Deutscher Bundestag Äußerungen des Bundesverfassungsgerichts zu Volksabstimmung und europäischer Integration Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 – 200/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 200/12 Seite 2 Äußerungen des Bundesverfassungsgerichts zu Volksabstimmung und europäischer Integration Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 200/12 Abschluss der Arbeit: 4. Juli 2012 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 200/12 Seite 3 1. Fragestellung Hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinen bisherigen Entscheidungen dargelegt, zu welchem Zeitpunkt und bei welcher Übertragung von Souveränitätsrechten auf europäischer Ebene eine Volksabstimmung notwendig ist? 2. Anwendung des Art. 146 GG Nach Art. 146 GG verliert das Grundgesetz (GG) seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist. Art. 146 GG ermöglicht damit, im Wege der Volksabstimmung eine neue Verfassung zu erlassen.1 Das BVerfG hat sich zum Anwendungsbereich des Art. 146 GG im Rahmen des europäischen Integrationsprozesses in seinem Lissabon-Urteil geäußert: „Das GG ermächtigt die für Deutschland handelnden Organe nicht, durch einen Eintritt in einen Bundesstaat das Selbstbestimmungsrecht des Deutschen Volkes in Gestalt der völkerrechtlichen Souveränität aufzugeben. Dieser Schritt ist wegen der mit ihm verbundenen unwiderruflichen Souveränitätsübertragung auf ein neues Legitimationssubjekt allein dem unmittelbar erklärten Willen des Deutschen Volkes vorbehalten.“2 Das BVerfG geht damit davon aus, dass der Eintritt der Bundesrepublik Deutschland in einen europäischen Bundesstaat einer Verfassungsablösung bedarf. Der Präsident des BVerfG, Prof. Voßkuhle, hat in einem Interview in der FAZ-Sonntagszeitung ausgeführt, dass der Rahmen des Grundgesetzes für eine weitere europäische Integration wohl weitgehend ausgeschöpft sei. Für eine Abgabe weiterer Kompetenzen an die EU müsse Deutschland sich im Wege des Volksentscheids eine neue Verfassung geben.3 In seinem Interview mit dem Focus hat er ergänzt, dass die Beteiligung des Volkes über eine direkte Abstimmung über einen vorher erarbeiteten Verfassungsentwurf geschehen könne oder über einen Konvent, der speziell dafür gewählt worden sei.4 Der heutige Richter des BVerfG, Prof. Huber, hat schon in einem Aufsatz aus dem Jahr 1991 als einer der ersten Autoren die Funktion des Art. 146 GG für den europäischen Integrationsprozess betont: Vor der Eingliederung der Bundesrepublik Deutschland in einen Europäischen Bundesstaat müsse eine Volksabstimmung stattfinden, mit der das Deutsche Volk kraft seiner verfassunggebenden Gewalt auf seine staatliche Souveränität definitiv verzichte. Zudem müsse eine Verfassungsbestimmung zum Ausdruck bringen, dass das Deutsche Volk künftig als bloßer Gliedstaat in einem Europäischen Bundesstaat dem Frieden in der Welt dienen möchte.5 Später kon- 1 Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG Kommentar, 11. Aufl. 2011, Art. 146 Rn. 2. 2 BVerfGE 123, 267 (347 f.) = NJW 2009, S. 2267, Rn. 228, 232. 3 FAZ-Sonntagszeitung vom 25. September 2011, „Noch mehr Europa lässt das Grundgesetz kaum zu“, Interview mit Andreas Voßkuhle. 4 Focus vom 7. November 2011, „Wir können uns nicht wegducken“, Interview mit Andreas Voßkuhle. 5 Huber, Bundesverfassungsgericht und Europäischer Gerichtshof als Hüter der Gemeinschaftsrechtlichen Kompetenzordnung , Archiv des öffentlichen Rechts (AöR) 1991, S. 210 (250). