© 2020 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 187/20 Registrierung und Verwaltung von elektronischen Daten in Bundesbehörden Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 187/20 Seite 2 Registrierung und Verwaltung von elektronischen Daten in Bundesbehörden Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 187/20 Abschluss der Arbeit: 2. September 2020 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 187/20 Seite 3 1. Fragestellung Der Sachstand befasst sich mit der Pflicht der Verwaltung zur ordnungsgemäßen Aktenführung. Zunächst wird die Pflicht allgemein dargestellt. Anschließend werden Informationen zur Verwaltung von Schriftgut in ausgewählten Bundesministerien gegeben. 2. Pflicht zur Aktenführung Die Verwaltung ist zu einer ordnungsgemäßen Aktenführung verpflichtet.1 Die Pflicht wird direkt aus dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitet.2 Nur durch ordnungsgemäße Aktenführung könne eine nachvollziehbare Grundlage für eine behördliche Entscheidung entstehen und die gebotene Transparenz gesichert werden.3 Auch aufgrund der Rechtsschutzgarantie gemäß Art. 19 Abs. 4 GG seien Behörden zur Dokumentation des wesentlichen Geschehensablaufs verpflichtet .4 Die Pflicht zur Aktenführung ist gesetzlich nicht normiert, wird aber in verschiedenen Gesetzen als bestehend vorausgesetzt. Dies betrifft etwa § 29 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), der das Recht auf Akteneinsicht durch Beteiligte des Verwaltungsverfahrens regelt.5 Auch das Informationsfreiheitsgesetz (IfG), das dem Einzelnen einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen verschafft, setzt eine ordnungsgemäße Aktenführung voraus.6 Die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Aktenführung sieht nicht vor, dass sämtliche innerhalb einer Behörde anfallenden Handlungen veraktet werden müssen. Die Verpflichtung bezieht sich vielmehr nur auf solche Handlungen oder Dokumente, die für die Verwaltungstätigkeit wesentlich bzw. entscheidungserheblich sind. Entsprechend sind „Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen“ keine amtlichen Informationen im Sinne des IfG (siehe die Begriffsbestimmung in § 2 Nr. 1 IfG). Welches Handeln der Verwaltung von der Pflicht zur Veraktung umfasst ist, kann sich aus gesetzlichen oder innerbehördlichen Regelungen ergeben und ist ansonsten im Wesentlichen vom Einzelfall abhängig.7 Ob auch Telefonate, persönliche Gespräche und sonstiges informelles Handeln veraktet werden muss, lässt sich nicht generell beurteilen .8 Grundsätzlich gilt, dass die Anforderungen an die Dokumentation des Verwaltungshandelns 1 Vgl. BVerfG, NJW 1983, 2135. 2 Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 29 Rn. 29. 3 Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 29 Rn. 29. 4 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, 90. EL Februar 2020, Art. 19 Abs. 4 Rn. 255; Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 29 Rn. 29; vgl. BVerfGE 65, 1 (70). 5 Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 29 Rn. 29. 6 Schoch, in: derselbe, IfG, 2. Aufl. 2016, § 2 Rn. 41. 7 Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 29 Rn. 32. 8 Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 29 Rn. 32; siehe dort auch zum Folgenden. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 187/20 Seite 4 umso höher sind, je größer die Bedeutung der Verwaltungstätigkeit für öffentliche oder private Interessen ist. Wird eine Handlung als „aktenrelevant“ beurteilt, so wird nicht danach unterschieden, ob es sich um ein Schriftstück, eine E-Mail, ein Telefonat oder einen sonstigen Vorgang handelt. Auch die Kommunikation innerhalb einer Behörde sowie zwischen der Behörde und Dritten ist daher zu verakten, wenn sie für die Verwaltungstätigkeit wesentlich ist. Dies dürfte auch für Kommunikation von Verwaltungsmitarbeitern gelten, die über einen privaten E-Mail-Account stattfindet, da ansonsten eine Umgehung der Verpflichtung möglich wäre. Telefonate, SMS und sonstige Kommunikationsarten , die nicht der Schriftform oder der elektronischen Form entsprechen, sind für die Veraktung zu verschriftlichen.9 Die Veraktung kann grundsätzlich sowohl auf Papier als auch elektronisch erfolgen.10 In den Bundesbehörden wird aufgrund § 6 des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung (E-Government-Gesetz)11 die elektronische Aktenführung angestrebt.12 Mit dem Gebot der Aktenführung gehen weitere Verpflichtungen einher: Das Gebot der Aktenerhaltung sieht insbesondere für die elektronische Veraktung vor, dass die Behörden verpflichtet sind, den Aktenbestand nach dem Stand der Technik zu erhalten.13 Die Pflicht zur wahrheitsgetreuen Aktenführung verbietet eine nachträgliche Entfernung oder Verfälschung von Teilen der Akte. Zum Teil bestehen Richtlinien oder behördeninterne Dienstanweisungen, die die Aktenführung regeln. Für die Bundestagsverwaltung sind dies beispielsweise die §§ 41, 42 der Allgemeinen Dienstanweisung für die Verwaltung des Deutschen Bundestages (AD-BTV) sowie die §§ 32 ff. der Schriftgutanweisung (Anlage 6 zur AD-BTV). Die Aufbewahrungsfristen ergeben sich aus dem Aktenplan der Verwaltung des Deutschen Bundestages. Die Abgabe von Akten an das Parlamentsarchiv wird durch die Richtlinie für die Anbietung und Abgabe von Unterlagen an das Parlamentsarchiv (Anlage 26 zur AD-BTV) geregelt. Für die Bundesministerien sieht die Gemeinsame Geschäftsordnung (GGO) in § 12 Abs. 2 vor: „Stand und Entwicklung der Vorgangsbearbeitung müssen jederzeit (im Rahmen der Aufbewahrungsfristen ) aus den elektronisch oder in Papierform geführten Akten nachvollziehbar sein. Ein- 9 Siehe auch BT-Drs. 19/10084, S. 3: „Unabhängig davon, ob die Bundeskanzlerin oder andere Kabinettsmitglieder persönliche Gespräche oder Telefonate führen oder ob sie per SMS kommunizieren, erfolgt eine geeignete Verschriftlichung des Inhaltes, soweit dieser für die inhaltliche Bearbeitung eines Verwaltungsvorgangs relevant ist.“ 10 Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 29 Rn. 39. 11 Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung (E-Government-Gesetz – EGovG) vom 25. Juli 2013 (BGBl. I S. 2749), zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1626). 12 Siehe zum Stand der Umsetzung des Gesetzes im Jahr 2019 den Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, E-Government in Deutschland, WD 3 - 3000 - 134/19, abrufbar unter https://www.bundestag .de/resource/blob/655082/32a17c3834d5c5c5d6f5a7232f0491c0/WD-3-134-19-pdf-data.pdf (Stand: 1. September 2020). 13 Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 29 Rn. 31; siehe dort auch zum Folgenden. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 187/20 Seite 5 zelheiten der Dokumenten- und Aktenverwaltung regelt die Registraturrichtlinie (RegR).“ Die genannte „Richtlinie für das Bearbeiten und Verwalten von Schriftgut (Akten und Dokumenten) in Bundesministerien (RegR)“14 enthält grundsätzliche Regelungen zur Aktenführung. Die einzelnen Bundesministerien haben zudem zum Teil interne Anweisungen, die die Veraktung regeln. Diese gelten nur innerhalb des jeweiligen Ministeriums. 