© 2014 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 192/14 Was sind „Pflichtaufgaben der Kommunen im Auftrag des Bundes“ im Bereich der sozialen Daseinsvorsorge? Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 192/14 Seite 2 Was sind „Pflichtaufgaben der Kommunen im Auftrag des Bundes“ im Bereich der sozialen Daseinsvorsorge? Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 192/14 Abschluss der Arbeit: 9. September 2014 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: + Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 192/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Pflichtaufgaben nach dem Kommunalrecht 4 3. Soziale Daseinsvorsorge 4 4. Verfassungsrechtliche Grenzen einer Aufgabenübertragung 5 5. Rechercheumfang 6 6. Bundesgesetzliche Regelungen 6 6.1. Grundsicherung für Arbeitssuchende 7 6.1.1. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (§ 19a SGB I) 7 6.1.2. Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende (§ 6 SGB II) 7 6.2. Versorgungsleistungen für Gesundheitsschäden (§ 24 SGB I) 8 6.3. Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe (§ 27 SGB I) 9 6.4. Sozialhilfe 10 6.4.1. Leistungen der Sozialhilfe (§ 28 SGB I) 10 6.4.2. Träger der Sozialhilfe (§ 3 SGB XII) 11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 192/14 Seite 4 1. Einleitung Gefragt ist, welche „Pflichtaufgaben die Kommunen im Auftrag des Bundes“ im Rahmen der sozialen Daseinsvorsorge (incl. Kinderbetreuung) wahrnehmen. Zur Beantwortung werden zunächst begriffliche Klärungen (2. und 3.) vorgenommen, der verfassungsrechtliche Rahmen einer solchen Aufgabenübertragung (4.) erläutert sowie der Rechercheumfang (5.) beschrieben. Im Anschluss erfolgt eine Darstellung bundesgesetzlicher Vorschriften mit kommunalen Aufgabenzuweisungen im Bereich des Sozialrechts (6.). 2. Pflichtaufgaben nach dem Kommunalrecht Es existieren in der Aufgabenstruktur der Gemeinden unterschiedliche „Pflichtaufgaben“. Man differenziert zwischen den pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben (Pflichtaufgaben ohne Weisung ) und den Auftragsangelegenheiten bzw. den Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung.1 Die Pflichtaufgaben ohne Weisung gehören zu den Selbstverwaltungsaufgaben der Kommunen und werden ihnen gesetzlich auferlegt.2 Die Gemeinden sind zur Erledigung dieser Aufgaben verpflichtet. Sie können jedoch frei darüber entscheiden, auf welche Art und Weise sie die zugewiesenen Aufgaben durchführen.3 Die staatliche Aufsicht beschränkt sich auf die Rechtsaufsicht .4 Auftragsangelegenheiten – bzw. Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung – sind Aufgaben , die der Staat, durch den Bund oder die Länder, den Gemeinden zur Ausführung überträgt .5 Es besteht eine staatliche Fachaufsicht mit Weisungsrecht.6 3. Soziale Daseinsvorsorge Unter dem Begriff „Daseinsvorsorge“ wird die Bereitstellung notwendiger Güter und Leistungen für ein sinnvolles menschliches Dasein verstanden.7 Dies erfasst solche Aufgaben, an deren Erfül- 1 In der Bundesrepublik Deutschland haben sich in den einzelnen Bundesländern zwei Modelle der kommunalen Aufgabenwahrnehmung herausgebildet, namentlich die dualistische und die monistische Aufgabenstruktur, denen die Gemeindeordnungen der einzelnen Bundesländer zugeordnet werden können. Der Begriff Auftragsangelegenheiten wird im dualistischen Modell verwendet. Im monistischen Modell sind dies die Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung. Weiterführend zu den Modellen: Zur Entstehungsgeschichte von freiwilligen Aufgaben und Pflichtaufgaben der Kommunen, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (WD 3 – 221/10), 2010. 