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 200/12 Seite 4 kretisierte Huber, dass nicht nur der Beitritt zu einem europäischen Bundesstaat, sondern auch die Etablierung eines parlamentarischen Regierungssystems mit „positiver demokratischer Kompetenz“ für das Europäische Parlament, die Einräumung von Verfassungsautonomie und Kompetenz-Kompetenz zugunsten der EU, eine Ausweitung der Wahlrechte der Unionsbürger auf Bundestags- und Landtagswahlen, der Verzicht auf eine Kündigungsmöglichkeit der Verträge oder die umfassende Übertragung von Hoheitsrechten einer Legitimation durch die verfassunggebende Gewalt, also das Volk durch Volksabstimmung bedürften.6 In diese Argumentationslinie reiht sich das Interview von Huber in der Süddeutschen Zeitung vom 19. September 2011 ein: Huber betont hier die Ewigkeitsgarantie des GG, nach der die tragenden Grundsätze der Verfassung – wie das Demokratieprinzip – „europafest“ seien. Über diese „europafesten“ Gegenstände könne nur nach Abstimmung durch das Deutsche Volk disponiert werden.7 Konkret bezogen auf die Pläne zur Schaffung einer europäischen Wirtschaftsregierung meint Huber: „Weitere grundlegende Veränderungen hin zu einer echten, das heißt supranationalen europäischen Wirtschaftsregierung werden nach den Urteilen von Lissabon und zum Rettungsschirm ohne eine Entscheidung des gesamten Volkes verfassungsrechtlich schwierig werden.“ Die Auffassung Hubers, dass die Weiterentwicklung der EU hin zu einem „Europäischen Bundesstaat “ unter Auflösung der eigenen Staatlichkeit einen Anwendungsfall des Art. 146 GG darstellt , ist mittlerweile zur wohl überwiegenden Auffassung in der deutschen Rechtswissenschaft geworden8, und ist beispielsweise auch vom heutigen Bundesfinanzminister Schäuble vertreten worden.9 Andere Stimmen in der Literatur lehnen jedoch die Anwendung des Art. 146 GG für Volksabstimmungen im Zuge europäischer Integrationsschritte insgesamt ab; dies würde nicht dem Normzweck von Art. 146 GG entsprechen, weil Art. 146 GG im Kontext des verfassten deutschen Volkes stehe, das seine staatliche und nationale Einheit wahren und als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa auftreten wolle, nicht aber als Gliedstaat Europas.10 Die rechtswissenschaftliche Diskussion über die Notwendigkeit, europäische Integrationsschritte durch Verfassungsablösung legitimieren zu lassen, wurde vor allem während der Ratifizierung der gescheiterten Europäischen Verfassung und des Vertrags von Lissabon geführt.11 Dabei wur- 6 Huber, in: Sachs, GG Kommentar, 5. Aufl., 2009, Art. 146 Rn. 18. 7 Süddeutsche Zeitung vom 19. September 2011, „Keine europäische Wirtschaftsregierung ohne Änderung des Grundgesetzes“, Interview mit Peter Michael Huber. 8 S. z.B. Dreier, in: Dreier (Hrsg.), GG Kommentar, 2. Aufl. 2008, Art. 146 Rn. 16; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 146 Rn. 5; Kirn, in: von Münch/Kunig, GG Kommentar, 5. Aufl. 2003, Art. 146 Rn. 8 ff.; Stückrath, Art. 146 GG: Verfassungsablösung zwischen Legalität und Legitimität, 1997, S. 251 ff.; Papier, Die Neuordnung der Europäischen Union, Europäische Grundrechtezeitschrift (EuGRZ) 2004, S. 753 (754); von Campenhausen/Unruh, in: von Mangold/Klein/Starck, GG Kommentar, Band 3, 6. Aufl. 2010, Art. 146 Rn. 16. 9 Schäuble, Grundordnung auf dem Weg durch die Zeit, in: Huber (Hrsg.), Das Grundgesetz zwischen Stabilität und Veränderung, 2007, S. 65 (71): „Man mag es als List der Geschichte betrachten, dass gerade auch Artikel 146 in Zukunft zur Geltung kommen könnte, wenn irgendwann einmal Teile der verfassungsmäßigen Ordnung und Kompetenz dauerhaft auf die Europäische Union übertragen werden sollten. Noch ist der Europäische Einigungsprozess freilich nicht so weit, dass die Mitgliedstaaten und die Mehrheit der Bevölkerungen in den Mitgliedstaaten bereit wären, entscheidende Teile ihrer Souveränität unwiderruflich auf die Europäische Union zu übertragen.“ 10 So Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein (Hrsg.), GG Kommentar, 12. Aufl. 2011, Art. 146 Rn. 7 m.w.N.; auf den gegenläufigen Normzweck verweisen z. B. auch Hölscheidt/Menzenbach, Referenden in Deutschland und Europa, Die öffentliche Verwaltung (DÖV) 2009, S. 777 (780). 11 Hölscheidt/Menzenbach, Referenden in Deutschland und Europa, Die öffentliche Verwaltung (DÖV) 2009, S. 777 (780). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 200/12 Seite 5 de die Notwendigkeit von Volksabstimmungen überwiegend abgelehnt, da durch die Verträge kein europäischer Bundesstaat gegründet werde.12 3. Materielle Schranken der Hoheitsrechtsübertragung Fraglich ist, ab welchem Stadium davon ausgegangen werden müsste, dass ein „europäischer Bundesstaat“ unter Aufgabe nationaler Staatlichkeit gegründet würde. In der rechtswissenschaftlichen Literatur finden sich für die Beantwortung dieser Frage wenig konkrete Anhaltspunkte. Es wird jedoch – auch vom BVerfG13 – ein systematischer Zusammenhang zwischen der Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG und Art. 146 GG gezogen: Art. 146 GG erlaube, was Art. 79 Abs. 3 GG verbiete.14 Geht man – wie auch Huber15 und Voßkuhle16 – von dieser Prämisse aus, könnten die vom BVerfG in seinen Lissabon- und Rettungsschirm-Urteilen herausgearbeiteten „europafesten “ Teile der Verfassung, die die Verfassungsidentität ausmachen und der Ewigkeitsgarantie unterliegen, nur durch Verfassungsablösung über eine neue Verfassung letztlich auf die EU übertragen werden. In materieller Hinsicht gestattet Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG nur die Übertragung einzelner Hoheitsrechte , nicht aber der allein einem Staat zukommenden umfassenden Hoheitsgewalt.17 Somit ist eine Selbstaufgabe der Bundesrepublik Deutschland als souveräner Staat zugunsten eines europäischen Bundesstaates ausgeschlossen.18 Die auf die EU übertragenen Hoheitsrechte müssen hinreichend in den Verträgen bestimmt sein und im Zustimmungsgesetz hinreichend normiert sein.19 Die Erteilung einer Kompetenz-Kompetenz ist nicht erlaubt. Das BVerfG hat in seinem Maastricht-Urteil festgestellt, dass Art. 38 GG einer Übertragung von Hoheitsrechten an die EU stets dann entgegensteht, wenn die durch die Wahl bewirkte Legitimation und Einflussnahme auf die Ausübung von Staatsgewalt durch die Verlagerung von Aufgaben und Befugnissen des Bundestages so entleert wird, dass das demokratische Prinzip, soweit es durch Art. 79 Abs. 3 i. V. m. Art. 20 Abs. 1 und 2 GG für unantastbar erklärt, verletzt wird. Dem Deutschen Bundestag müssen Aufgaben und Befugnisse von substantiellem Gewicht verbleiben.20 12 Vgl. Wohland, Bundestag, Bundesrat und Landesparlamente im europäischen Integrationsprozess, 2008, S. 35 ff.; Hölscheidt, Europäischer Konvent, Europäische Verfassung, nationale Parlamente, Jahrbuch des öffentlichen Rechts (JöR) 2005, S. 429 (454); Papier, Die Neuordnung der Europäischen Union, EuGRZ 2004, S. 753 (754). 13 BVerfGE 123, 267 (349) = NJW 2009, S. 2267, Rn. 232: „Nach Maßgabe der Integrationsermächtigung des Art. 23 I GG in Verbindung mit der Präambel, Art. 20, Art. 79 III und Art. 146 kann es für die europäische Unionsgewalt kein eigenständiges Legitimationssubjekt geben, das sich unabgeleitet von fremden Willen und damit aus eigenem Recht gleichsam auf höherer Ebene verfassen könnte.“ 14 Dreier, in: Dreier (Hrsg.), GG Kommentar, 2. Aufl. 2008, Art. 146 Rn. 16; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG Kommentar, 11. Aufl. 2011, Art. 146, Rn. 5; von Campenhausen/Unruh, in: von Mangold/Klein/Starck, GG Kommentar, Band 3, 6. Aufl. 2010, Art. 146 Rn. 16. 15 Huber, Bundesverfassungsgericht und Europäischer Gerichtshof als Hüter der Gemeinschaftsrechtlichen Kompetenzordnung , Archiv des öffentlichen Rechts (AöR) 1991, S. 210 (250). 16 Focus vom 7. November 2011, „Wir können uns nicht wegducken“, Interview mit Andreas Voßkuhle. 17 Classen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 23 Rn. 10. 18 BVerfGE 123, 267, 347 f. 19 BVerfGE 75, 223, 242; 89, 155, 194 ff; 123, 267, 349 ff. 20 BVerfGE 89, 155, 186. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 200/12 Seite 6 In seinem Urteil zum Vertrag von Lissabon21 hat das BVerfG diese Grundsätze bestätigt und weiter ausgeformt. Tragender Gedanke hierzu ist die dauerhafte Integrationsverantwortung, die den deutschen Verfassungsorganen obliegt und die darauf gerichtet ist, bei der Übertragung von Hoheitsrechten und der Ausgestaltung der europäischen Entscheidungsverfahren dafür Sorge zu tragen, dass sowohl das politische System der Bundesrepublik Deutschland als auch das der EU demokratischen Grundsätzen im Sinne des Art. 20 Abs. 1 und 2 i. V. m. Art. 79 Abs. 3 GG entspricht .22 Die „integrationsfeste Verfassungsidentität“ des GG muss gewahrt bleiben,23 nur in diesem Umfang dürfen gemäß Art. 23 Abs. 1 GG Hoheitsrechte übertragen werden. Aus der Ausübung bereits übertragener Kompetenzen dürfen keine weiteren Zuständigkeiten für die EU begründet und eine weitgehende Verselbstständigung politischer Herrschaft muss vermieden werden . Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung enthält insoweit nationale Verfassungsprinzipien .24 Ob diese gewahrt bleiben, ist der Kontrolle des BVerfG unterworfen.25 Der Deutsche Bundestag muss Aufgaben und Befugnisse von substantiellem politischem Gewicht behalten, oder die ihm politisch verantwortliche Bundesregierung muss maßgeblichen Einfluss auf die europäischen Entscheidungsverfahren auszuüben vermögen.26 Allerdings bedeute die vom Demokratieprinzip geforderte Wahrung der Souveränität für sich genommen nicht, dass eine von vornherein bestimmbare Summe oder bestimmte Arten von Hoheitsrechten in der Hand des Staates bleiben müssten.27 Art. 23 Abs. 1 GG gestatte die Mitwirkung Deutschlands an der Entwicklung der EU, dies umfasse auch die Bildung einer Wirtschafts- und Währungsunion und einer politischen Union. Allerdings müsse in den Mitgliedstaaten ausreichender Raum zur poltischen Gestaltung der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Lebensverhältnisse verbleiben.28 Das BVerfG arbeitet in seiner Entscheidung zum Vertrag von Lissabon heraus, dass - Entscheidungen über das materielle und formelle Strafrecht, die Verfügung über das Gewaltmonopol polizeilich nach innen und militärisch nach außen, - die fiskalischen Grundentscheidungen über Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Hand, - die sozialstaatliche Gestaltung von Lebensverhältnissen, - kulturell besonders bedeutsame Entscheidungen, z. B. im Familienrecht, Bildungssystem, - oder der Umgang mit religiösen Gemeinschaften, besonders sensibel für die Fähigkeit zur demokratischen Selbstgestaltung eines Verfassungsstaates sind.29 Für jeden dieser Bereiche zeigt das BVerfG auf, wo die Grenzen der Verfassungsiden- 21 BVerfGE 123, 267. 22 BVerfGE 123, 267, 356. 23 BVerfGE 123, 267, 347. 24 BVerfGE 123, 267, 350. Siehe auch Nettesheim, Ein Individualrecht auf Staatlichkeit? Die Lissabon-Entscheidung des BVerfG, NJW 2009, 2867 (2868). 25 BVerfGE 123, 267, 354 f. 26 BVerfGE 123, 267, 356. 27 BVerfGE 123, 267, 357. 28 BVerfGE 123, 267, 358. 29 BVerfGE 123, 267, 359 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 200/12 Seite 7 tität liegen, die weder durch den Vertrag von Lissabon noch durch zukünftige Vertragsänderungen angegriffen werden dürfen. Zum Budgetrecht des Deutschen Bundestages hat das BVerfG in seinem Urteil zum Vertrag von Lissabon ausgeführt, dass „eine das Demokratieprinzip und das Wahlrecht zum Deutschen Bundestag in seinem substantiellen Bestimmungsgehalt verletzende Übertragung [vorliege], wenn die Festlegung über Art und Höhe der den Bürger treffenden Abgaben in wesentlichem Umfang supranationalisiert würde“.30 Allerdings gefährde nicht jede haushaltswirksame europäische oder internationale Verpflichtung die Gestaltungsfähigkeit des Bundstages als Haushaltsgesetzgeber. Entscheidend sei, dass die Gesamtverantwortung mit ausreichenden politischen Freiräumen für Einnahmen und Ausgaben noch beim Deutschen Bundestag liege.31 30 BVerfGE 123, 267, 361. 31 BVerfGE 123, 267, 361 f.