3. Regelungen in einzelnen Bundesministerien Es wurden Auskünfte zur Registrierung und Veraktung von Schriftgut in elektronischer Form vom Auswärtigen Amt (AA), Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), Bundesministerium der Finanzen (BMF), Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) sowie dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), einschließlich ihrer nachgeordneten Bundesbehörden und staatlichen Gesellschaften, eingeholt. Das BMVI hat bislang keine Informationen übermittelt. Alle o.g. Bundesministerien verweisen auf die Vorgaben der GGO und RegR. Entsprechend der Vorgaben der GGO, der RegR sowie dem Prinzip der Schriftlichkeit (Aktenmäßigkeit) ist sämtliches Schriftgut, welches Aktenrelevanz aufweist, zu archivieren. Aktenrelevante dienstliche E-Mails sind von diesem Grundsatz gleichermaßen umfasst. Die Regelungen sind grundsätzlich nicht personengebunden , sodass diese auch für den Bundesminister/die Bundesministerin gelten. Für Mitglieder der Leitung oberster Bundesbehörden gilt zusätzlich § 4 Abs. 4 RegR. Demnach dürfen Minister in ihren persönlichen Ablagen neben dem behördlichen Aktenbestand Kopien solcher Vorgänge, die von außerhalb an ihre Behörde oder an sie als Träger einer Regierungsfunktion gerichtet sind oder von ihnen bzw. für sie verfasst wurden sowie Kopien von Vorgängen, die von außerhalb der Behörde an Mitglieder der politischen Leitung persönlich gerichtet sind und sowohl Angelegenheiten der Behörde oder der Bundesregierung als auch die Angelegenheiten der eigenen Partei oder Fraktion oder die Koordinierung innerhalb der Koalition betreffen, aufbewahren . Zu beachten ist hierbei, dass die persönliche Zusammenstellung von Dokumenten ebenso wie persönliche elektronische Ablagen kein Schriftgut (Akten und Dokumente) enthalten dürfen. Kopien, aus denen sich aufgrund von nachträglichen Anmerkungen und Randbemerkungen die Entscheidungsbildung nachvollziehen lässt, sind grundsätzlich dem Schriftgut zuzuführen, siehe die Erläuterungen zu § 4 RegR. Die Ministerien haben jeweils weitere konkretisierende Dienstanweisungen zur Veraktung elektronischer Dokumente erlassen. Diese sind für das AA die ergänzende Geschäftsordnung zur GGO, die Geschäftsordnung für die Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland und die Registraturanweisungen für die Zentrale des Auswärtigen Amts und die Auslandsvertretungen. Im BMF wurden ergänzende Regelungen in die Geschäftsordnung und die Verwaltungsvorschrift für die Bürodienste aufgenommen. Das BMWi hat eine Dienstanweisung für die elektronische Aktenführung (DA eAkte) und das BMJV eine interne Hausverfügung zur Ablage elektronischer Dokumente erlassen. 14 Die Richtlinie ist abrufbar unter https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/themen /ministerium/registraturrichtlinie.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (Stand: 1. September 2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 187/20 Seite 6 In den nachgeordneten Behörden des AA, des BMWi und des BMJV gelten keine gesonderten Dienstanweisungen oder eine Rahmengeschäftsordnung, sodass die allgemeinen Grundsätze einer ordnungsgemäßen Aktenführung, die sowohl für elektronisches Schriftgut als auch für Papierunterlagen gelten, Anwendung finden. Das BMF weist zusätzlich auf die Anwendung der einschlägigen Vorschriften des VwVfG und des Bundesarchivgesetzes hin. Hinsichtlich staatlicher Gesellschaften im Geschäftsbereich des BMF sowie des BMWi wird auf die Beachtung der gesellschafts-, handels- und steuerrechtlichen Vorschriften zur Aufbewahrung von Unterlagen hingewiesen. Bei Missachtung der Vorschriften für das Bearbeiten und Verwalten von Schriftgut sind außerhalb der üblichen tarif- und beamtenrechtlichen Grundsätze keine speziellen Sanktionen oder andere Rechtsfolgen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den jeweiligen Bundesministerien, deren nachgeordneten Behörden und staatlichen Gesellschaften vorgesehen. ***