2 Siehe zu den Aufgaben der Kommunen: Zur Entstehungsgeschichte von freiwilligen Aufgaben und Pflichtaufgaben der Kommunen, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (WD 3 – 221/10), 2010. 3 Vogelsang/Lübking/Ulbrich, Kommunale Selbstverwaltung, 3. Aufl. 2005, S. 53. 4 Burgi, Kommunalrecht,4. Aufl., 2013, § 8 Rn. 15. 5 Gern, Deutsches Kommunalrecht, 3. Auflage 2003, S. 168. 6 Burgi, Kommunalrecht, 4. Aufl., 2012, § 8 Rn. 16. 7 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Auflage, 2011, Rn. 16a. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 192/14 Seite 5 lung ein besonderes allgemeines Interesse besteht.8 Die kommunale Daseinsvorsorge ist verfassungsrechtlich im Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG verankert.9 Dabei erfasst die „soziale “ Daseinsvorsorge unter anderem die Jugendfürsorge und Jugendpflege, Bereitstellung von Kindergartenplätzen und den Betrieb von Kindergärten sowie die Kinderbetreuung , Einrichtung öffentlicher Schulen, Regulierungen der Arbeitswelt (u.a. Grundsicherung für Arbeitssuchende), Förderung des Wohnungsbaus (z.B. sozialer Wohnungsbau), Sozialhilfe.10 4. Verfassungsrechtliche Grenzen einer Aufgabenübertragung Die sich aus diesen Bereichen ergebenden Aufgaben können von den Kommunen nur dann im Auftrag des Bundes wahrgenommen werden, wenn der Bund berechtigt ist, den Gemeinden Aufgaben durch Bundesgesetze zu übertragen. Die Grenzen zeigt das Grundgesetz auf. Seit der Föderalismusreform von 200611 ist es dem Bund aufgrund der neu eingefügten Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG und Art. 85 Abs. 1 S. 2 GG verboten, Aufgaben durch ein Bundesgesetz auf Gemeinden zu übertragen (sog. Aufgabenübertragungs- oder Durchgriffsverbot).12 Die Auferlegung neuer Pflichtaufgaben kann demzufolge nur durch Landesgesetz erfolgen. Nach der geltenden Rechtslage darf der Bundesgesetzgeber den Kommunen damit grundsätzlich keine Pflichtaufgaben mehr zuweisen. Bundesgesetze, die vor dem In-Kraft-Treten der Föderalismusreform am 1. September 2006 erlassen worden sind, gelten allerdings gemäß Art. 125a Abs. 1 S. 1 GG fort, können aber durch Landesrecht ersetzt werden.13 Die bereits bestehenden Aufgaben können durch den Bundesgesetzgeber damit materiell-rechtlich nicht erweitert werden, da das Verbot der Aufgabenübertragung auf 8 Zum Begriff der Daseinsvorsorge: Was ist Daseinsvorsorge? Historische Entwicklung, aktueller Stand, Aufgaben der Kommunen, Bedeutung des Begriffs in der aktuellen Debatte, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (WD 3 – 35/06), 2006. 9 Herzog/Grzeszick, in: Maunz, /Dürig, (Hrsg.), GG, 70. Ergänzungslieferung 2013, Art. 20 VIII, Rn. 12 ff. (Kommentierung 18. Ergänzungslieferung). 10 Vogelsang/Lübking/Ulbrich, Kommunale Selbstverwaltung, 3. Aufl. 2005, S. 53 f. 11 BGBl. I S. 2034, 2035 f. 12 Geis, Kommunalrecht, 3. Auflage 2014, § 7 Rn. 17. 13 Geis, Kommunalrecht, 3. Auflage 2014, § 7 Rn. 17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 192/14 Seite 6 die Kommunen ausnahmslos gilt.14 Wie weitreichend dieses Erweiterungsverbot ist, ist allerdings umstritten.15 Eine Spezialregelung zum Aufgabenübertragungsverbot stellt Art. 91e GG dar16, der im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende das Zusammenwirken von Bund und Ländern oder der nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemeindeverbände in gemeinsamen Einrichtungen zulässt und durch bundesgesetzliche Zulassung auch eine alleinige Aufgabenerledigung durch eine begrenzte Anzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden ermöglicht. Die bundesgesetzlichen Altregelungen wurden zum Teil durch Landesrecht gemäß Art. 125a Abs. 1 S. 2 GG ersetzt17 bzw. vom Bundesgesetzgeber aufgehoben. So hat der Bund im Bereich der sozialen Daseinsvorsorge die Kinderbetreuungsansprüche