© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 196/17 Bürgerbeteiligung bei Gesetzgebungsvorhaben des Bundes Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 196/17 Seite 2 Bürgerbeteiligung bei Gesetzgebungsvorhaben des Bundes Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 196/17 Abschluss der Arbeit: 6. November 2017 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 196/17 Seite 3 1. Einleitung Der Sachstand befasst sich im Folgenden mit der Behandlung von Petitionen im Deutschen Bundestag und dem Instrumenten der Bürgerbeteiligung im Bereich der Bundesregierung. 2. Petitionen beim Deutschen Bundestag 2.1. Petitionen Gemäß Art. 17 Grundgesetz hat „jedermann das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“ Für die Behandlung der an den Bundestag gerichteten Bitten und Beschwerden ist ein Petitionsausschuss zuständig, Art. 45c GG. Auch Vorschläge zur Gesetzgebung werden als Petitionen behandelt. Eine Petition muss schriftlich eingereicht werden, weiterhin ist eine Unterschrift vom Petenten erforderlich. Die Behandlung von Petitionen ist in den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses geregelt .1 Der Ausschussdienst holt in der Regel eine Stellungnahme der Bundesregierung zu der Petition ein und prüft diese im Anschluss. Betrifft eine Petition einen Gesetzentwurf, der in einem Fachausschuss beraten wird, holt der Ausschussdienst eine Stellungnahme des Fachausschusses ein (§ 109 Abs. 1 i.V.m. § 62 Abs. 1 Geschäftsordnung Deutscher Bundestag). Das Ergebnis der Stellungnahmen wird dem Petenten mitgeteilt. Soll dem Begehren des Petenten nach dem Votum des Ausschussdienstes nicht entsprochen werden, kann der Petent innerhalb einer Frist von sechs Wochen Widerspruch gegen das Prüfungsergebnis des Ausschussdienstes einlegen. Dann wird sein Anliegen von mindestens zwei berichterstattenden Abgeordneten, die der Koalition und der Opposition angehören, geprüft. In allen Fällen berät der Petitionsausschuss die Petition und verabschiedet eine Empfehlung, über die das Plenum des Deutschen Bundestages beschließt. Der Petent wird dann abschließend über das Ergebnis der Beratungen zu seiner Petition informiert. Ist die Petition insgesamt oder teilweise begründet ist, fasst der Deutsche Bundestag auf Empfehlung des Petitionsausschusses einen entsprechenden Beschluss, der der Bundesregierung übermittelt wird. Dabei sind unterschiedlich weitreichende Beschlüsse möglich, mit denen die Bundesregierung aufgefordert wird, im Sinne der Petition tätig zu werden. 2.2. Online-Petitionen Seit dem 1. September 2005 können Petitionen auch elektronisch an den Petitionsausschuss übermittelt werden. Die Schriftform des Petitionsverfahrens ist gewahrt, wenn gemäß der Verfahrensgrundsätze das auf der Internetseite des Bundestages zur Verfügung gestellte Online-Formular genutzt wird. Die weitere Bearbeitung der Online-Petition erfolgt nach den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses. 1 Verfahrensgrundsätze Petitionsausschuss, https://www.bundestag.de/ausschuesse18/a02/grundsaetze/verfahrensgrundsaetze /260564 (Stand: 30.10.2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 196/17 Seite 4 2.3. Öffentliche Petitionen Seit dem 1. September 2005 können beim Petitionsausschuss zudem öffentliche Petitionen eingereicht werden. Rechtliche Grundlage ist hierfür die Richtlinie für die Behandlung von öffentlichen Petitionen (öP) gemäß Ziffer 7.1 (4) der Verfahrensgrundsätze.2 Über ein vom Ausschussdienst moderiertes öffentliches Forum können Bitten und Beschwerden von allgemeinem Interesse für vier Wochen diskutiert und mitgezeichnet werden. Seit November 2016 ist es zusätzlich möglich, eine öffentliche Petition auf den sozialen Netzwerken zu verlinken. Diese Funktion soll den Petenten dazu dienen, ihre Petition mit Hilfe des Internets bekannter zu machen und weitere Unterstützung zu gewinnen.3 Nach Ablauf der vier Wochen erfolgt die Behandlung der Petition entsprechend den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen für Petitionen. Hat die Petition ein Quorum von 50.000 Mitzeichnern erreicht, entscheidet der Ausschuss, ob eine öffentliche Beratung oder eine Anhörung des Petenten durchgeführt werden soll. Nach Abschluss des Petitionsverfahrens wird die Öffentlichkeit im Internet über das Ergebnis unterrichtet. 3. Bürgerbeteiligung im Bereich der Bundesregierung Die Bundesregierung fördert seit einigen Jahren Modellprojekte für mehr Bürgerbeteiligung in Deutschland und ruft zu unterschiedlichen Sachthemen im Bereich der Bundespolitik interessierte Bürger auf, sich mit Vorschlägen und Ideen zu beteiligen. Im Jahr 2012 hatte die Bundeskanzlerin die Bürger zu einem „Dialog über Deutschlands Zukunft“ aufgerufen. Die Bürger konnten über ein Internetforum und in Bürgergesprächen ihre Anregungen und Ideen einbringen. Die Ergebnisse aus dem Bürgerdialog und dem parallel verlaufenden Expertendialog wurden in einem Abschlussbericht 4 zusammengefasst. Diese Form der Bürgerbeteiligung wurde 2015/2016 bei der Erarbeitung von Programmen der Bundesregierung fortgesetzt. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit nutzte z. B. bei der Entwicklung des Klimaschutzplans 2050 erstmals die Möglichkeit der Bürgerbeteiligung. Neben dem bisher bekannten Austausch mit Verbänden, Kommunen und Bundesländern wurden auch Instrumente der Bürgerbeteiligung genutzt. Über Online-Dialog und Bürgergespräche wurden Maßnahmenvorschläge entwickelt, die in einen Maßnahmenkatalog einflossen. Von den insgesamt 77 im Bürgerdialog erarbeiteten Maßnahmen sind 52 in den Klimaschutzplan eingearbeitet worden.5 *** 2 Richtlinie für die Behandlung von öffentlichen Petitionen, http://www.bundestag.de/ausschuesse18/a02/grundsaetze /richtline-oep/497618 (Stand: 01.11.2017). 3 Tätigkeitsbericht Petitionsausschuss 2016, BT-Drs. 18/12000, S. 8. 4 Abschlussbericht Zukunftsdialog, https://dialog-ueber-deutschland.bundeskanzlerin.de/DE/10-Dialog/Expertendialog /Expertenbericht/expertenbericht_node.html (Stand: 02.11.2017). 5 Bürgerdialog Klimaschutzplan 2050, https://www.bmub.bund.de/themen/klima-energie/klimaschutz/nationaleklimapolitik /klimaschutzplan-2050/buergerdialog-zum-klimaschutzplan-2050/ (Stand: 02.11.2017).