entbinden lassen: „Die Entbindung erfolgt durch denjenigen, zu dessen Gunsten das Zeugnisverweigerungsrecht besteht. Das kann das betreffende personalvertretungsrechtliche Gremium sein, der Dienststellenleiter , aber auch der Beschäftigte, um dessen Angelegenheit es sich handelt. Dabei ist die Zustimmung von allen erforderlich, zu deren Gunsten die Verschwiegenheitspflicht besteht […].“1 3. Verschwiegenheitspflicht in dienstlichen Angelegenheiten Es ist denkbar, dass eine Angelegenheit des Personalrats zugleich eine Angelegenheit ist, über die das Mitglied des Personalrats auch als Angestellter oder Beamter in der Behörde Kenntnis erlangt hat. Die Pflicht zur Verschwiegenheit in behördlichen Angelegenheiten ergibt sich für Angestellte aus § 3 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD)2 und für Beamte aus § 37 Beamtenstatusgesetz .3 Wenn „die Angelegenheiten und Tatsachen der Verschwiegenheitspflicht nach § 10 [BPersVG] 1 Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 4. Auflage 2012, § 10 BPersVG Rn. 30, mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung. 2 Siehe hierzu Bepler/Böhle/Meerkamp/Russ, Beck Online-Kommentar TVöD, 41. Edition, Stand: 01.09.2016, § 3 Rn. 1: „Für alle Beschäftigten gilt folglich als allgemeine Arbeitsbedingung eine vertragliche und nachvertragliche Geheimhaltungspflicht gegenüber jedermann.“ 3 Siehe hierzu Brinktrine/Schollendorf, Beck Online-Kommentar Beamtenrecht Bund, 8. Edition, Stand: 01.03.2016, § 37 Rn. 7: „Ist nach den dargestellten Maßstäben eine dienstliche Angelegenheit im Zusammenhang mit der Dienstausübung bekannt geworden, darf der Beamte diese nicht offenbaren, also über den dienstlich angezeigten Bereich hinaus öffentlich machen und zwar gleichgültig, in welcher Art und Weise. Das schließt mündliche, schriftliche oder sonstige Erklärungen, die Weitergabe von Dokumenten, Emails etc. ein.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 200/17 Seite 4 zugleich der Amtsverschwiegenheit unterfallen“, ist zusätzlich eine Aussagegenehmigung des Arbeitgebers bzw. Dienstherrn erforderlich.4 4. Regelfall: keine abweichenden Sonderbestimmungen für Abgeordnete Sonderbestimmungen für Abgeordnete, die unmittelbare Informationsansprüche gegenüber Beschäftigten an Bundesbehörden begründen, bestehen nicht. Parlamentarische Informationsansprüche richten sich grundsätzlich an die (Mitglieder der) Bundesregierung. Zum Beispiel heißt es in Artikel 43 Grundgesetz: „Der Bundestag und seine Ausschüsse können die Anwesenheit jedes Mitgliedes der Bundesregierung verlangen.“ Eine Ausnahme besteht für Untersuchungsausschüsse. Diese können nach § 20 Untersuchungsausschussgesetz Zeugen vernehmen. Was die Vernehmung von Amtsträgern anbelangt hat der Gesetzgeber jedoch klargestellt, dass diese der Genehmigung des Dienstherrn bedarf (§ 23 Untersuchungsausschussgesetz ). Die Vorschrift findet auch auf Angestellte des öffentlichen Dienstes Anwendung.5 Die Verschwiegenheitspflicht nach § 10 BPersVG gilt hingegen nicht vor einem Untersuchungsausschuss.6 Zur erwähnen ist ferner der Petitionsausschuss. Nach § 4 Gesetz über die Befugnisse des Petitionsausschusses ist der Petitionsausschuss „berechtigt, den Petenten, Zeugen und Sachverständige anzuhören.“ Allerdings sind Zeugen nicht „verpflichtet, vor dem Ausschuss zu erscheinen und auszusagen […]. Dies gilt auch für Behördenangehörige […]. Diese bedürfen zudem einer Aussagegenehmigung ihrer Dienststelle […].“7Aufgrund der fehlenden Aussagepflicht dürfte neben der Amtsverschwiegenheit auch die Verschwiegenheitspflicht nach § 10 BPersVG weiter bestehen. Im Sonderfall der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste ist keine Genehmigung des Dienstherrn erforderlich. Das Parlamentarische Kontrollgremium „kann Angehörige der Nachrichtendienste, Mitarbeiter und Mitglieder der Bundesregierung sowie Beschäftigte anderer Bundesbehörden nach Unterrichtung der Bundesregierung befragen oder von ihnen schriftliche Auskünfte einholen“ (§ 5 Abs. 2 Kontrollgremiumgesetz). Die Bundesregierung ist dabei nur zu unterrichten, ohne dass es ihrer Zustimmung bedarf.8 Allerdings dürfte in diesem Fall die Verschwiegenheitspflicht nach § 10 BPersVG weiter bestehen: Befragungen des Kontrollgremiums stützen sich – anders als bei Untersuchungsausschüssen – nicht auf die Strafprozessordnung.9 *** 4 So im Hinblick auf Beamte: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 4. Auflage 2012, § 10 BPersVG Rn. 28. 5 Waldhoff/Gärditz, PUAG, 1. Auflage 2015, § 23 Rn. 10. 6 Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 4. Auflage 2012, § 10 BPersVG Rn. 31 (in Bezug auf das Zeugnisverweigerungsrecht im Strafverfahren). 7 Christian Burkiczak, Petitionsausschuss-Befugnisse-Gesetz, 1. Auflage 2012, § 4 Rn. 2. 8 Singer, PKGrG, 1. Auflage 2016, § 5 Rn. 31 und 56; Hornung, PKGrG, 1. Auflage 2012, § 5 Rn. 7; Schenke/Graulich/ Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 1. Auflage 2014, PKGrG, § 5 Rn. 11. 9 Singer, PKGrG, 1. Auflage 2016, § 5 Rn. 41: „Bis heute fehlt jedoch nicht nur in Art. 45d GG eine Verweisung auf die Strafprozessordnung (wie in Art. 44 Abs. 2 Satz 1 GG), sondern auch im PKGrG […].“