durch das Kinderförderungsgesetz (Kifö G) ausgeweitet und gleichzeitig die nach alter Rechtslage bestehenden kommunalen Zuständigkeitsbestimmungen seitens des Bundes – § 69 SGB VIII – aufgehoben.18 5. Rechercheumfang Nachfolgend werden gemäß der beschriebenen Verfassungslage seit 2006 (noch) bestehende bundesgesetzliche Regelungen der unmittelbaren Aufgabenzuweisung des Bundes an die Kommunen dargestellt. Die Aufzählung beruht auf einer Juris-Recherche.19 Angesichts der Fülle der sozialrechtlichen Regelungen erhebt die Darstellung keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Erfasst sind Bundesgesetze, in denen den Kommunen dem Wortlaut der Regelung nach Zuständigkeiten für bestimmte soziale Aufgaben zugewiesen bzw. deren Trägerschaft festgeschrieben ist. 6. Bundesgesetzliche Regelungen Die auf der unter 5. erläuterten Basis ermittelten bundesgesetzlichen Regelungen stammen allesamt aus den Sozialgesetzbüchern (SGB I bis XII). 14 Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hoffmann/Henneke, GG, Kommentar zum Grundgesetz, 13. Aufl., 2014, Art. 84, Rn. 42. 15 Siehe dazu Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hoffmann/Henneke, GG, Kommentar zum Grundgesetz, 13. Aufl., 2014, Art. 84, Rn. 44. 16 Pieroth, in: Jarass/Pieroth, 13. Aufl., 2014, Art. 91 e Rn. 1. 17 So zum Beispiel das BayAGSG vom 8.12.2006, oder das Sächsische Landesjugendhilfegesetz vom 2.9.2008 (vgl. Schmidt-Bleibtreu/Hoffmann/Henneke, GG, Kommentar zum Grundgesetz, 13. Aufl., 2014, Art. 84, Rn. 39. 18 Henneke, Landesrechtliche Aufgabenzuweisung in Kinder- und Jugendhilfeangelegenheiten begründet Konnexitätsrelevanz in elf Ländern, Das Jugendamt 2011, S. 1, 2 f. 19 Es erfolgte eine Eingrenzung der Suche auf „Gesetze“ und in Bezug auf die Region „Bund“ mit den Stichworten „kreisfreie Städte“ „Kreise“ „Gemeinden“ und „Gemeindeverbände“. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 192/14 Seite 7 6.1. Grundsicherung für Arbeitssuchende 6.1.1. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (§ 19a SGB I) § 19a SGB I lautet: „(1) Nach dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende können in Anspruch genommen werden 1. Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, 2. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. (2) Zuständig sind die Agenturen für Arbeit und die sonstigen Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit, sowie die kreisfreien Städte und Kreise20, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind. In den Fällen des § 6a des Zweiten Buches ist abweichend von Satz 1 der zugelassene kommunale Träger zuständig.“ § 19a SGB I ist keine verbindliche Kompetenzvorschrift. Vielmehr ergeben sich sachliche, funktionelle und örtliche Zuständigkeit und Abgrenzungen der Leistungsträger aus den besonderen Teilen des SGB (SGB II bis XII).21 Eine abweichende Zuständigkeitsregelung enthält § 19a Abs. 2 S. 2 SGB I für die Fälle des § 6a SGB II (zugelassene kommunale Träger = Optionskommunen), wonach stets der kommunale Träger für die Erbringung aller Leistungen nach dem SGB II zuständig ist.22 6.1.2. Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende (§ 6 SGB II) § 6 SGB II lautet: „(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind: 1. die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt , 2. die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, das Arbeitslosengeld II und das Sozialgeld, soweit Arbeitslosengeld II und Sozialgeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, die Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2, § 27 Absatz 3 sowie für die Leistungen nach § 28, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger). 20 Alle nachfolgenden Hervorhebungen in den kursiv markierten Gesetzestexten durch Verfasserinnen. 21 Ross, in: Hauck/Noftz, SGB I, Onlinekommentar, Stand: 11/11, § 12 Rn. 15, abzurufen unter: http://www.juris.de. 22 Rolfs, in: Hauck/Noftz, SGB I, Stand 12/12, abzurufen unter: http://www.juris.de, § 19a Rn. 24. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 192/14 Seite 8 Zu ihrer Unterstützung können sie Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragen; sie sollen einen Außendienst zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch einrichten. (2) Die Länder können bestimmen, dass und inwieweit die Kreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Aufgaben nach diesem Gesetz heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können; in diesen Fällen erlassen die Kreise den Widerspruchsbescheid nach dem Sozialgerichtsgesetz. § 44b Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten auch in den Fällen des § 6a mit der Maßgabe, dass eine Heranziehung auch für die Aufgaben nach § 6b Absatz 1 Satz 1 erfolgen kann. (3) Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzes über die Zuständigkeit von Behörden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.“ Die Zuständigkeit für die Grundsicherung für Arbeitssuchende liegt grundsätzlich bei den Agenturen für Arbeit und den sonstigen Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit sowie bei den kreisfreien Städten und Kreisen, soweit Landesrecht keine abweichenden Bestimmungen trifft (§ 19a Abs. 2 S. 1 SGB I). Dem entspricht die Regelung des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II, nach der generell die Bundesagentur zuständig ist.23 Für die Leistungen nach § 16a SGB II (kommunale Eingliederungsleistungen) sowie nach den §§ 22, 23 SGB II (Leistungen für Unterkunft und Heizung, bestimmte besondere Leistungen) sowie für die Leistungen nach § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und 2 SGB II (Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten bzw. Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt), § 27 Abs. 3 SGB II (Zuschuss angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Leistungen für Auszubildende) und § 28 SGB II (Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen) liegt die Zuständigkeit jedoch bei den kreisfreien Städten , den Kreisen oder - soweit dies landesrechtlich bestimmt ist - bei den kommunalen Trägern (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II). Zur einheitlichen Aufgabenwahrnehmung der verschiedenen Träger gründen die Träger nach § 44b SGB II gemeinsame Einrichtungen (Job-Center). 6.2. Versorgungsleistungen für Gesundheitsschäden (§ 24 SGB I) § 24 SGB I „(1) Nach dem Recht der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden können in Anspruch genommen werden: 1. Heil- und Krankenbehandlung sowie andere Leistungen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit einschließlich wirtschaftlicher Hilfen, 2. besondere Hilfen im Einzelfall einschließlich Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, 23 Rolfs, in: Hauck/Noftz, SGB I, Stand 12/12, abzurufen unter: http://www.juris.de, § 19a Rn. 22. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 192/14 Seite 9 3. Renten wegen anerkannten Schädigungsfolgen, 4. Renten an Hinterbliebene, Bestattungsgeld und Sterbegeld, 5. Kapitalabfindung, insbesondere zur Wohnraumbeschaffung. (2) Zuständig sind die Versorgungsämter, die Landesversorgungsämter und die orthopädischen Versorgungsstellen, für die besonderen Hilfen im Einzelfall die Kreise und kreisfreien Städte sowie die Hauptfürsorgestellen. Bei der Durchführung der Heil- und Krankenbehandlung wirken die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung mit.“ Besondere Hilfen im Einzelfall i. S. d. § 24 Nr. 2 SGB I sind die Leistungen der Kriegsopferfürsorge gemäß §§ 25 ff. Bundesversorgungsgesetz (BVG) (z.B. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben einschließlich der Zahlung von Übergangsgeld, die Zahlung von Krankenhilfe, Erziehungsbeihilfe , ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt sowie Wohnungshilfe; siehe abschließende Leistungsübersicht in § 25b Abs. 1 BVG).24 6.3. Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe (§ 27 SGB I) § 27 SGB lautet: „(1) Nach dem Recht der Kinder- und Jugendhilfe können in Anspruch genommen werden: 1. Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Jugendschutzes, 2. Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie, 3. Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege, 4. Hilfe zur Erziehung, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche sowie Hilfe für junge Volljährige. (2) Zuständig sind die Kreise und die kreisfreien Städte, nach Maßgabe des Landesrechts auch kreisangehörige Gemeinden; sie arbeiten mit der freien Jugendhilfe zusammen.“ Für die Gewährung der Leistungen der Kinder und Jugendhilfe (sachlich) zuständig sind gemäß § 27 Abs. 2 Halbs. 1 SGB I als Träger der örtlichen öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe die Kreise und kreisfreien Städte , nach landesrechtlicher Bestimmung gegebenenfalls auch kreisangehörige Gemeinden. Für die öffentliche Jugendhilfe wurde – wie bereits unter 4. erwähnt – die bundesgesetzliche kommunale Zuständigkeitszuweisung in § 69 SGB VIII aufgehoben. In § 69 Abs. 1 SGB VIII heißt es nur noch: „Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe werden durch Landesrecht bestimmt .“ 24 Rolfs/de Groot, in: Hauck/Noftz, SGB I, Stand 07/13, abzurufen unter: http://www.juris.de, § 24 Rn. 21. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 192/14 Seite 10 § 27 Abs. 2 SGB I regelt zwar, dass für die Leistungserbringung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe grundsätzlich die Kreise und die kreisfreien Städte, nach Maßgabe des Landesrechts ggf. auch kreisangehörige Gemeinden zuständig sind.25 Diese Vorschrift besitzt aber im Ergebnis nur noch informatorischen Charakter, da seit Inkrafttreten des Kinderförderungsgesetzes (KiföG) die eigentliche Festlegung der Leistungsträger dem Fachrecht zu entnehmen ist. § 3 Abs. 2 SGB VIII bestimmt daher, dass die Leistungen von Trägern der freien Jugendhilfe und Trägern der öffentlichen Jugendhilfe wahrgenommen werden, während nur Letztere als Leistungsträger i.S.v. § 12 S. 1 SGB I in Betracht kommen. Wer Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist, ergibt sich letztlich aus § 69 Abs. 1 SGB VIII i. V. m. den landesrechtlichen Ausführungsvorschriften.26 6.4. Sozialhilfe 6.4.1. Leistungen der Sozialhilfe (§ 28 SGB I) § 28 SGB I „(1) Nach dem Recht der Sozialhilfe können in Anspruch genommen werden: 1. Hilfe zum Lebensunterhalt, 1a. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, 2. Hilfen zur Gesundheit, 3. Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, 4. Hilfe zur Pflege, 5. Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten, 6. Hilfe in anderen Lebenslagen sowie die jeweils gebotene Beratung und Unterstützung. (2) Zuständig sind die Kreise und kreisfreien Städte, die überörtlichen Träger der Sozialhilfe und für besondere Aufgaben die Gesundheitsämter; sie arbeiten mit den Trägern der freien Wohlfahrtspflege zusammen.“ Nach § 28 Abs. 2 SGB I sind für die Leistungen der Sozialhilfe die Kreise und kreisfreien Städte, die überörtlichen Träger der Sozialhilfe und für besondere Aufgaben die Gesundheitsämter zu- 25 Weißenberger in: jurisPK-SGB VIII, Onlinekommentar, 1. Aufl. 2014, abzurufen unter: http://www.juris.de, § 69 SGB VIII Rn. 8. 26 Weißenberger in: jurisPK-SGB VIII, Onlinekommentar, 1. Aufl. 2014, abzurufen unter: http://www.juris.de, § 69 SGB VIII Rn. 8. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 192/14 Seite 11 ständig. Einzelheiten sind den Vorschriften im SGB XII zu entnehmen.27 Die Ausführungsgesetze der Länder zum SGB XII definieren die Aufgaben der Sozialhilfe für die Landkreise und kreisfreien Städte als (pflichtige) Selbstverwaltungsaufgabe.28 6.4.2. Träger der Sozialhilfe (§ 3 SGB XII) § 3 SGB XII „(1) Die Sozialhilfe wird von örtlichen und überörtlichen Trägern geleistet. (2) Örtliche Träger der Sozialhilfe sind die kreisfreien Städte und die Kreise, soweit nicht nach Landesrecht etwas anderes bestimmt wird. Bei der Bestimmung durch Landesrecht ist zu gewährleisten, dass die zukünftigen örtlichen Träger mit der Übertragung dieser Aufgaben einverstanden sind, nach ihrer Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch geeignet sind und dass die Erfüllung dieser Aufgaben in dem gesamten Kreisgebiet sichergestellt ist. (3) Die Länder bestimmen die überörtlichen Träger der Sozialhilfe.“ Nach dieser Bestimmung fungieren die kreisfreien Städte und die Kreise als örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht nach Landesrecht etwas anderes bestimmt wird. Der letzte Halbsatz des Absatzes 2 Satz 1 bringt die Verwaltungshoheit der Länder nach Art. 83 ff. GG zum Ausdruck. Grundsätzlich sind somit die kreisfreien Städte und die Kreise sachlich zuständig, soweit nicht Zuständigkeiten den überörtlichen Trägern zugwiesen sind.29 Forderungen, § 3 Abs. 2 SGB XII wegen des Aufgabenübertragungsverbotes gemäß Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG aufzuheben, ist der Gesetzgeber nicht nachgekommen.30 Als verfassungsrechtlich problematisch werden nach einer Ansicht die Regelungen des § 3 Abs. 1 und 2 SGB XII insbesondere wegen der im Jahr 2011 neu eingefügten Bildungs- und Teilhabeleistungen des § 34 SGB XII gesehen . Diese neue Aufgabenzuweisung stelle einen Verstoß gegen Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG dar.31 Eine Lösung dieses Problems hätte nach dieser Ansicht darin bestanden, wenn man es gänzlich den Ausführungsgesetzen der Ländern überlassen hätte, auch die zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe zu bestimmen, wie dies für die öffentliche Jugendhilfe in § 69 SGB VIII erfolgt sei.32 Nach anderer Ansicht gehen die bedürftigkeitsabhängigen Leistungen für Bildung und 27 Hochheim in: Hauck/Noftz, SGB I, Stand: 07/13, abzurufen unter: http://www.juris.de, § 28 Rn. 74. 28 Hochheim in: Hauck/Noftz, SGB I, Stand: 07/13, abzurufen unter: http://www.juris.de, § 28 Rn. 75; Luthe, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 05/14, abzurufen unter: http://www.juris.de, § 3Rn. 9. 29 Luthe in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 05/14, abzurufen unter: http://www.juris.de, § 3 Rn. 6. 30 Groth, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, SGB XII, BeckOK SozR, Stand: 01.06.2014, abzurufen unter: https://beck-online.beck.de, § 3 Rn. 4a. 31 Siefert, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, abzurufen unter: http://www.juris.de, § 3 SGB XII Rn. 6. 32 Siefert, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, abzurufen unter: http://www.juris.de, § 3 SGB XII Rn. 7. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 192/14 Seite 12 Teilhabe wegen ihres existenzsichernden Charakters qualitativ kaum über die bisher in der Hilfe zum Lebensunterhalt erbrachten Leistungen hinaus und begründen für die Kreise und kreisfreien Städte als örtliche Träger keine neue Aufgabe.33 ( ) ( ) 33 Groth, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, SGB XII, BeckOK SozR, Stand: 01.06.2014, abzurufen unter: https://beck-online.beck.de, § 3 Rn. 4a.